Altersvorsorge 2020: Bundesrat verabschiedet Botschaft



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news.admin.ch Altersvorsorge 2020: Bundesrat verabschiedet Botschaft Bern, 19.11.2014 - Der Bundesrat hat die Botschaft zur Reform der Altersvorsorge ans Parlament überwiesen. Die Reform sichert mit einem umfassenden und ausgewogenen Ansatz das Leistungsniveau der Altersvorsorge. Sie sorgt dafür, dass AHV und berufliche Vorsorge ausreichend finanziert sind und einen flexibleren Übergang in den Ruhestand erlauben. Die Reform Altersvorsorge 2020 enthält die folgenden Kernelemente: Gleiches Referenzalter für Frauen und Männer bei 65: Sowohl in der AHV als auch in der beruflichen Vorsorge gilt für Frauen und Männer das gleiche Referenzalter für den Bezug der Rente ohne Kürzung oder Zuschlag. Flexible und individuelle Gestaltung der Pensionierung: Der Zeitpunkt der Pensionierung kann zwischen 62 und 70 Jahren frei gewählt werden. Dabei können die ganzen Renten oder nur Teile davon bezogen werden, was eine gleitende Pensionierung erlaubt. Bis zum Zeitpunkt, an dem die ganze AHV-Rente bezogen wird, kann diese mit weiteren Beiträgen bis zum Betrag der Maximalrente verbessert werden. Neu werden bei Personen mit tiefem Einkommen, die lange erwerbstätig waren, die Renten der AHV beim Bezug vor 65 weniger stark gekürzt. Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der obligatorischen beruflichen Vorsorge an die Entwicklung der Lebenserwartung und der Kapitalrenditen: Der Mindestumwandlungssatz wird innerhalb einer Frist von vier Jahren jedes Jahr um 0,2 Prozentpunkte gesenkt, bis er den Satz von 6,0 Prozent erreicht. Erhaltung des Leistungsniveaus der beruflichen Vorsorge: Der Koordinationsabzug wird abgeschafft, und die Altersgutschriften werden so angepasst, dass die Renten der obligatorischen beruflichen Vorsorge trotz der Anpassung des Mindestumwandlungssatzes nicht sinken. Älteren Arbeitnehmenden hilft der Sicherheitsfonds bei der Kapitalbildung. Zudem werden die Altersgutschriften für Versicherte nach 45 nicht mehr erhöht, um ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt zu stärken. Bessere Überschussverteilung, Aufsicht und Transparenz im Geschäft mit der 2. Säule: Die Mindestquote wird auf 92 Prozent erhöht: Mindestens 92 Prozent des Ertrags aus dem Geschäft mit der 2. Säule gehören den Versicherten. Heute dürfen die privaten Versicherungsgesellschaften bis zu 10 Prozent selber behalten. Zielgerichtete Leistungen für Hinterlassene: Witwenrenten der AHV werden nur noch jenen Frauen ausgerichtet, die beim Tod des Mannes waisenrentenberechtigte oder pflegebedürftige Kinder haben. Die AHV-Rente für Witwen und Witwer wird von 80 auf 60 Prozent der entsprechenden Altersrente reduziert, gleichzeitig wird die Waisenrente von 40 auf 50 Prozent erhöht. Gleichbehandlung von Selbständigerwerbenden und Arbeitnehmenden in der AHV: Für alle gelten die gleichen Beitragssätze. Die degressive Beitragsskala für Selbständigerwerbende wird abgeschafft. Besserer Zugang zur 2. Säule: Die Eintrittsschwelle der obligatorischen beruflichen Vorsorge wird von heute gut 21 000 auf 14 000 Franken gesenkt. Damit werden Personen mit kleinen Löhnen oder mehreren kleinen Arbeitspensen besser geschützt. Davon profitieren insbesondere Frauen. Zusatzfinanzierung für die AHV: Eine proportionale Erhöhung der Mehrwertsteuer um höchstens 1,5 Prozentpunkte liefert die zusätzlich benötigten Mittel zur Finanzierung der AHV. Bei Inkrafttreten der Reform wird die Mehrwertsteuer um 1

Prozentpunkt erhöht, der zweite Erhöhungsschritt erfolgt erst dann, wenn es die Finanzen der AHV erfordern. Liquiditätsschutz für die AHV: Ein Interventionsmechanismus sorgt dafür, dass rechtzeitig Massnahmen zur Sicherung der AHV ergriffen werden. Wenn sich abzeichnet, dass der Stand des AHV-Ausgleichsfonds unter 70 Prozent einer Jahresausgabe fallen wird, muss der Bundesrat Gegenmassnahmen vorschlagen. Für den Fall, dass der AHV-Ausgleichsfonds tatsächlich unter 70 Prozent einer Jahresausgabe sinkt, werden vordefinierte Massnahmen ausgelöst. Einfachere Finanzflüsse zwischen Bund und AHV: Der Bund verzichtet auf seinen Anteil von 17 Prozent am Mehrwertsteuer-Demografieprozent, das seit 1999 zugunsten der AHV erhoben wird. Im Gegenzug wird der Bundesbeitrag an die AHV von 19,55 auf 18 Prozent der AHV-Ausgaben gesenkt. Der Bundesrat ist überzeugt, dass diese Massnahmen ein ausgewogenes und mehrheitsfähiges Reformpaket bilden. Es sichert das Leistungsniveau der Altersvorsorge und die Finanzierung der 1. und 2. Säule, verteilt die Lasten gerecht und macht die schweizerische Altersvorsorge zukunftsfähig. Die Reform der Altersvorsorge macht die Änderung verschiedener Gesetze notwendig, erfordert aber auch einen separaten Bundesbeschluss für die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze, die in der Verfassung verankert sind. Damit der gesamtheitliche Ansatz der Reform gewahrt bleibt, fasst der Bundesrat alle Gesetzesänderungen in einen Mantelerlass und verbindet diesen mit der Verfassungsänderung. Damit wird verhindert, dass die Änderungen bei der Altersvorsorge angenommen, aber deren Finanzierung abgelehnt oder umgekehrt die Reformen abgelehnt, aber zusätzliche Mittel eingefordert werden können. Ergebnisse der Vernehmlassung berücksichtigt Der Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung wurde ebenfalls vom Bundesrat verabschiedet. Er zeigt auf, dass die Notwendigkeit der Reform unbestritten ist. Ihre wichtigsten Ziele die Erhaltung des Rentenniveaus und die Sicherung der Finanzierung der Altersvorsorge stossen auf breite Zustimmung. Mit der Reduktion der Mehrwertsteuererhöhung, dem Verzicht auf den Koordinationsabzug, der Vereinfachung der Finanzflüsse zwischen AHV und Bund hat der Bundesrat wichtigen Anliegen aus der Vernehmlassung Rechnung getragen. Es gab in der Vernehmlassung wichtige Stimmen, die eine Aufteilung der Vorlage gefordert haben. Allerdings herrscht auch unter ihnen keine Einigkeit über die konkrete Gestaltung der einzelnen Reformpakete. Nachdem alle Teilreformen der vergangenen Jahre als unausgewogene Vorlagen wahrgenommen und deshalb gescheitert sind, müssten die einzelnen Pakete in sich wieder ausgewogen sein, damit sie mehrheitsfähig wären. Das wäre ungleich schwieriger als bei einer grossen und umfassenden Reform. Darum ist der Bundesrat nach wie vor der Ansicht, dass die Reform in einem einzigen ausgewogenen Paket zielführender ist als eine Aufteilung in mehrere Reformen. Er ist aber offen für eine Diskussion über eine etappenweise Inkraftsetzung der Reform. Die Reform Altersvorsorge 2020 baut auf den Richtungsentscheiden des Bundesrats vom November 2012, November 2013 und Juni 2014 auf. Sie basiert auf Erkenntnissen mehrerer Forschungsprojekte, die sich mit der demografischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Entwicklung in der Schweiz auseinandergesetzt haben. Adresse für Rückfragen: Kommunikation Bundesamt für Sozialversicherungen 058 462 77 11 kommunikation@bsv.admin.ch

Herausgeber: Der Bundesrat Internet: http://www.bundesrat.admin.ch/ Generalsekretariat EDI Internet: http://www.edi.admin.ch Bundesamt für Sozialversicherungen Internet: http://www.bsv.admin.ch Schweizerische Bundeskanzlei http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV FAKTENBLATT Altersvorsorge 2020 Referenzalter, Vorbezug und Aufschub der Rente Der Bundesrat hat am 19. November die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Zu den Kernpunkten der Reform gehört es, das Referenzalter für den Bezug der Rente in der 1. und 2. Säule für Frauen und Männer zu harmonisieren und beim Rückzug aus dem Erwerbsleben eine grössere Flexibilität zu ermöglichen. Dieses Faktenblatt beschreibt und erklärt die entsprechenden Massnahmen. Rentenalter, Vorbezug und Aufschub: aktuelle Regelung Heute liegt das ordentliche Rentenalter in der AHV und in der beruflichen Vorsorge für Männer bei 65 und für Frauen bei 64 Jahren. Die Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule können in ihren Reglementen allerdings ein anderes Pensionierungsalter vorsehen. In der AHV besteht die Möglichkeit, die Rente ein oder zwei Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter zu beziehen, also im Alter 63 oder 64 bei den Männern und im Alter 62 oder 63 bei den Frauen. Dabei wird die längere Bezugsdauer mit einer Kürzung der Rente kompensiert. Der Kürzungssatz beträgt pro Jahr Vorbezug 6,8 Prozent. Wer die AHV-Rente nach dem gesetzlichen Rentenalter beziehen will, kann den Bezug der ganzen Rente während 5 Jahren aufschieben Männer somit bis 70, Frauen bis 69. Ein Aufschub muss mindestens ein Jahr dauern, danach kann die AHV-Rente jederzeit auf den nächsten Monat abgerufen werden. Die kürzere Bezugsdauer wird mit einem Rentenzuschlag ausgeglichen. Dieser beträgt zwischen 5,2 bei minimalem und steigt bis auf 31,5 Prozent bei maximalem Aufschub. Wer weiter erwerbstätig ist, bezahlt auch weiterhin Beiträge, sofern das jährliche Einkommen 16 800 Franken übersteigt. Den Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule ist es freigestellt, Möglichkeiten zum Vorbezug, zum Aufschub und zum Bezug von Teilrenten anzubieten. Ein Vorbezug der BV-Rente ist heute frühestens ab Alter 58 erlaubt. Der Aufschub der BV-Rente und weitere Einzahlungen in die 2. Säule sind nur möglich, wenn die Erwerbstätigkeit weitergeführt wird. Bei einem Vorbezug erfolgt eine Kürzung, bei einem Aufschub eine Erhöhung der Rente. Der reale Pensionierungszeitpunkt Neben dem gesetzlichen Rentenalter bestimmen die vorhandenen Ressourcen, die persönlichen Vorlieben, die Personalpolitik des Arbeitgebers und die Situation auf dem Arbeitsmarkt den Zeitpunkt, in dem die Erwerbstätigkeit aufgegeben wird, wie aktuelle Studien zeigen 1. Etwa 40 Prozent der Erwerbstätigen gehen heute vor dem gesetzlichen Rentenalter in den Ruhestand. Rund ein Drittel der Erwerbstätigen arbeitet weiter, darunter drei Viertel als Selbstständigerwerbende und viele in Teilzeit oder in spezifischen Funktionen. Das gesetzliche Rentenalter ist somit nur für etwa einen Viertel der Erwerbstätigen der Zeitpunkt der tatsächlichen Pensionierung. Im Durchschnitt geben die Männer die Erwerbstätigkeit mit 64,1 Jahren auf, Frauen mit 62,6 Jahren. 1 Judith Trageser, Stefan Hammer, Juliane Fliedner: «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit Nr. 11/12; Michel Kolly: Ältere Personen und Arbeitsmarktbeteiligung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Materialband zum Forschungsbericht Nr. 11/12

Seite 2/4 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Referenzalter, Vorbezug und Aufschub der Rente Ältere Arbeitnehmende wären häufig bereit, bei guten Arbeitsbedingungen länger zu arbeiten. Unternehmen sind an der Anstellung von Personen über das Rentenalter hinaus dann interessiert, wenn ein Wissens- und Kompetenztransfer sichergestellt werden muss. Auf jeden Fall besteht ein grosses Interesse daran, die Bedingungen für den Rentenbezug zu flexibilisieren. Referenzalter 65 statt Rentenalter 64/65 Mit der Reform wird der Begriff Rentenalter durch Referenzalter ersetzt. Das Referenzalter bestimmt den Zeitpunkt, in welchem eine Altersleistung ohne Kürzung und ohne Zuschlag ausbezahlt wird. Es wird auf 65 Jahre für Frauen und Männer festgelegt und gilt für die 1. und die 2. Säule. Es dient auch als Referenz für die Koordination mit den anderen Sozialversicherungen. Das Referenzalter der Frauen wird in jährlichen Schritten um jeweils zwei Monate von 64 auf 65 erhöht. Das zusätzliche Erwerbsjahr der Frauen führt zu einer Erhöhung ihres Altersguthabens in der beruflichen Vorsorge und somit zu einer Rentenverbesserung, die etwa 4 bis 5 Prozent beträgt. Diese Verbesserung ergibt sich aus dem längeren Sparprozess und der längeren Verzinsung. Für fast ein Fünftel der in der 2. Säule versicherten Frauen liegt das reglementarische Rentenalter heute schon bei 65 Jahren. Eine allgemeine Erhöhung des Referenzalters über 65 Jahre hinaus ist mit der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nicht vereinbar. Die bereits erwähnte Studie hat gezeigt, dass die Arbeitgeber heute nicht bereit sind, mehr ältere Arbeitskräfte zu beschäftigen. Sie lehnen eine generelle Erhöhung des Rentenalters über 65 hinaus mehrheitlich ab. Auch Meinungsumfragen ergeben regelmässig eine deutliche Ablehnung eines generell höheren Rentenalters, hingegen wird einer Harmonisierung bei 65 und einer Flexibilisierung grossmehrheitlich zugestimmt 2. Individuelle Gestaltung der Pensionierung Neu können Männer und Frauen die AHV-Rente ab dem vollendeten 62. Altersjahr vorbeziehen oder bis zum 70. Altersjahr aufschieben. Die maximale Dauer des Vorbezugs wird somit von heute zwei auf drei Jahre verlängert, der Vorbezug für Männer ist damit ein Jahr früher möglich. Die maximale Dauer des Aufschubs bleibt für alle gleich bei fünf Jahren. Der Vorbezug kann an einem beliebigen Monat beginnen und der Aufschub an einem beliebigen Monat enden. Neu können die Versicherten zudem frei wählen, ob sie die ganze Rente oder nur einen Anteil davon beziehen wollen. Der Anteil kann zwischen 20 und 80 Prozent liegen und bis zum Bezug der ganzen Rente einmal geändert werden. Das erlaubt beliebige Kombinationen von Rente und Erwerbstätigkeit und einen gleitenden Übergang in den Ruhestand zwischen 62 und 70 in drei Schritten. Mit Beitragszahlungen nach dem Vorbezug kann der noch nicht bezogene Rententeil erhöht werden bis höchstens zum Betrag der Maximalrente. Diese Möglichkeit besteht heute nicht. Wie im geltenden Recht wird die vorbezogene AHV-Rente nach versicherungstechnischen Grundsätzen gekürzt, auf die aufgeschobene Rente wird ein Zuschlag ausgerichtet. Wird nur ein Anteil der Rente vorbezogen oder aufgeschoben, gilt die Kürzung oder der Zuschlag nur für diesen Teil. Bei einem Vorbezug der Rente werden neu auch die fehlenden Beitragsjahre bei der Berechnung der Rente berücksichtigt. Die Vorschriften der beruflichen Vorsorge werden soweit wie möglich der flexiblen Lösung in der AHV angeglichen. Auch die Vorsorgeeinrichtungen müssen ihren Versicherten einen vorzeitigen Bezug der Altersleistungen ab Alter 62 und den Aufschub bis 70 ermöglichen. Ein Bezug vor 62 ist nur noch in besonderen Situationen möglich, namentlich bei betrieblichen Restrukturierungen und Massenentlassungen oder wenn die Weiterführung der Arbeit im Interesse der öffentlichen Sicherheit nicht mehr möglich ist oder bei kollektiv finanzierten Rücktrittsmöglichkeiten, wie sie beispielsweise das Baugewerbe seit 2006 kennt. 2 Beispielsweise Altersvorsorgemonitor 2014 (http://www.gfsbern.ch/de-ch/detail/altersvorsorgemonitor-2014-5146) oder Vimentis-Umfrage 2013 (http://www.vimentis.ch/d/umfrage/ergebnisse/)

Seite 3/4 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Referenzalter, Vorbezug und Aufschub der Rente Auch die Vorsorgeeinrichtungen müssen mindestens drei Schritte für den Bezug der Altersrente anbieten, beim Vorbezug mit einem ersten Schritt von mindestens 20 Prozent. Bei Kapitalbezügen dürfen höchstens drei Schritte möglich sein. Der komplette Vorbezug setzt voraus, dass die Erwerbstätigkeit beim Arbeitgeber, dessen Vorsorgeeinrichtung eine Altersleistung ausrichten soll, beendet wird oder das weiterhin erzielte Einkommen unter den Mindestlohn für die berufliche Vorsorge fällt. Sie kann jedoch bei einem anderen Arbeitgeber weitergeführt oder später beim gleichen Arbeitgeber wieder aufgenommen werden. Der Aufschub der BV-Rente ist nur möglich, wenn im entsprechenden Umfang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Beim Vorbezug einer Rente kommt aus versicherungstechnischen Gründen ein tieferer Umwandlungssatz zur Anwendung, beim Aufschub ein höherer. Vorbezug und Aufschub in der beruflichen Vorsorge hängen nicht davon ab, ob gleichzeitig auch die AHV-Rente vorbezogen oder aufgeschoben wird. Anpassungen bei der Beitragspflicht In der AHV sind die Versicherten weiterhin solange beitragspflichtig, wie sie eine Erwerbstätigkeit ausüben, aber neu ohne Freibetrag. Bei Nichterwerbstätigen endet die Beitragspflicht frühestens mit dem Bezug der ganzen Rente, nicht mehr mit Erreichen des Referenzalters. Wer die ganze Rente vor 65 bezieht und kein Einkommen mehr erzielt, muss also im Gegensatz zu heute keine AHV-Beiträge mehr bezahlen. In der beruflichen Vorsorge endet die gesetzliche Beitragspflicht mit dem Referenzalter oder wenn das Einkommen unter den Mindestlohn fällt. Das macht Personen, die ganz oder teilweise weiterarbeiten wollen, für die Arbeitgeber attraktiver. Die Vorsorgeeinrichtungen können in ihren Reglementen jedoch vorsehen, dass bis zum Ende der Erwerbstätigkeit, jedoch längstens bis fünf Jahre nach Erreichen des Referenzalters, Beiträge erhoben werden, damit das Altersguthaben weiter vergrössert werden kann. Sonderregelung für Personen mit langen Erwerbskarrieren und tiefen Einkommen Personen, die früh in die Arbeitswelt eingestiegen sind und lange AHV-Beiträge bezahlt haben, arbeiten sehr häufig in anstrengenden Berufen, in der Regel für niedrige Löhne und haben eine kürzere durchschnittliche Lebenserwartung als der Durchschnitt der Erwerbstätigen 3. Ausgerechnet sie können sich eine Pensionierung vor dem Referenzalter wegen der damit verbundenen lebenslänglichen Rentenkürzung kaum leisten. Darum wird die Rentenkürzung für diese Personen mit langer Erwerbskarriere und Einkommen unter rund 50 000 Franken Jahreslohn 4 drei Viertel davon Frauen gemildert.. Erstens werden neu die sogenannten Jugendjahre bei der Berechnung der Rente berücksichtigt. Diese Beiträge, die mit 18, 19 und 20 Jahren geleistet wurden, können heute bei der Rentenberechnung nur zur Beseitigung von Beitragslücken bis zum Rentenbezug berücksichtigt werden. Neu können mit ihnen auch Beitragslücken aufgefüllt werden, die durch den Rentenvorbezug entstehen sofern sie nicht schon zum Ausgleich von Beitragslücken verwendet wurden. Je tiefer das massgebliche Einkommen, desto mehr Jugendjahre können angerechnet werden: Bis zu einem Einkommen von Maximale Anzahl anrechenbarer Jugendjahre 2,5 x die AHV-Minimalrente (35 100 Franken) 3 (36 Beitragsmonate) 3 x die AHV-Minimalrente (42 120 Franken) 2 (24 Beitragsmonate) 3,5 x die AHV-Minimalrente (49 140 Franken) 1 (12 Beitragsmonate) 3 Philippe Wanner: «Mortalité differentielle en Suisse 1990 2005», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 10/12. 4 Der Betrag wird im Verhältnis zur AHV-Rente definiert. Dadurch wird die Höhe des Betrags im Rahmen der periodischen Rentenanpassungen automatisch an die Entwicklung von Löhnen und Preisen angepasst. Die Schwelle liegt beim 3,5-fachen der minimalen AHV-Rente. Das sind gegenwärtig 49 140 Franken

Seite 4/4 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Referenzalter, Vorbezug und Aufschub der Rente Eine Person, die weniger als 35 000 Franken verdient und seit dem 18. Altersjahr Beiträge an die AHV bezahlt hat, kann also mit 62 in Pension gehen und trotzdem eine vollständige Beitragskarriere aufweisen. Ohne diesen Ausgleich wäre ihre AHV-Rente um 6,8 Prozent tiefer 5. Zweitens wird der versicherungstechnische Abzug beim Vorbezug gemildert. Damit wird berücksichtigt, dass diese Personen im Durchschnitt weniger lang leben, die Rente also weniger lang beziehen. Bezug der Altersrente mit Ordentlicher Kürzungssatz Reduzierter Kürzungssatz 62 Jahren 11.4 % 6,1 % 63 Jahren 7,9 % 2,1 % 64 Jahren 4,1 % 0,0 % Dazu zwei konkrete Anwendungsbeispiele: Beispiel 1: Jemand mit einem Einkommen von 45 000 Franken, der ab dem 20. Lebensjahr AHV-Beiträge bezahlt hat, kann sich ein Jahr vor dem Referenzalter pensionieren lassen, ohne dass seine AHV-Rente gekürzt wird, denn sein Jugendbeitragsjahr gleicht das fehlende Beitragsjahr im 64. Altersjahr aus, und der Kürzungssatz für 1 Jahr Vorbezug ist 0 Prozent. Beispiel 2: Eine andere Person, die seit dem 18. Altersjahr AHV-Beiträge bezahlt und ein Einkommen von lediglich 35 000 Franken hat, kann mit 62 Jahren die AHV beziehen und erhält eine um 6,1 Prozent gekürzte Rente. Würde diese Person mehr als 50 000 Franken verdienen, betrüge die Rentenkürzung 3 mal 2,27 Prozent wegen der drei fehlenden Beitragsjahre zwischen 62 und 65 plus 11,4 Prozent zum Ausgleich der längeren Bezugsdauer, zusammen also 18,2 %. Damit Personen, die nur wegen eines reduzierten Arbeitspensums einen niedrigen Lohn haben, von der Sonderregelung ausgeschlossen werden können, wird sie nur gewährt, wenn jemand: - in den letzten zehn Jahren vor dem Rentenbezug erwerbstätig war und in diesen Jahren während mindestens fünf Jahren einen Lohn hatte, der zur Sonderregelung berechtigt (siehe Tabelle oben); - in den besten zehn Beitragsjahren einen Lohn hatte, der nicht mehr als anderthalb Mal höher war als der Lohn in den letzten zehn Beitragsjahren. Damit kann verhindert werden, dass kurz vor dem Rentenbezug der Beschäftigungsgrad reduziert wird, um von der Sonderregelung profitieren zu können; - zusammen mit der oder dem (Ehe-)Partner/-in nicht mehr als das Doppelte des Betrags verdient, der zur Sonderregelung berechtigt. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Sonderregelung auch auf Arbeitslose, Ausgesteuerte oder Erwerbsunfähige anzuwenden, wenn diese die vorausgesetzten Erwerbsjahre vor dem Rentenbezug nicht erreichen. Auskünfte Bundesamt für Sozialversicherungen, Kommunikation, Tel. 058 462 77 11, kommunikation@bsv.admin.ch 5 Bei der Berechnung der Rente werden die Beitragsjahre zwischen 21 und 65 berücksichtigt. Eine vollständige Beitragskarriere umfasst somit 44 Jahre. Ein fehlendes Jahr bewirkt demnach eine Kürzung der Rente um 2,27 Prozent (100 / 44). Bei drei fehlenden Beitragsjahren beträgt die Kürzung 6,8 Prozent.

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV FAKTENBLATT Altersvorsorge 2020 Massnahmen zur Finanzierung der AHV Der Bundesrat hat am 19. November die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Ein wichtiges Ziel dieser Reform ist es, das Leistungsniveau der Altersvorsorge zu erhalten und das finanzielle Gleichgewicht der AHV und der 2. Säule zu sichern. Dieses Faktenblatt erläutert die Zusatzfinanzierung und den Interventionsmechanismus für die AHV sowie die Vereinfachung der Finanzflüsse zwischen Bund und AHV in der Reform Altersvorsorge 2020. Ausgangslage: die Finanzierung der AHV Die Lebenserwartung steigt, und das Verhältnis zwischen Beitragszahlenden und Rentenbeziehenden verschlechtert sich. Das stellt die AHV vor grosse finanzielle Probleme. Die aktuellen Finanzperspektiven der AHV zeigen eine Finanzierungslücke, die bis im Jahr 2030 auf 8,3 Milliarden Franken anwachsen wird 1. Die Grafik links zeigt die Entwicklung des AHV-Kapitals bis 2030. Ohne Gegenmassnahmen wird das Vermögen der AHV in den kommenden Jahren kontinuierlich abnehmen und noch vor 2030 aufgebraucht sein. «Finanzperspektiven der AHV 2014 2035», 1.9.2014; www.bsv.admin.ch Abbildung 1: Kapital der AHV in Prozent der AHV-Ausgaben Die Einnahmen der AHV bestehen nach geltendem Recht aus - Lohnbeiträgen (sie machen derzeit 72.2 % der Einnahmen aus), - Bundesbeitrag, festgelegt bei 19,55 % der AHV-Ausgaben (19.1 % der Einnahmen) - Spielbankenabgabe, Regressansprüchen sowie Anlageergebnis (3.0 % der Einnahmen). - Mehrwertsteuer-Prozentpunkt (Demographie-Prozent), abzüglich 17 % davon, die dem Bund zustehen (5,7 % der Einnahmen) Zusatzfinanzierung: Erhöhung der Mehrwertsteuer Die Reform Altersvorsorge 2020 sieht vor, mit beitrags- und leistungsseitigen Massnahmen die Finanzen der AHV bis 2030 um 1,3 Milliarden Franken zu entlasten. Um den verbleibenden Finanzierungsbedarf von 7 Milliarden Franken zu decken, ist eine Zusatzfinanzierung nötig. 1 http://www.bsv.admin.ch/themen/ahv/00013/index.html

Seite 2/3 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Massnahmen zur Finanzierung der AHV Vorgeschlagen wird eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um maximal 1,5 Prozentpunkte. Die Einnahmen sollen vollständig dem AHV-Ausgleichsfonds zugeführt werden. Da sich der Finanzierungsbedarf der AHV schrittweise entwickeln wird, soll die Mehrwertsteuer in zwei Etappen erhöht werden, erstmals um 1 Prozentpunkt bei Inkrafttreten der Reform. In einem späteren Schritt, wenn es die finanzielle Situation der AHV tatsächlich erfordert, kann der Gesetzgeber eine weitere Erhöhung um höchstens 0,5 Prozentpunkt beschliessen. Die Verwendung von Mehrwertsteuereinnahmen zu Gunsten der AHV basiert auf der Idee, eine Verteuerung der Arbeitskosten durch Lohnbeiträge zu vermeiden und die gesamte Bevölkerung Rentnerinnen und Rentner eingeschlossen solidarisch an der Zusatzfinanzierung zu beteiligen. Die Reform Altersvorsorge 2020 enthält die für diese Zusatzfinanzierung über die MWST notwendige Änderung der Bundesverfassung. Darin werden zwei Bedingungen festgehalten, die zur Erhöhung der Mehrwertsteuer erfüllt sein müssen: - Der Grundsatz der Vereinheitlichung des Referenzalters von Frauen und Männern (1. und 2. Säule) muss im Gesetz verankert sein. - Der Grundsatz einer Beschränkung des Anspruchs auf Witwen- und Witwerrenten auf Personen, die Erziehungs- oder Betreuungsaufgaben wahrnehmen, muss im Gesetz verankert sein. Mit diesen beiden Bedingungen wird erreicht, dass das Reformpaket nicht auseinanderbricht. Die AHV erhält die zusätzlichen finanziellen Mittel nur dann, wenn auch die leistungsseitigen Reformen, die auf Gesetzesstufe definiert sind, eine Mehrheit finden. Umgekehrt können diese Reformen auch nur dann in Kraft treten, wenn die Mehrwertsteuer angenommen wird. Es soll nicht möglich sein, die Reformen scheitern zu lassen, aber trotzdem die Zusatzfinanzierung einzufordern oder umgekehrt die zusätzlichen Mittel für die AHV abzulehnen und nur die Reformen zu verlangen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze soll proportional erfolgen. Das heisst, das heutige Verhältnis zwischen dem Normalsatz und den beiden Vorzugssätzen wird beibehalten. Damit wird der Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs weniger stark belastet. Die Kaufkraft der mittleren und tiefen Einkommen wird so nur unwesentlich geschmälert. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der IV-Zusatzfinanzierung (plus 0,4/0,1/0,2 Prozentpunkte seit 1.1.2011) endet am 31. Dezember 2017. Am 1. Januar 2018 tritt dafür die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze zur «Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur» (FABI) um je 0,1 Prozentpunkt in Kraft. Sie ist bis zum 31. Dezember 2030 befristet. Die erste Etappe der MWST-Erhöhung für die AHV um 1 Prozentpunkt (proportional) tritt gleichzeitig mit der Reform Altersvorsorge 2020 in Kraft. Interventionsmechanismus Eine wichtige Grösse zur Beurteilung der finanziellen Lage der AHV ist das Kapital des AHV-Fonds. Dieser darf nach geltendem Recht in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe sinken, damit die Liquidität der Versicherung gewährleistet bleibt. In den vergangenen Jahrzehnten war die gesetzliche Anforderung von 100 Prozent einer Jahresausgabe nicht immer erfüllt. Die Reform Altersvorsorge 2020 sieht vor, den Mindeststand des AHV-Fonds auf 70 Prozent zu senken und im Gegenzug einen Interventionsmechanismus einzuführen, der bei einer Unterschreitung dieses Schwellenwertes wirkt. Ziel der neuen Regelung ist es, sicherzustellen, dass bei einer drohenden finanziellen Schieflage der AHV rechtzeitig Stabilisierungsmassnahmen ergriffen werden, um die Liquidität der Versicherung zu gewährleisten. Der Interventionsmechanismus ist zweistufig ausgestaltet: 1. Politisches Mandat: Wenn absehbar wird, dass der Stand des AHV-Ausgleichsfonds innert 3 Jahren unter den Betrag von 70 Prozent einer Jahresausgabe sinkt, muss der Bundesrat der Bundesversamm-

Seite 3/3 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Massnahmen zur Finanzierung der AHV lung innert eines Jahres Vorschläge unterbreiten, um die Einnahmen und Ausgaben der AHV im Gleichgewicht zu halten. 2. Automatische Massnahmen: Sobald die gesetzliche Schwelle von 70 Prozent der Jahresausgabe tatsächlich unterschritten wird und das Umlagedefizit während zwei Jahren 3 Prozent der Jahresausgabe übersteigt, werden vordefinierte Massnahmen in Kraft gesetzt: Erhöhung der Lohnbeiträge und Einschränkung der Rentenerhöhung. Die Massnahmen sind befristet. Sie sollen die Einnahmen- wie auch die Ausgabenseite tangieren, müssen rasch und ohne mehrjährige Übergangsfristen umsetzbar sein und sollen keine langfristige Lösung darstellen. Der maximale Umfang der Beitragserhöhung beträgt 1 Prozentpunkt. Bei unselbstständigen Arbeitnehmenden wird die Erhöhung hälftig auf Arbeitnehmende und Arbeitgebende aufgeteilt. Die Anpassung der AHV- Renten an Lohnentwicklung und Teuerung kann für maximal fünf Jahre ausgesetzt werden. Danach muss zumindest der Teuerungsausgleich wieder gewährt werden. Zudem darf die Rente nicht unter 95 Prozent des Betrags sinken, der sich mit ordentlichen Rentenanpassungen ergeben würde (Referenzrente). Sollte die zweite Stufe des Interventionsmechanismus aktiviert werden, würde eine sogenannte Referenzrente weitergeführt, da die AHV-Rentenhöhe und die Anpassung der AHV-Renten an die Preis- und Lohnentwicklung für verschiedene andere Sozialversicherungen massgebend sind, insbesondere für Renten der IV, für die Komplementärrente der Unfallversicherung für Versicherte mit AHV- oder IV-Rente, aber auch für die Festlegung des Betrags des allgemeinen Lebensbedarfs bei den Ergänzungsleistungen. D.h. die Rentenanpassungen würden weiterhin berechnet, bei den AHV-Renten jedoch nicht umgesetzt. Neuordnung des Bundesbeitrages an die AHV Ziel der Neuordnung ist es, die Finanzflüsse der AHV zu vereinfachen und transparenter zu gestalten. Neu soll der Ertrag des Mehrwertsteuer-Demografieprozents, das seit 1999 erhoben wird, nicht mehr zwischen AHV (83 Prozent) und Bund (17 Prozent) aufgeteilt werden, sondern vollständig in die AHV fliessen. Im Gegenzug dazu soll der Bundesbeitrag an die AHV von heute 19,55 Prozent auf 18 Prozent der jährlichen AHV-Ausgaben gesenkt werden. Indem der Bundesbeitrag immer noch an die Ausgaben der AHV gekoppelt bleibt, wächst er bei steigenden Ausgaben der AHV mit und hilft so, die demografiebedingten Mehrkosten zu tragen. Auskünfte Bundesamt für Sozialversicherungen, Kommunikation, Tel. 058 462 77 11, kommunikation@bsv.admin.ch

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV FAKTENBLATT Altersvorsorge 2020 Der Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge Der Bundesrat hat am 19. November die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Das zentrale Ziel der Reform ist es, die Leistungen der Altersvorsorge zu sichern. Es ist vorgesehen, den Umwandlungssatz 1 in der obligatorischen beruflichen Vorsorge zu senken, aber mit Kompensationsmassnahmen zu verhindern, dass dadurch die Renten sinken. Dieses Faktenblatt begründet die Senkung des Umwandlungssatzes, zeigt die Umsetzung und erläutert die Kompensationsmassnahmen. Umwandlungssatz muss sich nach Lebenserwartung und Zinserträgen richten Mit dem Umwandlungssatz wird die jährliche Altersrente in der beruflichen Vorsorge berechnet. Für den obligatorischen Teil gemäss BVG 2 beträgt er 2014 einheitlich 6,8% für Männer und Frauen (bei 65/64 Jahren). Verfügt z.b. jemand bei der Pensionierung über ein Altersguthaben von 500'000 Franken, so ergibt sich eine jährliche Rente von 34'000 Franken (500'000 Franken x 6,8 : 100). Der Umwandlungssatz muss so festgelegt werden, dass die angesparten Altersguthaben samt den Vermögenserträgen darauf ausreichen, um die Renten während ihrer ganzen Laufzeit zu bezahlen. Der angemessene Umwandlungssatz muss also auf der durchschnittlichen Lebenserwartung der Rentner/innen und den zu erwartenden Erträgen auf dem Kapitalmarkt beruhen. Zu hoher Mindestumwandlungssatz höhlt die berufliche Vorsorge allmählich aus Ist der Mindestumwandlungssatz zu hoch, so reicht das vorhandene Altersguthaben der versicherten Person nicht aus, um die Rente während der ganzen Laufzeit zu finanzieren. Die Vorsorgeeinrichtung muss sie aber garantieren und somit auszahlen. Die fehlenden Mittel müssen sich die Vorsorgeeinrichtungen in der Folge beschaffen, indem sie z.b. Vermögenserträge der aktiven Versicherten zur Finanzierung von laufenden Renten verwenden und/oder zu hohe Risikoprämien von Arbeitgebern und Versicherten erheben. Dies führt zu einer Umverteilung, die dem Finanzierungssystem der 2. Säule (jede/r spart für die eigene Rente) zuwiderläuft. Sie belastet einseitig die aktiven Versicherten, führt zu tieferen Nettolöhnen, vor allem aber zu tieferen Altersguthaben und deshalb tieferen späteren Renten. Sie gefährdet auch die finanzielle Stabilität von Vorsorgeeinrichtungen, vor allem von solchen, die nur die obligatorische Versicherung oder nur eingeschränkt zusätzliche Vorsorgepläne haben. Stufenweise Senkung des Umwandlungssatzes auf 6% In den letzten gut zehn Jahren haben die Vorsorgeeinrichtungen die für den heutigen Umwandlungssatz notwendige Rendite von rund 5% wegen der tiefen Zinsen auf den Kapitalmärkten in aller Regel nicht erreicht. Sie werden diese gemäss aktuellen Erkenntnissen 3 auch langfristig nicht erreichen. Berücksichtigt man zusätzlich die Entwicklung der Lebenserwartung, so erweist sich eine Anpassung des Umwandlungssatzes als unumgänglich. Daher sieht die Reform Altersvorsorge 2020 vor, den Mindestumwandlungssatz des BVG-Obligatoriums von 6,8 auf 6% zu senken. Diese Anpassung soll innert vier Jahren stattfinden, um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr. 1 Es handelt sich um eine Mindestvorgabe, weshalb auch vom "Mindestumwandlungssatz" die Rede ist. 2 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge 3 Eichler, M. et al. (2014): Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf Finanzmärkte und Anlagerenditen, Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 7/14, Bern.

Seite 2/3 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Der Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge Der BVG-Umwandlungssatz gilt nur für den obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge. Pensionskassen, die darüber hinaus überobligatorische Leistungen versichern, können aufgrund einer Mischrechnung einen insgesamt tieferen Umwandlungssatz anwenden solange die im BVG definierten Mindestleistungen dadurch nicht unterschritten werden. 25% 20% 15% 10% 5% 0% -5% -10% -15% Kapitalrendite (Pictet BVG-25 plus) Trend der Kapitalrendite (Pictet BVG-25 plus) 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 06.2014 Die Grafik zeigt, dass die Kapitalrendite seit über zehn Jahren im Durchschnitt unter den 5% liegt (gestrichelte Linie), die für einen Umwandlungssatz von 6,8% erforderlich sind. Der langjährige Trend der Rendite ist negativ. Ausgleichsmassnahmen zur Sicherung des Rentenniveaus Ein tieferer Umwandlungssatz hat einen tieferen Rentenbetrag zur Folge. Zu den Hauptzielen der Reform Altersvorsorge 2020 gehört aber die Erhaltung des Leistungsniveaus auf dem heutigen Stand auch in der 2. Säule. Daher braucht es im BVG Ausgleichsmassnahmen. Die Kapitalbildung muss so verstärkt werden, dass die Wirkung des tieferen Umwandlungssatzes ausgeglichen wird. Das geschieht, indem der Koordinationsabzug abgeschafft und die Altersgutschriftensätze angepasst werden. Nach geltendem Recht ergibt der Jahreslohn bis maximal 84 240 Franken abzüglich des sogenannten Koordinationsabzugs den Lohn, der in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versichert ist. Der Koordinationsabzug beträgt sieben Achtel der maximalen AHV-Jahresrente, das sind gegenwärtig 24 570 Franken. Das Gesetz schreibt vor, welche Anteile des versicherten Lohnes mindestens dem Alterskonto gutgeschrieben werden müssen. Diese Altersgutschriftensätze sind nach Alter gestaffelt und betragen zwischen 7 und 18 Prozent (Vgl. Tabelle 1: Koordinationsabzug und Altersgutschriftensätze). Daraus werden die jährlichen Altersgutschriften errechnet, die bis zur Pensionierung zusammen mit dem Kapitalertrag das Altersguthaben bilden. Im Vorentwurf, den der Bundesrat am 20. November 2013 in die Vernehmlassung gegeben hat, wurde vorgeschlagen, den Koordinationsabzug auf ein Viertel des erzielten Lohns zu senken (statt sieben Achtel einer maximalen AHV-Rente) und die Altersgutschriftensätze zu erhöhen. Der höhere versicherte Lohn und die höheren Altersgutschriften hätten dann zu einem höheren Altersguthaben geführt und die Senkung des Umwandlungssatzes kompensiert. Gleichzeitig war vorgesehen, die Abstufung der Altersgutschriftensätze so zu verändern, dass sie nach 45 bis zum Referenzalter nicht mehr ansteigen. Heute liegt dieser Satz ab 45 bei 15 Prozent und ab 55 bei 18 Prozent. Versicherte ab 55 sind für die Arbeitgeber heute teurer als die jüngeren Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen. Verzicht auf Koordinationsabzug vereinfacht das System Mit der Lösung, die nun in der Botschaft gewählt wird, bleibt der Bundesrat im Grundsatz bei diesem Konzept, insbesondere was die altersmässige Abstufung der Altersgutschriftensätze anbelangt. Die Revision soll aber zusätzlich dazu genutzt werden, das System der beruflichen Vorsorge zu vereinfachen. Darum wird vorgeschlagen, den Koordinationsabzug nicht nur zu senken, sondern ganz darauf zu verzichten. Weil damit der versicherte Lohn noch höher wird, müssen die Altersgutschriftensätze entsprechend nach unten korrigiert werden. Trotz tieferen Altersgutschriftensätzen ergibt der höhere versicherte Lohn höhere Alters-

Seite 3/3 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Der Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge gutschriften und folglich auch ein höheres Alterskapital. Die Wirkung des tieferen Umwandlungssatzes wird auf diese Weise ausgeglichen: Die Höhe der Altersrente bleibt erhalten. Tabelle 1: Koordinationsabzug und Altersgutschriftensätze Altersjahre Geltende Regelung Vernehmlassung Botschaft Koordinationsabzug 7/8 der max. AHV-Altersrente 1/4 des AHV-Lohnes Streichen Altersgutschriftensätze 25-34 35-44 45-54 ab 55 7 % 10 % 15 % 18 % 7 % 11,5 % 17,5 % 17,5 % 5 % 9 % 13 % 13 % Die folgenden zwei Tabellen zeigen, wie sich die Abschaffung des Koordinationsabzugs und die Anpassung der Altersgutschriftensätze konkret auswirken: Weil der versicherte Lohn (Spalte 2) steigt, führt der tiefere Altersgutschriftensatz im Vergleich zu heute zu einer höheren Altersgutschrift. Damit wird das Alterskapital höher, was bei der Berechnung der Rente die Senkung des Umwandlungssatzes ausgleicht. Im Vergleich zum Vernehmlassungsvorschlag bleibt die Altersgutschrift praktisch gleich. Tabelle 2: Die Massnahme am Beispiel einer 50-jährigen Person mit 80 000 Franken Lohn Koordinationsabzug Versicherter Lohn Altersgutschriftensatz Altersgutschrift Geltende Regelung 24 570 Fr. 55 430 Fr. 15 % 8 315 Fr. Vernehmlassung 20 000 Fr. 60 000 Fr. 17,5 % 10 500 Fr. Botschaft 0 Fr. 80 000 Fr. 13 % 10 400 Fr. Tabelle 3: Die Massnahme am Beispiel einer 40-jährigen Person mit 40 000 Franken Lohn Koordinationsabzug Versicherter Lohn Altersgutschriftensatz Altersgutschrift Geltende Regelung 24 570 Fr. 15 430Fr. 10 % 1 543 Fr. Vernehmlassung 10 000 Fr. 30 000 Fr. 11,5 % 3 450 Fr. Botschaft 0 Fr. 40 000 Fr. 9 % 3 600 Fr. Zusätzliche Massnahme für die Übergangsgeneration Der Sparprozess in der beruflichen Vorsorge ist auf eine lange Dauer angelegt, die Altersguthaben werden über Jahre aufgebaut. Das führt dazu, dass auch die beschriebene Massnahme zum Ausgleich des tieferen Umwandlungssatzes erst auf längere Sicht ihre volle Wirkung entfaltet. Bei jüngeren Versicherten, die in der Mitte oder gar erst am Anfang des Sparprozesses stehen, kann der tiefere Umwandlungssatz vollständig kompensiert werden. Den älteren Versicherten, die bei Inkrafttreten der Reform über 40 Jahre alt sind, reicht die Zeit bis zum Referenzalter hingegen nicht aus, um selber genügend zusätzliches Alterskapital zu bilden. Deshalb ist vorgesehen, die Versicherten dieser Übergangsgeneration beim Sparprozess zu unterstützen: Wenn sie das Referenzalter erreichen und ihre Rente beziehen wollen, schliesst der Sicherheitsfonds die Sparlücke mit einer Einmalzahlung an die Vorsorgeeinrichtung. Die Last der Übergangsgeneration wird auf diese Weise von der Gesamtheit der BVG-Versicherten getragen, denn der Sicherheitsfonds wird mit Beiträgen von allen registrierten Vorsorgeeinrichtungen finanziert. Diese Massnahme ist auf eine Übergangszeit von 25 Jahren beschränkt. Nach dieser Frist haben sämtliche Personen, die bei Inkrafttreten der Reform 40-jährig und älter waren, das Referenzalter erreicht. Auskünfte Bundesamt für Sozialversicherungen, Kommunikation, Tel. 058 462 77 11, kommunikation@bsv.admin.ch

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV FAKTENBLATT Altersvorsorge 2020 Die Mindestquote in der beruflichen Vorsorge Der Bundesrat hat am 19. November die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Ein wichtiges Ziel dieser Reform ist es, die Fairness im Geschäft mit der beruflichen Vorsorge zu verbessern und das Vertrauen der Bevölkerung in die zweite Säule zu stärken. Dieses Faktenblatt erläutert die Gewinnverteilung zwischen den Versicherten und den Lebensversicherern, die in der beruflichen Vorsorge tätig sind, sowie die entsprechenden Massnahmen in der Reform Altersvorsorge 2020. Die Bedeutung der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge Die privaten Lebensversicherer spielen in der beruflichen Vorsorge eine wichtige Rolle. Einerseits übernehmen sie als Rückversicherer einen Teil der Risiken für teilautonome Vorsorgeeinrichtungen, andererseits organisieren sie über Sammeleinrichtungen die berufliche Vorsorge für viele kleine und mittlere Unternehmen. Die Zahl der vollversicherten aktiven Versicherten in solchen Vorsorgeeinrichtungen betrug per Ende 2013 rund 1 Million, die Zahl der für gewisse Risiken Rückversicherten ca. 700 000 und die Zahl der Rentenbezüger etwa 236 000. Insgesamt zählt die 2. Säule rund 3,9 Millionen aktive Versicherte und 1,1 Millionen Pensionierte. Weil die 2. Säule eine Sozialversicherung ist, haben die Lebensversicherer als gewinnorientierte Anbieter besondere Anforderungen zu erfüllen. Beispielsweise müssen sie für die berufliche Vorsorge ein separates, gebundenes Vermögen bilden, eine gesonderte Betriebsrechnung führen sowie Tarife und Allgemeine Versicherungsbedingungen genehmigen lassen. Diese Anforderungen sind im Versicherungsaufsichtsgesetz VAG 1, in der Aufsichtsverordnung AVO 2 sowie in Vorgaben der Finma geregelt. Die Mindestquote in der beruflichen Vorsorge Obwohl sich die Lebensversicherer im Rahmen einer obligatorischen Sozialversicherung betätigen, ist es ihnen erlaubt, Gewinne zu machen. Der Grund: Sie tragen einen Teil des Risikos des Geschäfts und müssen dafür sorgen, dass die Ansprüche der Versicherten und der Rentnerinnen und Rentner immer vollständig gedeckt sind. Die Aktionäre, die dafür das notwendige Kapital zur Verfügung stellen, haben Anspruch auf eine Gegenleistung, eine Rendite. Bei den autonomen Vorsorgeeinrichtungen ist das nicht der Fall, dort tragen die Versicherten und ihre Arbeitgeber sämtliche Risiken selber und müssen beispielsweise bei einer Unterdeckung die Pensionskasse mit eigenen Beiträgen sanieren. Um den besonderen Anforderungen einer Sozialversicherung Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber die maximale Gewinnbeteiligung im Geschäft mit der beruflichen Vorsorge begrenzt. Die Versicherungsgesellschaften müssen mindestens 90 Prozent der gesamten Einnahmen den Versicherten weitergeben, in Jahren mit sehr guten Anlageerträgen sogar mehr. Diese Vorschrift wird Mindestquote genannt. Die Versicherer dürfen somit höchstens 10 Prozent des Ertrags für sich behalten. In den letzten sieben Jahren betrug die tatsächliche Ausschüttungsquote zugunsten der Versicherten durchschnittlich 96,2 Prozent, im Krisenjahr 2008 sogar weit über 100 Prozent. Wird dieses Ausnahmejahr ausser Acht gelassen, betrug die Ausschüttungsquote durchschnittlich 92,1 Prozent, lag somit über dem gesetzlichen Minimum. 1 961.01 Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen VAG 2 961.011 Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen AVO

Seite 2/2 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Die Mindestquote in der beruflichen Vorsorge Ausgewogene Gewinnverteilung angestrebt Die Volksabstimmung vom 7. März 2010 über die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge hat gezeigt, dass sehr viele Stimmberechtige dem Geschäft mit der beruflichen Vorsorge skeptisch gegenüberstehen und der Ansicht sind, die Lebensversicherer machten Gewinne auf Kosten der Versicherungsleistungen 3. Darum hat der Bundesrat in seinen Leitlinien vom 21. November 2012 zur Reform der Altersvorsorge 4 vorgegeben, Massnahmen «für eine ausgewogenere Gewinnverteilung zwischen Versicherten und Aktionären» zu prüfen. Im Vorentwurf der Reform 5, der 2013 in die Vernehmlassung gegeben wurde, hat der Bundesrat mehrere Varianten mit Mindestquoten von 90 bis 94 Prozent zur Diskussion gestellt. Um dem Bundesrat die Grundlage für seinen definitiven Entscheid zu geben, sind ein Expertengutachten 6 und eine zusätzliche Expertise als Zweitmeinung 7 eingeholt worden. Gutachten zeigen Anpassungspotential gegen oben Das Gutachten des St. Galler Professors Hato Schmeiser gibt keine Empfehlung zur Höhe einer «fairen» Mindestquote ab, beurteilt eine Erhöhung jedoch aufgrund von Modellannahmen skeptisch. Wegen der tiefen Zinsen sei der Sparprozess im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge für die Versicherungen nur noch mit Quersubventionierung und Umverteilung rentabel. Eine Erhöhung der Mindestquote sei für die Lebensversicherer, aber auch für die Versicherten, mit Nachteilen verbunden, weil die Versicherer vorsichtiger anlegen und deshalb tiefere Kapitalrenditen realisieren würden. Schliesslich bestehe die Gefahr, dass sich Anbieter aus diesem Geschäft zurückzögen, was die Wettbewerbs- und Funktionsfähigkeit des Marktes verringere. Auf der anderen Seite zeigt das Gutachten aber trotzdem ein gewisses Anpassungspotential gegen oben. Basierend auf den Erfahrungen der letzten sieben Jahre hätte eine Mindestquote von 92 oder 94 Prozent immer noch zu einer durchschnittlichen jährlichen Kapitalrendite von 4,2 Prozent, respektive 3,2 Prozent geführt. Die Versicherer hätten das Geschäft somit auch mit einer höheren Mindestquote noch gewinnbringend betreiben können. Die effektive durchschnittliche Ausschüttungsquote betrug 92.1 %. Die Zweitmeinung des Pensionsversicherungsexperten Jürg Keller hält aufgrund einer empirischen Analyse fest, dass der Sparprozess in den beiden letzten Jahren selbsttragend betrieben werden konnte. Der Experte erachtet eine Erhöhung der Mindestquote grundsätzlich als sinnvoll, weil dadurch auch höhere versicherungstechnische Rückstellungen zu bilden seien und somit mehr Mittel im System verblieben. Aufgrund der höheren Rückstellungen müssten die Lebensversicherer in der Folge auch weniger Solvenzkapital zur Verfügung stellen. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse schlägt der Bundesrat eine Erhöhung der Mindestquote von 90 auf 92 Prozent vor. Dem Bundesrat soll zudem die Kompetenz übertragen werden, falls ausserordentlich schwierige wirtschaftliche Situationen oder fortgesetzte negative Betriebsrechnungen es erfordern sollten, die Mindestquote während längstens drei Jahren auf 90 Prozent zu reduzieren. Auskünfte Bundesamt für Sozialversicherungen, Kommunikation, Tel. 058 462 77 11, kommunikation@bsv.admin.ch 3 Anouk Lloren, Alessandro Nai und Amanada Gavilans (2010): Analyse der eidgenössischen Volksabstimmung vom 7. März 2010, gfs.bern und Institut für Politikwissenschaft, Universität Genf 4 http://www.bsv.admin.ch/aktuell/reden/00122/index.html?lang=de&msg-id=46811 5 http://www.bsv.admin.ch/aktuell/medien/00120/index.html?lang=de&msg-id=51027 6 «Zur Mindestquote der Lebensversicherer im Bereich 2. Säule», Universität St. Gallen, Institut für Versicherungswirtschaft, Prof. Dr. Hato Schmeiser, April 2014 http://www.bsv.admin.ch/dokumentation/publikationen/00098/index.html?lang=de 7 «Bestimmung der Mindestquote der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge», Exactis AG, lic. iur. Jürg Keller, Aktuar SAV und eidg. dipl. Pensionsversicherungsexperte, September 2014 http://www.bsv.admin.ch/dokumentation/publikationen/00098/index.html?lang=de

Eidgenössisches Departement des Innern EDI Bundesamt für Sozialversicherungen BSV FAKTENBLATT Altersvorsorge 2020 Forschungsarbeiten und Studien Der Bundesrat hat am 19. November die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Im Hinblick auf diese umfassende Reform wurde viel Grundlagenarbeit geleistet, um gesicherte Daten zu beschaffen und Zusammenhänge zu klären. Dieses Faktenblatt gibt einen Überblick über die Forschungsarbeiten und Studien, die für die Reform erstellt wurden. Die wirtschaftliche Situation von Pensionierten 1 Das Einkommen der Personen im Ruhestand stammt zur Hauptsache aus vier Einnahmequellen, die im Durchschnitt folgende Anteile ausmachen: - Einkommen aus der 1. Säule: 40 Prozent - Einkommen aus der 2. Säule: 20 Prozent - Vermögenserträge: 30 Prozent - Erwerbseinkommen: 10 Prozent Zusammengerechnet ergibt sich ein Medianeinkommen im Alter, das rund zwei Dritteln des Medianeinkommens der Erwerbstätigen entspricht. Während Personen zum Zeitpunkt der Pensionierung und in den Jahren darauf wirtschaftlich mehrheitlich gut gestellt sind, befindet sich die Mehrheit der über 80-Jährigen in einer weniger guten finanziellen Situation. Diese ist vergleichbar mit jener der 25- bis 34-jährigen. Die wirtschaftliche Situation von Hinterlassenen 2 Die Untersuchung der wirtschaftlichen Situation von Personen vor und nach der Verwitwung hat gezeigt, dass der Erwerbsausfall infolge Todesfalls gut versichert ist. Scheidungen oder Trennungen haben dagegen grössere finanzielle Folgen. Mit rund 80 000 Franken verfügt eine Frau mit Kind dank der Witwenrente über deutlich mehr Einkommen als eine alleinerziehende Frau. Die Differenz beträgt nahezu 20 000 Franken. Die Erwerbsquote von Witwen mit Kind ist höher als jene von alleinstehenden, nicht verwitweten Frauen. 2006 erzielten zwei Drittel der kinderlosen Witwenrentenbezügerinnen ein Erwerbseinkommen, bei den Witwen mit Kind waren es 72 Prozent. Die Senkung der Eintrittsschwelle nützte 140 000 Personen 3 Im Rahmen der 1. BVG-Revision wurden zur Verbesserung der beruflichen Vorsorge für Arbeitnehmende mit geringem Einkommen und für Teilzeitbeschäftigte die Eintrittsschwelle zur 2. Säule und der Koordinationsabzug gesenkt. Damit wurden rund 140 000 Personen neu der obligatorischen BVG-Versicherung unterstellt, überwiegend Frauen, Arbeitnehmende mit kleinem Einkommen und Teilzeitbeschäftigte. 1 Philippe Wanner et. al.: «La situation économique des actifs et des retraités», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 1/08; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=01/08#pubdb 2 Philippe Wanner et. al.: «La situation économique des veuves et des veufs», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 5/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=05/12#pubdb 3 Kathrin Bertschy et al.: «Herabsetzung der Eintrittsschwelle in der 1. BVG-Revision», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 8/10; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=08/10#pubdb

Seite 2/5 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Grundlagenarbeiten für die Reform Arbeitnehmende mit mehreren Arbeitgebern und Teilzeitarbeitende bessergestellt 4 Eine weitere Studie hat eruiert, wie sich die Herabsetzung der Eintrittsschwelle und des Koordinationsabzuges auf Arbeitnehmende mit sogenannten atypischen Arbeitsverhältnissen (bspw. Kulturschaffende) und ihre Arbeitgebenden ausgewirkt hat. Es hat sich gezeigt, dass die meisten Unternehmen nicht versucht haben, die neue BVG-Pflicht zu umgehen, und dass die Herabsetzung der Eintrittsschwelle fast nie eine Kürzung der Bruttolöhne bei bestehenden Arbeitsverhältnissen zur Folge hatte. Die Arbeitgebenden haben ihre Mehrkosten nur in seltenen Fällen auf die Arbeitnehmenden überwälzt und erklärten sich bereit, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen. Vermögensverwaltungskosten in der 2. Säule 5 Die Vermögensverwaltungskosten bei den Vorsorgeeinrichtungen variieren stark und betragen zwischen 0,15 und 1,86 Prozent des Vorsorgevermögens. Eine Hochrechnung für alle Vorsorgeeinrichtungen ergibt bei einem gesamten Anlagevermögen von knapp 700 Milliarden Franken per Ende 2009 einen Durchschnitt von 0,56 Prozent bzw. 3,9 Milliarden Franken. Von dieser Summe sind rund 800 Millionen Franken in den Betriebsrechnungen der Vorsorgeeinrichtungen und fast 290 Millionen Franken in denjenigen der Lebensversicherer ausgewiesen. Die restlichen Kosten werden nicht transparent ausgewiesen. Sie sind beispielsweise in den Nettorenditen von Anlageprodukten enthalten. Verwaltungsaufwand in der 2. Säule 6 Der allgemeine Verwaltungsaufwand, der im Rahmen der 2. Säule bei Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen entsteht, beläuft sich auf rund 1,8 Milliarden Franken (2009). Das ergibt einen durchschnittlichen Jahresaufwand von 391 Franken pro versicherte Person. Die Verwaltungskosten werden von den Unternehmen (280 Millionen), den Vorsorgeeinrichtungen (792 Millionen) und den Lebensversicherern (735 Millionen) getragen. Die Studie kommt zum Schluss, dass allein durch die Aufhebung oder Vereinfachung rechtlicher Regeln noch keine signifikanten Kosteneinsparungen möglich wären. Am aufwändigsten ist nicht die Bearbeitung von besonderen gesetzlichen Vorgaben oder Sonderereignissen wie Invaliditätsfälle, Todesfälle oder Vorbezüge im Rahmen der Wohneigentumsförderung. Vielmehr sind es die gängigen Aufgaben wie die Verarbeitung von Eintritten, Austritten und Lohnänderungen, die pro Fall zwar nur wenig zu tun geben, aufgrund ihrer Häufigkeit aber trotzdem die meisten Kosten verursachen. Automatische Anpassungsmechanismen in OECD-Ländern 7 Eine Studie, die bei der OECD in Auftrag gegeben wurde, hat anhand eines internationalen Vergleichs untersucht, wie automatische Anpassungsmechanismen der Rentensysteme in den OECD-Ländern umgesetzt wurden und welche Erfahrungen diese damit gemacht haben. Dabei wurde festgestellt, dass es nur sehr wenigen Ländern gelungen ist, einen automatischen Anpassungsmechanismus tatsächlich in Kraft zu setzen. In den wenigen Ländern, die einen solchen Mechanismus in der Altersvorsorge eingeführt haben, wurde dessen automatische Anwendung systematisch geändert oder auf politischer Ebene gestoppt. 4 Judith Trageser et al.: «Auswirkungen der Herabsetzung der Eintrittsschwelle im Rahmen der 1. BVG-Revision auf Arbeitgebende und Arbeitnehmende», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 2/11; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=02/11#pubdb 5 Ueli Mettler et al.: «Vermögensverwaltungskosten in der 2. Säule», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 3/11; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=03/11#pubdb 6 Daniel Hornung et al.: «Verwaltungskosten der 2. Säule in Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 4/11; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=04/11#pubdb 7 Anna Christina D Addio et al.: «Towards Financial Sustainability Of Pension Systems. The Role Of Automatic-Adjustment Mechanisms in OECD and EU Countries», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 8/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=08/12#pubdb

Seite 3/5 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Grundlagenarbeiten für die Reform Deutschland und Schweden haben die automatische Anwendung ihres Anpassungsmechanismus nach der Krise von 2009 sistiert, um die Lebensbedingungen der Rentnerinnen und Rentner nicht zu verschlechtern. Modelle für einen Anpassungsmechanismus in der Schweiz 8 Eine zweite Studie zum Thema Anpassungsmechanismus hat mögliche Formen eines solchen Instruments in der AHV näher untersucht und drei konkrete Modelle entwickelt. Zwei der vorgeschlagenen Steuerungsmechanismen sind selbstregulierende Autopiloten, die nach ihrer Inkraftsetzung kein politisches Eingreifen mehr erfordern. Das dritte Modell ist als institutionalisierte Navigationshilfe konzipiert und sieht ein stufenweises Vorgehen vor, bei dem eine Verschlechterung der AHV-Finanzen eine Intervention des Bundesrates und der Bundesversammlung auslöst. Auswirkungen der Babyboom-Generation auf die AHV 9 Der Babyboom mit den geburtenstarken Jahrgängen von 1942 bis 1973 führte dazu, dass kumuliert über diese Jahrgänge in der Schweiz rund 800 000 Kinder mehr zur Welt gekommen sind. Derzeit wirkt er sich noch günstig auf das Verhältnis zwischen den Personen im Ruhestand und den Erwerbstätigen aus. Dieser Altersquotient wird sich kontinuierlich verschlechtern, weil die Babyboom-Jahrgänge nun sukzessive das Pensionsalter erreichen. Der Schnittpunkt liegt etwa im Jahr 2025. Davor liegt der Altersquotient tiefer, danach höher als ohne Babyboom. Der Babyboom ist in seiner Entstehung ein zeitlich klar begrenztes Phänomen, seine Folgen sind jedoch auch 100 Jahre später noch spürbar. Die Lebenserwartung hängt vom Bildungsstand ab 10 Der Bildungsstand hat den grössten Einfluss auf die Lebenserwartung: Je höher der höchste Abschluss, desto höher ist die Lebenserwartung mit 65. Die Unterschiede zwischen den Wirtschaftsbranchen sind dabei wenig signifikant, weil die Lebenserwartung innerhalb der Branchen stark von der ausgeübten Funktionen abhängt. Auf der Basis dieser Erkenntnis haben die Forscher verschiedene Modelle entwickelt, wie das Rentenalter nach der Lebenserwartung differenziert werden könnte, um möglichst vielen Pensionierten ungefähr gleich viele Rentenjahre zu ermöglichen. Einflussfaktoren der frühzeitigen Pensionierung 11 Vor allem der Wunsch nach mehr Freizeit, gesundheitliche Einschränkungen, Kündigungen und unbefriedigende Arbeitsbedingungen führen dazu, dass Personen zwischen 58 und 63 beziehungsweise 64 Jahren, also vor dem AHV-Alter, aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Die Regelungen in der zweiten Säule und die Möglichkeit zum Vorbezug der AHV-Rente bilden die wichtigsten institutionellen Anreize für eine vorzeitige Pensionierung. Arbeitgeber haben Interesse an älteren Arbeitskräften, wenn diese spezifische Kompetenzen haben und ihr Knowhow weitergeben sollen. Sind qualifizierte Junge, Frauen und ausländische Arbeitskräfte verfügbar, werden diese den älteren Arbeitnehmenden vorgezogen. Eine klare Mehrheit der rund 2 000 Firmenchefs und Personalverantwortlichen, die sich an dieser Erhebung beteiligten, ist gegen eine generelle Erhöhung des Rentenalters über 65 hinaus. 8 Lars P. Feld et al.: «Steuerungsmechanismen in der AHV», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 7/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=07/12#pubdb 9 Urs Müller et al.: «Babyboom-Generation und AHV 2010 2060», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=09/12#pubdb 10 Philippe Wanner et. al.: «Mortalité différentielle en Suisse 1990 2005», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 10/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=10/12#pubdb 11 Judith Trageser et al.: «Altersrücktritt im Kontext der demografischen Entwicklung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 11/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=11/12#pubdb

Seite 4/5 Faktenblatt Altersvorsorge 2020 Grundlagenarbeiten für die Reform Arbeitsmarktbeteiligung von Personen ab 58 12 Die Erwerbsbeteiligung der Männer ab 58 hat bis 2006 abgenommen, steigt aber seither wieder an. Die Erwerbsbeteiligung der älteren Frauen nahm hingegen stets zu, unter anderem wegen der Erhöhung des AHV-Rentenalters für Frauen im Zuge der 10. AHV-Revision. Das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter hat sich dem gesetzlichen Rentenalter angenähert. Berechnungen für die Jahre 2008-2011 zeigen, dass das durchschnittliche Erwerbsaustrittsalter der Männer 64.1 Jahre, jenes der Frauen 62.6 Jahren beträgt. Trotz dieser Entwicklung ist der Anteil Personen, welche vor dem AHV-Alter aus dem Erwerbsleben austreten, mit knapp 40 Prozent immer noch gross und ungleich auf die Wirtschaftsbranchen verteilt. Etwa ein Drittel der erwerbstätigen Personen arbeitet auch nach Erreichen des AHV-Alters weiter, häufig als Selbständige und in Teilzeit. Nur ein Viertel beendet die Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt des gesetzlichen Rentenalters. Entwicklungsszenarien für Finanzmärkte und Anlagerenditen 13 Die Studie beschäftigt sich mit möglichen Entwicklungspfaden für die Schweizer Realwirtschaft bis 2035. Aus verschiedenen Szenarien wurden die Entwicklung der Realwirtschaft und der monetären Rahmenbedingungen modelliert und daraus die Renditeerwartungen jener Anlagekategorien abgeleitet, die für die Vorsorgeeinrichtungen wichtig sind. Eine mittleres Portfolio einer Vorsorgeeinrichtung mit rund 25 Prozent Aktien erzielt demnach je nach Szenario eine jährliche Rendite von minus 2,6 Prozent bis plus 1,9 Prozent in den Jahren 2014 bis 2017, von 2,3 Prozent bis 3,1 Prozent in den Jahren von 2018 bis 2025 und von 2,6 Prozent bis 3,7 Prozent in den Jahren 2026 bis 2035. Wirtschaftliche Auswirkungen der Reform Altersvorsorge 2020 14 Anhand eines Mikrosimulationsmodells wurden die Auswirkungen der für die 2. Säule vorgesehenen Massnahmen auf die Arbeitskosten, die Nettolöhne und die Beschäftigung untersucht. Demnach dürfte die Reform zusätzliche reglementarische Sparbeiträge von rund 2,3 Milliarden Franken verursachen, was einem Anteil von 0,8 Prozent der Bruttolohnsumme der 25- bis 65-jährigen entspricht. Rund ein Drittel davon dürften schliesslich die Arbeitgeber tragen. Es wird geschätzt, dass diese Erhöhung der Lohnnebenkosten die Arbeitsnachfrage leicht dämpfen und das Arbeitsvolumen um 3 000 Vollzeitstellen reduzieren wird. Das entspräche einem Rückgang um 0,1 Prozent. Gutachten zur Höhe der Mindestquote 15 Nach geltendem Recht haben die privaten Lebensversicherer mindestens 90 Prozent ihrer Einnahmen zugunsten der Versicherten zu verwenden, wobei die tatsächliche Ausschüttungsquote in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 92,1 Prozent betrug. Die Mindestquote blieb seit ihrer Einführung im Jahre 2004 unverändert, jedoch politisch äusserst umstritten. Das Gutachten zeigt modellhaft Wirkungszusammenhänge, die eher gegen eine Erhöhung der Mindestquote sprechen. Auf der anderen Seite zeigen die tatsächlich von den Lebensversicherern erstellten Betriebsrechnungen, dass ein gewisses Anpassungspotential gegen oben vorhanden ist. Basierend auf den Erfahrungen der 12 Michel Kolly: «Ältere Personen und Arbeitsmarktbeteiligung», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Materialband zum Forschungsbericht Nr. 11/12; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=11/12#pubdb 13 Martin Eichler et al.: «Gesamtwirtschaftliche Entwicklungsszenarien bis 2035 sowie Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Anlagerenditen», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 7/14; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=07/14#pubdb 14 André Müller et al.: «Reform der Altersvorsorge 2020: Auswirkungen auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitskosten», Beiträge zur Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht Nr. 9/14; http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?lang=de&lnr=09/14#pubdb 15 Hato Schmeiser: «Zur Mindestquote der Lebensversicherer im Bereich der 2. Säule», Universität St. Gallen, Institut für Versicherungswirtschaft. St. Gallen, 2014 ; http://www.bsv.admin.ch/dokumentation/publikationen/00098/index.html?lang=de