Johann Georg Elser. Widerstandskämpfer Ein Gedenkblatt

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Transkript:

Johann Georg Elser Widerstandskämpfer 1903 1945 Ein Gedenkblatt Jugend Johann Georg Elser wird am 4. Januar 1903 in Hermaringen/Württemberg als Sohn eines Landwirts und Holzhändlers geboren. Nach der Schule beginnt er im Herbst 1917 eine Lehre als Eisendreher im Hüttenwerk Königsbronn, die er 1919 aus gesundheitlichen Gründen abbrechen muß. Noch im gleichen Jahr fängt er eine Schreinerlehre an, die er 1922 als Prüfungsbester abschließt. Er arbeitet zunächst als Geselle in seinem alten Lehrbetrieb weiter. Elser ist ein begabter Tüftler und bei seiner Arbeit ein Perfektionist. Wanderjahre Im März 1925 geht Elser auf Wanderschaft und arbeitet bis 1932 in verschiedenen Betrieben in Süddeutschland und in der Schweiz. Seine Berufsauffassung und sein Gerechtigkeitssinn führen zu häufigen Wechseln der Anstellung: Fühlt er sich bei der Arbeit unterfordert oder wird seine Leistung nicht angemessen entlohnt, kündigt er. 1928/29 tritt Elser dem Roten Frontkämpferbund bei, ohne sich dort zu engagieren. Elser ist musisch begabt. Er spielt gern bei Tanzveranstaltungen auf: Ziehharmonika, Zither und Kontrabaß. 1930 wird Elser Vater eines Sohnes. Die Mutter: seine Freundin Mathilde Liebermann. Im August 1932 kehrt er ins elterliche Königsbronn zurück und richtet sich eine kleine Schreinerwerkstatt ein. Hitlerputsch 1923 steht das Deutsche Reich am Rande seiner politischen Existenz: Französische Truppen halten das Rheinland besetzt, die Inflation galoppiert; im September wird der Ausnahmezustand 1

verhängt, Unruhen erschüttern die junge Republik. Am Abend des 8. November 1923 erklärt der Führer der NSDAP, Adolf Hitler, im Bürgerbräukeller in München die Regierungen Bayerns und des Deutschen Reiches sowie den Reichspräsidenten für abgesetzt. Bewaffnete Putschisten ziehen durch die Münchner Innenstadt. 16 Tote fordert die Niederschlagung des Putschversuches. Hitler wird wegen Hochverrats angeklagt, erhält die Mindeststrafe von fünf Jahren und wird schon nach acht Monaten vorzeitig entlassen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird der Jahrestag des Hitlerputsches im Bürgerbräukeller gefeiert, die Opfer als Blutzeugen der Bewegung verklärt. Machtübernahme Hitler wird am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt. Viele glauben, die Regierung Hitler- Papen würde sich ebenso schnell wie ihre Vorgänger verbrauchen. Doch bereits am 14. Juli existiert nur noch eine Partei, die des Reichskanzlers. Der erste Schritt auf dem Weg zur Diktatur ist der Reichstagsbrand am 28. Februar, der als Vorwand für Notverordnungen dient: Die Grundrechte werden abgeschafft, die Möglichkeit willkürlicher Verhaftungen eingeführt. Die kommunistischen Abgeordneten, die eine Woche nach dem Reichstagsbrand gewählt werden, 2

ziehen nicht mehr in den neuen Reichstag ein: Sie werden in Konzentrationslager gesteckt, gehen in den Untergrund oder emigrieren. Das Ermächtigungsgesetz vom 23. März, dem bis auf die Sozialdemokraten alle Parteien zustimmen, erlaubt der Regierung, Gesetze ohne Mitwirkung des Reichstages zu verabschieden. Damit ist die parlamentarische Verfassung de facto abgeschafft. Elser macht sich immer verdächtiger. Er trägt ein Abzeichen des Roten Frontkämpferbundes an der Innenseite seines Rockaufschlages. In den Taschen finden die Zöllner Teile einer Bombe, eine Beißzange und eine Ansichtskarte des Münchner Bürgerbräukellers. Die Verhaftung wird nach München gemeldet. Die Nachricht vom Attentat ist inzwischen eingegangen. Elser wird nach München, später Berlin überstellt. Nach Verhören und Folter gesteht Elser die Tat, als er auf seine wundgescheuerten Knie angesprochen wird. Elsers Familienmitglieder und alle, die mit ihm Kontakt hatten, werden scharf verhört; darunter seine Schwester Maria aus Stuttgart, Lerchenstraße 52, die er noch kurz vor dem Attentat besucht hat. Motivation Elser mißtraut Hitlers Politik. Er ist Arbeiter und sieht seine Interessen nicht mehr vertreten. Seine Diagnose: Die Löhne sinken, die Arbeitszeit steigt. Nach der Sudetenkrise 1938 entschließt sich Elser, Hitler zu töten. Er will die Verhältnisse der Arbeiterschaft verbessern und einen Krieg verhindern. Durch die Münchner Friedenskonferenz läßt er sich nicht blenden, er ist überzeugt, daß Hitler den Krieg will. Die seit 1933 in der Arbeiterschaft von mir beobachtete Unzufriedenheit und der von mir seit Herbst 1938 vermutete unvermeidliche Krieg beschäftigten stets meine Gedankengänge. Der Gedanke der Beseitigung der Führung ließ mich damals nicht mehr zur Ruhe kommen und bereits im Herbst 1938 hatte ich den Entschluß gefaßt, die Beseitigung der Führung selbst vorzunehmen. Elser behält recht: Am 1. September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Als Eugen Rau im August 1939 Elser begegnet, bricht es aus seinem Freund Georg heraus: Mir kriegad in Deutschland koi bessera Zeit mehr, hend koi bessere Zukunft, bevor dui Regierung et end Luft gschprengt ischd. Ond i sag s dir, ich mach des no, i du s. Vorbereitungen 8. November 1938: Elser fährt nach München. Er nimmt an der jährlichen Gedenkfeier zum Hitlerputsch von 1923 teil. Elser sucht einen Ort, an dem etwas zu machen ist, wie er sagt. Er findet ihn im Bürgerbräukeller, in dem Hitler mit einer Rede den Gedenktag beendet. Für die Bombe, die Hitler und die Führung beseitigen soll, konstruiert Elser einen komplizierten Zeitzünder, der sich schon Tage im voraus einstellen läßt. In einem Steinbruch nimmt Elser Arbeit an; dort kann er unbemerkt Sprengstoff entwenden. August 1939: Elser zieht nach München und beginnt mit den Vorbereitungen vor Ort. Nachts läßt er sich in den Bürgerbräukeller einschließen und meißelt einen Hohlraum in den Pfeiler hinter Hitlers 3

Rednerpult. Die anstrengende Arbeit hinterläßt Spuren: Seine Knie sind aufgescheuert und geschwollen. Zwei Tage vor dem Attentat baut Elser die Bombe ein. Er stellt den Zündzeitpunkt auf 21.20 Uhr ein. Normalerweise spricht Hitler bis mindestens 22 Uhr. Attentat 7. November 1939: Elser ist mißtrauisch. Funktionieren die Uhrwerke? Er will Gewißheit. Der Bürgerbräukeller wird inzwischen bewacht. Trotzdem gelangt er in den Saal. Er überprüft den Zeitzünder. Alles funktioniert wie vorgesehen. Elser kann München verlassen. 8. November: Abends kommt Hitler, spricht vor seiner begeisterten Gefolgschaft. Hinter seinem Rücken tickt die Bombe. Doch Hitler hat es eilig. Er spricht kürzer als sonst, muß nach Berlin zurück. Vor drei Monaten sind deutsche Truppen in Polen einmarschiert, jetzt plant Hitler den Angriff auf Frankreich. 21.07 Uhr: Hitler verläßt mit der gesamten Führungsriege den Bürgerbräukeller. 13 Minuten später: Die Bombe explodiert. Pünktlich und präzise. Aber zur falschen Zeit. Die Saaldecke stürzt herunter. Dort, wo Hitlers Rednerpult stand, türmt sich ein meterhoher Schutthaufen. Elser hat sein Ziel um sieben Minuten verfehlt. 4

Flucht Als im Bürgerbräukeller noch der Zeitzünder tickt, fährt Elser mit dem Zug von München nach Friedrichshafen, von dort mit dem Schiff nach Konstanz. Sein Ziel: über die grüne Grenze in die Schweiz. Von sicherem Boden aus möchte er sich nach dem Attentat melden Unschuldige sollen nicht verdächtigt werden. Die Flucht ist perfekt geplant. Elser überläßt nichts dem Zufall. In Konstanz kennt er sich aus; sogar das Grundstück, auf dem er die scheinbar unbewachte Grenze überwinden möchte, ist ihm vertraut. Tage zuvor hat er sich noch davon überzeugt, daß seit dem Ausbruch des Krieges die Kontrollen nicht verschärft worden sind. Doch an diesem Abend ist alles anders. Elser nähert sich dem Grenzzaun. Er fühlt sich sicher. Doch wider Erwarten sind heute Zöllner da. Sie stellen den Verdächtigen um 20.45 Uhr. Elser läßt sich widerstandslos festnehmen. Geständnis Elser macht sich immer verdächtiger. Er trägt ein Abzeichen des Roten Frontkämpferbundes an der Innenseite seines Rockaufschlages. In den Taschen finden die Zöllner Teile einer Bombe, eine Beißzange und eine Ansichtskarte des Münchner Bürgerbräukellers. Die Verhaftung wird nach München gemeldet. Die Nachricht vom Attentat ist inzwischen eingegangen. Elser wird nach München, später Berlin überstellt. Nach Verhören und Folter gesteht Elser die Tat, als er auf seine wundgescheuerten Knie angesprochen wird. Elsers Familienmitglieder und alle, die mit ihm Kontakt hatten, werden scharf verhört; darunter seine Schwester Maria aus Stuttgart, Lerchenstraße 52, die er noch kurz vor dem Attentat besucht hat. 5

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Reaktionen Die Spekulationen im In- und Ausland gehen zunächst von einer Verschwörung aus. In Deutschland wird offiziell das Gerücht verbreitet, der englische Geheimdienst habe Elser angestiftet. Selbst als Elsers alleinige Täterschaft geklärt ist, wird er immer noch als ausführender Handlanger bezeichnet. Man will nicht öffentlich zugeben, daß ein einfacher Handwerker entschlossen und fähig war, allein eine solche Tat auszuführen. Im Ausland führt die Tatsache, daß das Attentat so knapp mißlungen ist, zu der verbreiteten Meinung, die Nazis selbst hätten es inszeniert, um Hitlers Bund mit dem Schicksal zu beweisen und gegen ihre Feinde noch härter vorgehen zu können. Elser wird gar als ehemaliger SS-Mann und Werkzeug Hitlers bezeichnet. Haft Elser gibt während seiner Haftzeit in umfangreichen Verhören nahezu sein ganzes Leben und Denken zu Protokoll. Mit der Rekonstruktion der Bombe während der Haft kann er schließlich seine alleinige Verantwortlichkeit für das Attentat im Bürgerbräukeller beweisen. Wie andere Sonderhäftlinge bewahrt man Elser auf, um ihn nach gewonnenem Krieg in einem großen öffentlichen Prozeß als Marionette ausländischer Geheimdienste verurteilen zu können. Am 6. April 1945 ergeht schließlich der zynische Befehl an die Lagerleitung, daß Elser bei einem der nächsten Bombenangriffe tödlich verunglücken solle, damit er dem Feind nicht in die Hände fällt. Am 9. April wird Elser hingerichtet. 8

Nachwirkung Nach dem Krieg wird Elser nicht rehabilitiert. Es melden sich einige angebliche Zeugen zu Wort, die behaupten, Elser habe ihnen selbst bestätigt, er sei zu der Tat angestiftet worden. Erst im Jahr 1969 gelingt den Historikern Anton Hoch und Lothar Gruchmann nach Einsicht in die Akten des Reichsjustizministeriums der endgültige Nachweis, daß Elser ohne Auftraggeber und Helfer sein Vorhaben alleine durchgeführt hat. Dem frühen Widerstandskämpfer Elser werden erst spät Ehrungen zuteil. Heute erinnern Gedenktafeln, Plätze und Straßen an ihn: in Königsbronn, Heidenheim, München, Konstanz und jetzt auch in Stuttgart. Impressum: STIFTUNGGEISSSTRASSESIEBEN Geißstraße 7, 70173 Stuttgart Dieses Gedenkblatt wurde erstellt von der Existenzgründer-Initiative Uni-Textbüro Stuttgart. Redaktion: Markus Eckstein, Friedhelm Rath, Martin Volz sowie Heike Gfrereis und Dirk Mende. Gestaltung: Otto Pfeiffer, Kulturmanagement, Bearbeitung PDF-Datei durch Markus Schmid Quellen: Georg-Elser-Arbeitskreis (Hg.): Georg Elser. Gegen Hitler - gegen den Krieg! Heidenheim 1989. Lothar Gruchmann, Anton Hoch: Georg Elser: Der Attentäter aus dem Volke. Der Anschlag auf Hitler im Münchner Bürgerbräu 1939. Frankfurt a. M. 1980. Peter Steinbach, Johannes Tuchel: Ich habe den Krieg verhindern wollen. Georg Elser und das Attentat vom 8. November 1939. Eine Dokumentation. Katalog zur Ausstellung. Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Berlin 1997. Peter-Paul Zahl: Johann Georg Elser. Ein deutsches Drama. Berlin 1982. Gefördert von der Stadt Stuttgart. 9