Die Gemeinschaftskosten im Stockwerkeigentum und ihre Sicherstellung



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Transkript:

Die Gemeinschaftskosten im Stockwerkeigentum und ihre Sicherstellung Der Stockwerkeigentümer hat an die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und an die Kosten der gemeinschaftlichen Verwaltung Beiträge zu leisten. Diese Beiträge bemessen sich nach der Wertquote der jeweiligen Stockwerkeinheit, ausser wenn das Stockwerkeigentümerreglement für bestimmte gemeinschaftliche Aufwendungen eine andere Kostenverteilung vorsieht. Als solche Lasten und Kosten kommen namentlich die Auslagen für den laufenden Unterhalt, für Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Teile von Grundstück und Gebäude sowie der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen in Betracht. Ferner sind davon die Kosten für die Verwaltungstätigkeit einschliesslich der Entschädigung des Verwalters erfasst. Schliesslich fallen darunter sämtliche Abgaben, die der Stockwerkeigentümerschaft insgesamt auferlegt werden. Dienen indessen bestimmte gemeinsame Bauteile, Anlagen oder Einrichtungen einzelnen Stockwerkeigentümern nicht oder nur in ganz geringem Masse, so ist dies bei der Verteilung der Kosten zu berücksichtigen (vgl. dazu Art. 712h ZGB). Die Pflicht, an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten einen Beitrag zu leisten, stellt eine Realobligation dar. Das heisst, dass der Schuldner des Gemeinschaftskostenbeitrages der jeweilige Stockwerkeigentümer ist und dass mit dem Eigentumswechsel an der Stockwerkeinheit auch die Person des Schuldners wechselt. Forderungen, die vor dem Eigentumsübergang entstanden sind, müssen demnach vom Veräusserer beglichen werden. Ausschlaggebend für die Abgrenzung ist der Zeitpunkt, an welchem die Verbindlichkeit entstanden ist und nicht derjenige, an welchem die Ausgaben von der Stockwerkeigentümergemeinschaft beschlossen worden sind. Dies bringt es mit sich, dass der Stockwerkeigentümer eine Beitragsforderung selbst dann begleichen muss, wenn er seine Stockwerkeinheit beim entsprechenden Ausgabenbeschluss der Stockwerkeigentümerschaft noch gar nicht erworben hatte. Als Zahlungsmodalitäten kommen Deckungsbeiträge und Vorschussleistungen in Frage. In der Regel bestimmt das Stockwerkeigentümerreglement, wie und wann Gemeinschaftskostenbeiträge zu leisten sind. Kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft eine Verbindlichkeit aus eigenen Mitteln nicht bezahlen, hat sie - bedingt durch die Rechtsnatur der Beitragsforderung als Realobligation - einen gesetzlichen Anspruch gegenüber jedem Stockwerkeigentümer auf Entrichtung eines anteilsmässigen Deckungsbeitrages. Üblicherweise werden die Stockwerkeigentümer jedoch dazu verhalten, Vorschüsse zu leisten. Hiefür bedarf es einer reglementarischen Bestimmung oder eines Beschlusses der Stockwerkeigentümerversammlung, welche die Vorschussleistung masslich festlegt und ihre Periodizität bestimmt. Leistet ein Stockwerkeigentümer seinen Gemeinschaftskostenbeitrag nicht, kann die Stockwerkeigentümergemeinschaft gegen ihn Betreibung anheben und erforderlichenfalls klagen (vgl. Art. 712l 1

ZGB). Zudem kann sie Sicherstellung verlangen, was nachstehend noch näher auszuführen sein wird. Sie hat aber keinen Anspruch auf Erhöhung der Gemeinschaftskostenbeiträge gegenüber den anderen Stockwerkeigentümern, um damit den wegen des säumigen Stockwerkeigentümers entstandenen Ausfall zu kompensieren. Im Aussenverhältnis haftet immer die Stockwerkeigentümerschaft für die gesamte Schuld. Reicht ihr Vermögen nicht aus oder fehlen ihr die liquiden Mittel, kommt es zum Zwangsverwertungsverfahren. Dabei werden auch die zum Gemeinschaftsvermögen gehörenden Beitragsforderungen vom Pfandbeschlag erfasst. Lässt sich der Gläubiger die Forderung an Zahlungsstatt abtreten oder wird er zu ihrer Einziehung ermächtigt (vgl. Art. 131 SchKG), dann kann er auch den Anspruch auf Pfanderrichtung gegenüber dem säumigen Stockwerkeigentümer geltend machen. Denn mit der Abtretung der Forderung ist auch das mit der Forderung verknüpfte Nebenrecht auf Pfanderrichtung auf ihn übergegangen (vgl. Art. 170 OR). Eine rückständige Beitragsforderung der Stockwerkeigentümerschaft kann entweder durch Errichtung eines Gemeinschaftspfandrechtes (vgl. Art. 712i ZGB) zulasten der Stockwerkeinheit, deren Eigentümer mit der Bezahlung seines Anteils in Verzug ist, oder durch Retention der sich in den betreffenden Räumen befindlichen beweglichen Gegenstände sichergestellt werden (vgl. Art. 712k). Beim Gemeinschaftspfandrecht handelt es sich um ein mittelbares gesetzliches Pfandrecht. Das heisst, dass es zu dessen Begründung der Eintragung im Grundbuch bedarf, was seinerseits wiederum voraussetzt, dass die gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllt sind, damit einem Begehren um Eintragung überhaupt entsprochen werden kann. Ein Zahlungsverzug als solcher genügt also noch nicht für die Errichtung des Pfandrechtes. Dieses muss durch Anmeldung und Eintragung im Grundbuch errichtet werden. Der Anspruch auf Pfanderrichtung steht der Stockwerkeigentümergemeinschaft und im Falle der Abtretung ihrer Beitragsforderung an Zahlungsstatt auch dem Gläubiger zu. Anspruchsbelastet ist der jeweilige Stockwerkeigentümer, wobei diesbezüglich auf die Eintragung im Grundbuch abgestellt wird. Insofern handelt es sich beim Anspruch auf Pfanderrichtung gleich wie übrigens bei der Beitragsforderung selbst wiederum um eine gesetzliche Realobligation mit der besonderen Konsequenz allerdings, dass die Stockwerkeigentümerschaft das Pfandrecht auch dann errichten lassen kann, wenn der Beitragsschuldner seine Stockwerkeinheit zwischenzeitlich verkauft hat. Da die Schuld des Verkäufers nicht auf den Erwerber übergeht, fallen die Eigenschaft des Schuldners und diejenige des belasteten Eigentümers auseinander. Letzterer wird dadurch zum sog. Drittpfandbesteller. Der Pfanderrichtungsanspruch der Stockwerkeigentümergemeinschaft besteht für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen. Beitragsforderungen, die weiter zurückliegen, fallen ausser Betracht. Im Übrigen müssen die Rechnungsjahre der auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen abgelaufen sein. 2

Unbezahlte Beitragsforderungen für das laufende, also noch nicht abgeschlossene Rechnungsjahr können ebenfalls nicht geltend gemacht werden. Besteht die Gefahr, dass die vorerwähnte Dreijahresfrist ausläuft, kann die vorläufige Eintragung des Gemeinschaftspfandrechtes beantragt werden. Damit bleibt die Eintragung bestehen, auch wenn darüber erst nach Ablauf von drei Jahren definitiv entschieden wird Die Errichtung eines Gemeinschaftspfandrechtes kann nur für rückständige Beitragsforderungen beantragt werden, die ihrerseits auf gültig eingegangenen gemeinschaftlichen Kosten und Lasten der Stockwerkeigentümergemeinschaft beruhen. Alle anderen Aufwendungen, auf die das Kriterium der Gemeinschaftlichkeit nicht anwendbar ist, bleiben davon ausgenommen, so beispielsweise die Energiekosten einer einzelnen Stockwerkeinheit. Dem Gemeinschaftspfandrecht als mittelbarem gesetzlichem Pfandrecht kommt kein Rangprivileg zu. Es wird im Rang nach dem Datum seiner Anmeldung im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung erfolgt in Form einer Kapitalgrundpfandverschreibung. Damit haftet das Pfandobjekt gemäss Art. 818 Abs. 1 ZGB zusätzlich für allfällige Verzugszinsen und Betreibungskosten. Die grundpfandrechtlich gesicherte Beitragsforderung ist auch unverjährbar und zwar für solange, als das Grundpfandrecht eingetragen ist. Aufgrund der Pfanderrichtung wird die betreffende Stockwerkeinheit mit einem Verwertungsrecht belastet. Damit kann sich die Stockwerkeigentümergemeinschaft bzw. der Gläubiger aus dem Erlös der Verwertung bezahlt machen. Ist die ausstehende Beitragsforderung durch das Gemeinschaftspfandrecht bereits sichergestellt worden, kann für dieselbe Forderung nicht auch noch das Retentionsrecht geltend gemacht werden (vgl. Art. 898 Abs. 1 ZGB). Das Retentionsrecht ist eine unmittelbare gesetzliche Eigentumsbeschränkung zugunsten der Stockwerkeigentümergemeinschaft, die sich auf bestimmte bewegliche Sachen in der Stockwerkeinheit des Beitragsschuldners bezieht. Zu ihrer Begründung bedarf es weder des Abschlusses eines Vertrages noch einer Besitzesübertragung. Das Retentionsrecht bezweckt gleich wie das Gemeinschaftspfandrecht die Sicherstellung der Beitragsforderung der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Wie das Gemeinschaftspfandrecht hat auch das Retentionsrecht einen realobligatorischen Charakter. Demzufolge muss jeder jeweilige Stockwerkeigentümer dulden, dass seine Gegenstände sowie auch solche Dritter für Beitragsforderungen verwertet werden und zwar selbst dann, wenn die Beitragsschulden vom Veräusserer der Stockwerkeinheit zu verantworten sind. Das Retentionsrecht sichert fällige wie auch nicht fällige Forderungen und zwar für die in den letzten drei Jahren entstandenen Beitragsforderungen. Für die Berechnung der Dreijahresfrist ist das Begehren um Verwertung der Retentionsobjekte bzw. die Konkurseröffnung über den Beitragsschuldner massgebend. Aufgrund der akzessorischen Natur des Retentionsrechtes muss eine bestimmte Beitragsforderung 3

vorliegen. Ist diese untergegangen, hat auch das Retentionsrecht seinen Bestand verloren. Retentionsberechtigt ist in erster Linie die Stockwerkeigentümergemeinschaft. Diese kann ihre Forderung jedoch an den Gläubiger abtreten, wodurch dieser auch in Bezug auf das Retentionsrecht anspruchsberechtigt wird. Retentionsobjekte sind bewegliche Sachen, die sich in den Räumen des Beitragsschuldners befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören. Nicht dazu gehören eingebaute und demnach mit der Stockwerkeinheit fest verbundene Einrichtungen. Welchem Zweck die beweglichen Sachen dienen, ergibt sich in erster Linie aus dem Begründungsakt bzw. aus dem Stockwerkeigentümerreglement. Wird eine Stockwerkeinheit als Wohnung benutzt, werden vom Retentionsrecht die Gegenstände erfasst, die üblicherweise Wohnzwecken dienen. Davon ausgenommen sind persönliche Sachen wie Kleider, Schmuck etc. Bei einer gewerblichen Nutzung können nur Gegenstände retiniert werden, die der Berufsausübung dienen. In jedem Fall ist die Retention von sog. Kompetenzstücken aber ausgeschlossen. Die Retention erfolgt durch Aufnahme einer sog. Retentionsurkunde. Dafür zuständig ist das Betreibungsamt. Mit Aufnahme der Retentionsurkunde stehen die darin aufgeführten Gegenstände unter Retentionsbeschlag, d.h., der Beitragsschuldner darf diese zwar immer noch benutzen, aber nicht anderweitig darüber verfügen. Tut er dies unbefugtermassen trotzdem, kann die Rückschaffung verlangt werden, sofern zwischenzeitlich kein gutgläubiger Rechtserwerb durch einen Dritten stattgefunden hat. Da die Retention in einem einstweiligen Verfügungsverbot zum Nachteil des Beitragsschuldners besteht, ansonsten aber keine materiellen Rechtswirkungen entfaltet, muss innert zehn Tagen nach Aufnahme der Retentionsurkunde Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet werden. Anderenfalls kann der Beitragsschuldner verlangen, die Gegenstände seien aus der Retentionsurkunde wieder zu entlassen. FAZIT: Jeder Stockwerkeigentümer hat an die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums Beiträge zu leisten, deren Höhe sich in Ermangelung anderslautender Bestimmungen im Stockwerkeigentümerreglement nach der Wertquote der jeweiligen Stockwerkeinheit bemisst. Leistet ein Stockwerkeigentümer seinen Gemeinschaftskostenbeitrag nicht, kann zulasten seiner Stockwerkeinheit ein Gemeinschaftspfandrecht errichtet werden. Das Gemeinschaftspfandrecht ist ein mittelbares gesetzliches Pfandrecht, d.h., dass es nur kraft Eintragung im Grundbuch entsteht. Für die grundbuchliche Eintragung ist ein Zahlungsverzug des Beitragsschuldners erforderlich, wobei sich dieser Zahlungsverzug auf gemeinschaftliche Kosten zu beziehen hat, die auf die letzten drei abgeschlossenen Rechnungsjahre entfallen. Das Retentionsrecht, das nicht gleichzeitig mit dem Gemeinschaftspfandrecht geltend gemacht werden kann, hat zur Folge, dass der Beitragsschuldner die mit Retentionsbeschlag belegten beweglichen Gegenstände in seiner Stockwerkeinheit zwar weiterhin benutzen, nicht aber darüber anderweitig verfügen darf. Auch 4

beim Retentionsrecht geht es um ausstehende Beitragsforderungen aus den letzten drei Jahren, wobei es sich hier sowohl um fällige wie auch um nicht fällige Forderungen handeln kann. Hat das Betreibungsamt die Retentionsurkunde aufgenommen, muss innert zehn Tagen Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet werden. Luzern, 14. November 2005 Louis H. Falck, lic. iur. Rechtsanwalt und Notar 5