Deutsche Weihnacht In der Weihnachtszeit präsentiert die Städtische Galerie Mennonitenkirche zwei Ausstellungen, die sich beide dem Thema Heiligabend widmen. Die Ausstellung Deutsche Weihnacht 1900 bis 1945 zeigt Photographien eines Ehepaares aus Berlin, das sich jedes Jahr an Heiligabend vor dem Weihnachtsbaum und dem Gabentisch fotografierte. In der zweiten Ausstellung werden Krippen und Weihnachtsschmuck aus Zinn und deren Fertigung gezeigt Ein Familienalbum 1900 bis 1945 Einem Zufall ist es zu verdanken, dass die Weihnachtsfotos, auf denen Richard Wagner jedes Jahr sich selbst und seine Frau Anna ablichtete, erhalten geblieben sind. Und dass sie, beinahe 50 Jahre nach dem Tod des Ehepaares, in einem Buch veröffentlicht wurden, hätten Richard und Anna Wagner sicher nicht zu träumen gewagt. 1900 Als das Heimatmuseum Berlin-Charlottenburg vor einigen Jahren über Zeitungsaufrufe um die Zusendung privater Weihnachtsfotos für eine Ausstellung bat, meldete sich auch eine Familie aus dem Osten Berlins. Diese Familie hatte im
1916 Nachlass der Großmutter Weihnachtsfotos gefunden und sie irrtümlich als Zeugen ihrer eigenen Vorfahren gehalten. Da die Mauer die Familienmitglieder getrennt hatte, konnte die Großmutter den Nachkommen nur wenig von sich und ihren Freunden berichten. So entstand der Irrtum. Die kulturgeschichtlich interessante Dokumentation in Form der Weihnachtsfotos, die über einen Zeitraum von fast 45 Jahren entstanden waren, noch dazu in der geschichtsträchtigen Zeit von 1900 bis 1945, veranlasste jedoch die Mitarbeiter des Museums Berlin-Charlottenburg, mehr über die Familie, die die Fotos aufgenommen hat, herauszufinden. Es wurden Adress- und Totenbücher durchgesehen und nach und nach ergab sich ein Bild der beiden Personen auf den Fotos. 1922 Der gebürtige Berliner Richard Wagner arbeitete als Beamter bei der Deutschen Reichsbahn. Seine Frau Anna stammte aus Erfurt. Die beiden, die kinderlos geblieben waren, lebten seit 1911 in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in der gutbürgerlichen Gegend des bayrischen Viertels in Berlin-Schöneberg. Richard Wagners Leidenschaft war die Photographie.
Schon vor der Jahrhundertwende befasste er sich mit diesem Hobby. Er fertigte in der Hauptsache stereoskopische Aufnahmen an. Fast alle Weihnachtsbilder sind in dieser Technik fotografiert. Bei der Herstellung der Weihnachtsfotos, die den Freunden der Wagners jedes Jahr als Grußkarten gesandt wurden, gab er sich viel Mühe. Jedes Jahr wurde die Szene ein klein wenig anders gestellt. Die Geschenke, die auf den Gabentischen liegen, spiegeln das Bild des bürgerlichen Mittelstandes wider. Vor allem gab es Nützliches: Nahrungsmittel, Haushaltsgeräte, Stoffe, Handschuhe, Hemden, Socken oder Geld, selten ein Eau de Cologne, eine Uhr oder gar ein Schmuckstück. Die Geschenke sagen uns aber auch viel über die Zeit und die sich wandelnde Lage in Deutschland. Die mit dem Ersten Weltkrieg einsetzende schleichende Geldentwertung und Teuerung veranlasste Richard Wagner, von 1920 bis 1932 die Weihnachtgeschenke mit Angabe der Preise auf der Rückseite der Weihnachtskarten aufzulisten. Diese Notizen geben einen Einblick in das Prinzip, nach dem das Ehepaar sich beschenkte: Beide waren auf gerechten Ausgleich bedacht, wurde eine Grenze im vorgesehenen Budget überschritten, gab es dazu eine Erläuterung. 1917 Aber nicht nur an den während der Kriegsjahre sehr spärlich bestückten Gabentischen, auch an der Kleidung erkennt man die Not der Menschen: Mangels ausreichender Versorgung mit Kohlen während der beiden Weltkriege feierte das Ehepaar 1917 und 1940 im Wintermantel das Weihnachtsfest. Die Folgen des Zweiten Weltkrieges beendeten auch die Fortsetzung dieser Fotoserie. Mit 71 Jahren starb Anna Wagner im August 1945. Die ständige Unterernährung forderte ihren Tribut. Eine Fotoausstellung des MUSEUMS von Berlin Charlottenburg- Wilmersdorf.
Krippen in Zinn Die Zinnfiguren sind Verbindung zwischen Kunst und Kind, sie schildern alte Zeiten. So begann Joachim Ringelnatz sein bekanntes Gedicht über Zinnfiguren. Die Zinnfigur ist altes europäisches Spielzeug und Kulturgut. Die klassische Zinnfigur, wie wir sie heute kennen, entstand im 18. Jahrhundert während der Kriege Friedrichs des Großen: Die Figuren waren flach gegossen, mit einer Vorder- und Rückseite und einem Fußbrettchen versehen, zudem waren sie farbenprächtig bemalt. Als Vorbilder dienten meist Soldaten der zeitgenössischen Heere. Im 19. Jahrhundert breitete sich die kunsthandwerkliche Fabrikation von Zinnfiguren schnell aus und entwickelte sich zu einem regelrechten Industriezweig. Zentren der Zinnfiguren- Herstellung waren zunächst, neben Nürnberg und Fürth, Aarau in der Schweiz und Straßburg im Elsass. Die flache Zinnfigur wurde zum begehrten Spielzeug für Knaben und diente
als Lehrmittel. Neben den Zinnsoldaten gab es sehr schöne Serien mit Tieren, Jahrmärkten, Zirkuskünstlern und religiösen Motiven. Nach dem ersten Weltkrieg wandelte sich die Funktion der Zinnfigur: Hauptsächlich Erwachsene beschäftigten sich jetzt mit ihr und machten sie zu einem ernsthaften Sammel- und geschichtlichen Studienobjekt. So ersetzte in der Folge auch die Bezeichnung Zinnfigur nach und nach den überholten Begriff Zinnsoldat. Heutzutage gilt das Sammeln und Präsentieren von Zinnfiguren als schöpferisches Hobby mit viel Liebe zum Detail und zur Geschichte. Ihre Rolle als Spielzeug hat die Zinnfigur längst verloren. Entscheidend für die Verbreitung der Zinnfigur war die Herstellungsart. Seit fast 300 Jahren unverändert wird die Flachfigur in einer sogenannten Offizin (= Zinngießerei) in doppelseitigen Formen aus Tonschiefer gegossen. Die Figur wird als Flachrelief in die Formenhälften graviert. So kann man auch aus alten Formen hunderte Exemplare gießen und vertreiben. Das gilt nicht nur für den einfachen Zinnsoldaten als Massenware, sondern auch für andere Themen. Schon früh gaben die Zinnspielwaren-Hersteller religiöse Szenen heraus. Es sind vor allem drei Motive, die häufiger auftreten: Paradies-Szenen, Prozessionen und Krippen. Die Ausstellung in der Städtischen Galerie Mennonitenkirche zeigt eine Auswahl an Krippen aus flachen Zinnfiguren sehr unterschiedlicher Stilrichtungen und Größen. Sie wurden von Reinhold E. Pfandzelter bemalt und in Dioramen gefasst.
Veranstaltungen während der Ausstellungszeit Vorführung Zinngießen: 5. Dezember 2010 und 6. Januar 2011, jeweils von 11 bis 17 Uhr Workshop Bemalen von Zinnfiguren (weihnachtliche bzw. winterliche Motive): Teilnehmen können Kinder und Erwachsene Anmeldung erforderlich 24. November, 14 bis 17 Uhr 1. Dezember, 14 bis 17 Uhr 15. Dezember, 14 bis 17 Uhr Galerie und mehr: Ein Abend zum Genießen - Lesung, Musik und Leckerbissen Vielleicht der Beginn eines Salons der 20er Jahre 20. Januar, 18 Uhr Für Gruppen öffnen wir die Galerie nach vorheriger Anmeldung auch zu anderen als den unten angegebenen Öffnungszeiten. Nach Absprache ist dann auch eine zusätzliche Vorführung des Zinngießens möglich. Städtische Galerie Mennonitenkirche Schlossstraße 2, 56564 Neuwied Infos und Anmeldungen unter 02631/20687 Email info@galerie-neuwied.de Internet www.neuwied.de Öffnungszeiten Dienstag 14 bis 17 Uhr, Mittwoch 12 bis 17 Uhr Donnerstag bis Samstag 14 bis 17 Uhr Sonntag/Feiertag 11 bis 17 Uhr Gruppen nach Vereinbarung