Das Kataster als Grundsteuergrundlage gestern, heute, morgen Vortrag am 12.06.2015 Rene Gudat Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen Regionaldirektion Osnabrück-Meppen
Agenda Bedeutung der Grundsteuer Historische Entwicklung im Liegenschaftskataster (beispielhaft und (zu) kurz) Einordnung der Bemessungsgrundlage in den gesamteuropäischen Kontext Erhebung der Grundsteuer in Deutschland, Österreich und der Schweiz Aktuelle Entwicklungen in Deutschland Ergebnisse/ Ausblick/ Potentiale 2
Allgemeines zur Grundsteuer Auch: Land- und Immobiliensteuer genannt Wichtige Einnahmequelle der Gemeinden und des Staates Schweiz: ca. 2 % des kommunalen Steueraufkommens Großbritannien: 100 % des kommunalen Steueraufkommens Steueraufkommen teilweise zweckgebunden Bemessungsgrundlage: regelmäßig: Boden- und Gebäudewert teilweise nur Bodenwert Ausnahmefall: ausschließlich Gebäudewert 3
Grundsteueraufkommen Einnahmen in Landeswährung Einnahmen je km² Landesfläche Einnahmen je Einwohner Anteil an Bruttoinlandsprodukt Deutschland 12,4 Mrd. 34.600 /km² 150 /EW 0,4 % Österreich 0,7 Mrd. 8.700 /km² 85 /EW 0,2 % Schweiz 1,0 Mrd. SFR (1,0 Mrd. ) 25.300 SFR/km² (24.300 /km²) 130 /EW (120 /EW) 0,2 % Minimum - - - 0,06 % (LUX) Maximum 450 Mrd. $ (USA) (395 Mrd. ) 222.000 /km² (UK) (306.000 /km²) 1.418 /EW (USA) (1.245 /EW) 3,2 % (UK) Quelle: OECD Revenue Statistic 2015; Stand 2013 4
Entwicklung des Anteils der Grundsteuer am BIP 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 Österreich Deutschland Schweiz 0,1 0 1965 1975 1985 1995 2005 5 Quelle: OECD Revenue Statistic 2015; Stand 2013
Historische Entwicklung der Grundsteuer Besteuerung von Grundbesitz bereits im historischen Ägypten 12. Jahrhundert (Jh.): Karl der Große führt Grundsteuer ein 18. Jh.: Parzellarvermessung für die Grundsteuer (Steuerkataster) Um 1900 Anfelderung des Katasters an den Eigentumsnachweis (Eigentumskataster) um 1935 Mehrzweckkataster Nationale Vorgaben zur einheitlichen Führung und Erhebung des Liegenschaftskataster Entstehung der Einheitswerte 6
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Bemessungsgrundlage flächen-basiert: Flächenangabe (Wohn- oder Nutzfläche, Grundstücksfläche) multipliziert mit Steuersatz Steuersatz teilweise zonal unterschiedlich wert-basiert: Katasterwerte (statisch) mit pauschalisierten Annahmen insbesondere zur Ertragsfähigkeit Marktwert (dynamisch) zu einem aktuellen Wertermittlungsstichtag fortgeschrieben; Einzelgutachten oder Massenbewertungsverfahren Angaben des Steuerpflichtigen 8
Bemessungsgrundlage der Grundsteuer in Europa 9
Anmerkungen der OECD kritisiert signifikante Abweichungen zwischen Marktwertniveau und Bemessungsgrundlage fordert Aktualität der Bemessungsgrundlage erwartet Steuergerechtigkeit bemängelt Einheiten-basierte und Katasterwertbasierte Bemessungsgrundlagen befürwortet Stärkung der Gemeindeautonomie durch Höhe der Grundsteuer (v.a. Osteuropa) 10
Agenda Bedeutung der Grundsteuer Historische Entwicklung im Liegenschaftskataster (Beispielhaft und (zu) kurz) Einordnung der Bemessungsgrundlage in den gesamteuropäischen Kontext Erhebung der Grundsteuer in Deutschland, Österreich und der Schweiz Aktuelle Entwicklungen in Deutschland Ergebnisse/ Ausblick/ Potentiale 11
Aktuell in der Schweiz Bundessteuer auf vermieteten und selbstgenutzten Grundbesitz Gemeinden und Kantone können Liegenschaftssteuern erheben Etwa die Hälfte der Kantone räumen das Recht zur Erhebung von Liegenschaftssteuern ein Bemessungsgrundlage: unbelasteter Marktwert Durch Annahmen bei der Ermittlung weicht Bemessungsgrundlage vom Marktniveau ab Unterschiedliche Steuersätze 12
Aktuell in Österreich Bundeseinheitlich geregelt Grundsteuer vierteljährlich fällig Wichtig für die Gemeindefinanzierung Bemessungsgrundlage: Einheitswert von der Finanzämtern ermittelt Einheitswert mit Steuermesszahl multipliziert Hebesatz der Gemeinden Ähnlich zur Grundsteuer in Deutschland Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen, Grundsteuer B für sonstigen Grundbesitz 13
Reformdebatte in Österreich Einheitswerte sind alle neun Jahre durch Hauptfeststellung festzustellen; letzte Hauptfeststellung: 1973 Einheitswerte bilden nur Bruchteil des Marktwertniveaus ab Österreichischer Verfassungsgerichtshof untersagt 2007 Nutzung von historischen Werten (Einheitswerten) für Erbschaftsteuer Steigende Staatsverschuldung und Finanzkrise regen erneut Reform der Grundsteuer an Bemessungsgrundlage soll an Verkehrswert orientiert werden 14
Aktuell in Deutschland Gesetzesgrundlage: Grundsteuergesetz Bundeseinheitlich geregelt Wichtig für die Gemeindefinanzierung Bemessungsgrundlage: Einheitswert wird vom Finanzamt festgestellt Einheitswert mit Grundsteuermesszahl multipliziert Hebesatz der Gemeinden Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Flächen, Grundsteuer B für sonstigen Grundbesitz 15
Bedenken zur Grundsteuer in Deutschland Nutzung der Einheitswerte für Vermögen-, Erbschaft- und Grunderwerbsteuer untersagt Mit Beschluss vom 22.10.2014 hat Bundesfinanzhof die Verfassungswidrigkeit spätestens ab 01.01.2009 in Frage gestellt und Bundesverfassungsgericht vorgelegt Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte für die Grundsteuer durch den Bundesfinanzhof angezweifelt Verfassungsgericht regt an, Einheitswerte einer genauen verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen Bedenken bestehen seit Jahrzehnten! 16
Systematisierung der vorgeschlagenen Modelle 17
Die drei aktuell diskutierten Modelle Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten Regressionsmodell Berlin, Bremen, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein Vereinfachte Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip Baden-Württemberg, Bayern, Hessen Gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell 18 Thüringen
Reformbemühung: Aktuellen Diskussion Arbeitsgruppe prüft Umsetzbarkeit der aktuellen Modelle Baden-Württemberg nach Landtagswahl 2011 auf verkehrswertorientiertes Modell geschwenkt Ab 2011 Verprobung der Modelle durch Statistisches Bundesamt 25.000 Objekte Verschiedene Gemeinden mit unterschiedlichen Siedlungstypen und Steuerkraft auch Bürokratie- und Verwaltungskosten Alle Modelle mit Daten des Liegenschaftskatasters Steueraufkommen soll kontant gehalten werden Eventuell: gesetzlich festgelegte Höchsthebesätze In der Diskussion: Kommunalisierung der Grundsteuer 19
Reformbemühung: Die öffentliche Diskussion läuft! Nein! Denn: Steuermesszahl und Hebesatz werden angepasst! Quelle: Wirtschaftswoche vom 04.12.2014: Neue Berechnungsmethode: Wann kommt die Reform der Grundsteuer? 20
Agenda Bedeutung der Grundsteuer Historische Entwicklung im Liegenschaftskataster (Beispielhaft und (zu) kurz) Einordnung der Bemessungsgrundlage in den gesamteuropäischen Kontext Erhebung der Grundsteuer in Deutschland, Österreich und der Schweiz Aktuelle Entwicklungen in Deutschland Ergebnisse/ Ausblick/ Potentiale 21
Ergebnisse/ Ausblick/ Potentiale Grundsteuerreform ist absehbar Nicht alle Objekte mit Massenbewertungsansätzen zu bewerten Daten für Massenbewertungsansatz müssen regelmäßig validiert und verifiziert werden Arbeit der Gutachterausschüsse teilweise stark verbesserungswürdig Gutachterausschüsse bereits jetzt arbeitstechnisch ausgelastet Schulungsbedarf bei Gemeinden, Finanzämtern, Gutachterausschüssen, Steuerberatern etc. 22
Ergebnisse/ Ausblick/ Potentiale Grundsätzlich soll der Steuerbürger das Recht erhalten, mit Einzelgutachten gegen Bemessungsgrundlage (Massenbewertungsansatz) vorzugehen Modell Äquivalenzprinzip sowie Kombinationsmodell bedürfen Flächenangaben für Grundstück und Gebäude (Angaben des Eigentümers?) 3-D Daten werden wichtiger Automatisierter Datenfluss zwischen Liegenschaftskataster und Finanzverwaltung erforderlich Bedeutung von, aber auch für Marktdaten steigt! Bedeutung des Liegenschaftskatasters nimmt zu! 23
Das Kataster als Grundsteuergrundlage gestern, heute, morgen Vortrag am 12.06.2015 Rene Gudat Regionaldirektion Osnabrück-Meppen Geschäftsstelle des Gutachterausschusses Osnabrück- Meppen Schilfstraße 6, 48529 Nordhorn rene.gudat@lgln.niedersachsen.de