Kurzinfo Atom. Die atomare Katastrophe. Fukushima und Tschernobyl heute. www. greenpeace. de

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Transkript:

Kurzinfo Atom Die atomare Katastrophe Fukushima und Tschernobyl heute www. greenpeace. de

Leben im verstrahlten Land Japan nach dem Super-GAU in Fukushima Toru Anzai ist einer von 160.000, die wegen des Atomunglücks in Fukushima evakuiert werden mussten. Nun möchte die japanische Regierung, dass er in sein Haus in Iitate zurückkehrt, um keine Entschädigungszahlungen leisten zu müssen. Aber Toru Anzai hat Angst vor der hohen Strahlung in der Region. Die atomaren Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima sind sichtbarste Beweise dafür, wie gefährlich und zerstörerisch Atomkraft ist. Tausende Menschen sterben, Zehntausende erkranken schwer, Hunderttausende müssen zwangsumgesiedelt werden. Große Landstriche sind verseucht und für Jahrhunderte unbewohnbar. Das Unglück in Japan zeigt: Selbst ein hochtechnisiertes Land ist vor solch einer Katastrophe nicht sicher. Egal ob die Kernschmelze nun durch mensch liches oder technisches Ver sagen, ein Erdbeben mit Flutwelle oder einen Terrorangriff ausgelöst wird: In keinem Atomkraftwerk der Welt lässt sich ein Super-GAU ausschließen. Dabei muss die Menschheit mit diesem Risiko nicht leben. Wind und Sonnenkraft liefern Energie im Über fluss ganz ohne atomare Gefahr. Am 11. März 2011 erschüttert ein Erd beben der Stärke 9,0 das Industrieland Japan. Kurze Zeit später trifft eine bis zu 15 Meter hohe Tsunamiwelle die Ostküste der Hauptinsel Honshu. Auch das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi wird überspült. Die Wucht der Welle lässt die Kühlung der Atomreaktoren ausfallen. In den Blöcken 1, 2 und 3 kommt es zur Kern schmelze. Nach Stunden des Zitterns gibt es in vier Reaktorblöcken Explosio sen. Ein Groß teil der Bevölkerung lebt noch immer in Flüchtlingscamps oder Sozialwohnungen. Fatale Folgen für die Gesundheit Die neuesten Daten der Schilddrüsen untersuchungen in der Präfektur Fuku shima bestätigen einen besorgniserre genden Anstieg der Neuerkrankungen von Schilddrüsenkrebs bei Kindern. Insgesamt 115 Kinder mussten bereits nen, große Mengen radioaktiver Strah wegen metastasierten oder stark wach lung treten aus. Große Teile Ost-Japans senden Krebsgeschwüren in ihren Schild werden verseucht. Zunächst werden drüsen operiert werden. Die jährliche Städte und Dörfer in einem Umkreis von Rate von Neuerkrankungen von Schild 20 Kilometern rund um das Atomkraft drüsenkrebs bei Kindern in Japan wird werk evakuiert. Später weiten die Be vom japanischen Gesundheitsministeri hörden auch aufgrund aktueller Radio- um mit 0,3 pro 100.000 angegeben. Bei aktivitätsmessungen von Greenpeace einer Bevölkerung von 300.000 Kindern den Evakuierungsradius auf Gebiete war somit damit zu rechnen, dass ein aus, die teilweise über 40 Kilometer Schilddrüsenkrebsfall im Jahr festgestellt vom Reaktor entfernt liegen, 160.000 wird. Aus Tschernobyl weiß man, dass Menschen müssen ihre Heimat verlas dies erst der Anfang ist. Weitere drama

Normalität mit Hindernissen: In Fukushima Stadt liegt überall in Plastiksäcken verpackter Atommüll herum. Die Säcke halten maximal drei Jahre. Einige sind heute schon zerrissen. Beim aberwitzigen Versuch, eine ganze Region von der Strahlung zu säubern, sind 9 Millionen Kubikmeter Atommüll angefallen. In Plastiksäcken verpackt lagert er überall am Wegrand. Doch die Region ist immer noch radioaktiv verseucht. wohnbar sind. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Gegen jede Vernunft Rückkehr zur Gefahr Die Folgen der Katastrophe von Fukushima sind noch lange nicht behoben. Trotzdem bleibt die japanische Regierung bei ihrem Pro-Atom-Kurs und treibt die Rückkehr zur Atomkraft voran. Nachdem Japan zwei Jahre ohne Atomstrom auskam, gingen 2015 zwei Reak to ren in Sendai wieder ans Netz. Die Reaktoren Takahama 3 und 4 hatten zwar im Dezember 2015 grünes Licht für das Hochfahren bekommen, mussten aber im März 2016 durch Gerichtsbeschluss wieder abgefahren werden. Greenpeace hat in dem Verfahren auf enorme Risiken für die Anwohner hingewiesen. Die Anlage ist nicht erdbebensicher und befindet sich nahe einem See, der 21 Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt. Fukushima hat die Japaner wach gerüttelt. Viele klagen gegen das Wie der anfahren der Atomkraftwerke ebenso wie gegen ihre staatlich verordnete Rückkehr in kontaminierte Regionen. Japan ist eins der weltweit am meisten von Erdbeben bedrohten Länder, die Atomkraftwerke liegen oft in unmittelbarer Nähe aktiver Vulkane. Dabei bräuchte das Land die Atomkraft gar nicht, das haben die zwei Jahre ohne Atomstrom ja gezeigt. Außerdem ist das Land durch seine geographischen Bedingungen besonders gut für Wind- und Wasserkraft geeignet. Greenpeace fordert Japans Regierung auf, aus der Atomkraft auszusteigen und sich vom Einfluss der Atomlobby zu befreien. Die Katastrophe in Fukushima hat erneut klargemacht, dass nukleare Energie nicht zu kon trollieren ist. Durch den Wiedereinstieg gefährdet die Regierung unzählige Menschenleben und weite Teile der Umwelt. Auch Japan braucht eine Energiewende!

Entschädigt die Opfer, statt Atomkraftwerke wieder anzufahren, fordert Greenpeace von der Betreiberfirma Tepco 2015 bei einer Aktion gegen den Neustart japanischer AKWs. Seit dem Unfall untersuchen Greenpeace-Experten etwa zweimal im Jahr die Strahlenwerte verschiedener Regionen und sprechen mit ehemaligen Bewohnern der verseuchten Gebiete. tische Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung sind abzusehen. Doch die ja panische Regierung verharmlost: Im Oktober 2015 bestätigte das japanische Gesundheitsministerium offiziell den ersten Leukämiefall eines Arbeiters in der havarierten Atomanlage, der in direktem Zusammenhang mit dem Unglück steht. Auch scheinbar Gesunde haben zu kämp fen: Viele Menschen aus Fukushima leiden seither unter Traumata und Stress störungen. Vor allem für Kinder und älte re Bewohner ist der Verlust der sozia len Bindungen schwer zu ertragen. Nicht sel ten führt das zu Vereinsamung, De pressi on, Aggression und sogar zu Selbstmord. Die havarierte Anlage heute TEPCO (Tokyo Electric Power Company), Betreiber des Atomkraftwerks, hat in den vergangenen Jahren zehntausende Arbeiter eingesetzt, um die Lage in Fukushima unter Kontrolle zu bringen und die Region von der radioaktiven Kontamination zu säubern. Dennoch sind weite Teile bis heute stark verstrahlt und das Risiko weiterer Unfälle in der havarierten Atomanlage ist groß. Die Situation vor Ort bleibt schwierig: Täglich werden hunderte Tonnen Wasser in die Anlage gepumpt, um die Reaktoren zu kühlen. Ohne diese Kühlung, die noch jahrelang weitergeführt werden muss, stiegen die Temperaturen erneut und führten zu weiterer Freisetzung von Radioaktivität. Insgesamt werden 788.541 Tonnen kontaminiertes Wasser in Stahltonnen auf dem Gelände der Anlage gespeichert (Stand Februar 2016). Gefahr für die Umwelt besteht nicht nur bei einem möglichen Versagen der Tanks, sondern vor allem durch die starken Grundwasserströme, so dass täglich kontaminiertes Wasser in den Pazifik fließt. Das hat zu einer weiträumigen Strahlen belastung geführt. Die dauerhafte Sicherung und der Rückbau der Atomruine stellen selbst die erfahrensten Fachleute vor bisher ungelöste Probleme. Dekontaminierung nicht erfolgreich Japan verstrickt sich derweil in ein wahnwitziges Projekt: Das Land ver sucht, die Region von der Strahlung zu säubern. Wo möglich, tragen Arbeiter in der gesperrten Zone fünf Zentimeter Erde ab. Der so entstandene Atommüll bis September 2015 immerhin mehr als neun Millionen Kubikmeter lagert in Plastiksäcken am Straßenrand. Keiner weiß, wohin damit. Die Säcke halten maximal drei Jahre, schon heute sind etliche zerrissen. Und auch, wenn die japanische Regierung solchermaßen gereinigte Dörfer gerne für dekontaminiert erklärt und die Bewoh ner zur Rückkehr in ihre Häuser zwingen will, ist doch allen klar: Aus den Wäldern und Flüssen, mit dem Staub und dem Regen kehrt die Radioaktivität zurück. Niemand kann Berge, Wälder und ganze Landschaften sicher von aller Strahlung befreien! Greenpeace-Messungen: immer noch hohe Strahlung Auf dekontaminierten Feldern fand Greenpeace Werte, die einer zusätzlichen Strahlendosis von mehr als zehn Millisievert pro Jahr entsprechen. Das ist ein Zehn fa ches des international zulässigen Grenz wertes. Auch Messungen im Jahr 2015 in der Dorfgemeinde Iitate (40 Kilometer vom AKW Fukushima Daiichi entfernt) und Fukushima-Stadt (60 Kilometer entfernt) zeigen, dass immer noch eine hohe radioaktive Belastung vorliegt. Von einer erfolgreichen Dekontamination, wie die japanische Regierung gern verkündet, kann keine Rede sein. Zwang zur Normalität Doch nach dem Willen von Premierminister Shinzo Abe sollen viele der eva kuierten Bewohner schon 2017 in die betroffenen Regionen zurückkehren. 2018 will das Kabinett die Entschädigungszahlungen einstellen. So werden die Menschen praktisch gezwungen, in ihre Häuser nahe der weiter strahlenden Atomruine zurückzukehren. Denn vielen fehlt schlichtweg das Geld, um sich woanders ein neues Leben aufzubauen. Hinter den Plänen aus Tokio steckt Kalkül. Getreu dem Motto Alles halb so schlimm will die Regierung das Vertrauen der Bevölkerung in die Atomkraft wiederherstellen. Darum versucht sie den Menschen weiszumachen, dass die radioaktiv verseuchten Gebiete um Fukushima bereits wenige Jahre nach dem atomaren Super-GAU wieder be Wussten Sie, dass die japanische Regierung sich nach dem Unfall wochenlang weigerte, die Sperrzone auf mehr als 20 Kilometer auszuweiten? Erst nachdem Greenpeace-Messungen mehrfach belegten, dass die Strahlenbelastung eine größere Sperrzone erforderte, wuchs der nationale und internationale Druck und das Land reagierte.

Der havarierte Reaktor in Tschernobyl strahlt bis heute Block 3 des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi nach der Explosion Liste schwerer Atomunfälle Tschernobyl und Fukushima sind zwar die schlimmsten, aber bei weitem nicht die einzigen Unfälle in Atomanlagen. Hier ein kleiner Auszug aus schwereren Störfällen bis heute. Eine detailliertere Liste finden Sie auf www.greenpeace.de/365-gruende-gegen-atomkraft 29. September 1957, UdSSR Atomkomplex Majak bei Tscheljabinsk: Ein Fehler im Kühlsystem der Abfalltanks führt zur chemischen Explosion. Große Mengen Radioaktivität werden freigesetzt und verseuchen ganze Landstriche. 10. Oktober 1957, Großbritannien Windscale (heute Sellafield): Tagelanger Großbrand im Atomreaktor zur Plutoniumproduktion. Große Mengen radioaktiven Materials gelangen in die Umwelt. 28. März 1979, USA AKW Three Mile Island, Harrisburg in Pennsylvania: Teilschmelze des Reaktorkerns der bislang schwerste Atomunfall in den USA. 13. März 1980, Frankreich AKW Saint-Laurent-des-Eaux: Reaktorkernkühlung wird durch abgelöstes Metallteil behindert, Brennelemente verschmelzen. 26. April 1986, UdSSR AKW Tschernobyl in der Ukraine: Reaktorblock 4 explodiert der bisher schwerste Atomunfall. Teile Europas sind bis heute radioaktiv kontaminiert. 6. April 1993, Russland Plutoniumfabrik Tomsk-7: Es kommt zu einer Explosion, ein radioaktives Gas-/Staubgemisch und Plutonium verteilen sich großflächig. 30. September 1999, Japan Urankonversionsanlage Tokaimura in der Präfektur Ibaraki: Es kommt zu einer spontanen Kettenreaktion wegen Missachtung von Sicherheitsbestimmungen, Menschen werden verstrahlt. 14. Dezember 2001, Deutschland AKW Brunsbüttel: Eine Knallgasexplosion zerfetzt eine Rohrleitung in unmittelbarer Nähe des Reaktordruckbehälters eine spontane Leckage, so der Betreiber. Der Reaktor wird zunächst weiterbetrieben. 10. April 2003, Ungarn AKW Paks 2: Überhitzung und Beschädigung von Brennelementen. Radioaktive Gase gelangen in die Umgebung. 2005, Großbritannien WAA Sellafield (früher Windscale): Hoch radioaktive Flüssigkeit läuft über Monate in eine Stahlkammer. Die Warnanzeige wurde ignoriert. 25. Juli 2006, Schweden AKW Forsmark: Nach einem Kurzschluss fällt die Notstrom versorgung teilweise aus, eine elektronische Überwachung des Reaktors ist etwa 20 Minuten lang nicht gewährleistet. 11. März 2011 AKW Fukushima Daiichi, Japan: Dreifacher Super-GAU nach einem Erdbeben und einem darauf folgenden Tsunami.

Vergessenes Leid Tausende leiden bis heute unter den Folgen von Tschernobyl Unschuldige Opfer: Michail und Wladimir, Zwillinge, 16, sind schon krank geboren worden. Es ist fast ein Drittel Jahrhundert her, dass der erste Super-GAU in der zivilen Atomnutzung das Vertrauen in diese Technik zu radioaktivem Staub zerfallen lässt: Am 26. April 1986 gerät im Block 4 des ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl ein Test außer Kontrolle, die nukleare Ketten reaktion lässt sich nicht mehr stoppen. Es kommt zur Kernschmelze, kurze Zeit später explodiert der Reaktor. Zehn Tage lang brennt er, die Flammen reißen radioaktive Partikel bis 1000 Meter hoch in die Luft. Große Teile von Weißrussland und der Ukraine werden verstrahlt, die radioaktive Wolke zieht mehrfach um die ganze Welt. Die Strahlendosis am brennenden Unglücksreaktor ist tödlich, trotzdem errichten tausende so genannte Liquidatoren quasi im Vorbeirennen aus Stahl und Beton eine provisorische Schutzhülle, um die Umwelt vor der zerstörerischen Strahlung zu schützen. Kein Geld von Industrie und Staat Greenpeace ist international, überparteilich und völlig unabhängig von Politik, Parteien und Industrie. Mit gewaltfreien Aktionen kämpft Greenpeace für den Schutz der Lebensgrundlagen. Rund 580.000 Fördermitglieder in Deutschland spenden einen regelmäßigen Beitrag an Greenpeace und gewährleisten damit unsere tägliche Arbeit zum Schutz der Umwelt. Impressum Greenpeace e. V., Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg, Tel. 040/3 06 18-0, FAX 040/3 06 18-100, mail @ greenpeace. de, www. greenpeace. de Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19 20, 10117 Berlin, Tel. 030/30 88 99-0 V.i.S.d.P. Heinz Smital Redaktion Ortrun Sadik Produktion Birgit Matyssek Fotos Titel: Clement Tang Wai Kin, S. 2: Daniel Müller, S. 3: Masaya Noda, Noriko Hayashi, S. 4: Shaun Bernie, Jeremy Sutton-Hibbert, S. 5: Jan Grarup, TEPCO, S. 6: Robert Knoth, Vaclav Vasku, alle Greenpeace Gestaltung Klasse 3b Druck Druckerei Zollenspieker, Zollenspieker Hauptdeich 54, 21037 Hamburg Auflage 10.000 Exemplare Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: GLS Bank, BLZ 430 60967, KTO 33401, IBAN DE49 4306 0967 0000 0334 01, BIC GENODEM1GLS Gedruckt auf 100% Recyclingpapier Hals über Kopf mussten 48.000 Einwohner Pripyat im April 1986 verlassen. Bis heute ist die Stadt Sperrgebiet. Seit 30 Jahren ist dieser erste Sarkophag, von Anfang an nur als kurzfristige Notlösung gedacht, nun die einzige Barriere zwischen dem hoch radioaktiven Schmelz klumpen und der Außenwelt. Immer wieder brechen Teile des Ge bäudes ein, Regen und Wind dringen durch Löcher in die kontaminierten Zonen ein und verteilen die Strahlung weiter. Schon wenige Jahre nach dem Unglück gibt die internationale Staatengemeinschaft grünes Licht für ein Mammutprojekt: Ein riesengroßer zweiter Sarkophag aus Stahl und Beton soll gebaut und auf Schienen über den zerstörten Reaktorblock geschoben werden. Nachdem sich das Projekt jahrelang verzögert und immer weiter verteuert hat, beginnen 2012 endlich die Bauarbeiten. Im Frühjahr 2016 sieht es so aus, als ob 2017 die Schutzhülle tatsächlich fertig werden könnte. Dann wäre wenigstens die Kernschmelze wieder unter einer schützenden Hülle. Doch die Radioaktivität aus der Umwelt holt niemand mehr zurück. Tschernobyl in Zahlen: Am schlimmsten trifft die Atomkatastrophe Weißrussland. Dort werden 7000 Quadratkilometer zur Sperrzone erklärt. 23 Prozent des Staatsgebietes und rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind stark verstrahlt. In den be troffenen Gebieten lebten zur Zeit des Unfalls 2,2 Millionen Menschen, 135.000 werden umgesiedelt. Die wirtschaftlichen Schäden bis 2015 werden auf 235 Milliarden US-Dollar geschätzt. In der Ukraine, dem am zweitstärksten betroffenen Land, werden 1000 Quadratkilometer zur Sperrzone erklärt. Fünf Prozent der Landesfläche sind stark verstrahlt. Zur Zeit des Unglücks lebten dort 2,6 Millionen Menschen, 160.000 wurden umgesiedelt. Laut Schätzungen sind die ökonomischen Schäden bis zum Jahr 2015 auf über 200 Milliarden US-Dollar angewachsen. Wie viele Menschen genau gestorben sind und noch sterben werden, lässt sich nicht ermitteln. Klar ist, dass unter den Millionen Betroffenen die Sterblichkeitsrate sowie die Raten für diverse Krankheiten deutlich erhöht sind. Unabhängige Wissenschaftler gehen von etwa 93.000 Krebs-Toten aus. Die atomenergiefreundlich eingestellte IAEA schätzt die Gesamt- zahl der Todesopfer auf ca. 9.000. Bis heute leben fünf Millionen Menschen mit einer permanenten Strahlenbelastung. Vor allem über die lokal erzeugte Nahrung werden weiterhin andauernd radioaktive Partikel aufgenommen. Greenpeace fordert Kein Wiederanfahren der Atomreaktoren in Japan Weltweite Energiewende: weg von gefährlicher Atomkraft und schädlicher Kohle hin zu Erneuerbaren Energien Kein Neubau von Atomkraftwerken, keine Laufzeitverlängerung für alte Reaktoren und sofortige Stilllegung von Atomkraftwerken mit besonderen Sicherheitsrisiken A 0146 2 Stand 2 / 2016