Christian Kalis Diözesanlandvolkpfarrer KLJB- und KLB-Seelsorger im Diözesanverband Regensburg 16. Sonntag im Jahreskreis (B) 19. Juli 2015 50jähriges Gründungsjubiläum der KLB Ehenfeld 1. Lesung: Jer 23, 1-6 / Evangelium: Mk 6, 30-34 Wie geht es Ihnen denn, wenn es tagsüber so heiß ist und auch nachts nicht mehr abkühlt? Mir passiert s dann immer wieder, dass ich mich stundenlang von einer Seite auf die andere drehe und nicht einschlafen kann. Und langsam fange ich mich über mich selbst zu ärgern an. Da liege ich dann, eigentlich müde von all dem, was den Tag über war, hätte jetzt alle Zeit zum Schlafen und Ausruhen und schlafe doch nicht ein. Wohl wissend, dass ich am andern Morgen todmüde und gerädert aufwache und mich den ganzen Tag nach dem Ausruhen sehnen würde, stehe ich dann schon mal auf und setze mich an den Schreibtisch ich störe ja niemanden. Liebe Schwestern und Brüder, vermutlich lag es an der Hitze, dass ich auch diese Woche wieder nicht einschlafen konnte. Ich hoffe es zumindest. Denn sonst wäre die Sache schon mehr als besorgniserregend: Da hat man Zeit zum Ausruhen und kann nicht schlafen.
Wenn das von Dauer wäre, müsste man was dagegen tun. Wenn ich nämlich nicht mehr schlafen kann, wenn ich keine Ruhe mehr finde, dann macht mich das auf Dauer kaputt. Die wenigen Stunden der Nacht sind schließlich so wertvoll! Tagsüber findet man ja doch keine Ruhe. Tagsüber wird man aufgefressen, von all den Aktivitäten und wichtigen Aufgaben. Und je wichtiger die Dinge sind, die jemand zu tun hat, desto weniger Ruhe kann er oder sie sich leisten. Hinter den Verantwortlichen, die dieses Festwochenende vorbereitet haben, liegen vielleicht auch einige schlaflose Nächte! Kann man sich denn ruhig hinsetzen, wenn einem die Arbeit über den Kopf wächst? Wenn gar Menschen Schlange stehen, und Hilfe gebraucht wird? Und da muss man nicht gleich an so wichtige Berufe, wie den Arzt etwa, denken. Da reicht es schon, wenn einem ein zwei Kinder am Rockzipfel hängen. "Eine Mutter kann sich keine Freizeit leisten", hat mir eine solche vor einiger Zeit einmal gesagt. Wenn in einem landwirtschaftlichen Betrieb das Vieh unruhig wird, dann treibt s den Bauern um, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit das ist. Oder wenn Unwetter angekündigt werden, dann muss auf den Feldern noch gerettet werden, was zu retten ist!
Zwei Heilige möchte ich Ihnen stellvertretend vorstellen, die das konnten: Völlig abschalten. Einer war der der Patron der Katholischen Landvolkbewegung: der Heilige Bruder Klaus von der Fluee. 1467 das jüngste Kind war noch kein Jahr alt, der älteste Sohn Hans jedoch schon zwanzig, so dass dieser als Bauer die Familie ernähren konnte verließ Niklaus, ein durchaus angesehener und wohlhabender Ratsherr und Richter seiner Gemeinde mit dem Einverständnis seiner Frau die Familie, um Einsiedler zu werden. Er zog sich in die Ruhe der Ranftschlucht zurück. Von einem anderen, dem Apostel Johannes erzählt die Legende, dass er immer wieder da saß und einfach mit einem Rebhuhn spielte, das er geschenkt bekommen hatte. Der Apostel sitzt da und spielt. Und weiter wird erzählt, dass sich ein junger Jäger fürchterlich über diese Zeitverschwendung des Apostels aufregte. Johannes habe den jungen Mann daraufhin angeschaut und ihn gefragt, was er denn in Händen halte. "Pfeil und Bogen" antwortete ihm der junge Mann. "Und was machst du damit" fragte ihn Johannes daraufhin. "Vögel und Tiere schieße ich damit." antwortete jener. Und sogleich demonstrierte er dem Apostel wie er den Bogen
spannte und den Pfeil anlegt. Und dann entspannte er den Bogen wieder. "Aber warum hast du den Bogen jetzt entspannt?" fragte der Apostel. "Das ist doch klar", meinte der Jüngling, "wenn er zu lange gespannt gehalten würde, würde er zu schwach werden, um die Pfeile abzuschießen!" Der Bogen braucht Entspannung. - Nicht nur der Bogen. Keine Arbeit kann so wichtig sein, kein Tag so erfüllt, keine Aufgabe so bedeutend, dass es keine Zeit zur Erholung und keine Zeit der Entspannung mehr geben könnte. Solche Zeiten der Entspannung braucht jeder Mensch. Ruhephasen, Auszeiten und all die anderen Entspannungen, die müssen wir einplanen, die müssen wir freischaufeln, die muss man sich nehmen. Freizeit muss man gestalten, man muss sie füllen, so, dass sie gut tut, dass sie Entspannung bringt und mein eigenes Ich wieder stärkt, damit ich erneut ausstrahlen und meinen Aufgaben wieder neu nachkommen kann. Viele von Euch und Ihnen tun das gemeinsam mit und für die KLB. Selbst die Zeiten im Leben, die einem angeboten werden - der Sonntag, die Ferien, der Ruhestand -, die Zeiten, auf die man ein Recht hat und die turnusmäßig oder gar automatisch von selber eintreten, selbst diese Zeiten muss man gestalten, sonst
gleiten sie einem durch die Finger, so wie eine Nacht, in der man sich von einer Seite auf die andere wälzt, nicht schlafen kann und letztlich nichts - aber auch gar nichts - von dieser Zeit der Ruhe hat. Nichts - nichts Wichtiges und nichts Wertvolles - kann ich nämlich auf Dauer tun, wenn ich zwischendurch nicht auf mich selber achte, wenn ich die Zeiten der Zerstreuung nicht nutze und keine Erholung suche. Das möchte ich vor allen den Verantwortlichen sagen, die sich hier in Ehenfeld ehrenamtlich engagieren: Wenn ich nicht mehr in der Lage bin, neben all meiner Umtriebigkeit, all meinem Tun und all meinem täglichen Angespannt-Sein, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, darüber hinaus einfach zu genießen, ich darf mich nicht wundern, wenn ich selbst dann auf die Dauer ungenießbar werde, wenn mir die Luft ausgeht und mir die Spannkraft fehlt. Amen.