Wochenspruch Lk 12,35: Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen

Ähnliche Dokumente
Predigt am Ewigkeitssonntag,

Predigt für das Ende des Kirchenjahres (Ewigkeitssonntag)

18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude,

Predigt über Jesaja 65, zum Ewigkeitssonntag

Evangelische Kirchengemeinde Allmersbach im Tal Gottesdienst am Ewigkeitssonntag Jes 65,17-25 (Vikar Guillet)

Predigt über Jesaja 65, von Claudia Trauthig

Der verheißene Himmel Jes 65, Predigt am 16. September 2012

Predigt beim Jahresgottesdienst der Seelsorgestiftung in Bad Berneck am

Predigt zu Jesaja 65, / Ewigkeitssonntag / / Stephanus-Kirche Borchen

Predigt am Ewigkeitssonntag, den 22. November 2009 in der Kreuzkirche in Reutlingen

28. Sonntag im Jahreskreis Lj A 15. Oktober 2017 Kirchweih Lektionar I/A, : Jes 56,1.6 7 Hebr 12, Lk 19,1-10

Vorlage für die Verabschiedung eines Menschen, dem unsere Christlichen Rituale nicht ohne weiteres vertraut sind.

Christustag Weingarten 2009, Jesus heilt die ganze Welt (Jesaja 65,17-25)

Predigtzettel Totensonntag - Ewigkeitssonntag 2012 Hugsweier und Langenwinkel

Als meine Tochter sehr klein war, hatte ich ein ganz interessantes Erlebnis mit ihr.

Predigt über Johannes 11, am in Altdorf (Pfr. Bernd Rexer)

Lichterandacht. Lied: Gl. 505, 1-3 Wir sind nur Gast auf Erden

Gottesdienst für April 2016 Der reiche Fischfang

Predigt (Jes 65,17-25): Kanzelgruß: Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

Der gesamte Predigttext Jes 65,17-25 wird als Schriftlesung verlesen.

Jesaja 43, 1 7 Liebe Gemeinde, da haben wir eben aus dem Mund des Propheten Jesaja das wunderbare verheißungsvolle Wort Gottes gehört: Fürchte dich

Gottesdienst für Januar 2012 (als Wortgottesdienst oder Hl. Messe) TAUFE DES HERRN oder Tauferneuerung (dann sind einige Änderungen notwendig)

Ach, berge meine Tränen.

Predigt zu Offenbarung 21, 1-5 Ewigkeitssonntag

Lernbegleiter im Konfirmandenkurs

Weihnachten Jahresschluss Lj A 31. Dezember 2016 Lektionar I/A, 42: Num 6,22 27 Gal 4,4 7 Lk 2,16 21

1. Sonntag der Fastenzeit C 14. Februar 2016

Predigttext (bereits als Lesung gehört) Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

FORM V: TRAUERGOTTESDIENST OHNE BESTATTUNG ÜBERSICHT

Gottesdienst am Ewigkeitssonntag, Text Unvermitteltes Nebeneinander

Predigt am Text: Offenbarung 21,1-7

Trauergebet - Fürbitten. Fürbitten

Gottesdienst im Advent Dezember 2017

Wenn Soldaten einen sehr riskanten Auftrag ausführen sollen, der sie auch das Leben kosten kann, dann nennt man das ein Himmelfahrtskommando.

Geschenke zu Pfingsten Predigt zu 1 Kor 2,12-16 (Pfingsten 2018)

Advent Advent feiern heißt warten können. Warten kann nicht jeder: nicht der gesättigte, zufriedene und nicht der respektlose. Warten können nur Mensc

Gnade sei mit Euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen. Predigttext (bereits als Lesung gehört)

Bilder stellen sich mir vor Augen, die zu meinen Bildern werden:

Spuren. Hinkend in die Morgenröte ziehen

Predigt Stiftskirche Stuttgart Ewigkeitssonntag 2016 Offenbarung 21, November 2016 Stiftspfarrer Matthias Vosseler

Ewigkeitssonntag 2017 Joh 6, Orgelvorspiel. Lied: 152, 1-3. Psalm 126. Eingangsliturgie. Gebet

Predigt Jes 65, Neukölln, Kreuzberg Thema: Alles gut - Die Sehnsucht nach einem neuen Himmel und einer neuen Erde Thomas Steinbacher

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott!

EV.-LUTH. NEUSTÄDTER MARIEN-KIRCHENGEMEINDE BIELEFELD

Baum- Zeichen der Hoffnung

Ihnen allen gemeinsam ist die Trauer, die sie erfüllt hat und jetzt noch in Ihnen ist. Niemand nimmt gerne Abschied von einem lieben Menschen.

Ewigkeitssonntag 2007 Predigt über Offenbarung 21, 1-7

3. Ostersonntag im LJ B 19. April 2015 Lesejahr B - Lektionar II/B, 196: Apg 3,12a ; 2. L 1 Joh 2,1 5a; Ev Lk 24,35 48

Reinhard A Röhrner. Gloria * Tagesgebet [MB 70] licentiatus philosophiae et theologiae Seite 1/8

23. Sonntag im Jahreskreis - LJ B 6. September 2015 Lektionar II/B, 337: Jes 35,4 7a; Jak 2,1 5; Mk 7,31 37

Was ist da geschehen? Woher kommt das Brot? Wie soll man das verstehen?

V: In der Trostlosigkeit des Todes, A: Herr, zeig uns den Weg! V: In der Verzweiflung über den Verlust von N.N., A: Herr, zeig uns den Weg!

Wortgottesdienst für Dezember 2012 Advent

TEXTE OSTERBLASEN 2015

qçíéåï~åüé= Mit Meditationen Zum Symbol Rose Liturgiebörse der Diözese Feldkirch

ARBEITSHILFE FUR DEN TAG DES GOTT GEWEIHTEN LEBENS 2015

3. Sonntag im Advent 14. Dezember 2014 Gaudete - Lesejahr B - Lektionar II/B, 14: Jes 61,1 2a.10 11; 1 Thess 5,16 24; Joh 1,6 8.

Pfarrer: Im Namen unseres Herrn Jesus Christus versammelt, wenden wir uns voll Vertrauen an Gott, unseren Vater.

Predigt am (Goldene Konfirmation)

21. Sonntag im Jahreskreis - LJ C 25. August 2013

Predigt Matthäus 5,8 Glückselig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen (Zeichnung von Vivien)

Die Gnade. Und das Ziel ist eure Konfirmation am 8. April 2018.

In unserem Predigttext geht es um so jemand Verrückten. An ihm möchte ich gerne ein paar Grundsätze zum Thema Glauben erklären.

)Hl. Franz von Assisi) Allgemeines Friedensgebet

Beichte Orgelvorspiel. Begrüßung

Predigt über Offenbarung 21, 1-7 am in Altdorf (Pfr. Bernd Rexer)

2. Sonntag im Advent - Lj A 4. Dezember 2016 Populus Sion Lektionar I/A, 10: Jes 11,1 10 Röm 15,4 9 Mt 3,1 12

Taufe des Herrn Lj C 13. Januar 2019 Lektionar III/C, 54: Jes 42,5a oder Jes 40, Apg 10,34 38 oder Tit 2,11 14; 3,4 7 Lk 3,15 16.

Gottesdienst im Januar 2018 Taufe Jesu (7.1.)

Download. Schritte der Hoffnung auf dem Weg nach Emmaus. Schulgottesdienst zu Ostern. Claudia Schäble. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

BETEN UND VERTRAUEN GMG 09-01

Wortgottesdienst Entwurf für Oktober 2014

TAG DER AUFERSTEHUNG DES HERRN/ OSTERSONNTAG, JAHRGANG C (RESUURECTION OF OUR LORD/ EASTER DAY)

Familiengottesdienst zum Dreifaltigkeitssonntag am 05. Juni 2004

2. Sonntag im Jahreskreis Lj B 14. Januar 2018 Lektionar II/B, 257: Sam 3,3b Kor 6,13c 15a Joh 1,35 42

3. Sonntag im Jahreskreis Lj A 22. Januar 2017 Lektionar I/A, 240: Jes 8,23b 9,3 1 Kor 1, Mt 4,12 23 oder 4,12 17

Gottesdienst (April) Ostern - Emmaus Ostermontag - Lesejahr B

Wort-Gottes-Feier auf der Geronto-Psychiatrischen Station in einem Seniorenstift Überblick

Wir Ernten was wir sähen. Gutes Essen

Versöhnung - die Liebe Christi drängt uns (vgl. 2 Korinther 5,14)

Predigt ü ber Jesaja 65, Vergangenheit ünd Zükünft in der Gegenwart

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Predigt Invokavit 2019 Hebr 4,14-16

Gebete für das Kirchenjahr, aus: Leicht gesagt! (Gidion/Arnold/Martinsen)

Lukas 24,13-35 / bes. V. 29 Familiengottesdienst mit KTH 27. April.2008 Unterwegs mit den Emmausjüngern St.Markus 1

Beisetzung, wenn eine Trauerfeier vorher stattgefunden hat

5. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A 9. Februar 2014

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde!

GEBET FÜR DIE PFARRGEMEINDE. auf der Klausurtagung der Pfarrgemeinderäte am 29. Januar 2011 auf dem Kerbschen Berg

Du bist ein Mensch und hast viele Fragen.

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herren Jesus Christus.

Anfang und Ende: Alpha und Omega

Lesung: Röm 10,9-17 (=Predigttext)

4. Sonntag im Jahreskreis C Jesus in Nazareth 2. Teil. an den beiden vergangenen Sonntag hörten wir davon, wie Jesus erstmalig öffentlich

Klagegebet. Gott, mein Gott, warum hast du uns verlassen?

GEBETE. von Soli Carrissa TEIL 4

Predigt zum des drittletzten Sonntag im Kirchenjahr zum Evangelium (Lk. 17,20-24) das Reich Gottes ist mitten unter euch.

Montag, 26. Mai Vesper

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden Halleluja (Halleluja).

Transkript:

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 1 Begrüßung Wir feiern zusammen Gottesdienst am letzten Sonntag im Kirchenjahr. Ich begrüße Sie, besonders diejenigen, die in diesem Kirchenjahr Abschied von einem Angehörigen nehmen mussten. Totensonntag - Wir denken an diejenigen, die von uns gegangen sind, deren Namen wir nennen werden, für die wir eine Kerze anzünden, und an die anderen, die schon länger tot sind. Wir denken auch an unsere eigene Begrenzung. Ewigkeitssonntag - wir sprechen und singen von unserer Hoffnung, die über den Tod hinausgeht, die Gott zutraut, dass seine Liebe zu uns ohne Ende ist. Wochenspruch Lk 12,35: Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 2 17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. 18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, 19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. 20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. 21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. 22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. 23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. 24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. 25 Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR. Liebe Gemeinde, Was für einen Text haben wir an diesem Sonntagmorgen geschenkt bekommen. Ein alttestamentlicher Verheißungstext voll schöner, hoffnungsvoller Bilder, die Mut machen wollen zum Leben. Worte, die sich gegen die Verzweiflung und Gleichgültigkeit aufrichten, die uns sonst immer einreden will: Es ist alles umsonst, es ist alles vergänglich, es ist alles tot. Nein! ruft Jesaja: Kein Aufwand war umsonst. Keine Mühen waren vergebens. Keine Begegnung unbedeutend. Keine Hilfe vergeblich. Und der Tod bleibt nicht das letzte Wort, das gesprochen wurde.

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 3 Das freilich ist erst neutestamentliches Gedanken- und Glaubensgut. Der christliche Glaube, der erst durch den Auferstandenen möglich wurde, durch den dem Tod sein Anspruch auf letzte Endgültigkeit genommen wurde. Bei Jesaja ist aber schon in Ansetzen zu erkennen, was später in Erfüllung ging: Jerusalem sollte wieder die Stadt werden, wo Kinder auf den Straßen spielen und Alte Menschen auf ein langes Leben zurückblicken können. Gott will es so: ein neuer Himmel, eine neue Erde, ein fröhliches Jerusalem. Das ist aber nicht das Jerusalem unserer Tage, werden Sie vielleicht denken. Von dort hört man wenig Erfreuliches. Man ist dort kaum des Lebens sicher. Die Sprache, die dort derzeit gesprochen wird, kennt vor allem die Worte Hass und Vergeltung. Ist mit diesem traurigen Hintergrund dieser schöne Text überflüssig und außer Kraft gesetzt? Um diese Frage beantworten zu können, fangen wir am besten erst einmal mit dem Jerusalem Jesajas an. Vor 2.500 Jahren war das Volk Israel aus der babylonischen Verschleppung befreit worden und konnte endlich heimkehren. Überglücklich, ja euphorisch hatte man sich die Rückkehr ins gelobte Land in den schönsten Farben der Phantasie vorgestellt. Alles sollte anders, neu, besser werden. Doch in Jerusalem erwartete sie ein zerstörter Tempel, die Häuser waren meist verfallen, das Land verwahrlost. Schmerzlich entdeckte man, dass die überschwänglichen Träume nicht so einfach in Erfüllung gehen würden. Hunger und Not, Krankheit und Verzweiflung bestimmten den Alltag. Mit einer solch verheerenden Niederlage ihrer Hoffnungen hatten sie nicht gerechnet. Ohnmacht und tiefe Depression lagen über dem gelobten Land wie eine tödliche Bedrohung. Man schien bereit, aufzugeben und vom Leben Abschied zu nehmen. Wozu Häuser bauen, wenn Feinde sie wieder zerstören können? Warum Weinreben pflanzen, wenn die Ernte verloren geht? Wozu Kinder zeugen und gebären, wenn es für sie keine Zukunft gibt? In solchen Fragen verbirgt sich eine tiefer Verlust an Vertrauen, dass das Leben doch gelingen, zur Ganzheit finden und sich auch in Zukunft entfalten kann. Der Prophet weiß, wie sehr wir Menschen unter dem Fragmentarischen, dem Bruchstückhaften unseres Lebens leiden. Abbruch, Misslingen und Zerstörung bedrohen uns in allen Schattierungen.

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 4 Doch Jesaja weiß auch, dass wir eine Vision von Ganzheit dringend benötigen, um das Unvollendete im Leben annehmen und bewältigen zu können. Inmitten dieses Nachsinnens hat Jesaja dann - ich denke in einem Traum, wie damals Jakob, der von einer Himmelsleiter träumte - die visionäre Stimme Gottes vernommen. Mit der Weitergabe dieser göttlichen Botschaft will Jesaja den Verzweifelten helfen, zurückhelfen auf den Weg ins Leben. Er weiß: Erst die Vision des Ganzen macht Mut, am Fragment zu arbeiten. Erst die Vision Gottes von einem neuen Himmel und einer neuen Erde gibt uns die Kraft, Rückschläge zu verkraften. Damals lag Jerusalem in Trümmern. Insofern war es noch schlimmer dran als das heutige Jerusalem. Auch wenn alles Äußere dagegen spricht: Jesajas Verheißung gilt bis heute. Auch wenn es kaum vorstellbar ist, aber wenn Wolf und Schaf, Löwe und Rind, Palästinenser und Juden friedlich miteinander in dem Land wohnten, wäre das nicht ein großer Segen für die Welt? Hier möchte ich noch einmal genau auf den Text hören: Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude... Wer spricht denn da? Gott, der Herr. Er wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Eine Welt, die neu ist, keine veränderte Welt. Eine Welt, in der man nicht mehr des Vergangenen gedenken und nachtrauern muss. Das meint doch auch, dass hier nicht Altes wieder hervorgeholt und nur neu organisiert wird. Sozusagen das Alte unter neuem Namen. Nein: Gott will wirklich alles Neu schaffen. Das ist die frohe Botschaft, die in diesem Text steckt. Dass wir vom dauernden Blick zurück befreit werden. Solche Freiheit, solche Freude will er schenken. Wir wissen, dass das Alte, das Vergangene uns so sehr belasten kann, dass wir kaum noch Luft zum Atmen bekommen. Die Methode der Psychologie fußt gerade auf dieser Erkenntnis, dass unsere

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 5 Lebenssicht und unser Lebensverhalten aus der Vergangenheit vorbestimmt ist: Was ich als Kind gelernt habe, um mich zu schützen, um mich mit der Umwelt auseinanderzusetzen und anzupassen, das prägt mein Verhalten lebenslang. Wer darunter leidet kommt ohne Hilfe nicht raus. Darum blickt der Psychologe zurück und betreibt Ursachenforschung, um zu helfen. Im Predigttext passiert genau das Gegenteil: Der Blick zurück entfällt. Man braucht nicht mehr Ursachenforschung betreiben und sich das, was man erlebt und vor allem falsch angelernt oder versäumt hat, zu Herzen zu nehmen. Ein es ist alles umsonst wird es nicht mehr geben. Weil etwas Wunderbares vor uns liegt. Ein wenig hilft uns aber auch hier der Blick zurück, um uns das in Ansätzen vorstellen zu können, was von Gott her auf uns alle zukommt. Denn im Rückblick haben wir nicht nur schlechte Erinnerungen, sondern auch schöne: an besondere Tage, unwiederholbare Stimmungen, wunderbare Gefühle, tolle Erlebnisse. Aber all das kann die Freude, die in diesem neuen Himmel sein wird, nicht ausdrücken. Es wird noch schöner sein. Deshalb brauchen wir auch den schönen Erlebnissen nicht nachtrauern. Gerade auch dann nicht, wenn sie unwiederholbar sind, weil sie mit Menschen und Zeiten verbunden sind, die hier unwiederbringlich vorbei sind. Es ist nichts umsonst. Nicht umsonst gelebt. Nicht umsonst gefreut. Nicht umsonst gelitten. Es wird nur schöner werden. Das ist die Botschaft heute an diesem Toten- und Ewigkeitssonntag. Zugleich heißt dieser Tag aber auch Totensonntag, weil wir der Toten dieses Kirchenjahres gedenken. Dabei werfen wir den Blick zurück auf traurige Tage in diesem Jahr. Tage, die das Herz eng schnüren und die Augen feucht werden lassen. Es kommen in unsere Gottesdienste heute Menschen, die im vergangenen Jahr einen lieben Angehörigen oder Freund verloren haben.

Ewigkeitssonntag 25. November 2012 Markusgemeinde Backnang Koschel Jes 65,17-25 6 Der Tod eines Angehörigen hat in den Familien, an den Arbeitsplätzen und bei den Freunden ein großes Loch hinterlassen - eine Leere, die in dieser Stunde noch einmal besonders deutlich zu spüren ist. Das sind Wunden, die nur ganz langsam verheilen wollen. Erinnerungen werden wieder lebendig und mit ihnen auch die Trauer und die Verzweiflung über den Verlust eines geliebten und geschätzten Menschen. Der Totensonntag erinnert uns an Trauer, Vereinsamung und schwere Enttäuschungen - an Situationen, in denen wir vor den Trümmern unseres bisherigen Lebens gestanden haben, an Rückschläge, von denen wir uns vielleicht bis heute nur schwer erholt haben. Hier, in unserem Gottesdienst, muss sich niemand seiner Traurigkeit und seiner Tränen schämen. Hier ist Raum, im Angesicht Gottes, zu fragen, wie ich neue Hoffnung finden kann, trotz schwerer Rückschläge und erlittener Enttäuschungen. Hier ist die Zeit, auch auf eine andere Stimme zu hören - auf die Stimme Gottes, die sagt: "Es ist nicht alles umsonst, was du erlebt und erlitten hast! Du hast eine Zukunft vor dir." Liebe Gemeinde, Totensonntag und Ewigkeitssonntag sind die beiden Bezeichnungen dieses einen Tages. Wir denken deshalb heute an unsere Verstorbenen, denen wir nachher fürbittend gedenken wollen. Zugleich hören wir Gedanken über die Ewigkeit, die uns direkt ansprechen, die wir hier noch leben dürfen. So soll unser Lebensweg weitergehen: Wenn wir die Dinge dieser Welt zu nehmen lernen als das, was sie sind: Vorläufig und keinesfalls wert, dass wir unser Herz dranhängen. Es ist nicht alles umsonst. Auch wenn alles Leben dem Auge nach vergänglich ist. Wir dürfen heute wissen - und als Christen steht uns der auferstandene Herr dafür ein - dass ein neuer Himmel und eine neue Erde auf uns warten. Wer Gott das abnimmt, wer seine Hände für das Geschenk dieser Zukunft öffnet, der kann die Dinge und Gegebenheiten dieser Welt loslassen. Wer Gott das glaubt, für den ist nichts umsonst, was wir tun und erleben. Und von Tränen, die wir weinen, wird vor Gott keine umsonst geweint sein. Denn die hoffnungsvolle Freude kommt aus dem, was Gott neu schaffen wird. Amen