Sonntag, 22. August 2010, 12. Sonntag nach Trinitatis Predigt zu Apostelgeschichte 9, 1-20 Liebe Gemeinde! Der Teeniestar Hannah Montana hat zum Wahlspruch: Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum! Sie müssen diese Person nicht kennen. Sie ist sympathisch und nett. In den fast täglichen Sendungen sorgt sie regelmäßig für Lacher. Aber dieser Spruch hat es in sich: Träume nicht dein Leben lebe deinen Traum. Ich habe das Gefühl, dass viele jungen Menschen zu viel träumen und selten zielgerichtet für etwas kämpfen. Wenn ich mich und meine Generation ansehe, dann habe ich das Gefühl: viele Menschen in unserem Alter haben das Träumen aufgegeben. Man hat ein gewisses Standart erreicht. Viel höher kommt man nicht mehr rauf, und das Leben plätschert dahin. Wie wenn man in einem Dschungel vorankommt, aber ohne ein höheres Ziel. Es fehlt eine Perspektive, die von Gott kommt, und die uns vorantreibt auf neuen Wegen. Und wie sieht es bei der älteren Generation aus? Sehen Sie, wie es weitergehen soll? Der Predigttext von heute erzählt, wie Jesus eine neue Perspektive schenkt. Eine Vision. Vision, das kommt von Video, das heißt: ich sehe. Vision: Perspektive haben. Hananias und Saulus bekommen beide eine Vision. Eine Vision die ihr Leben, ihre Gemeinde und die ganze Welt verändert. Solche Visionen sind nicht unbedingt bequem. Aber not-wendig. Wohl-tuend. Ich lese aus Apostelgeschichte 9, Verse 1-20: Saulus verfolgte die Jünger und Jüngerinnen des Herrn weiterhin voller Wut und mit schweren Drohungen. Er ging zum Obersten Priester und ließ sich Briefe an die jüdischen Gemeinden in Damaskus geben. Darin wurde ihm die Vollmacht erteilt, auch dort nach Anhängern der neuen Lehre zu suchen und sie gegebenenfalls Männer wie Frauen festzunehmen und nach Jerusalem zu schaffen. Auf dem Weg nach Damaskus, kurz vor der Stadt, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme:»Saul, Saul, warum verfolgst du mich?wer bist du, Herr?«, fragte Saulus. Die Stimme sagte:»ich bin Jesus, den du verfolgst! Aber steh auf und geh in die Stadt! Dort wirst du erfahren, was du tun sollst.«den Männern, die Saulus begleiteten, verschlug es die Sprache. Sie hörten zwar die Stimme, aber sie sahen niemand. Saulus stand von der Erde auf und öffnete die Augen aber er konnte nichts mehr sehen. Da nahmen sie ihn an der Hand und führten ihn nach Damaskus. Drei Tage lang war er blind und aß nichts und trank nichts.
In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Dem erschien der Herr und sagte:»hananias!ja, Herr«, antwortete er. Der Herr sagte:»steh auf, geh in die Gerade Straße in das Haus von Judas und frag nach Saulus aus Tarsus. Er ist dort und betet. In einer Vision hat er gesehen, wie ein Mann namens Hananias zu ihm kommt und ihm die Hände auflegt, damit er wieder sehen kann.«hananias antwortete:»herr, ich habe von vielen Seiten gehört, wie viel Böses dieser Mann in Jerusalem deiner Gemeinde angetan hat. Und jetzt ist er hier und hat von den führenden Priestern die Vollmacht, alle zu verhaften, die sich zu deinem Namen bekennen.«aber der Herr sagte:»geh nur hin! Gerade ihn habe ich als mein Werkzeug ausgesucht. Er wird meinen Namen den nichtjüdischen Völkern und ihren Herrschern bekannt machen und auch dem Volk Israel. Und ich will ihm zeigen, wie viel nun er für das Bekenntnis zu meinem Namen leiden muss.«da ging Hananias in jenes Haus. Er legte Saulus die Hände auf und sagte:»bruder Saul, der Herr hat mich geschickt Jesus, der dir unterwegs erschienen ist. Du sollst wieder sehen können und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.«im selben Augenblick fiel es Saulus wie Schuppen von den Augen und er konnte wieder sehen. Er stand auf und ließ sich taufen. Dann aß er etwas und kam wieder zu Kräften. Saulus war erst ein paar Tage bei den Jüngern und Jüngerinnen in Damaskus, da ging er auch schon in die Synagogen und verkündete dort Jesus als den Sohn Gottes. Herr, gib uns das rechte Hören und Verstehen! Liebe Gemeinde! Das geknickte Rohr damit steige ich ein. Mit der Gemeinde von Damaskus, die in Angst leben muss, und das mit gutem Grund. Die Christen wurden ernsthaft bedroht. Sie waren als Anhänger des neuen Weges bekannt. Es hatte sich unter ihnen herumgesprochen, dass die Religionsbehörde grünes Licht gab für strafrechtliche Verfolgung der Christen und dass es in diesem Zusammenhang immer wieder zu Todesfällen kam. Gottes Wort ist oft knapp, aber sehr präzise in seinen Aussagen. Es beschreibt die Gefahr so: Saulus aber schnaubte mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn. Spüren Sie den Haß und die Leidenschaft dieses Mannes? Er hatte Dokumente des Hohen-priesters, die ihm erlaubten, Christen aus Damaskus gefangen zu nehmen. Dass er dabei bereit war, Menschen steinigen zu lassen, beschreibt das vorherige Kapitel. Das erzählt, wie Saulus Gefallen an dem Tod des Stephanus hatte. Der schlechte Ruf des Saulus war weit über die Grenzen Israels bekannt. Damaskus lag etwa 100 km nordöstlich vom See Genezareth und 200 km von Jerusalem entfernt. Bis dahin trieb der Hass den Saulus, und bis dahin fürchteten sich die Christen vor ihm. Was sollten sie tun? Die Polizei gab ihnen keinen Schutz.
Sie hatten keine Perspektive und suchten dringend nach einer. Sie hatten Angst. Saulus würde sie suchen und aufdecken. Er würde einige töten und andere gefangen nach Jerusalem bringen. Für die Männer und Frauen des neuen Wegs gibt es keinen Weg. Zurück können sie nicht. Die Trennung zu den Juden ist vollzogen. Der Name Jesus trennt. Der Rückzug der Christen ins Privatleben ist undenkbar. Der Rückzug in die private Bedeutungslosigkeit ist keine Vision für die Gemeinschaft der Christen? Dort gibt es keine Ermutigung, kein Trost, keine Sammlung der Kräfte, kein Gemeindebau, keine diakonische Kraft, kein soziales Engagement! Ich stelle mir vor: während die Gemeinde von Damaskus über ihre Situation berät und intensiv diskutiert, wird deutlich: keiner hat den Durchblick. Keiner sieht einen Weg. Keiner hat eine Vision. Doch dann betritt Hananias den Raum. Er ist ein Mitarbeiter dieser Gemeinde, und er bittet um aufmerksame Ruhe. Dann berichtet er: Jesus Christus ist mir erschienen. Er hat mit mir gesprochen! Er hat mir etwas gezeigt, was meine eigenen Grenzen überschreitet. Er hat mich beauftragt, in das Haus eines gewissen Judas zu gehen. Dort sei Saulus aus Tarsus zu Gast. Zu ihm sollte ich gehen! Die anderen erschrecken und warnen ihn: Das kann doch nicht wahr sein! Du sollst direkt in die Höhle des Löwen gehen? So fragte ich auch sprach Hananias. Doch Jesus hat mir offenbart, dass er Saulus berufen hat. Er soll unser Bruder werden. Jesus hat Saulus beauftragt, vor Juden und Heiden, vor einfachen Menschen und sogar vor Königen Jesus als den Herrn bekannt zu machen! Liebe Gemeinde, ich denke, damit war die Versammlung dieser Christen in Damaskus bald aufgelöst. Die Gemeinde hatte eine neue Vision. Jesus hat diese Gemeinde verändert. Aus geknickten Röhrchen hat er geradlinige Halme werden lassen. Das Geheimnis heißt: Leben mit einer neuen Vision mit einer neuen Sicht für Gottes Möglichkeiten! Und was für Möglichkeiten hat nicht Gott! Ich stelle mir das so vor, dass Jesus vom Himmel runterschaute und Saulus sah. Da dachte er: "Was für ein Heißblut! So einen Mann könnte ich noch gut gebrauchen. Der macht das, was er macht, ja wirklich mit Dampf. Für das, was jetzt auf meine Leute da unten zukommt, ist so einer genau richtig."
Sehen Sie, es gehört zu den Eigenschaften Gottes, dass er von dem Rohmaterial, mit dem er uns ja selbst ausgestattet hat, auch Gebrauch macht. Auch wenn wir das manchmal gerne anders hätten, aber das ist nicht der Stil unseres Schöpfers, aus Heißblütern wie Paulus Kuscheltiere mit Knopf im Ohr zu machen. Ihm geht es nur darum, dass dieses heiße Blut in die richtige Bahn gelenkt wird. Einer der glühend hassen kann, wird viel eher auch glühend lieben können, als irgend so ein Diplomat, der weder hassen noch lieben kann. Gott brauchte genauso einen Jungen Wilden wie Paulus, der mit dem gleichen Feuer künftig in die entgegen gesetzte Richtung losstürmen sollte. Ja, es gibt keinen, der den ersten Christen so viel Schaden zugefügt hatte. Es gibt aber auch keinen, der später so viel für sie gelitten, sich so für sie eingesetzt, sie verteidigt hat, der so seine Gemeinden geliebt hat und mit seinem ganzen Herzen auch für Jesus selbst brannte. Mit der gleichen oder noch höheren Temperatur, mit der früher sein Hass geglüht hatte. Unsere Gaben sind zugleich auch Aufgaben! Ich gebe zu, das klappt nicht immer. Auch nicht bei Paulus. Als blitzgescheiter Mann schien er ja auch für die gebildeten Griechen in Athen der richtige Verkünder des Evangeliums zu sein. In der Olympiastadt. Aber er brach dort ein. Er wurde ausgelacht. Medaillen bekam er keine. "Kannst es ja nochmal versuchen" spotteten die Zuschauer. "Aber bitte morgen." Nur eine Frau mit Namen Damaris und ganz wenige Männer öffneten ihr Herz für Jesus. Paulus war ganz andere Ergebnisse seiner Predigten gewohnt. Aber er gab nicht auf. Und das war wohl einer der Grund dafür, warum Jesus ihn brauchen konnte. Gott kann auch in Neubulach Menschen brauchen, die unerschrocken und unermüdlich andere auf den Glauben ansprechen und sich nicht entmutigen lassen. Manchmal wissen wir ja gar nicht, wie wir andere ansprechen können oder sollen. Wie wir ihnen helfen können, zu erkennen, was im Leben wirklich zählt. Wir können aber für sie beten. Und das wird den Arm Gottes in Bewegung setzen. Und er weiß, wie er Menschen ansprechen kann. Und er weiß genau, wen er wie ansprechen kann. Dem sensiblen und selbstmordgefährdeten Propheten Elia begegnete er mit sanftem Säuseln in einem sanften Wind. Für diesen groben Klotz Paulus musste er eine etwas kräftigere Methode wählen. Der hätte auf irgendwelches Säuseln nicht reagiert. Und wie gut, dass sich später in Damaskus noch weitere Hände nach ihm ausstreckten. Um ihn zu segnen, um ihm die Hände aufzulegen.
Dieser Hananias - ja er musste alle seine Hemmungen, seine Angst überwinden, bevor er das tat. Aber auch er hatte eine Vision bekommen. "Ach Herr, dieser Mann hat doch so viel Böses an deinen Heiligen in Jerusalem getan." Und dann macht er sich doch auf den Weg. Sehen Sie, manchmal schickt uns Gott Menschen über den Weg, von denen wir es uns überhaupt nicht vorstellen können, dass sie sich für Jesus interessieren könnten. Rechnen Sie aber damit! Manche Leute brauchen drei oder vier Einladungen zum Glauben. Gott möchte von uns, dass wir unsere Ängste überwinden. Hananias hätte gute Gründe gehabt, diesen Auftrag zu verweigern. Aber Hananias hatte Anweisung von oben. Und so überwindet er seine Angst. "Und er legte ihm die Hände auf uns sprach: Bruder Saul, der Herr, welcher dir erschienen ist auf dem Wege, den du herkamst, Jesus hat mich gesandt, damit du wieder sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest." Das heißt zugleich auch: Von mir aus wäre ich niemals auf die Idee gekommen. Es ist Jesus, der mit dir etwas vorhat. Aber Jesus gebraucht Menschen. Und es ist wirklich spannend zu sehen, wie Gott in dieser Stadt Damaskus ein Netzwerk von Menschen knüpft, die dem Paulus helfen, auf einen guten Weg zu kommen. Viel hatte Jesus in der Vision des Paulus ja nicht verraten. "...es wird dir gesagt werden, was du tun sollst". Danach geschah alles weitere durch Menschen, die Gott beauftragt hatte. Gott handelt heute nicht anders. Er redet durch uns und es ist wichtig, dass wir ein Ohr dafür haben, was er uns sagt und Augen für die Menschen, die er uns über den Weg schickt. Sehen Sie, die Geschichte von Paulus hat sich ja seitdem Millionenfach bei anderen Menschen wiederholt. Nicht so dramatisch. Aber so, dass sie auch zu Boden geworfen wurden. Durch Krankheit, oder andere Schicksalsschläge. Und in solchen Momenten merken sie dann oft, das sie bisher auf einem falschen Weg waren, die falschen Ziele im Leben hatte. Aber anders als Paulus rappeln sie sich dann wieder auf, essen und trinken weiter, als wäre nie etwas geschehen. Warum? Weil ihnen kein Hananias begegnet ist, der ihnen hilft und sie hinein nimmt in das Netzwerk anderer Christen. Weil da niemand da war, sagen konnte: Jesus möchte, dass du wieder sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest." Aber in unserer Gemeinde hat Gott ein Netz, das Menschen auffangen kann, die ihre Illusionen verloren haben und eine neue Vision suchen und brauchen.
Jeder Hauskreis zum Beispiel ist schon Teil dieses großen Netzes. Liebe Gemeinde, Hananias hatte viel riskiert, als er zu Paulus hinging, um ihm seine Hände aufzulegen. Sie können auch etwas tun. Menschen in den Gottesdienst einladen oder in den Glaubenskurs, den wir ab Ende September wieder anbieten. Und vielleicht denken Sie dabei an die Worte des Hananias: "Der Herr hat mich gesandt, damit du sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest - der Kraft, die wie ein frischer Wind in unser Leben bläst und uns Mut macht, ein Leben mit Vision zu leben. Amen.