Grenzen und Möglichkeiten der Bioenergie

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Transkript:

Grenzen und Möglichkeiten der Bioenergie Bernhard Schink Fachbereich Biologie Universität Konstanz D-78457 Konstanz Germany Bernhard.Schink@uni-konstanz.de

3 Kapitel: - Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit von Biomasse (R.K.Thauer, Marburg) - Umwandlung von Biomasse in technische Energieträger (B. Schink, Konstanz) - Biologisch-solare Produktion von Wasserstoff (B. Friedrich, Berlin) - 2 Anhänge (Supplements)

Effizienz der Umsetzung von Bioenergie Sonnenenergie 100% Pflanzliche Biomasse 1% Biol. Energieträger 0.3 0.6%

Globale terrestrische Netto-Primärproduktion (NPPo) im Jahr 2000. Net primary production (NPP) is the amount of plant biomass that grows within a year in a given area. NPP in the absence of human interventions such as fertilization, irrigation or soil sealing is referred to as NPPo. The average NPPo per m 2 is approximately 430 g C per year using the total land area and 650 g C per year based on only the vegetated area.

Nettoprimärproduktion (NPP) und Primärenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2010. Die NPP wird in metrischen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr (t C a -1 ) angegeben. Der Kohlenstoffgehalt von getrockneter pflanzlicher Biomasse beträgt etwa 50 %. Der durchschnittliche Energiegehalt (Bruttobrennwert) von Biomasse ist 37 x 10 3 J pro Gramm Kohlenstoff. NPP Millionen t C a -1 Brennwert 10 18 J a -1 NPP (oberirdisch) a) 130 / 160 4,8 / 5,9 NPP geerntet und abgeweidet: 89 / 93 3,3 / 3,5 - Pflanzliche Nahrung für Menschen 10 0,4 - Tierfutter einschließlich 20 Millionen t C a -1 durch Abweidung g) 53 2 - Industrie- und Brennholz b) 14 0,5 - Andere Nutzungen c) 10 0,4 Getreide- und Rapsstroh d) 20 0,7 Vereinnahmte NPP aus dem Ausland über Importe (Kapitel 1.9) 70 2,6 Primärenergie aus Biomasseprodukten (2010) e) 30 1 - Feste Brennstoffe (hauptsächlich Holz) 14 0,5 - Biogas f) 0,2 - Flüssige Biobrennstoffe (Biodiesel und Bioethanol) 0,2 - Erneuerbare Abfälle einschließlich Deponiegas 0,1

Energierentabilität (EROI) und Flächeneffizienz der Brennstoffproduktion. EROI = Energie- Output/fossiler Energie-Input. Die eingesetzte fossile Energie umfasst fossile Brennstoffe, die zur Landbewirtschaftung, für die Synthese von Düngemitteln und Pestiziden, zum Sägen und Ernten sowie für die Umwandlung der Biomasse in Biobrennstoffe erforderlich sind. Die angegebenen Werte sind die höchsten Durchschnittswerte, die gefunden und angemessen dokumentiert wurden. EROI Flächeneffizienz (W m -2 ) (Jahresdurchschnitt) e) Brennholz (Deutschland) 10 a) < 0,2 Biodiesel aus Raps (Deutschland) < 2 a) < 0,2 Bioethanol aus Mais (USA) 1,5 a) < 0,3 Bioethanol aus Zuckerrüben (Deutschland) 3,5 a) < 0,4 Bioethanol aus Zuckerrohr (Brasilien) 8 a,b) < 0,5 Bioethanol aus Triticale/Mais (Deutschland) (kombinierte Produktion) (Kapitel 2.11) Bioethanol a) Methan a) und Strom aus Lignocellulose (Kapitel 2.11) 8 a) < 0,3 3 < 0,5 Bioethanol aus Rutenhirse (USA) 5,4 a) < 0,2 Biobutanol < 1 a) Biodiesel aus Algen (Kapitel 1.17) < 1 a) Biogas aus Maissilage (Deutschland) 4,8 a) < 1,1 Biogas aus Maissilage (Deutschland) (Strom) 1,4 < 0,4 Photovoltaik (Deutschland) (Strom) 7 > 5 Photovoltaik (Brasilien) (Strom) > 10 Windkraftanlagen (Deutschland) (Strom) 18 2 3 c) Kernenergie (Strom) 10 20 d) Wasserkraftwerke (Strom) 100

Biologische Primärproduktion (in Deutschland): Pappelholz: max. 2 kg Trockenmasse / m 2 und Jahr Winterweizen: 0.85 kg Kornertrag 0.7 kg Stroh [Miscanthus (Chinaschilf): <2.5 kg ] Energiegehalt von Holz: ca. 13-20 MJ / kg Energieproduktion Pappel: max. 35 x 10 3 kj / m 2 und Jahr (entspricht ca. 1% der einstrahlenden Sonnenenergie) Gegenwärtiger Energieverbrauch: 75 x 10 6 kj (21 x 10 3 kwh) pro Person und Jahr global (USA 4.6 x; Deutschland 2.3 x, China 0.5 x) Zahlen aus: P. Gruss, F. Schüth (eds.): Die Zukunft der Energie; C. H. Beck, München, 2008

Verschränkung von Kohlenstoffcyclus und Nährstoffcyclen (Stickstoff, Phosphat)

Treibhausgasemissionen in Verbindung mit dem Wachstum von Biomasse in Prozent des in geernteter Biomasse assimilierten CO 2. Die angegebenen Daten gelten für die EU-25. Die Fehlerspannen betragen mindestens ± 10%. Ungefähr 20 % des gefällten forstwirtschaftlichen Materials verbleibt im Wald. Negative Zahlen beziehen sich auf die Aufnahme von CO 2 / Treibhausgasen (THG) aus der Atmosphäre und positive Zahlen zeigen die Abgabe von CO 2 / THG in die Atmosphäre an. CO 2 aus Bodenkohlenstoff CO 2 aus fossilen Brennstoffen Treibhausgase aus Ernteresten N 2 O und CH 4 a) Ackerland 4 % 11 % 14 % 12 % 41 % Wiesen/ Weiden -26 % 7 % 18 % 20 % 19 % Wälder -32 % 3 % 21 % 1 % -7%

Vergleich der Bodenqualität auf der Welt

Was bringen genetisch modifizierte Organismen ( genetic engineering )? Mit Hilfe molekularbiologischer Untersuchungen lassen sich Probleme der Stoffströme im Organismus und ihre Regulation verstehen und ggfls. Prozesse graduell hinsichtlich Ausbeute, Resistenz gegenüber toxischen Effekten etc. verbessern. Genetische Modifikationen nützen nichts, wenn der erwünschte Prozess thermodynamisch begrenzt ist. Die Schöpfung eines Superbug, das sich über die thermodynamisch gesteckten Grenzen hinwegsetzen könnte, ist denkbar unwahrscheinlich. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es, die Produktivität der pflanzlichen Photosynthese in nennenswertem Umfang zu erhöhen. Ein großtechnischer Einsatz von genetisch modifizierten Mikroorganismen ist kaum realisierbar, ganz abgesehen von den gesellschaftspolitischen Implikationen.

Empfehlungen I: Eine Energieversorgung durch Nutzung von Biomasse kann in Deutschland kaum mehr als ca. 5% des gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs decken. Biologische Energieträger haben den Vorteil, dass sie gespeichert werden können. Trockene Energieträger (z. B. Holz) werden am besten unmittelbar durch Verbrennung genutzt oder durch Pyrolyse verschwelt. Die mikrobielle Produktion sekundärer Energieträger aus Biomasse sollte sich auf die Nutzung von Abfällen aus pflanzlicher Produktion (Landwirtschaft, Lebensmitteltechnologie) und häuslichen Abfällen (incl. Abwasser) konzentrieren.

Biomüll

Empfehlungen II Unter den mikrobiellen Umsetzungen erscheint die Methanbildung hinsichtlich Produktausbeute und Umsetzbarkeit die aussichtsreichste. Eine fermentative Produktion von Wasserstoff ist aus prinzipiellen Gründen in der Bilanz unergiebig. Vergärungen zu Ethanol, Aceton, Butanol etc. nutzen nur einen geringen Anteil (max. 50%) der Pflanzenmasse; die Abtrennung der Produkte erfordert eine energieaufwendige Destillation. Ein Einsatz von genetisch modifizierten Organismen erscheint wegen der erforderlichen mikrobiologischen Kontrollierbarkeit unrealistisch, insbesondere, wenn undefinierte Substrate (Abfälle) verwertet werden sollen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!