Schwangerschaft und Geburt Lk 2,1-14 (Predigt am Hl. Abend 2008) fr. Peter Kreutzwald op, Gartenfeldstr. 2, 55118 Mainz Liebe Schwestern, liebe Brüder! Sie werden mir vermutlich nicht widersprechen, wenn ich sage, wir leben im Jahr 2008 nach Christus. Historisch gesehen stimmt das ja auch, aber theologisch gesehen ist die Aussage problematisch. Warum? Weil wir als Getaufte mit, in und durch Christus leben, aber nicht zeitlich nach Christus. Der Apostel Paulus spitzt es so zu: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Und weil das so ist, haben wir heute Abend die Feier mit den Worten eröffnet: Heute (!) ist uns der Heiland geboren Und vor dem Evangelium haben wir gesungen: Heute (!) ist uns der Retter geboren Weihnachten, das ist heute Nacht. Heute wird Gott Mensch, heute Abend, hier in St. Bonifaz, mitten unter uns. Das hoffe ich jedenfalls, denn sonst hätten wir keinen Grund zur Freude. Mit den Worten von Angelus Silesius, einem Dichter des Barocks: Wär Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, doch nicht in Dir: du bliebst noch ewiglich verloren 1 Daher lenke ich Ihre Aufmerksamkeit nun auf die Geburt, genauer: den Geburtsvorgang selbst 2. Auf die Geburt Christi hier in dieser Kirche, jetzt, vor unseren Augen und Ohren, mitten unter uns. 1 Cherub. Wandersmann I, 61 2 Nach einer Idee von Benno Eich SJ
2 Damit wir unseren Blick auf diesen Geburtsvorgang richten können, müssen wir natürlich erst einmal jemanden finden, der schwanger ist - mit Christus schwanger, wohlgemerkt. Ich weiß, ich spreche in Rätseln und lasse noch einmal Angelus Silesius zu Wort kommen: Ich muss Maria sein und Gott aus mir gebären. 3 Wie sollen Sie, wie soll ich schwanger werden? Wie soll das geschehen? Auch Maria hat so gefragt. Als der Engel ihr die Geburt ihres Sohnes ankündigte, da fragte sie: Wie soll das geschehen, da ich doch keinen Mann erkenne? (also: mit keinem Mann intim gewesen bin). Die Antwort des Engels: Der Heilige Geist wird über Dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird Dich überschatten Na toll und was bedeutet das im Klartext?! Der Heilige Geist wird über Dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird Dich überschatten?! Liebe Schwangere! die meisten Christen meinen, wenn sie das hören: über mich nicht 3 Cherub. Wandersmann I, 23
3 o Wie gut, dass sich die Wahrheit nicht nach Mehrheiten richtet! Gott ist gerecht und er überschattet einen jeden und eine jede von uns! die meisten Christen meinen, Christus sei aus Maria ein anderer als aus uns o Wie gut, dass der dreieine Gott unteilbar, und dass es ein- und derselbe Geist ist in Jesus und in uns Christen: der Hl. Geist! die meisten Christen meinen, Maria sei ein Engel erschienen und bei uns ginge das nicht oder geschehe jedenfalls nicht. Oder sie meinen, zu Maria hätte der Engel diese Worte gesagt, aber wenn er tatsächlich zu uns käme, dann sagte er zu uns bestimmt etwas anderes o Wie gut, dass Gott mit seinem Wort identisch ist und nicht dies oder jenes sagt oder sagen lässt: Jedem Menschen, dem er seinen Engel schickt, - Ihnen z.b. - sagt er im Evangelium dasselbe. Sie sehen: Bei Gott ist nichts unmöglich. Bei Gott können sogar Männer schwanger werden. Als Mutter seines Sohnes ist Gottvater ein Mann so lieb wie eine Frau. Zur Unterscheidung sei allerdings festgehalten: Biologisch wurde Jesus Christus aus einer Frau geboren, aus Maria, vor 2000 Jahren. Durch den Heiligen Geist aber wird Jesus Christus entweder aus einer Frau oder aus einem Mann geboren, heute noch. Womit ich, nachdem wir jetzt sogar mehrere Schwangere gefunden haben, zum Geburtsvorgang selbst komme. Liebe Gebärfreudige! Auf welche Weise wird nun Christus aus einem vom Hl. Geist überschatteten Menschen geboren?
4 Nun, der oder die Gebärfreudige muss sprechen können, denn Christus, das ist Gottes Wort. Das Wort Gottes ist so normal zu sprechen, wie all unsere anderen menschlichen Worte und Wörter auch: mit dem Mund. Damit Christus zur Welt kommt, ist es notwendig, dass wir das Wort Gottes sprechen, es einander zusagen. Christus wird immer dann geboren, wenn die Zusage unbegrenzter Liebe und grenzenloser Zuwendung, in dieser Welt hörbar wird. Christus wird immer dann geboren, wenn die unbegrenzte Güte Gottes gesagt oder zumindest das Sagen vorbereitend gedacht wird. Christus zur Welt bringen, das ist das Hören der folgenden Worte, begleitet von dem Vorsatz diese Worte weiterzusagen. Gott weiterzusagen. Den Unendlich Liebenden den scheinbar endlich Liebenden bekannt zu machen. Also: Christus zu Welt bringen ist das Hören und Sagen der folgenden Worte: o Gott hat an Dir unüberbietbare Freude, an Dir. o Gott hat seine Freude an Dir, und er hat seine Freude für Dich wie für jeden anderen Menschen der Welt auch, seine Freude: Seinen Sohn. o Seinen Sohn hat er für Dich, denn Du bist jemand, an dem Gott unendlich viel gelegen ist. Wem das zu allgemein ist oder zu fromm, dem sage ich s gerne anschaulicher: Über viele Mitmenschen ärgern wir uns oft grün und blau. Haben Sie einen solchen vor Augen? Haben Sie einen? OK. Dann stellen Sie sich jetzt bitte ihre nächste Begegnung mit diesem Menschen vor. Christus zur Welt bringen, das heißt, mir in dieser Begegnung selbst in Erinnerung zu rufen, und es mein Gegenüber auch spüren zu lassen: Gott hat seine Freude an Dir. Gott ist unendlich viel an Dir gelegen.
5 Soviel oder sowenig zum Geburtsvorgang. Und wo ist nun der Geborene? Liebe Gottesgebärer und Gottesgebärerinnen! Der eben hier vor zwei drei Minuten geborene Christus, sitzt in den Bänken... in denen, die es erstmals hörten, in denen, die es zum hundertstenmal hörten und in der ein oder anderen Person, die wirklich mal zuhörte, wenn in normalem mitmenschlichem Wort Gott selbst erschien, als ihm - durch einen Menschen - Gehör verschafft wurde, ihm, der über alle Maßen liebt, bedingungslos. Er gibt sich jedem Menschen, lässt sich auch nicht zurückschubsen; er ist Gott! Er lässt sich allerdings ignorieren, dann war es schad um Weihnachten, denn Wär Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, doch nicht in Dir: du bliebst noch ewiglich verloren. Gesegnete Weihnachten. Ich wünsche Ihnen - das Geschenk dieser Nacht: Christus.