L.L.P. / E R F A H R U N G S B E R I C H T (ausformulierte

Name: Olivia Laura Hübscher Universität: UWM Olsztyn Land: Polen Zeitraum: WS 2007/08 Programm: Erasmus FB 08 Fächer: Geschichte ( * diese Angaben sind freiwillig! ) Datum: 24. April 2008 L.L.P. / E R F A H R U N G S B E R I C H T (ausformulierte Version) Die Stadt und die Anfahrt Die Universität Olsztyn gibt es in ihrer heutigen Form erst seit 1999. Vorher gab es dort 2 Fachhochschulen, in denen man unter anderem Landwirtschaft studieren konnte. Olsztyn liegt im Ermland, nicht wie fälschlicherweise angenommen wird, in den Mazuren. Allerdings studieren dort sehr viele Studenten aus dem Ermland, den Masuren, sowie aus den angrenzenden Wojwodschaften (Bundesländer). Olsztyn hat etwa 160.000 Einwohner. Die Innenstadt ist recht klein, doch die Burg Allenstein befindet sich nicht weit entfernt am Marktplatz, ebenso wie das Museum. Die Fahrt nach Olsztyn ist mit dem Bus anstrengend, da die Fahrt fast 20 Stunden dauert. Es ist aber die beste Variante neben Flugzeug und Bahn. Am einfachsten ist es natürlich mit dem Auto dorthin zukommen, da man auch einiges an Gepäck mitnehmen muss, vor allem wenn man im Winter nach Olsztyn fährt wo es oft sehr kalt sein kann. Mit dem Flugzeug ist die Strecke auch nicht wirklich kürzer, weil man erstmal nach Frankfurt Hahn fahren muss und dann vom Flusshafen Warschau aus noch mal etwa 5 Stunden bis Olsztyn. Es gibt zwar Direktverbindungen, jedoch meistens nur drei Mal täglich. Da ich an dem EILC-Sprachkurs teilgenommen habe, war ich die ersten 4 Wochen erstmal in Lublin, ganz im Osten Polens. 1

Da ich zu spät erfahren habe, dass man den Sprachkurs im Wintersemester mitmachen kann, auch wenn man das Auslandssemester im Sommer macht, bin ich nur im ersten Halbjahr dortgewesen. Nach Lublin bin ich mit dem Zug hingefahren, weil es mit dem Bus zu lange dauert und es eine Direktverbindung mit der Bahn von Berlin nach Lublin Richtung Kiew gibt. Von Lublin aus gibt es Direktverbindungen mit dem Bus nach Olsztyn von ca. 8 Stunden Fahrt. Da ich erst im Oktober angekommen bin, habe ich an den Einführungsveranstaltungen in Olsztyn nicht teilnehmen können. In der ersten Zeit ist ein Mentor aus dem eigenen Fachbereich für einen zuständig. Mein Mentor, der mich vom Bahnhof abgeholt hat, war leider nicht sehr hilfreich. So habe ich zu spät erfahren, dass man ein extra Ticket für das Gepäck im Bus kaufen muss. Mit der Studentenkarte kostet ein Ticket 1,05 Zloty, der Normalpreis beträgt das Doppelte. Wenn man ein Ticket vergessen hat zu kaufen, kostet es ungefähr 60 Zloty. Ich kann jedem empfehlen, die Zehnerkarte zu kaufen, da dann jedes Ticket statt 1,05 Zloty nur 0,95 Zloty kostet. Normalerweise ist es so, dass der Koordinator einen Platz im Wohnheim organisiert und ein Mentor aus demselben Fachbereich den Erasmusstudenten alles zeigt. In meinem Fall gab es ein Problem mit der Reservierung eines Zimmers, weshalb ich die ersten 2 Nächte immer wieder in verschiedenen Zimmern gewohnt habe. Mein Mentor, der noch nie im Studentenwohnheim gewohnt hat wusste somit auch nicht, wie man alles regelt. Die Studentenwohnheime im Olsztyn haben in der Regel Mehrbettzimmer, meistens wohnen zwei oder drei Studenten zusammen in einem etwa 15-20 qm² Zimmer. Die Dreierzimmer kosten pro Person etwa 260 Zloty (ca. 70 Euro) und die Zweierzimmer 315 Zloty (etwa 85 Euro). Einige Erasmusstudenten bekommen Einzelzimmer, jedoch kann ich jedem empfehlen, in ein Zweierzimmer zu ziehen. Man lernt die Sprache viel schneller wenn man mit jemandem zusammenwohnt, der Polnisch spricht und man hat auch gleich jemandem, der einem etwas über die Uni erzählen kann. Ich war zuerst in einem Dreierzimmer, aber es hat mir dort nicht gefallen. Die zwei Polinnen, die dort gewohnt haben waren erst im ersten Semester und somit genauso unerfahren wie 2

man selber. Es ist von Vorteil, mit jemandem zusammen zuwohnen, der die Stadt und die Universität schon ein bisschen kennt und einem auch etwas erklären kann. In den ersten drei Tagen kann man problemlos noch das Zimmer wechseln, danach wird es schwieriger noch etwas zu finden. Ich selber habe im Studentenwohnheim Nummer 10 gewohnt, was sehr schön direkt am See liegt und der Supermarkt gleich nebenan ist. Sehr angenehm ist, dass die Zweierzimmer dort ein eigenes Bad haben, das sich dann nur zwei Leute teilen, aber es gibt eine Küche für den ganzen Flur. In manchen anderen Wohnheimen muss sich der ganze Flur zwei Bäder teilen. Das Studentenwohnheim 10 ist sehr ruhig, da es eines der wenigen ist, in dem es keinen Club oder Disco im Keller gibt. Es gibt in jedem Wohnheim Internetzugang, in manchen auch einen eigenen Fernseher im Zimmer, einen Kühlschrank, Möbel und Bettwäsche wird auch zu Verfügung gestellt, man braucht also seine eigene Bettwäsche nicht mitzunehmen. Außerdem gibt es einen Waschraum und einen Lernraum. Besucher können im Zimmer übernachten für 20 Zloty pro Nacht. Die anderen Erasmusstudenten aus Italien, Spanien und der Türkei waren in den anderen Wohnheimen untergebracht. Das ganze Universitätsgelände mit dem Namen Kortowo ist aufgeteilt in drei Gebiete. Ich selbst habe in Kortowo eins gewohnt. Leider hatte ich nicht sehr viel Kontakt zu anderen Geisteswissenschaftlern, da die meisten in Kortowo zwei untergebracht sind. Die Polen vom ESN -Programm in Olsztyn sind sehr nett und haben viel für uns organisiert. Es gab allerdings am Anfang einige organisatorische Probleme für einige von uns, da in diesem Jahr die neue elektronische Studentenkarte eingeführt wurde und man diese nur bekommt wenn die Mitarbeiter alle Daten haben. Das war bei den Erasmusstudenten leider nicht der Fall, somit mussten wir einige Wochen auf die Legatimacja warten. Mit dieser Karte bekommt man bei vielen Dingen 10% Ermäßigung, beispielsweise bei Zugfahrten, Theater und Museen. Die Universität Olsztyn ist noch sehr jung und in manchen Fachbereichen haben die Mitarbeiter noch nicht so viel Erfahrung mit Erasmusstudenten. Ich kann daher jedem raten, sich um alles selbst zu kümmern und bei Problemen zu den Mitarbeitern vom ESN zu gehen oder sich im Sekretariat des Fachbereichs zu erkundigen. 3

In den anderen Fachbereichen läuft alles viel problemloser ab, weil sie eben schon mehr Erfahrung mit Erasmusstudenten haben. Es gibt viele Erneuerungen seit diesem Jahr und neue Pläne die vom Dekanat der Landwirtschaft angefertigt wurden. Die Universität und die Vorlesungen Den Stundenplan stellt man in der Regel erst vor Ort zusammen, da er in der Regel erst Anfang Oktober im Internet steht. Wenn man nicht weiß, wie man den Plan zusammenstellt, sollte man am besten die polnischen Studenten fragen oder im Sekretariat. Man muss für ein Halbjahr dreißig ECTS Punkte sammeln, muss jedoch nicht in jedem Fach eine Prüfung ablegen. Ich habe zwei mündliche Prüfungen gehabt und habe eine Hausarbeit geschrieben, die ich am Ende des Semesters abgeben musste. Das Problem in diesem Fachbereich ist, dass die Professoren alle kaum englisch sprechen und einen leider auch nicht die Möglichkeiten geben, Extraarbeiten zu leisten. In anderen Fachbereichen kann man beispielsweise Referate auf Englisch halten und bekommt die Notizen von den Professoren auf Englisch. Dies ist in der Geschichte leider nicht der Fall. Ich hatte das Glück, dass zwei Professoren einschließlich meinem Koordinatoren deutsch sprachen und ich somit die Prüfungen bei ihnen machen konnte. In einigen Fachbereichen sollte man darauf achten, im Anzug zur Prüfung zu erscheinen. Manche sind etwas förmlicher, manche nicht. Auf jeden Fall ist es gut, entsprechende Kleidung für alle Fälle dabeizuhaben. Leben in Olsztyn Olsztyn ist eine verhältnismäßig teure Stadt in Polen. Da ich vorher in Lublin war, fiel mir gleich auf, dass Lebensmittel und Miete um einiges teuerer ist. In den östlichen Regionen Polens ist alles etwas günstiger. Die Studenten haben allgemein nicht so viel Geld zur Verfügung, daher kaufen sich die meisten Bier usw. im Supermarkt und machen dann Partys im Wohnheim oder gehen danach in die Studentenclubs in Kortowo. Sehr selten gehen die Studenten zum feiern in die Innenstadt, da es in Kortowo genug Clubs gibt. 4

Im Wohnheim und auf den Partys kommt man leicht mit den Polen in Kontakt, da sie im allgemeinen auch sehr offen sind und man schnell Freundschaften schließen kann. Da das ganze Studentenleben in diesem Viertel stattfindet, kennt man sich auch sehr schnell gut aus, dafür gibt es außerhalb von Kortowo kaum interessante Events und Partys außer in den Wohnheimen außerhalb von Kortowo (beispielsweise in Grawitacja). In Polen gibt es viele Konzerte von Reggae und Skabands, wobei man aber immer darauf gefasst sein sollte, dass es technische Störungen gibt. Ich habe selbst sowohl in Olsztyn als auch in Lublin Stromausfälle in der Disco erlebt und es kann dann auch sein, dass Konzerte verschoben werden. Man sollte sich also nicht auf Events festlegen, sondern man kann die Wochenenden auch nutzen um günstig in andere Städte zu fahren. In Warschau und Krakau gibt es günstige und gute Hostels für etwa 30 Zloty (8 Euro) pro Nacht, auch Torun und Danzig sind sehenswert. Die meisten Museen rund um Olsztyn (z.b. Grunwald) haben leider nur im Sommer geöffnet. Ich kann jedem empfehlen, mit dem Zug zu fahren. Es ist nicht so gefährlich, wie oft behauptet wird und angenehmer, als mit dem Bus zu fahren. Nur nachts sollte man lieber zu zweit oder dritt fahren. Wenn man mit den Bussen in eine andere Stadt fährt, gibt es auch oft keine Studentenermäßigung. In Polen darf man (außer in Kortowo) in der Öffentlichkeit keinen Alkohol trinken. Wenn man erwischt wird, muss man etwa 100 Zloty zahlen. Den gleichen Preis muss man zahlen wenn man bei rot über die Strasse läuft. In Olsztyn gibt es einige Pierogarnias (dort gibt es Maultaschen aller Art) bzw. Bar Mleczny, in denen man polnischen Essen sehr günstig bekommen kann. Ansonsten wird sehr oft im Wohnheim gekocht, die polnischen Studenten essen eher selten auswärts außer Döner, den ich nicht weiterempfehlen kann. In den Restaurants kann man auch sehr gut für wenig Geld essen gehen und allgemein ist das Leben in Polen sehr günstig. Das reizvolle an Olsztyn ist die schöne Umgebung. Auch im Winter ist es dank dem vielen Schnee sehr schön, um den See zu wandern oder einige Ausflüge zu machen. Allein rund um Olsztyn gibt es mehr als fünf Seen. 5

In Olsztyn ist es nicht ganz so kalt im Winter, wie erwartet. Meistens schwankte die Temperatur zwischen 5 und -2 Grad, nur selten war es mal -8 Grad. Dafür fällt in Olsztyn recht viel Schnee, was den Winter um einiges schöner macht. Resümee Insgesamt hat mir mein Auslandsaufenthalt gut gefallen, wobei ich erst sehr spät an den Veranstaltungen teilnehmen konnte aufgrund der organisatorischen Schwierigkeiten. Wegen Krankheit musste ich auch noch zwei Wochen zu Hause bleiben, wodurch sich noch mal alles verzögerte. Aber da sich die Leute immer mehr engagieren für die Erasmusstudenten, wird auch das mit der Zeit immer besser klappen. In Polen wird allgemein viel für europäische Länder beworben. Die Polen lernen vermehrt englisch und deutsch und an jeder Straßenecke kriegt man von Polnischen Studenten Flyer für Deutschkurse in die Hand gedrückt. Europa wird immer näher für die polnischen Erasmusstudenten, wobei es für viele immer noch schwierig ist, einen Job nach dem Studium zu bekommen. Viele wandern vermehrt nach England aus, da die Arbeitsbedingungen für die Polen dort angeblich am besten sind. Für ein Auslandssemester reicht meistens das Geld nicht. Die Polnischen Studenten finden oft Zusammenhalt in der Kirche. Auch in Kortowo gehen die meisten fast jeden Sonntag hin. Oft spielt da mehr die Tradition als der Aspekt des Glaubens eine Rolle, was für Ausländer oft befremdlich wirkt. Viele Studenten sagen, dass sie wahrscheinlich nicht unbedingt glauben, sondern vielmehr glauben wollen. Nicht nur im religiösem Sinn, sondern auch Zukunftsorientiert. Das gemeinsame Ziel haben die Polen noch nicht. Durch die Wahl im letzten Jahr rücken nun der Euro, sowieso Studiengebühren immer näher. Dennoch wirken die polnischen Studenten entschlossen und geben nicht auf, sondern führen das zu Ende was sie angefangen haben, auch wenn den meisten ihr Studium nicht unbedingt gefällt. Polen ist auf jeden Fall eine Erfahrung wert und es lohnt sich, noch einmal hinzufahren. 6