Existenzgründungen ein Weg der Arbeitsmarktintegration für ausländische Staatsbürger? Wissenschaftliche Tagung Arbeitsmarkt und Migration Wiesbaden, 01. Juni 2016 Dr. Rosemarie Kay, Brigitte Günterberg Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn IfM Bonn 2016 50-q 1
Gliederung 1) Forschungsziel und Datenbasis 2) Ergebnisse 3) Fazit und Implikationen IfM Bonn 2016 50-q 2
Ausgangslage Seit Jahren weisen Ausländer eine höhere Gründungsneigung auf als Deutsche. Dies ist Ausdruck von spezifischen rechtlichen Zugangsbedingungen zum Arbeitsmarkt, Arbeitsmarktdiskriminierung, Qualifikationsdefiziten und kultureller Prägung des Herkunftslandes. Der Schritt in die Selbstständigkeit stellt offenbar eine wichtige Erwerbsalternative für Ausländer dar. Für die Frage der Integration ist bedeutsam, wie substanziell und nachhaltig die Existenzgründungen von Ausländern sind. IfM Bonn 2016 50-q 3
Forschungsfragen Wie hat sich das gewerbliche Gründungsgeschehen differenziert nach Nationalitätengruppen seit 2004 entwickelt? Durch welche Merkmale sind die ausländischen Gründer und ihre Gründungen gekennzeichnet? Inwiefern bestehen Unterschiede zu deutschen Gründern und ihren Gründungen? IfM Bonn 2016 50-q 4
Datenbasis Mikrodaten der Gewerbeanzeigenstatistik des Statistischen Bundesamtes als Grundlage der Existenzgründungsstatistik des IfM Bonn Beschränkung: nur Existenzgründungen in der Rechtsform des Einzelunternehmens (2004: 86,4 %, 2015: 76,1 % aller gewerblichen Existenzgründungen) Mikrozensus Abgrenzung von Existenzgründungen nach dem Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme IfM Bonn 2016 50-q 5
Gliederung 1) Forschungsziel und Datenbasis 2) Ergebnisse 3) Fazit und Implikationen IfM Bonn 2016 50-q 6
Entwicklung der gewerblichen Existenzgründungen von Einzelunternehmen 2004 2015 Index 2004=100 180 160 140 120 100 80 60 100 116 80 125 73 129 61 153 134 124 56 55 53 164 161 164 47 140 133 40 36 34 32 30 20 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Deutsche Ausländer Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigenstatistik des Statistischen Bundesamtes). IfM Bonn 2016 50-q 7
Ausländeranteil an den gewerblichen Existenzgründungen von Einzelunternehmen 2004 2015 in % 50 44,8 46,5 43,9 44,0 40 34,4 38,5 30 20,8 23,6 27,5 28,7 30,5 20 15,3 10 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigenstatistik des Statistischen Bundesamtes). IfM Bonn 2016 50-q 8
Existenzgründungsintensität (gewerbliche Einzelunternehmen), 2004 2015, Deutsche und Ausländer 300 in % 250 209,0 250,7 234,0 224,4 200 150 138,5 159,2 171,1 175,5 170,9 184,7 178,9 169,7 100 50 89,0 71,6 65,6 55,4 50,6 49,9 47,8 43,4 32,9 31,3 29,8 28,2 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015* * Vorläufige Zahlen. Deutsche Ausländer Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigen- und Bevölkerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes). IfM Bonn 2016 50-q 9
Struktur der ausländischen Gründungen 2004 und 2009 bis 2015 nach Nationalitätengruppen 16,6 12,1 10,5 9,3 8,9 8,1 9,9 11,0 in % 36,6 31,3 28,2 25,6 26,9 32,1 31,9 60,6 17,4 23,0 29,7 34,7 34,8 25,1 23,6 1,1 19,6 33,2 34,5 32,1 30,3 29,6 32,5 33,1 2004 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 EU-8-Staaten EU-2-Staaten Restliches Europa Außereuropäisches Ausland Quelle: IfM Bonn (Basis: Gewerbeanzeigenstatistik des Statistischen Bundesamtes). IfM Bonn 2016 50-q 10
Verteilung der gewerblichen Existenzgründungen von Einzelunternehmen auf Wirtschaftsbereiche 2009 und 2014 nach Nationalität 0,7 0,6 0,2 0,7 2,3 5,0 1,5 4,3 27,8 35,8 9,4 41,9 43,1 10,1 43,7 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe in % 29,1 Baugewerbe 33,4 43,1 26,1 41,1 Handel, Gastgewerbe, Verkehr und Kommunikation Sonstige Dienstleistungen Ausländer Deutsche Ausländer Deutsche 2009 2014 Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 11
Ausländeranteil an den gewerblichen Existenzgründungen von Einzelunternehmen nach Wirtschaftsabschnitten 2009 und 2014 in % Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Bergbau Verarbeitendes Gewerbe Energieversorgung Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung Baugewerbe Handel Verkehr und Lagerei Gastgewerbe Information und Kommunikation Finanz- und Versicherungsdienstleistungen Grundstücks- und Wohnungswesen Freiberufl., wissenschaftl. und techn. Dienstleistungen Sonstige wirtschaftl. Dienstleistungen Erziehung und Unterricht Gesundheits- und Sozialwesen Kunst, Unterhaltung und Erholung Sonstige Dienstleistungen Insgesamt 19,4 20,6 21,2 1,9 4,0 20,6 25,7 15,9 15,8 6,4 7,0 8,9 9,7 11,7 14,6 12,1 17,4 22,6 25,3 26,1 31,8 34,9 51,9 50,8 56,6 31,9 44,4 39,4 45,1 30,5 34,0 36,5 45,3 47,0 42,2 43,9 67,6 77,0 2009 2014 Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 12
Verteilung der gewerblichen Existenzgründungen von Ausländern und Deutschen auf Arten der Existenzgründung in % 16,4 10,2 8,2 8,7 10,9 14,5 71,7 82,2 85,6 80,6 78,9 73,8 11,9 7,5 6,1 10,8 10,2 11,7 2004 2009 2014 2004 2009 2014 Ausländer Deutsche Betriebsgründungen von Hauptniederlassungen Echte Kleingewerbegründungen Übernahmen durch Erbfolge, Kauf, Pacht Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 13
Einfluss der Herkunft der Gründer auf die Art der Existenzgründung 2014 multivariate Analyse I Variable Betriebsgründung Übernahme Herkunft Deutschland (Ref.: Ausland) + + Kontrollvariablen Geschlecht Wirtschaftsbereiche Bundesland Vergleichsgruppe: Kleingewerbe Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 14
Verteilung der gewerblichen Existenzgründungen von Ausländern auf Arten der Existenzgründung nach Nationalitätengruppen 1,3 1,0 1,8 1,8 in % 16,0 17,8 20,1 17,4 18,0 18,6 94,5 96,4 95,1 96,0 73,1 71,5 68,5 71,8 70,5 69,2 4,2 2,6 3,1 2,2 10,9 10,8 11,4 10,8 11,5 12,2 2009 2014 2009 2014 2009 2014 2009 2014 2009 2014 EU-8-Staaten EU-2-Staaten Echte Kleingewerbegründungen TOP6-Flüchtlingsherkunftsländer Restliches Europa (ohne Albanien, Kosovo und Serbien) Außereurop. Ausland (ohne Afghanistan, Irak und Syrien) Betriebsgründungen von Hauptniederlassungen Übernahmen durch Erbfolge, Kauf, Pacht Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 15
Einfluss der Herkunft der Gründer auf die Art der Existenzgründung 2014 multivariate Analyse II Variable Betriebsgründung Übernahme Herkunft (Ref.: Deutschland) EU-8-Staaten - - EU-2-Staaten - - TOP6-Flüchtlingsherkunftsländer - + Restl. Europa (ohne Albanien, Kosovo, Serbien) + + Außereurop. Ausland (oh. Afghanistan, Irak, Syrien) ns + Kontrollvariablen Geschlecht Wirtschaftsbereiche Bundesland Vergleichsgruppe: Kleingewerbe Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 17
Anteil der Existenzgründungen von gewerblichen Einzelunternehmen mit Beschäftigten, Deutsche und Ausländer Deutschland Ausland Darunter: EU-8-Staaten EU-2-Staaten Restliches Europa (ohne Albanien, Kosovo, Serbien) Außereuropäisches Ausland (ohne Afghanistan, Irak, Syrien) Insgesamt 1,4 1,5 1,7 1,8 3,7 7,6 8,8 10,6 11,4 11,2 10,6 11,5 13,3 14,5 15,2 16,1 15,0 18,0 18,4 17,0 18,1 in % 2004 2009 2014 Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 20
Einfluss der Herkunft der Gründer auf Gründung mit Beschäftigten 2014 nach Art der Gründung multivariate Analyse I Variable Betriebsgründung Übernahme Herkunft Deutschland (Ref.: Ausland) - + Kontrollvariablen Geschlecht Wirtschaftsbereiche Bundesland Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 21
Anteil der Existenzgründungen von gewerblichen Einzelunternehmen mit Beschäftigten, Deutsche und Ausländer Davon: Deutschland Ausland EU-8-Staaten EU-2-Staaten Restliches Europa Außereuropäisches Ausland Insgesamt 1,4 1,5 1,7 1,8 3,7 7,6 8,8 10,6 11,4 11,2 10,6 11,5 13,3 14,5 15,2 16,1 15,0 18,0 18,4 17,0 18,1 in % 2004 2009 2014 Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 22
Einfluss der Herkunft der Gründer auf Gründung mit Beschäftigten 2014 nach Art der Gründung multivariate Analyse II Variable Betriebsgründung Übernahme Herkunft (Ref.: Deutschland) EU-8-Staaten - ns EU-2-Staaten - - TOP6-Flüchtlingsherkunftsländer + - Restl. Europa (ohne Albanien, Kosovo, Serbien) + ns Außereurop. Ausland (oh. Afghanistan, Irak, Syrien) + - Kontrollvariablen Geschlecht Wirtschaftsbereiche Bundesland Quelle: IfM Bonn (Basis: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Gewerbeanzeigenstatistik). IfM Bonn 2016 50-q 24
Monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von Gründenden 2004 2014 Deutschland 1.545 1.840 Ausland 1.389 1.378 EU-Ausland 1.676 1.391 EU-8-Staaten / 1.149 EU-2-Staaten / 1.370 Restliches Europa 1.291 1.451 Außereuropäisches Ausland 1.152 1.245 Quelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus;. IfM Bonn 2016 50-q 25
Gliederung 1) Forschungsziel und Datenbasis 2) Ergebnisse 3) Fazit und Implikationen IfM Bonn 2016 50-q 28
Fazit und Implikationen Gründungen von Ausländern im gewerblichen Bereich haben erheblich an Bedeutung gewonnen. Allerdings hatte allein die Anzahl der Gründungen von Bürgern der ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten zugenommen, die der übrigen ist ebenso wie die der Deutschen zurückgegangen. Die ausländischen Gründenden und ihre Gründungen sind ebenso heterogen wie die deutschen Gründenden und ihre Gründungen. Allerdings: die Gründungen der Bürger der ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten unterscheiden sich in Hinblick auf Branchenzugehörigkeit und Gründungsgröße von den Gründungen der Deutschen und anderer Ausländer. Ausgehend von der wirtschaftlichen Substanz der Gründungen und ihrer damit verbundenen Nachhaltigkeit bietet die Existenzgründung den verschiedenen Nationalitätengruppen unterschiedlich gute Chancen der Teilhabe am Erwerbsleben. IfM Bonn 2016 50-q 29
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