Umsetzung des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Pflegefinanzierung vom 13. Juni 2008 in den Kantonen Ergänzende Fragen



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Das vorliegende Dokument bietet Informationen zu folgenden Themen:

Informationen über die Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens und des EFTA-Abkommens im Bereich der Krankenversicherung

Transkript:

SGK-S - 10-09. Umsetzung der Pflegefinanzierung Erläuternder Bericht vom 28. Juli 2011 Umsetzung des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Pflegefinanzierung vom 13. Juni 2008 in den Kantonen Ergänzende Fragen 1. Einleitung Am 13. Juni 2008 hat das Parlament das Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung verabschiedet (BBl 2008 5247). Mit diesem Gesetz traten per 1. Januar 2011 im Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) insbesondere die folgenden Änderungen in Kraft: Ausrichtung eines Beitrags in Franken durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP), abhängig vom Pflegebedarf (Art. 25a Abs. 1 KVG); die nicht von den Sozialversicherungen gedeckten Pflegekosten werden von den Versicherten bis zu einem Betrag von höchstens 20% des höchsten Pflegebeitrags finanziert, der vom Bundesrat (BR) festgesetzt wird (Art. 25a Abs. 5 KVG); die Kantone regeln die Restfinanzierung (Art. 25a Abs. 5 KVG, letzter Satz); Übergangsbestimmungen: Einführung des Grundsatzes der Kostenneutralität und Festlegung einer Frist von höchstens drei Jahren für die Angleichung der Tarife durch die Kantonsregierungen. In Ausführung eines Auftrags der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) vom 28. April 2010 führte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) eine Umfrage bei den kantonalen Gesundheitsdepartementen durch. Diese Umfrage mündete in den Bericht des BAG vom 26. April 2011. 2. Zusammenfassung der Schlussfolgerungen des Berichts des BAG vom 26. April 2011 und der SGK-N vom 13. Mai 2011 Die neue Pflegefinanzierung sieht vor, dass die nicht von der OKP übernommenen Kosten von den Versicherten (Beteiligung von höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrags, Art. 25a Abs. 5 KVG) und von den Kantonen (Restfinanzierung) finanziert werden. Die Kantone stellen dabei den Restfinanzierungsbedarf fest und bestimmen den Kostenträger, wobei de facto als Kostenträger einzig der Kanton und/oder die Gemeinde in Frage kommen. Die Beteiligung kann der versicherten Person nur verrechnet werden, soweit die Kosten der erbrachten Pflegeleistungen nicht vollständig durch die in der KLV vorgesehenen Beträge gedeckt sind. Die Versicherten müssen zudem die Kostenbeteiligung nach Artikel 64 KVG (Franchise und Selbstbehalt) übernehmen. Einige Kantone haben die Frage der Restfinanzierung im Fall von ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten angesprochen. Diese Frage ist im KVG nicht explizit geregelt und daher von den Kantonen zu regeln. Nach der Rechtsprechung begründet ein Pflegeheimaufenthalt nicht zwangsläufig einen Wohnsitz im Sinne der Artikel 23 und folgende des Zivilgesetz- 1

buchs (ZGB; SR 210). Aus der Umfrage geht hervor, dass einige Kantone diese Finanzierung übernehmen, während dies in anderen nicht der Fall ist, was zu Problemen führen kann, vor allem für jene Versicherten, die sich bereits seit einiger Zeit in einem Heim befinden. Sofern nicht der Gastkanton diese Finanzierung gewährleistet, könnten sich diese Personen veranlasst sehen, in ihren Wohnsitzkanton zurückzukehren. Diese Lösung erscheint nicht sehr befriedigend und könnte zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Versicherten führen. Das Problem liesse sich mit einer Verlegung des Wohnsitzes der versicherten Person oder noch besser mit einer interkantonalen Vereinbarung lösen. Die GDK empfiehlt, die Finanzierungsregeln des KVG, die für die freie Spitalwahl gelten (Art. 41 KVG), sinngemäss auf die Pflegeheimaufenthalte anzuwenden, das heisst diese Aufenthalte im Umfang der Taxe des Wohnsitzkantons zu finanzieren. Die Beteiligung von maximal 20% des höchsten Beitrages kann der versicherten Person nur verrechnet werden, wenn die Kosten der erbrachten Pflegeleistungen nicht vollständig durch die in der KLV vorgesehenen Beiträge gedeckt sind. Da es sich um eine Kann-Bestimmung handelt, muss diese nicht zwingend geltend gemacht werden. Insofern ist es zulässig, dass die Kantone eine tiefere Patientenbeteiligung vorsehen und im Rahmen der Restfinanzierung freiwillig mehr finanzieren. Die Mehrheit der Kantone hat die Beteiligung der Versicherten für die ambulante Pflege bei 10% festgelegt oder sogar ganz auf eine Patientenbeteiligung verzichtet und fördert damit die Inanspruchnahme der ambulanten Pflege anstelle der Pflege im Pflegeheim. Aus dem gleichen Grund wurde der Beitrag der Versicherten an die Pflege im Pflegeheim übrigens zumeist bei 20% festgesetzt. Die SGK-N hat den Bericht am 13. Mai 2011 diskutiert und die Verwaltung beauftragt, im nächsten Jahr erneute einen Bericfht zur Umsetzung der Pflegefinanzierung zu erstellen und dabei auch die Umsetzung der Regelung im Bereich der Ergänzungsleistungen einzubeziehen. 3. Themen Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) hat am 5. Mai 2011 zur Kenntnis genommen, dass der Bericht des BAG vom 26. April 2011 vorliegt und gewünscht, das Thema Umsetzung Pflegefinanzierung ebenfalls zu diskutieren. Im Hinblick auf ihre Sitzung vom 18. August 2011 hat die SGK-S zudem die Klärung der folgenden Fragen verlangt: Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bei einem Pflegeheimaufenthalt ausserhalb des Wohnkantons Gegenwärtiger Stand im Bereich der interkantonalen Vereinbarungen zu ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten Leistungen der OKP bei Aufenthalten von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern in einem Schweizer Pflegeheim «Tarifschutz» im Zusammenhang mit der Restfinanzierung 3.1. Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei einem Pflegeheimaufenthalt ausserhalb des Wohnkantons Die KVG-Leistungen bei einem ausserkantonalen Aufenthalt sind die gleichen, wie wenn die Pflege im Wohnsitzkanton erbracht wird. Die OKP entrichtet einen gesamtschweizerisch einheitlichen Beitrag in Franken (Art. 7a Abs. 3 der Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31) entsprechend der Zeit, die für die Erbringung der in Artikel 7 Absatz 2 KLV definierten Leistungen benötigt wird. 2

Unterschiedliche Regelungen können in Bezug auf die kantonalen Modalitäten bestehen. Dies gilt insbesondere für die Frage der Übernahme der Restfinanzierung, welche in die kantonale Zuständigkeit fällt (Art. 25a Abs. 5 KVG). Wie der Bundesrat in seinen Antworten auf kürzlich eingereichte parlamentarische Vorstösse in Erinnerung gerufen hat, sind die kantonalen Unterschiede bei der Pflegefinanzierung auf den Handlungsspielraum zurückzuführen, den der Gesetzgeber den Kantonen belassen hat (Interpellation 11.3243 Steiert. Ungleich lange Spiesse in der ambulanten Pflege?; Interpellation 11.3252 Schenker. Neue Pflegefinanzierung: Benachteiligung von Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden; Interpellation 11.3337 Leutenegger Oberholzer. Pflegefinanzierung. Massive Mehrbelastung betreuungsbedürftiger Personen in einzelnen Kantonen; Interpellation 11.3447 Weber-Gobet. Probleme bei der Umsetzung der neuen Pflegefinanzierung). Im Rahmen der Restfinanzierung definieren die Kantone ihren Anteil teilweise über eine maximale Pflegetaxe, so dass die Restfinanzierung entsprechend kantonal unterschiedlich ausfallen kann. Weiter kann jeder Kanton auch den Prozentsatz des Beitrags der Versicherten festlegen, indem er ganz oder teilweise oder überhaupt nicht die Beteiligung der Patientinnen und Patienten finanziert. Die Restfinanzierung ist folglich von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Deshalb hat das BAG den Abschluss von interkantonalen Vereinbarungen für Pflegeheimaufenthalte ausserhalb des Wohnkantons vorgeschlagen. Da der Gesetzgeber die Kompetenz zur Regelung der Restfinanzierung den Kantonen überlassen hat, hat der Bund keine Kompetenz, in diesem Bereich einzugreifen und eine Aufsicht wahrzunehmen. 3.2. Gegenwärtiger Stand im Bereich der interkantonalen Vereinbarungen zu ausserkantonalen Pflegeheimaufenthalten Bei der Finanzierung eines Pflegeheimaufenthalts stellt sich vor allem die Frage, wo sich der Wohnsitz befindet. Dieser bestimmt sich nach den Artikeln 23 bis 26 ZGB. Bei den Ergänzungsleistungen (EL) ist nach Artikel 21 Absatz 1 des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) für die Festsetzung und Auszahlung der Wohnsitzkanton zuständig, wobei der Aufenthalt in einem Heim keine neue Zuständigkeit begründet. Selbst wenn somit eine Person ihren Wohnsitz wechselt, um in den Genuss der Restfinanzierung durch den Aufenthaltskanton zu gelangen, bleibt weiterhin der ursprüngliche Kanton für die EL zuständig. Somit besteht eine Schwierigkeit für jene Personen, die sich in einem Kanton in einem Pflegeheim befinden, das sie im Zeitpunkt des Heimeintritts freiwillig und selbstbestimmt gewählt haben, und die EL von einem anderen Kanton erhalten, nämlich jenem, in dem sie vor dem Heimeintritt Wohnsitz hatten. Auch in Bezug auf die Restfinanzierung entstehen dadurch Ungereimtheiten. Weil die Umsetzungsbestimmungen der neuen Pflegefinanzierung und die Pflegetaxen in den Kantonen unterschiedlich sein können, sind, wenn sich die betroffenen Kantone nicht über die Kostenübernahme einigen, fehlende Entschädigungen möglich. Das BAG und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) werden nächstens eine Diskussion über Koordinationsregeln aufnehmen. Gemäss den Informationen der GDK haben die Kantone bisher keine Vereinbarungen abgeschlossen. Die Kantone sind jedoch zurzeit miteinander im Gespräch und die GDK prüft diese Möglichkeit. Angesichts der Unterschiede, die bezüglich der kantonalen Anwendungsmodalitäten bestehen, könnten sich derartige Vereinbarungen allerdings als komplex erweisen. 3

3.3. Leistungen der OKP bei Aufenthalten von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern in einem Schweizer Pflegeheim Was die Übernahme der Aufenthalte von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern in einem Schweizer Pflegeheim anbelangt, hängt die Finanzierung von den einschlägigen Rechtsvorschriften in den betreffenden Staaten ab. Insbesondere muss geklärt werden, ob ein bilaterales Abkommen besteht und ob es sich um einen Drittstaat oder um einen Mitgliedstaat der EU handelt. Zudem kann gegebenenfalls eine Zusatzversicherung Leistungen übernehmen. Der Leistungsanspruch der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer aus einem Drittland hängt von der Versicherungsdeckung im entsprechenden Land und von der Übernahme von Leistungen durch eine allfällige Zusatzversicherung ab. Was die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer anbelangt, die in einem Staat der Europäischen Union (EU) oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) wohnhaft sind, müssen sich Personen, die von der Schweiz keine Rente beziehen und nur von einem oder mehreren Mitgliedstaaten (MS) Renten erhalten, in jenem Staat versichern, in dem sie am längsten versichert waren. Auf Gesuch hin von dieser Pflicht ausgenommen sind Personen, für welche die schweizerische Versicherung eine Verschlechterung des Versicherungsschutzes oder der Kostendeckung bedeuten würde und die aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustands keine Zusatzversicherung abschliessen könnten (Art. 2 Abs. 8 der Verordnung über die Krankenversicherung, KVV; SR 832.102). Mit anderen Worten, Schweizer Pensionierte mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA sind verpflichtet, sich in der Schweiz zu versichern, wenn sie eine Schweizer Rente beziehen und von ihrem Wohnsitzland keine Rente erhalten. Dasselbe gilt, wenn sie von einem der oben erwähnten Staaten eine Rente erhalten, aber länger in der Schweiz versichert waren. Ist die Person in einem der Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA versichert, sind die Rechtsvorschriften dieses Staats für die Leistungen massgebend, die in der Schweiz übernommen werden. Vorbehalten bleiben die bilateralen Abkommen. Gegebenenfalls müssen Leistungen berücksichtigt werden, die von einer Zusatzversicherung gedeckt werden. Nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, haben in der Schweiz versicherte Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer Anspruch auf die gleichen KVG- Leistungen wie Schweizerinnen und Schweizer mit Wohnsitz in der Schweiz. Während eines vorübergehenden Aufenthalts besteht der Leistungsanspruch in der Schweiz für alle Sachleistungen, die sich aus medizinischer Sicht als notwendig erweisen, unter Berücksichtigung der Leistungsart und der Aufenthaltsdauer. Begibt sich eine Person in die Schweiz oder in einen EU/EFTA-Staat, um sich dort behandeln zu lassen, besteht kein Leistungsanspruch. Eine Person, die sich in einem Pflegeheim aufhalten möchte, muss somit in der Schweiz Wohnsitz nehmen, damit sie in den Genuss von Krankenversicherungsleistungen und der Restfinanzierung des betreffenden Kantons kommt. 3.4. «Tarifschutz» im Zusammenhang mit der Restfinanzierung Die Kosten des Aufenthalts im Pflegeheim umfassen die Pflegeleistungen nach Absatz 7 KLV sowie andere Leistungen wie insbesondere Betreuung und Hotellerie. Letztere werden von der OKP nicht vergütet und der Tarifschutz nach Artikel 44 KVG ist diesbezüglich nicht anwendbar. Nach Artikel 44 KVG müssen sich die Leistungserbringer an die vertraglich oder behördlich festgelegten Tarife und Preise halten und dürfen für Leistungen, die im Rahmen des KVG erbracht werden, keine weitergehenden Vergütungen berechnen. 4

Die Neuordnung der Pflegefinanzierung sieht eine Finanzierung der Pflegeleistungen durch die Krankenversicherung in Form eines Beitrags, der nicht kostendeckend sein muss, vor; daher ist der Begriff «Tarifschutz» im Sinne von Artikel 44 KVG nicht anwendbar und sollte nicht mehr als solcher erwähnt werden. Da die Beiträge hoheitlich festgesetzt werden, bestehen auch keine Tarifvereinbarungen mehr. Die Frage stellt sich somit nicht mehr in Bezug auf den Tarifschutz nach Artikel 44 KVG, sondern muss durch die Restfinanzierung auf kantonaler Ebene geregelt bzw. sichergestellt werden. BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT 28. Juli 2011 5