Bilder sind die Ernte meiner Träume. (Friedensreich Hundertwasser, österreichischer Maler)
Alice und Oliver waren von ihrem ersten speziellen Ferienprogramm so begeistert, dass sie noch mehr Künstler in unterschiedlichen Epochen kennenlernen möchten. Sie besuchen wieder Kunstmuseen in verschiedenen Ländern und treffen dort berühmte Künstler, die ihnen aus ihrem Leben erzählen und ihre grössten Werke vorstellen. Die letzte Station ihrer ersten Kunstreise führte sie nach Wien, wo sie im Schloss Belvedere Gustav Klimt trafen. Dort ist ihnen ein Bild von Friedensreich Hundertwasser aufgefallen. Um den Maler zu treffen, reisen sie wieder nach Wien. Friedensreich Hundertwasser hat sie in das Kunst Haus Wien gebeten, wo auch das Museum Hundertwasser untergebracht ist. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 2
Ganz erstaunt stehen Alice und Oliver vor dem Gebäude. So ein Haus sieht man nicht alle Tage! Und hier scheint auch gar nichts normal zu sein: Es gibt unterschiedlich grosse Fenster, der Boden ist gewellt und uneben, überall sieht man viele fantasievolle Muster und Formen und alles ist in bunten, kräftigen Farben gehalten. Und kurios ist, dass Bäume auf dem Dach und sogar aus den Fenstern wachsen. Gefällt euch das Haus?, werden die beiden von einem Mann, der eine Kappe trägt, gefragt. Ja, es ist so fantastisch - fast so wie in einem Traum, antworten Alice und Oliver. Da muss ich euch recht geben. Und ich wollte mit meiner Kunst viele zum Träumen bringen, denn wenn einer träumt, ist es ein Traum. Wenn aber viele träumen, ist es der Anfang der Wirklichkeit. Sie haben dieses Haus gebaut?, fragen Alice und Oliver ungläubig. Ja, ich bin Friedensreich Hundertwasser. Und das Kunst Haus Wien ist nicht das einzige Haus, das ich gestaltet habe. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 3
Guten Tag, Herr Hundertwasser. Schön, dass wir Sie kennenlernen dürfen. Dann müsst ihr beiden Alice und Oliver sein. Ja genau. Und wir sind schon sehr gespannt, was Sie uns erzählen werden. Nicht nur Ihr Haus ist sehr ungewöhnlich, auch Ihr Name ist sehr fantasievoll. Ist das ein Künstlername? Ja, den habe ich mir selbst ausgesucht, denn mein Geburtsname ist Friedrich Stowasser. Und mein gesamter Künstlername lautet Friedensreich Regentag Dunkelbunt Hundertwasser. Friedensreich? Regentag? Dunkelbunt? Hundertwasser? Wie kommt man auf solche Namen? Friedensreich soll ausdrücken, dass es ein Reich des Friedens gibt bzw. dass ich reich an Frieden - im Sinne von friedlich bin. Regentag heisse ich so wie mein Schiff, ein alter Salzfrachter, den ich nach meinem Geschmack umgebaut habe. Dunkelbunt, weil ich kräftige Farben liebe und meine Welt genauso aussieht. Und Hundertwasser einfach deshalb, weil Sto - von Stowasser - in vielen slawischen Sprachen Hundert bedeutet. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 4
Bitte erzählen Sie uns aus Ihrem Leben. Ich bin am 15. Dezember 1928 in Wien geboren. Zuerst besuchte ich eine Privatschule, wo schon in einem Zeugnis mein aussergewöhnlicher Farben- und Formensinn betont wurden. Nach meiner Matura studierte ich für einige Monate auf der Wiener Akademie für bildende Künste. Hier signierte ich auch meine ersten Werke mit meinem Künstlernamen. Warum blieben Sie nur einige Monate auf der Akademie? Mich hat es in die weite Welt gezogen und deshalb habe ich mein Studium abgebrochen. Quer über den ganzen Erdball bin ich gereist: Italien, Frankreich, Marokko, Japan, Amerika, Neuseeland, Uganda, Sudan und viele Länder mehr. Und auf allen Reisen hatte ich einen kleinen Malkasten mit dabei, damit ich überall und zu jeder Zeit malen konnte. Was war ihr liebstes Motiv? Meine Leidenschaft gilt der Spirale. So wie die Erde den Lauf einer Spirale beschreibt, so beschreibt das Leben bis hin zum Tod ebenfalls eine Spirale. Wir gehen im Kreis, aber wir kommen nie wieder an den Punkt zurück, der Kreis schliesst sich nicht, wir kommen nur in die Nähe des Punktes, wo wir gewesen sind. Kommt mit, ich zeige euch ein paar Bilder. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 5
Und wie sind sie von der Malerei zur Architektur gekommen? Mir hat die Art, wie Häuser gebaut werden, nicht gefallen, weil sie die Bedürfnisse des Menschen nicht berücksichtigen und die Natur ausgrenzen. Schaut euch um: nur unnatürliche Geraden sowie Ecken und Kanten, kahle, graue Fassaden, die keine fantasievollen Elemente zulassen und vor allem kein Platz für Pflanzen. Solche Bauwerke machen unglücklich und krank. Stimmt es, dass Sie der Meinung sind, dass der Mensch fünf Häute hat? Können Sie uns das näher erklären? Ja, so ist es. Die erste Haut ist die Menschenhaut. Sie umschliesst von aussen den Körper, aber auch die Gedanken und Gefühle. Mit ihr kann sich der Mensch ausdrücken, so wie ich es als Maler, Architekt, Grafiker und Ökologe mache. Die zweite Haut ist die Kleidung. Die Menschen sollen anziehen, was ihnen gefällt und worin sie sich wohlfühlen. Sie lassen sich viel zu sehr von der Mode beeinflussen. Die dritte Haut ist das Haus: Wohnen soll Freude machen, den Bedürfnissen des Menschen gerecht werden und die Natur einbeziehen. Ich sehe mich hier als Architekturdoktor, der Häuser heilt und naturbelassen plant. Die vierte Haut umfasst die Familie, die Freunde und das Land: Familie und Freunde zu haben ist ein besonderes Geschenk und trägt zum Wohlfühlen bei. Aber auch Gemeinschaft innerhalb eines Landes zu haben, schafft Wurzeln. Hier habe ich z.b. Flaggen und Briefmarken als Zeichen der Gemeinschaft entworfen. Die fünfte Haut symbolisiert die gesamte Umwelt: Der Mensch muss die Natur achten, um friedlich mit ihr zusammen zu leben. Ich selbst lege sehr grossen Wert auf Naturschutz. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 6
Gibt es in Wien noch andere Häuser von Ihnen? Wenn ihr wollt begleite ich euch zu einem Wohnhaus hier ganz in der Nähe des Kunst Haus Wien, da s ich gemeinsam mit dem Architekten Josef Krawina gebaut habe. Viele Menschen bewundern es als ein buntes, begrüntes Märchenschloss, das zwischen grauen, genormten Grossstadthäusern den Wunsch der Menschen nach Harmonie, Individualität und Menschlichkeit erfüllt. So, hier sind wir auch schon. Das ist ja nicht nur bunt, sondern es ist ja wirklich überall bepflanzt! Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 7
Und schau, überall sind bunte Säulen, Mosaike und der Boden ist auch nirgends eben. Schön, dass es euch gefällt. Viele haben mich dafür kritisiert und gemeint, alles sei nur Kitsch. Aber trotzdem habe ich viele Aufträge erhalten und im In- und Ausland kann man heute meine Bauten bewundern. Hier in Wien gibt es noch eine Müllverbrennungsanlage, die ich gestalten durfte. Sie haben erzählt, dass Sie auch Briefmarken und Fahnen entworfen haben. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 8
Für meine Wahlheimat Neuseeland habe ich die sogenannte Koruflagge entworfen. Auf weissem Grund befindet sich entrollender Farnwedel, der auf Maorimustern basiert und somit die Kultur der Ureinwohner repräsentiert. Inzwischen spielt diese Fahne auch für das Nationalbewusstsein eine grosse Rolle. Briefmarken habe ich nicht nur für Österreich sondern sogar für die Vereinten Nationen anlässlich eines Jubiläums der Deklaration der Menschenrechte entworfen. Briefmarken sind zwar klein und oft unscheinbar, aber: Eine Briefmarke ist eine wichtige Sache. Obwohl sie im Format sehr klein ist, trägt sie eine Botschaft. Briefmarken sind der Massstab der Kultur eines Landes. Das winzige rechteckige Stück Papier verbindet die Herzen von Sender und Empfänger. Sie ist eine Brücke zwischen Völkern und Ländern. Die Briefmarke kennt keine Grenzen. Sie erreicht uns auch in Gefängnissen, Asylen und Krankenhäusern, wo auch immer wir auf der Erde sind. Am 19. Februar 2000 bin ich im Pazifischen Ozean an Bord der Queen Elizabeth II gestorben. Gemäss meinem Wunsch wurde ich in Neuseeland auf meinem Anwesen begraben. Mein Grab befindet sich im Garten der glücklichen Toten, den ich selbst angelegt habe, unter einem Tulpenbaum. Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 9
1. Wie heisst das Gebäude, in dem das Museum Hundertwasser untergebracht ist? 2. Wie ist der Geburtsname des Künstlers? 3. Wie lautet sein vollständiger Künstlername? 4. Von wann bis wann lebte Friedensreich Hundertwasser? 5. Welches Motiv ist immer wieder auf Hundertwassers Bilder zu sehen? die Jahresringe die Spirale die Welle 6. Nenne drei Elemente die für die Architektur Hundertwassers typisch sind: 7. Hundertwasser gestaltete auch: Briefpapier Briefmarken Briefkuverts 8. Wie viele Häute hat laut Hundertwasser ein Mensch? neben der Menschenhaut noch drei weitere neben der Menschenhaut noch vier weitere neben der Menschenhaut noch fünf weitere 9. Für welches Land entwarf Hundertwasser eine neue Fahne? Neufundland Neuseeland Neuengland 10. In welchem Land wurde Friedensreich Hundertwasser begraben? 11. Welcher Baum steht auf seinem Grab? Trompetenbaum Tannenbaum Tulpenbaum Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 10
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Lösungen 1. Wie heisst das Gebäude, in dem das Museum Hundertwasser untergebracht ist? Kunst Haus Wien 2. Wie ist der Geburtsname des Künstlers? Friedrich Stowasser 3. Wie lautet sein vollständiger Künstlername? Friedensreich Regentag Dunkelbunt Hundertwasser 4. Von wann bis wann lebte Friedensreich Hundertwasser? 15. Dezember 1928 bis 19. Februar 2000 5. Welches Motiv ist immer wieder auf Hundertwassers Bilder zu sehen? die Jahresringe die Spirale die Welle 6. Nenne drei Elemente die für die Architektur Hundertwassers typisch sind: bunte Fassaden, begrünte Dächer, Säulen, unregelmäss ssige Fenster 7. Hundertwasser gestaltete auch: Briefpapier Briefmarken Briefkuverts 8. Wie viele Häute hat laut Hundertwasser ein Mensch? neben der Menschenhaut noch drei weitere neben der Menschenhaut noch vier weitere neben der Menschenhaut noch fünf weitere 9. Für welches Land entwarf Hundertwasser eine neue Fahne? Neufundland Neuseeland Neuengland 10. In welchem Land wurde Friedensreich Hundertwasser begraben? Neuseeland 11. Welcher Baum steht auf seinem Grab? Trompetenbaum Tannenbaum Tulpenbaum Bilder: - http://www.hundertwasser.at/ (Mit freundlicher Genehmigung von Joram Harel) - Wikimedia Commons - http://www.belvedere.at/jart/prj3/belvedere/main.jart Kunstreise_11_Hundertwasser Monika Giuliani für Lehrmittel Boutique 12