Lebendige Brücken bauen

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Heike Koch Lebendige Brücken bauen Evangelische Kirchen von Westfalen und am Rio de la Plata sind Partner Eine lebendige Partnerschaft verknüpft Spiritualität und Solidarität, sie ist Teil des Alltagslebens und bezieht die Themen mit ein, die die Menschen vor Ort bewegen. Das zeigt sich auch in der Partnerschaft zwischen der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) und der Evangelischen Kirche am La Plata (IERP), die sich - als deutsche Einwandererkirche entstanden 1965 als eigenständige Kirche gründete. Heute hat sie etwa 40.000 Mitglieder in 42 Gemeinden und erstreckt sich mit Argentinien, Paraguay und Uruguay auf drei Länder Lateinamerikas entlang dem Rio de la Plata. Seit ihrer Gründung entwickelte sich die IERP immer mehr zu einer lateinamerikanischen Kirche. Die spanische Sprache überholte die deutsche, und vor allem: Die Kirche widmete sich in ihrem Engagement den Fragen und Problemen, die die Gesellschaft vorgab. Nach dem Militärputsch 1976 in Argentinien gehörten Gemeindemitglieder und Pfarrer der IERP zu den Gründern der Ökumenischen Menschenrechtsbewegung (MEDH), unter ihnen auch Pfarrer Wilhelm Arning, dem später in der Partnerschaft nach Westfalen eine entscheidende Rolle zukommen sollte. Eine der wichtigsten Grundentscheidungen der Evangelischen Kirche am La Plata war es, ihre Mission diakonisch zu verstehen und sich den akuten Herausforderungen von Hunger, Armut, Menschenrechtsverletzungen und Naturzerstörung durch den Aufbau diakonischer Einrichtungen zu stellen, die sich über die eigenen Kirchengrenzen hinweg an alle Not leidenden Menschen richteten. So entstanden Kindertagesstätten, Mittagstische in Armenvierteln, Altersheime und andere Projekte. Unter dem Titel Das Evangelium mit den Armen teilen machte die Kirche von 2000 bis 2002 die Projekt- Arbeit in den armen Vororten von Buenos Aires zu ihrem Schwerpunkt. Historisch war die La Plata-Synode mit der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union (APU) verbunden, die nach dem zweiten Weltkrieg in die Evangelische Kirche der Union (EKU) überging. Es bestanden zahlreiche Verbindungen von Personen und

Gemeinden der IERP nach Westfalen. Nach der Auflösung der EKU übernahm 2003 die Evangelische Kirche von Westfalen die Partnerschaftsbeziehung an den Rio de la Plata auch offiziell. Auf beiden Seiten begleitet heute ein Arbeitskreis die wachsende Partnerschaft. Die entscheidende Frage der Partnerschaft ist, wie sie lebendig wird, Menschen begeistert und zur Solidarität bewegt. Wo und wie erleben Menschen in Westfalen, dass sie Partnerinnen und Partner in Lateinamerika haben? Wodurch und woran spüren Menschen in Argentinien, Uruguay und Paraguay, dass sie Partnerinnen und Partner irgendwo in Deutschland haben? Auf welchen Ebenen wird Partnerschaft erfahrbar? Diese Leitfragen der Partnerschaft weisen darauf hin, dass die landeskirchliche Partnerschaft eine konkrete Ausgestaltung etwa durch Kirchenkreis- und Gemeindepartnerschaften braucht. Kirchenkreise Halle und Misiones Der ostwestfälische Kirchenkreis Halle unterhält seit 1990 die einzige Kirchenkreispartnerschaft der westfälischen Landeskirche in die IERP, nämlich in die Provinz Misiones im Nordosten Argentiniens. Initiator dieser Partnerschaft war mit Wilhelm Arning der ehemalige Generalsekretär der La Plata-Kirche, der nach seiner Rückkehr aus Argentinien zunächst Pfarrer der Gemeinde Versmold und schließlich auch Superintendent des Kirchenkreises Halle wurde. Von Anfang an ist es aber gelungen, einen größeren Kreis von Menschen für diese Partnerschaft zu begeistern, die auf Haller Seite von einem Freundeskreis Misiones und dem Ausschuss für Mission, Ökumene und Weltverantwortung kreativ und fachlich begleitet und von den Gemeinden des Kirchenkreises mitgetragen wird. Die Entwicklung dieser Partnerschaft ist in vieler Hinsicht typisch: Zumindest in den Anfängen ist es wichtig, dass eine Person andere begeistert und eine Brückenfunktion einnimmt. Am Anfang stand wie bei vielen anderen Partnerschaften auch das Sammeln von Spenden, hier für Straßenkinder im Umfeld von Buenos Aires. Die Spender erhielten im Gegenzug ausführliche Informationen über die Situation der Kinder und über die unterstützten Projekte. Ein breiteres Interesse für das Land und die Kirche entwickelte sich. 1990 fasste die Kreissynode Halle den Beschluss, eine

Partnerschaft zur IERP aufzubauen und fragte bei der dortigen Kirchenleitung nach einem geeigneten Partner. Halle wurde der Kirchenkreis Misiones zugewiesen. Nun weiten sich die Aktivitäten aus: Neben der anhaltenden finanziellen Unterstützung von Projekten geht es vorwiegend um den Aufbau menschlicher Beziehungen und den Austausch von Informationen: 1994 lebt Pfarrer Mario Bernhardt für ein halbes Jahr in der Gemeinde Brockhagen, 1999 besucht erstmals eine Delegation aus Misiones den Kirchenkreis Halle. Im Rahmen dieses Besuches wird auch eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet. 2004 beteiligen sich Gäste aus Misiones am Kreiskirchentag in Halle. Darüber hinaus wird jede Gelegenheit genutzt, Vertreter der IERP, die sich in Deutschland aufhalten, in den Kirchenkreis Halle einzuladen. So ist für Interessierte eine ständige inhaltliche Beschäftigung und genauso wichtig regelmäßige persönliche Begegnung möglich, die die Partnerschaft lebendig hält. Umgekehrt findet 1998 eine Jugendbegegnung mit Haller Jugendlichen in Misiones statt, und danach gibt es 2003 und 2007 Delegationsreisen nach Misiones. Dem Kirchenkreis ist es wichtig, inhaltliche Impulse der Partner für die eigenen Fragen und Diskussionen auf- und ernstzunehmen. Zur Kreissynode in Halle im Juni 2005, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Globalisierung beschäftigt, wird als einer von zwei Referenten Jorge Gerhardt, Pfarrer und Leiter des Diakonie-Referates der IERP, eingeladen und trägt mit seinem Vortrag dazu bei, zahlreichen Beschlüssen der Synode den Weg zu bereiten. Um über die Besuche hinaus inhaltlich intensiver zusammenzuarbeiten lädt der Kirchenkreis Halle 2009 gemeinsam mit seinen drei Nachbarkirchenkreisen zu einem internationalen Partnerschaftsforum ein: Wasser schafft Leben lautet das Thema, zu dem Partner aus Tanzania, Argentinien, Großbritannien und Deutschland miteinander arbeiten. Die Delegation aus Misiones umfasst dieses Mal auch den Musiker Joselo Schuap, der Menschen mit der Musik begeistert und für die Problematik der Groß-Staudämme in Lateinamerika sensibilisiert. In der Partnerschaft verknüpfen sich Spiritualität und Solidarität: Einmal im Jahr findet in Misiones wie in Halle ein Partnerschaftsgottesdienst statt, der abwechselnd vorbereitet wird er wird in Halle regelmäßig von etwa der Hälfte der Gemeinden gefeiert, immerhin. Darin kommen die aktuelle Anliegen auf beiden Seiten zur Sprache: Die Ausbeutung von Tabakbauern und die zunehmende Umweltzerstörung in Misiones, der

Arbeitsplatzabbau und der Rückgang der kirchlichen Finanzen in Halle. Schmerzliche Themen wie die Wirtschafts- und Finanzkrise werden reflektiert, das Thema Häusliche Gewalt in beiden Ländern angesprochen. Die gemeinsame Reflexion und das gemeinsame Gebet stärken Menschen auf beiden Seiten. Ermutigend ist es zu wissen und zu spüren, Menschen auf der anderen Seite des Erdballs wichtig und in einer weltweiten Kirche verbunden zu sein. Gemeindepartnerschaften Auch in einigen Gemeindepartnerschaften ist der Kontakt nach Argentinien lebendig. So verbindet etwa die Evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Bielefeld eine langjährige Partnerschaft mit der Gemeinde Florencio Varela und zwei Kindertagesstätten in Quilmes im Großraum Buenos Aires. Die Partnerschaft nach Argentinien ist für die Gemeinde immer wieder Anlass, sich vertieft mit Fragen der Weltwirtschaftsordnung zu beschäftigen, nach Alternativen zum Neoliberalismus zu fragen, sich aktiv für die Erlassjahrkampagne einzusetzen, vor allem für den Erlass illegitimer und odiöser Schulden Argentiniens. Ähnlich wie in Halle finden immer wieder Gemeindeseminare mit Referenten aus der IERP statt. Auch hier sind es persönliche Beziehungen, die Menschen über den Ozean hinweg verbinden. Vor allem aber führt die thematische Auseinandersetzung zu einer veränderten Perspektive auf die eigene kirchliche Situation. La Plata-Forum Zur inhaltlichen Vertiefung der landeskirchlichen Partnerschaft wurde 2007 erstmals eine zweitägige Tagung durchgeführt, die sich seither als La Plata-Forum etabliert hat und 2009 wiederholt wurde. Die Foren hatten die Themen Missionarische Kirche im Zeitalter der Globalisierung (2007) und Deutsch-Argentinische Außenpolitik unter Einbeziehung Uruguays und Paraguays (2009). Beide Foren fanden in Halle statt und waren mit etwa 70 Teilnehmenden gut besucht. Neben der Tagungsarbeit hat das Forum auch einen hohen Begegnungscharakter für Menschen weit über Westfalen hinaus, die sich der IERP verbunden fühlen. Das La Plata-Forum 2009 bildete zudem den Abschluss einer Reise der Kirchenleitung der La Plata-Kirche.

Synoden- und Kirchenleitungsbesuche Partnerschaft muss den Beteiligten Spaß machen, sie soll das Leben bereichern. Und so sind die Reisen und die Begegnungen das, was Menschen vor allem begeistert. Zugleich ist den Beteiligten klar, dass jede ökumenische Partnerschaft auch Gefahr läuft, folkloristisches Beiwerk des Alltäglichen zu werden. Ökumenische Partnerschaft ist dann ein Gewinn für beide Seiten, wenn sie nicht neben dem Alltag stattfindet, sondern die Partner mit in das Alltägliche hinein nimmt, ihnen Einblick gewährt in die eigene Arbeit, die anstehenden Aufgaben, die zu lösenden Probleme. Ernst genommene Partnerschaft erwartet von den Partnern, dass sie Interesse zeigen, Zusammenhänge verstehen, kritisch nachfragen, Vorschläge machen. Und umgekehrt: dass die Wahrnehmungen, Fragen, Anregungen und Impulse aufgenommen und diskutiert werden denn sie können Sichtweisen verändern. Aus diesen Gründen sind auch die wechselseitigen Besuche der Synoden wichtig, die wenn es möglich ist die Gäste in die inhaltliche Debatte einbeziehen. Als gutes Beispiel kann hier die westfälische Landessynode 2004 gelten: Um dem Schwerpunktthema Globalisierung: Wirtschaft im Dienst des Lebens gerecht zu werden, waren Gäste aus unterschiedlichen Partnerkirchen eingeladen, die westfälische Stellungnahme mit zu diskutieren, darunter Kirchenpräsident Federico Schaefer und sein Vorgänger Juan Pedro Schaad aus der IERP. Junge Leute als Freiwillige Seit einigen Jahren bietet die Evangelische Kirche am Río de la Plata sechs jungen Leuten aus Westfalen die Gelegenheit zur Mitarbeit in einem Kinderprojekt, einem Altenheim, einem Landwirtschaftszentrum oder einem Menschenrechtsprojekt. Als Volontäre arbeiten sie in ihrer Einsatzstelle mit, nehmen am Leben in der fremden Kultur teil, sammeln Erfahrungen mit sich selbst und mit der neuen Umgebung, kehren verändert zurück. Nach ihrer Rückkehr bilanziert eine Volontärin: Für mich haben sich die Werte verändert, das, was im Leben zählt. Hier wird man eher so erzogen, dass man erfolgreich sein soll und später viel verdient. Dort sind es andere Werte, zum Beispiel dass man zusammenhält, Zeit für die anderen hat, zusammen Mate trinkt und

dann kommt man eben mal zu spät. Niemand würde etwas daran kritisieren. Mit den kleinen Dingen des Lebens ist man dort einfach lockerer. 2010 werden erstmals zwei junge Männer aus Argentinien nach Versmold und Gelsenkirchen kommen und hier als Volontäre mitarbeiten. Gemeinsames Lernfeld Meinem Artikel ist (hoffentlich) anzumerken, wie sehr mir selbst die Partnerschaft zwischen der Evangelischen Kirche am Rio de la Plata und der Evangelischen Kirche von Westfalen am Herzen liegt. Dennoch wäre der Eindruck falsch, es handelte sich um eine ausschließlich harmonische Beziehung. Auch Konflikte - oder zumindest Missverständnisse - sind Teil der Partnerschaft, und sie sind ein gutes Lernfeld. Beide Seiten bringen ihre kulturellen Unterschiede mit in die Begegnung, ihre unterschiedliche Sozialisation im Hinblick auf Höflichkeit und Direktheit, ihre je andere Kirchenorganisation, ihre je eigene Geschichte mit Kolonialismus und Mission und nicht zuletzt, ihre verschiedene Verortung in Armut und Reichtum. Diese Herausforderungen können dann zu einem gemeinsamen Lernfeld werden, wenn es gelingt, sie im Spiegel unseres biblischen Auftrags zu reflektieren und Antworten zu wagen theoretische wie praktische. Pfarrerin Heike Koch ist seit 2010 Leiterin des Amtes für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe) der Evangelischen Kirche von Westfalen in Dortmund. Sie hat unter anderem in Sao Leopoldo und Sao Paulo in Brasilien Theologie studiert und ist in der Partnerschaftsarbeit mit der Evangelischen Kirche am La Plata engagiert.