Aktuelle Versuchsergebnisse zur Rinderfütterung aus der angewandten Forschung, Schwerpunkt Proteinversorgung und Strukturbewertung

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Transkript:

Aktuelle Informationen für die Fütterungsberatung eine Veranstaltung des Arbeitskreises Futter und Tierfütterung Aktuelle Versuchsergebnisse zur Rinderfütterung aus der angewandten Forschung, Schwerpunkt Proteinversorgung und Strukturbewertung vom Forum für angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung in Fulda 2014 Bernd Losand

Interessante Vorträge aus diesem Bereich Troost, Pries, Hoppe, Verhülsdonk, Hoffmanns, Kamphues (Hannover, Münster, Kleve): Untersuchungen zu den Auswirkungen eines reduzierten Proteingehaltes im Milchaustauscher (MAT) für Aufzuchtkälber auf Gesundheit und Leistung Jilg (Aulendorf): Auswirkungen einer reduzierten Rohproteinversorgung von Milchkühen auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit Steingass, Zebeli (Stuttgart, Wien): Bewertung der Strukturversorgung von Rationen für Milchkühe mit Hilfe der physikalisch effektiven NDF (pendf) Stand und Perspektiven Ettle, Schuster, Rutzmoser (Poing [bekannt als Grub]): Bewertung der Strukturversorgung beim Rind: Ableitung und praktische Anwendung des Systems Strukturindex Münger (Posieux): Zusammenhänge pansenphysiologischer Parameter mit Beobachtungen des Wiederkauverhaltens bei Milchkühen Ettle, Obermaier, Edelmann (Poing): Untersuchungen zur Strukturversorgung beim Mastbullen 2

Strukturbewertung was haben wir? Rationsplanung (unabhängig von den physikalischen Eigenschaften) Grobfutteranteil an der Gesamtration Fasergehalt an der Gesamtration Grobfutterfaser (Rohfaser, NDF) als Anteil an der Gesamtration Strukturwirksame Rohfaser (Strukturwirksamkeit der XF * Gehalt XF); bewertet nur die Grobfuttermittel >0; verzehrbare Rohfaser aus Grobfutter/Tag Strukturwert nach DeBrabander (1999) von Futtermitteln/Rationen abgeleitet aus der Eigenschaft, den Milchfettgehalt konstant zu halten (berechnet aus XF oder NDF sowie auch Stärke und Zucker bzw. beständige Stärke); allen Futtermitteln ist ein SW zu berechnen; kann <0 sein; Eckzahlen auch für Stärke, Zucker, pansenstabile Stärke 3

Strukturbewertung was haben wir? Rationsbewertung (Kontrolle dessen, was vor dem Tier liegt) Das Auge, die Hand Indirekt: Wiederkauverhalten, Kauverhalten, Fressverhalten (selektiv?) Schüttelbox (Berater, größere Betriebe) Standardisierung (Menge, Frequenz) 4

Warum also neue Strukturbewertung? Strukturen? Entweder exakte Berechnung in der Rationsplanung oder Zauberei im Stall Ungereimtheiten bei strukturwirksamer Rohfaser (NDF, ADF ist nicht) swxf soll ausschließlich die Eigenschaft beschreiben, das Wiederkäuen anzuregen SW ausschließlich Relativzahl; stimmt nicht bei Frischgras bzw. TS-armem Grobfutter Rohfaser = Rohfaser?; NDF = NDF? (junges Pflanzenmaterial, sehr trockenens Material) Häcksellänge, vermahlenes Futter, Strukturbeeinflussung während der Rationszusammenstellung und -vorlage 5

Strukturbewertung wozu? Wiederkäuer brauchen Energie Protein Mineralien Vitamine und Ihre Pansenmikroorganismen und die brauchen Nährstoffe Energie ph wiederkäuergerecht 6

ph im Pansen ist entscheidend Ergebnis aus der Ansäuerung durch die Art und Menge der gebildeten kurzkettigen Fettsäuren und Abpufferung durch NaHCO 3, Mineralien, Ammoniak, Entschärfung der Milchsäure, Absorption der Fettsäuren Optimales Millieu für die Mikroorganismen des Pansens >6 und < 7 Der Pansen ph ist nicht konstant Im Mittel war der Graben ½ m tief, ausgeglichenes Niveau über den ganzen Tag 7

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Ursprünglich entwickelt von Mertens (1997) Bewertung von Rationen ist ein Kontrollinstrument für Rationen, die zum Fressen auf den Futtertisch gebracht sind/werden Pansen ph ist das sicherste Merkmal zur Charakterisierung der Strukturversorgung Definition von Schwellenwerten für normale Pansenfermentation und SARA (sub acute rumen acidosis) Meta-Analyse Tagesmittelwert Untere Grenze Obere Grenze Dauer ph <5,8 (h/d) Untere Grenze Obere Grenze normale Pansenfermentation 6,16 6,49 1,62 5,24 SARA 5,82 6,14 5,47 15,54 8

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Ermittlung der physikalisch wirksamen Struktur (Faser), die den Aufenthalt innerhalb der Schwellenwerte für eine normale Pansenfermentation erlaubt, anhand der neutralen Detergentienfaser in der Ration pendf Wie wird pendf ermittelt: 1. NDF gemäß offizieller Methode des VDLUFA amylasevorbehandelte NDF organic matter 2. Standardisierte Anwendung des Partikelgrößenseparators (Schüttelsieb) Vierstufig=drei Siebe (PennState Separator) pendf (>1,18mm) Dreistufig=zwei Siebe pendf (>8mm) Standardisiert: 1,1 Hz (1/s); 17cm Schublänge; 400g FM; 40 x; 90 Drehung; ; 2 Wiederholungen der Ration 3. Berechnung pendf der Gesamtration: Summe Massenanteile >1,18mm (4stufig) bzw. >8mm (dreistufig) in % der FM Multipliziert mit andf om in % der Trockenmasse der Gesamtration Dividiert durch 100 4. Möglicher Fehler bei Anwendung des NDF-Gehaltes der Gesamtration auf die Masseanteile der oberen Siebe wird mehr oder weniger aufgehoben durch den Fehler, 22.5.2014 der Bernburg durch unterschiedliche Losand, TS-Gehalte Proteinversorgung der grob strukturierten und Strukturbewertung Partikel (Grobfutter) Milchvieh 9 gegenüber dem Kraftfutter entsteht

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Bei welchem Gehalt an physikalisch wirksamer Faser (pendf) in der Ration ist mit der Einhaltung der Schwellenwerte für den Pansen ph und die Unterschreitungsdauer des unteren Schwellenwertes für SARA zu rechnen? eta-analyse der Daten diesbezüglich auswertbarer internationaler Versuche: für pendf >1,18mm Pansen ph = 6,05 + 0,0444 pendf 0,0006peNDF pendf 0,017paStärke 0,016TMverzehr für pendf >8mm Pansen ph = 6,19 + 0,0438 pendf 0,000847peNDF pendf 0,00928Stärke 0,012341TMverz obei pendf, pansenabbaubare Stärke, Gesamtstärke in % der TS und TMverzehr in kg/tag anzu- eben sind arum TM-verzehr? 10

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Bei welchem Gehalt an physikalisch wirksamer Faser (pendf) in der Ration ist mit der Einhaltung der Schwellenwerte für den Pansen ph und die Unterschreitungsdauer des unteren Schwellenwertes für SARA zu rechnen? Umstellung der Formeln nach der pendf und Berechnung des Mindestgehaltes an pendf für die konkreten Rationsbedingungen (TM-Verzehr und pansenverfügbare Stärke bzw. Gesamtstärke) Notwendige Gehalte an pendf >8mm in % der TS der Gesamtration für einen mittleren Pansen ph von 6,2 in Abh. von TS-Verzehr und Gesamtstärkegehalt %Gesamtstärke Trockenmasseverzehr in kg/tag 18 20 22 24 26 14 12 13 15 16 18 18 14 15 17 18 21 22 16 17 19 21 22 * 26 18 20 22 22 * 22 * 11

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Bei welchem Gehalt an physikalisch wirksamer Faser (pendf) in der Ration ist mit der Einhaltung der Schwellenwerte für den Pansen ph und die Unterschreitungsdauer des unteren Schwellenwertes für SARA zu rechnen? Umstellung der Formeln nach der pendf und Berechnung des Mindestgehaltes an pendf für die konkreten Rationsbedingungen (TM-Verzehr und pansenverfügbare Stärke bzw. Gesamtstärke) Notwendige Gehalte an pendf >1,18mm in % der TS der Gesamtration für einen mittleren Pansen ph von 6,2 in Abh. von TS-Verzehr und Gehalt abbaub. Stärke %abbaub. Stärke aus Getreide Trockenmasseverzehr in kg/tag 18 20 22 24 26 8 18 20 21 23 25 12 21 23 25 27,5 31 16 25 28 32 * 32 * 32 * 22 18 20 32 * 32 * abbaub. Stärke reduz. 12

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Praktische Umsetzung? Bedarf an pendf steigt mit zunehmender Futteraufnahme und steigendem Anteil an Stärke in der Ration Zielkonflikt Dimension der pendf ist gewöhnungsbedürftig, da bei unterschiedlichen Schüttelsieben auch unterschiedliche Ergebnisse kreiert werden Als Instrument der Fütterungskontrolle muss das Ergebnis schnellstmöglich zur Verfügung stehen, d.h. der Landwirt muss das selbst tun können: Anteil strukturwirksamer Rationspartikel mit der Schüttelbox Konsequenz Erwerb einer Schüttelbox Standardisierung des Schüttelns Analyse der Probe der Mischration im Futtermittellabor ist für die praktische Anwendung sehr erschwerend Besser wäre das Vorhalten der Analysewerte der eingesetzten wirtschaftseigenen Futtermittel, täglicher Mischprotokolle (Mischwagen) und eines Rationsberechnungsprogramms oder der Rationsrezeptur (möglichst genaue Einhaltung) Rationsplanung ist mit pendf nicht möglich (vorerst), aber 13

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Aspekte der Rationsplanung (Berechnung) Das ist zur Zeit noch ein Schwachpunkt des Systems Hier soll auf die Nutzung der Grobfutter-NDF zurückgegriffen werden Zielwert laut Zebeli u.a. (2008): 300 (270 320) g NDF aus Grobfutter je kg TS der Gesamtration Definition Grobfutter Gras- und Luzernepellets als Grobfutter einstufen, wenn nicht alleinige Grobfutterquelle Pressschnitzel als Grobfutter einstufen, wenn nicht >20% der TS der Ration Andere NDF-reiche Nebenprodukte fallen nicht unter Grobfutter! Was ist mit Trockenschnitzelpellets? (würden ja bei Auflösung zumindest teilweise im Sieb (>8mm) verbleiben) 14

Konzept der physikalisch effektiven NDF zur Bewertung der Strukturwirkung von Rationen für Milchkühe Steingass und Zebeli (2014) Fazit Nutzt als System die Informationen der chemischen Futtermittelanalyse vereint mit den Vorzügen der Analyse der physikalischen Struktur Bewertet die vorgelegte Ration genauer als es die alleinige Siebanalyse der Ration vermochte ph-wert im Pansen ist Zielgröße Fasergehalt, leichtverdauliche KH (allerdings ohne Zucker) und Verzehrsmenge werden bei der Berechnung des notwendigen pendf im Prinzip berücksichtigt Umständliche Handhabung, wenn zu jeder Siebanalyse der Ration im Originalzustand eine chemischen Analyse der getrockneten und vermahlenen Probe erforderlich ist Zielkonflikt zwischen steigendem Bedarf an pendf und hohem notwendigem Energieverzehr zur Ausschöpfung hohen Leistungspotentials spiegelt die Realität des Konfliktes zwischen begrenztem Futteraufnahmevermögen und hohem Energiebedarf wieder Für die Rationsplanung gibt es zur Zeit besser nutzbare Eckparameter 15

System Strukturindex Ettle, Schuster und Rutzmoser, 2014 Ausdrücklich entwickelt zur Übertragung des System der pendf in die praktische Nutzung Bezieht in die Bewertung der Ration auch die Grenzen der Versorgung mit leicht (pansenabbaubaren) verfügbaren Kohlenhydraten (Stärke und Zucker) mit ein Aus einem Fütterungsversuch mit Milchkühen abgeleitet: Mit 49 Kühen 291 2-Wochenperioden untersucht Für diese 291 2-Wochenperioden Pansen-pH sowie den Verzehr an pendf (<1,18mm) und pansenabbaubare KH (Stärke+Zucker) berechnet pendf (<1,19mm) mit Grobfutter-NDF gleichgesetzt (nach Zebeli 2010) Unterscheidung der Wertepaare aus andfom aus Grobfutter und pansenabbaub. KH nach dem errechneten ph (Ergebnisse >6,15 und Ergebnisse <6,15 (Abbildung) Grenzlinie dazwischen gibt an, wieviel pansenabbaubare (pab)kh für einen gegebenen Gehalt an pendf maximal verfütterbar sind, um einen Pansen-pH von 6,15 nicht zu überschreiten 16

System Strukturindex Ettle, Schuster und Rutzmoser, 2014 pab Kohlenhydrate kg Tag = 2, 8 + 0, 36 andfom GF( kg Tag ) 17

System Strukturindex Ettle, Schuster und Rutzmoser, 2014 pab Kohlenhydrate kg Tag kg = 2, 8 + 0, 36 andfom GF( Tag ) Strukturindex NDFom = NDFom GF / (NDFom GF + (pabkh 2,8)/0,36) * 100 Nur Werte zwischen 0 und 100 möglich Ab Strukturindex 50 aufwärts werden Pansen-pH von mindesten 6,15 erwartet Strukturindex <50 lässt azidotische Verhältnisse erwarten 18

System Strukturindex Ettle, Schuster und Rutzmoser, 2014 Beispiel Milchkuhration (750 kg LM; ca. 30kg Milch) kg Frischmasse Ration A B C Grassilage 1.S. 15 15 15 Maissilage 18 18 18 Getreide 7,0 6,5 3,5 RES-Futter 3,0 3,0 3,0 Heu 1,0 1,0 1,0 Mineralfutter 0,18 0,18 0,18 Stroh - 1,0 1,0 Körnermais - - 3,0 Kennzahlen pab Kohlenhydrate (%) 27,8 26,0 23,7 pst Stärke (%) 3,3 3,1 6,0 sw XF (g/d) 2630 3004 3004 SW (kg -1 ) 1,3 1,5 1,5 pendf GF (%) 29,2 31,9 31,9 22.5.2014 Strukturindex Bernburg andfom Losand, Proteinversorgung 43 und 48 Strukturbewertung Milchvieh 53 19

System Strukturindex Ettle, Schuster und Rutzmoser, 2014 Fazit Strukturwert kann (im Beispiel) die Verschiebungen in der Faser- und KH- Versorgung nicht ausreichend abbilden SwXF und pendf wiederspiegeln die Verschiebungen der Strukturversorgung recht gut, beziehen aber die Grenzen der pansenverfügbaren KH nicht mit ein Strukturindex orientiert sich mit seiner flexiblen Grenzsetzung am Pansen-pH und ermöglicht gleichzeitig die Einhaltung von Obergrenzen für die pansenverfügbaren KH in einer Zahl 20

Proteinversorgung von Milchkühen Bestrebungen zur Absenkung des Proteingehaltes in der Milchproduktion sind neu im Gegensatz zur Schweine- und Geflügelproduktion Proteinbedarfsableitung und Proteinbewertung beim Wiederkäuer sind wissenschaftlich gut begründet und kaum Veränderungen unterworfen, aber Gesundheitliche Aspekte Ammoniakentgiftung zu Harnstoff mögliche Überlastung von Leber und Nieren unter dem Aspekt eines sehr intensiven und sensiblen Stoffwechsels sinkende Fruchtbarkeitsleistungen stagnierende bis sinkende Nutzungsdauer Proteinfutter ist unter Ackerfutterbedingungen Zukaufsfutter mit steigender Preistendenz Bisherige Erkenntnisse zeigen steigende Milchleistungen bei hoher Proteinversorgung trotz Hohe N-Ausscheidungen Ammoniakemissionen Flächenproblem Gülle/Festmist FFH-Gebiete N-Effizienz 21

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg 16% XP 14% XP Zielrichtung: geringere Harn-N-Ausscheidungen über die Niere niedrigere Ammoniakemission; Entlastung von Leber und Niere Fleckvieh Zwei Tiergruppen; Cross-over Design; 7 Tage Eingewöhnung; 5 Wochen Versuch Futtermittel in % der TM) V Phase 1 Kontrolle Phase 1 Grassilage 1 23,6 22,8 V Phase 2 Kontrolle Phase 2 Grassilage 2 21,2 19,8 Maissilage 28,4 23,9 28,0 26,3 Heu 8,6 8,6 8,2 8,2 Stroh 2,2 2,2 2,1 2,1 Biertreber 6,5 8,6 5,1 7,2 Getreide 27,6 23,4 32,4 26,4 RES-Futter 3,2 10,6 3,0 10,1 22

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg 16% XP 14% XP Zielrichtung: geringere Harn-N-Ausscheidungen über die Niere niedrigere Ammoniakemission; Entlastung von Leber und Niere Fleckvieh Zwei Tiergruppen; Cross-over Design; 7 Tage Eingewöhnung; 5 Wochen Versuch Nährstoffe/Energie V Phase 1 Kontrolle Phase 1 V Phase 2 Kontrolle Phase 2 XP g/kg TS 136 160 142 162 NEL MJ/kg TS 6,90 6,87 7,03 7,0 nxp g/kg TS 149 158 152 160 RNB g/kg TS -2,03 0,28-1,58 0,36 UDP % 24 27 23 26 ADF g/kg TS 227 237 213 224 NDF g/kg TS 391 400 379 392 23

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg Ergebnisse Parameter V XP-reduziert Kontrolle Norm Signifikanz TM-Verzehr kg/tag 20,9 22,3 *** Wasseraufnahme kg/tag 81,9 87,1 *** NEL-Verzehr MJ/Tag 145,6 154,6 *** nxp-verzehr g/tag 3152 3558 *** XP-Verzehr g/tag 2921 3623 *** RNB g/tag -36,2 10,2 *** NDFom-Verzehr g/kg TS 8043 8836 *** *** p<0,001 24

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg Ergebnisse Parameter V XP-reduziert Kontrolle Norm Signifikanz Milchleistung kg/tag 29,1 31,7 *** Milchfett % 4,29 4,28 n.s. Milcheiweiß % 3,39 3,44 *** Milchharnstoff mg/l 199 246 *** Zellzahl 1) 274 325 n.s. ECM kg/l 31,3 33,6 ** *** p<0,001; ** p<0,01 25

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg Harnstoffgehalte im Urin (mg/100ml) V XP-reduziert Kontrolle Norm Mittelwert 875 1300 Standardabw. 243 416 Niedrigster Wert 526 100 Höchster Wert 1478 2246 26

Auswirkungen reduzierter XP-Versorgung auf Futteraufnahme, Milchleistung und Wirtschaftlichkeit T. Jilg Fazit Im Vergleich einer Absenkung des XP-Gehaltes 182 163 g/kg TS Ration bei RNB 4,8-50,5 g/tag(jilg u. Weltin, 2013) führte Absenkung im aktuellen Versuch (160 140 g XP/kg TS; RNB 7-38 g/tag) zu Leistungseinbußen 160 g XP/kg TS liefert auch bei negativer RNB offensichtlich genug Protein für ein Leistungsniveau um 9000 kg/jahr Im vorliegenden Versuch waren die Futterkosten/kg ECM bei der XP-reduzierten Fütterung trotz geringerer Milchleistung geringer als bei der Kontrollvariante mit 16% XP 27

Proteinversorgung von Milchkühen Die Versuche/Untersuchungen zur Reduzierung der Proteinversorgung (auf 76,6 bis 88% der Vergleichsgruppe) unter die Empfehlungen der GfE (2001) von Engelhard u.a. (2014), Jilg (2014), Jilg u. Weltin (2013) sowie Siriwan u.a. (2014) waren verbunden mit einer Absenkung des RNB deutlich unter 0 führten tendenziell bis signifikant zur Verringerung des Energieverzehrs und der Milchleistung (keine Aussage bei Siriwan u.a. möglich) Führten nicht (Engelhard u.a.) bis tendenziell zu einer Verringerung des Milcheiweißgehaltes Führten zu einer deutlichen Absenkung des Milchharnstoffgehaltes (gleichbedeutend mit N-Ausscheidung) und zu einer deutlichen Verbesserung Nutzung des Futterproteins Diese Ergebnisse bestätigen die Gültigkeit der Proteinbedarfsempfehlungen für Milchkühe 28

Proteinversorgung von Milchkühen Ergebnisse bestätigen die Gültigkeit der Proteinbedarfsempfehlungen für Milchkühe und die Möglichkeit der Nutzung rezyklierten N durch Regulation der N- Ausscheidungen über den Harn Eine Reduzierung der N-Ausscheidungen/Kuh durch Absenkung des Proteingehaltes im Futter gegenüber dem Bedarf ist realistisch (KTBL 10% durch Fütterungsmaßnahmen) Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen von Steingass (2014) aus einer Meta-Analyse dass eine Absenkung des Gehaltes an pansenverfügbarem N um bis zu 12% gegenüber dem Bedarf des Pansens ohne deutliche Leistungseinbußen möglich ist Eine Absenkung des Proteingehaltes in Milchviehrationen gegenüber dem Bedarf ist ein Abwägen zwischen der Wichtung der damit angestrebten Ziele (Milchertrag, Kosten, Senkung der N-Emissionen, Verbesserung von Gesundheit, Fruchtbarkeit ) 29