Stellenwert des bakteriellen Keimgehalt s im genitaltrakt von Hündin und Rüde für den erfolgreichen Zuchteinsatz

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22 Kynologie AKtUell Stellenwert des bakteriellen Keimgehalt s im genitaltrakt von Hündin und Rüde für den erfolgreichen Zuchteinsatz Von Carola Urhausen, Anne-Rose Günzel-Apel S eitens der Züchterschaft wird häufig eine begleitende tierärztliche Betreuung ihrer Hündinnen während des Zuchteinsatzes gewünscht, um die Befruchtungschancen zu optimieren. Dabei wird im Hinblick auf mögliche negative Einflüsse in vielen Fällen der Nachweis von Bakterien in den Vordergrund gerückt, um diese durch Verabreichung antibiotisch wirksamer Pharmaka zu eliminieren. Dies geht nicht selten so weit, dass eine prophylaktische, also vorsorgliche Gabe eines Antibiotikums ohne vorausgehende bakteriologische Untersuchung gewünscht wird. Damit wird dem bakteriellen Keimgehalt im Genitaltrakt der Hündin in Bezug auf mögliche Störungen der Fruchtbarkeit ein unangemessen hoher Stellenwert eingeräumt. Ganz im Gegenteil sind es wesentlich häufiger andere Ursachen, die zu einem erfolglosen, d. h. nicht in eine Trächtigkeit mündenden Zuchteinsatz führen. Von diesen kommt der Fehleinschätzung des Decktermins die größte Bedeutung zu. Erst dahinter reihen sich echte Erkrankungen der Geschlechtsorgane (Eierstöcke, Gebärmutter) ein. Die Beteiligung der zur Bedeckung eingesetzten Rüden an dem Ausbleiben einer Trächtig

23 keit ist ebenfalls vielgestaltig, doch auch hier verdienen infektiöse Ursachen nicht die vorrangige Aufmerksamkeit. Im Folgenden werden die wichtigsten Ursachen von Fruchtbarkeitsstörungen beim Hund besprochen. Fehleinschätzung des Decktermins Im Rahmen des zuchthygienischen Managements stellt die Bestimmung des Decktermins die wichtigste Maßnahme für den erfolgreichen Zuchteinsatz der Hündin dar. Nur durch optimales Timing ist gewährleistet, dass die Samenzellen des Rüden in den Eileitern der Hündin mit den aus den Eierstöcken freigesetzten Eizellen zusammentreffen, sodass es zur Befruchtung kommen kann. Der Decktermin muss sich an der Ovulation, der Freisetzung der Eizellen aus den Eierstöcken in die Eileiter, orientieren. Nur wenn die Ovulation stattgefunden hat und aufgrund dessen davon ausgegangen werden kann, dass sich Eizellen im Eileiter, dem Ort der Befruchtung, befinden, macht es Sinn, dass Spermien im Zuge eines Deckaktes in den Geschlechtstrakt der Hündin verbracht werden. Auf diese Weise werden optimale Voraussetzungen für das Zusammentreffen der weiblichen und männlichen Keimzellen und die Entstehung einer Trächtigkeit geschaffen. Da die Eizellen der Hündin erst 2 bis 3 Tage nach der Ovulation ihre Befruchtungsfähigkeit erhalten und dann für etwa 3 Tage (also etwa von Tag 2/3 bis 5 nach der Ovulation) befruchtungsfähig sind und die Samenzellen des Rüden im Geschlechtstrakt der Hündin ca. 4 bis 6 Tage überleben und somit auch für diesen Zeitraum befruchtungsfähig sind, ist der optimale Decktermin zwischen dem Tag der Ovulation und Tag 4 (bis 5) nach der Ovulation anzusiedeln (Abbildung 1). Einsetzen der Paarungsbereitschaft weist individuelle Schwankungen auf und ist bei einzelnen Hündinnen früher als eine Woche vor der Ovulation zu beobachten. Eine Bedeckung zu diesem Zeitpunkt kann nicht zur Befruchtung führen, da die Spermien ihre Befruchtungsfähigkeit verlieren, bevor die Eizellen ausgereift sind. Die während der Läufigkeit an den Eierstöcken ablaufenden Vorgänge der Follikelreifung und Ovulation können tierärztlicherseits mit Hilfe von 3 bis 4 in etwa 3 tägigen Abständen durchgeführten gynäkologischen Untersuchungen diagnostiziert werden. Dabei wird das Innere der Scheide betrachtet (sog. Vaginoskopie), Zellen von der Oberfläche der Scheidenschleimhaut mikroskopisch beurteilt (sog. Vaginalzytologie) und die Progesteronkonzentration im Blut der Hündin bestimmt. Letztere beginnt etwa 4 bis 5 Tage vor der Ovulation von Werten < 1 ng/ml anzusteigen. Am Tag der Ovulation beträgt sie durchschnittlich 8 (5 bis 12) ng/ml. Erkrankungen von Eierstöcken und Gebärmutter als Ursache von Fo rtpflanzungsstörungen bei der Hündin Erkrankungen bzw. Funktionsstörungen der Eierstöcke sind immer mit Veränderungen des Zyklus verbunden. Eine Verlängerung der Läufigkeit (normale Dauer 2 bis 4 Wochen) auf mehr als 5 Wochen deutet darauf hin, dass keine Ovulation stattgefunden hat, sondern dass Strukturen an einem oder beiden Eierstöcken bestehen, die die Läufigkeit aufrechterhalten. Dabei kann es sich um Eierstockszysten oder um einen Eierstockstumor handeln, welche wie die Follikel Hormone (Östrogene) produzieren. Derartige mit einer krankhaft verlängerten Östrogenproduktion einhergehende Eierstocksfunktionsstörungen bilden häufig die Grundlage für die Entste Die bei vielen Züchtern übliche Vorgehensweise zur Festlegung des Decktermins beruht auf der Zählung der Läufigkeitstage, beginnend mit dem ersten sichtbaren Austritt von blutigem Läufigkeitssekret aus der Vulva. Bei ca. 70 bis 80 % der Hündinnen setzt die Läufi gkeitsblutung ca. 12 bis 15 Tage vor der Ovulation ein, sodass bei ihnen nach Bedeckung am 12. bis 15. Tag der Läufigkeit sehr gute Chancen für eine Trächtigkeit bestehen. Bei den restlichen 20 bis 30 % der Hündinnen führt diese Vorgehensweise jedoch nicht zum Erfolg, weil bei ihnen der äußerlich sichtbare Läufigkeitsbeginn in Relation zur Ovulation extrem abweicht. So kann die erste Läufigkeitsblutung in einem sehr variablen Zeitintervall vor der Ovulation ( 20 Tage bis 1 Tag) auftreten, wodurch die Bedeckung entsprechend lange bzw. kurz nach dem Läufi gkeitsbeginn erfolgen muss. Im Extremfall kann das Läufigkeitssekret vollständig fehlen (sog. stille Hitze), obwohl die Prozesse an den Eierstöcken ungestört ablaufen. Auch das Abbildung 1: Zeitliche Abfolge von Ovulation und Befruchtung und optimaler Bedeckungszeitraum bei der Hündin a) b) c) Abbildung 2: a) Vulva einer klinisch geschlechtsgesunden läufigen Hündin; b) schleimig-eitriger Scheidenausfluss bei einer Hündin mit klinisch manifester Gebärmutterentzündung; c) brauner, zäher Scheidenausfluss bei einer Hündin mit infektiösem Abort

24 Kynologie AKtUell hung einer entzündlichen Gebärmuttererkrankung (siehe unten). Eine Verkürzung des Zyklus [Intervall zwischen 2 Läufigkeiten, normal 6 bis 8 (bis 12) Monate] auf unter 5 Monate kann darauf beruhen, dass es in der Läufigkeit zur Rückbildung der Eierstocksfollikel gekommen und die Ovulation ausgeblieben ist. Infolgedessen fehlt die gesamte Gelbkörperphase, welche im normalen Zyklus der Läufigkeit unmittelbar folgt und etwa 2 Monate dauert. Abbildung 3: Massenhaft Entzündungszellen (Leukozyten) im Vaginalausstrich einer Hündin mit klinisch manifester Gebärmutterentzündung (Endometritis) Aufgrund des Ausbleibens der Ovulation ist die betroffene Hündin unfruchtbar. In anderen Fällen eines verkürzten Zyklus kann die Gelbkörperphase selbst gestört sein, sodass das für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Trächtigkeit unverzichtbare, von den Gelbkörpern bereitgestellte Hormon (Progesteron) nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Hieraus resultieren Störungen der Trächtigkeit in Form von Fruchtresorptionen und Aborten. Die bakteriologische Untersuchung von Genitalsekreten im Rahmen der tierärztlichen Betreuung von Zuchthündinnen und -rüden stellt eine weiterführende diagnostische Maßnahme dar. Dabei geht es darum, eine als Ursache für eine bereits bestehende, klinisch erkennbare Erkrankung des Geschlechtsapparates und/oder eine Störung der Fruchtbarkeit in Frage kommende bakterielle Infektion zu erfassen, um sie durch gezielte Behandlungsmaßnahmen bekämpfen zu können. Vorrangige Indikationen für die bakteriologische Untersuchung eines Scheidentupfers bei der Hündin sind: eine klinisch manifeste Entzündung der Scheide oder Gebärmutter (Vaginitis oder Endometritis) der Verdacht der subklinischen Vaginitis oder Endometritis Störungen einer bestehenden Trächtigkeit mit Fruchtresorption oder Abort Fortpflanzungsstörungen unklarer Ursache (z. B. mehrere erfolglose Zuchteinsätze, negativer Trächtigkeitsnachweis) Unter einer klinischen Manifestation sind u. a. das Vorhandensein von adspektorisch (visuell) (Abbildung 2 a, b, c) oder durch Ultraschalluntersuchung erkennbaren Krankheitssymptomen, von Entzündungszellen im Genitalsekret (z. B. bei der Hündin in der Scheidentupferprobe) (Abbildung 3) und spezifische, für eine Entzündung sprechende Abweichungen im Blutbild zu verstehen.

25 Bei der Zuchthündin spielt darüber hinaus die bakteriologische Untersuchung eines Scheidentupfers im Zusammenhang mit dem aktuellen Zuchteinsatz kurz vor oder im frühen Stadium der Läufigkeit eine Rolle. Bei der überwiegenden Mehrzahl dieser Tiere handelt es sich um klinisch gesunde Hündinnen, d. h. um Tiere mit normaler Zyklus und Läufi gkeitsdauer und Abbildung 4 a): Anzahl der Isolate pro Scheidentupferprobe Abbildung 4 b): Anteil negativer Scheidentupferproben im Zyklusverlauf von 22 Beaglehündinnen vor der ersten Läufigkeit (juvenil) und im Verlauf des ersten Zyklus (Proöstrus und Östrus = Läufigkeit; Lutealphase = Gelbkörperphase) (Spitz 1994)

26 Kynologie AKtUell sowie einer übermäßigen Anzahl an Entzündungszellen im Scheidenepithelausstrich zu erkennen (Abbildung 2 b und 4). Werden dann in einem Scheidenabstrich sog. bedingt pathogene Bakterien nachgewiesen, so muss eine Behandlung eingeleitet werden. Diese sollte stets systemisch, d. h. oral oder durch subkutane oder intramuskuläre Gabe erfolgen bei ausreichend hoher Dosierung und einer Behandlungsdauer von mindestens 7 bis zu 10 Tagen, um der Entwicklung von Resistenzen vorzubeugen. Diese Vorgehensweise besitzt auch in Fällen mit klinisch erkennbarer Vaginitis oder Endometritis sowie bei Trächtigkeitsstörungen Gültigkeit. Eine lokale Behandlung beschränkt sich aufgrund der anatomischen Verhältnisse des Genitaltraktes der Hündin immer auf die Scheide und ist insbesondere bei einer Gebärmutterentzündung als unzureichend zu bewerten. Abbildung 5: Prozentsatz an Sekretproben aus der Scheide (Vagina) und aus der Gebärmutter (Uterus) mit gering-, mittel- und hochgradigem Keimgeha Bei jedem Deckakt werden Bakterien von der Hündin auf den Rüden und umgekehrt vom Rüden auf die Hündin übertragen. Dies hat in der allergrößten Mehrzahl der Fälle für beide Paarungspartner keine negativen Auswirkungen auf die Genitalgesundheit und Fruchtbarkeit, da, wie bereits erwähnt, die normale Bakterienflora bei beiden Geschlechtern identisch ist. Allerdings muss bei sehr gefragten und infolgedessen frequent eingesetzten Deckrüden, denen relativ konstant mindestens eine Hündin pro Woche zur Bedeckung zugeführt wird, von einem relativ hohen Risiko der Infektionsübertragung für die Hündinnen ausgegangen werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, auch bei den Rüden zumindest in regelmäßigen Abständen eine bakteriologische Untersuchung durchzuführen, doch darf dies nicht zu einem unangemessenen Einsatz von Antibiotika führen. Vielmehr wäre bei diesen Rüden die Anwendung der bei den landwirtschaftlichen Nutztieren und beim Pferd seit Jahrzehnten mit durchschlagendem Erfolg eingesetzten instrumentellen Samenübertragung (sog. künstliche Besamung) zu erwägen. Auch beim Rüden stehen besondere Indikationen für den Bakteriennachweis (z. B. im Vorhautsekret oder Sperma) im Vordergrund: eine klinisch manifeste entzündliche Erkrankung der Geschlechtsorgane (Hoden, Nebenhoden, Prostata) der Verdacht der subklinischen Entzündung der Geschlechtsorgane Fortpflanzungsstörungen unklaren Ursprungs (z. B. zu kleine Würfe, Ausbleiben von Trächtigkeiten oder Würfen bei mehreren von dem betreffenden Rüden gedeckten Hündinnen). bakteriologisch untersuchen zu lassen und durch ein tierärztliches Attest bestätigen zu lassen, dass die Hündin sauber ist, erscheint insofern nicht gerechtfertigt, als im Geschlechtstrakt von gesunden, fruchtbaren Rüden dieselben Keime nachgewiesen werden wie bei der Hündin (Bjurström u. Linde Forsberg 1989, 1992). Eine Deckinfektion, d. h. eine zu einer infektös entzündlichen Genitalerkrankung führende Übertragung von Bakterien durch den Deckakt, ist bei der Hündin immer wenige Tage danach anhand eines schleimig eitrigen Ausflusses aus der Scheide Ein z. B. im Zusammenhang mit einer durch angemessene Untersuchungsverfahren diagnostizierten Prostataerkrankung oder herabgesetzten Fruchtbarkeit festgestellter bedingt pathogener Keimgehalt im Prostatasekret würde eine mindestens 4 wöchige systemische Behandlung mit einem nach Resistenzprüfung ausgewählten Antibiotikum erfordern, um einen ausreichend hohen und lang anhaltenden Wirkstoffspiegel in dem erkrankten Organ zu gewährleisten. Zusammenfassung Im Genitaltrakt von Zuchthündinnen und rüden ist eine Vielzahl an Bakterien zu fi n

27 den, deren Zusammensetzung bei klinisch gesunden, fruchtbaren Tieren und klinisch erkrankten Tieren mit gestörter Fruchtbarkeit grundsätzlich identisch ist. Eine bakterielle Besiedlung der Scheide ist somit bei gesunden Hündinnen als normal anzusehen. Bei einer Hündin ohne klinisch manifeste Symptome einer Erkrankung, die einmal oder wiederholt nicht tragend geworden ist, stehen im Rahmen des zuchthygienischen Managements die Ovulationsdiagnostik und Bestimmung des optimalen Bedeckungszeitpunktes im Vordergrund. Sie führen gewöhnlich ohne jegliche Behandlung zur Trächtigkeit. Dagegen kommt dem bakteriellen Keimgehalt als möglicher Ursache einer klinisch manifesten Genitalerkrankung (Vaginitis, Endometritis) oder Trächtigkeitsstörung eine wichtige Bedeutung zu. Ausschlaggebend für die Entscheidung, ob ein gefundener bakterieller Keimgehalt antibiotisch behandelt wird, muss daher immer der klinische Befund, also das Fehlen oder Vorhandensein von klinischen Symptomen einer Genitalerkrankung, sein. Diese Vorgehensweise hat auch beim Rüden Gültigkeit. Die prophylaktische Gabe eines Antibiotikums im Rahmen eines Zuchteinsatzes ist entschieden abzulehnen, da sie die natürliche genitale Bakterienflora aus dem Gleichgewicht bringt und die Resistenzentwicklung bedingt krank machender Bakterien gegen die verfügbaren antibakteriell wirksamen Medikamente bewirkt. Zitiertes Schrifttum Bjurström L, Linde-Forsberg C, 1989: The normal aerobic bacterial flora of the genital tract in fertile bitches and stud dogs. J Reprod Fertil, Suppl 39, 325. Bjurström L, Linde-Forsberg C, 1992: Longterm study of aerobic bacteria of the genital tract in breeding bitches. A, J Vet Res 53, 665-669. Görz M, 1996: Zum Vorkommen und zur Resistenzsituation bakterieller Infektionserreger beim Hund: Auswertung der in den Jahren 1991 bis 1994 im Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen erhobenen bakteriologischen Befunde. Hannover, Tierärztl Hochsch, Diss. Günzel-Apel AR, Lübke A, Rohde J, 1999: Vergleichende Untersuchung der vaginalen und uterinen Zytologie und Keimflora im Sexualzyklus und Puerperium von Beagle- Hündinnen. Tierärztl Prax 27, 112-119. Siesenop U, Günzel-Apel AR, Hackbarth HJ, Spitz G, Böhm KH, 1996: Die mikrobielle Vaginalflora bei Hündinnen einer Beaglegruppe, vor und im Verlauf des ersten Sexualzyklus. Kleintierpraxis 41, 449-455. Spitz G, 1994: Mikrobielle Scheidenbesiedlung bei Hündinnen vor und während des ersten Zyklus. Hannover, Tierärztl Hochsch, Diss.