Jena wird Fairtrade Stadt!

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Transkript:

Projekt: Faires und weltoffenes Jena Institut für Bildung und Kultur Lehrstuhl Historische Pädagogik und Erziehungsforschung Am Planetarium 4, 07743 Jena, Tel. 03641/945333, benjamin.bunk@uni-jena de Jena wird Fairtrade Stadt! Zusammenfassung des Projektberichts Faires und weltoffenes Jena Projektlaufzeit: 9. September bis 31. Dezember 2011 Projektleitung: Projektmitarbeit: Benjamin Bunk Katharina Kühnle

Zusammenfassung des Berichts Jena möchte sich als faire und weltoffene Stadt präsentieren und sich um den Titel Fairtrade Stadt bewerben. Eine Teilnahme am Wettbewerb Hauptstadt des Fairen Handels 2013 wird angestrebt. Beides sind erste Schritte einer Implementierung und Förderung des Bereichs kommunale Entwicklungspolitik. Damit setzt Jena ein Zeichen für die lokale Auseinandersetzung mit Globalisierung, Gerechtigkeit in der Welt und mehr Weltoffenheit in Jena. Neben zeitgemäßen Anregungen für den Bildungsbereich kann ein solcher Prozess auch als ein Mechanismus der lokalen Wirtschaftsförderung in einem innovativen und wachsenden Bereich verstanden werden. In einer Steuerungsgruppe werden seit Sommer 2011 die verschiedensten Partner aus Zivilgesellschaft, Stadt, Politik, Bildungseinrichtungen und Wirtschaft zusammen gebracht, um zu beraten, wie global verantwortliches Denken und Handeln in der Bevölkerung verankert werden kann. In dem vom Dezernat Stadtentwicklung in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Begleitprojekt Faires und weltoffenes Jena, angesiedelt am Institut für Bildung und Kultur der Universität Jena, wurde nun, in begrenztem Umfang, eine Potenzialanalyse der bestehenden Handlungsfelder und Akteure einer lokalen Entwicklungspolitik durchgeführt, Aktionsideen gesammelt und Perspektiven für Umsetzungsstrategien eröffnet. Zu Beginn des Berichts erfolgt ein kurzer Überblick über den Fairtradestadt- und Hauptstadtwettbewerb als Implementierungsstrategien kommunaler Entwicklungspolitik (Kapitel 2). Um Impulse und Anregungen geben zu können, wurde zunächst geklärt, welche Themen und Handlungsbereiche für das Vorhaben Jena wird Fairtrade Stadt relevant sind (Kapitel 3). Danach wurden möglichst umfassend Initiativen und Akteure recherchiert, die sich in Jena mit den Themenbereichen fairer Handel, Entwicklungspolitik, Eine Welt oder kulturelle Arbeit zu Ländern der Südhalbkugel befassen. Die Ergebnisse wurden in einer Datenbank systematisiert dargestellt und ausgewertet (Kapitel 4). Auf Grundlage dieser Analyse wurden Handlungsfelder definiert und Aktionsstrategien und -ideen erarbeitet (Kapitel 5), um Perspektiven für einen langfristig und nachhaltig angelegten Prozess einer kommunalen Entwicklungspolitik zu eröffnen, der eine dauerhaften Zertifizierung als Fairtrade Stadt inne wohnt. (Kapitel 6). In Jena gibt es bereits viele herausragende Beispiele in den Bereichen fairer Handel, Globales Lernen in Bildungseinrichtungen und Projekt- und Städtepartnerschaften mit Entwicklungsländern. Die vielfältigen, von unten gewachsenen Initiativen und Akteure haben jedoch noch ein großes Entwicklungspotenzial, was Vernetzung und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit angeht. Einige Akteursgruppen scheinen nur unzureichend integriert, und in vielen Bereichen bedarf es zusätzliche Koordination und Förderung, um in der Breite wirksam zu werden. Eine zentrale Aufgabe des Vorhabens Jena wird Fairtrade Stadt ist es daher, eine Austausch- und Vernetzungsplattform zu schaffen, Akteure und Initiativen zu stärken und gemeinsames Handeln zu koordinieren. 2

Mit dem Stadtratsbeschluss Jena wird Fairtrade Stadt hat sich Jena entschieden, bereits bestehendes entwicklungspolitisches Engagement gezielt zu fördern und sich an das Politikfeld kommunale Entwicklungspolitik heranzuwagen. Damit findet sich Jena in bester Gesellschaft von 60 Fairtrade Städten in Deutschland und über 1000 Fairtrade Towns in 22 Ländern weltweit. In Thüringen und in den neuen Bundesländern ist dies jedoch (noch) eine beachtenswerte Ausnahme. Entwicklungspolitisches Engagement in Jena In einem ersten Schritt wurden möglichst umfassend Initiativen und Projekte recherchiert, die entwicklungspolitisch aktiv sind. Die entstandene Datenbank umfasst rund 90 potenziell relevante Initiativen und Projekte. Daraus lassen sich folgenden Akteursgruppen bestimmen: Akteursgruppen: Zivilgesellschaft, Hochschule, Bildungseinrichtung, Unternehmen, Stadt, Politik, Kirche, Migranten_innen, Medien Diese Akteure engagieren sich mit den unterschiedlichsten Projekten, Veranstaltungen und Aktivitäten in einem oder mehreren der folgenden Handlungsbereiche: Handlungsbereiche: Koordination, Information/Öffentlichkeitsarbeit, Politik und Gesellschaft, Bildung, Forschung, Migration, Kultur, Event, Städtepartnerschaft, Schulpartnerschaft, Projektpartnerschaft, faire Beschaffung, Handel, Gastronomie Besonders interessant für die weitere Prozessentwicklung und Förderung von Strukturen sind einerseits Bereiche, die bereits etabliert sind (denn deren weitere Förderung verspricht guten Erfolg) und andererseits bisher wenig ausgeprägte Bereiche (die entwickelt oder integriert werden könnten oder müssten). Sieht man sich die Aktivitäten in den verschiedenen Handlungsfeldern an, fällt auf Anhieb auf, dass die Bereiche Bildung und Politik und Gesellschaft mit Abstand die am meisten bearbeiteten sind. Das korrespondiert mit den beiden aktivsten Akteuren: Die Zivilgesellschaft und die Hochschulen bearbeiten größtenteils diese beiden Handlungsfelder. Entwicklungspotenzial scheint es in einer besseren Verknüpfung mit politischen Akteuren oder Akteuren aus öffentlichen Bildungseinrichtungen zu geben. Der hohe Grad an Engagement der Akteursgruppe Zivilgesellschaft spiegelt sich auch wieder in den umfangreichen Aktivitäten in den Handlungsfeldnern Kultur und Projektpartnerschaften. Eine überwiegend zivilgesellschaftlich geprägte Akteursgruppe erscheint auffallend inaktiv: Migranten_innen. Diese Eindruck kann aufgrund mangelnder Rückmeldungen und schwierig zu erfassenden privaten Handlungsebenen täuschen. Zudem gibt es Migranten_innen, die äußerst aktiv sind, ohne ihrer Rolle als Migranten_innen hervorzuheben. Dass Migranten_innen, gerade in institutionalisierter Form, dennoch so wenig präsent sind, kann aber auch bedeuten, dass gerade die Akteursgruppe, um deren Heimatländer es bei fairem Handel und Entwicklungspolitik geht, nur ungenügend einbezogen oder gefördert wird. 3

Weiterhin fällt auf, dass das Engagement der Jenaer Unternehmen im fairen Handel deutlich erkennbar ist. Betrachtet man die Aktivitäten der Gastronomie- und Handelsbetriebe gemeinsam, stellt die hiesige Wirtschaft den zweitaktivsten Akteur. Fair gehandelte Produkte gehören in Jena also zum Stadtbild. Eine eventuelle finanzielle Unterstützung zivilgesellschaftlicher Projekten oder eine eventuell praktizierte faire Beschaffungspolitik in größeren Unternehmen war in der Kürze der Zeit nicht zu erfassen. Die Vermutung besteht, dass in diesem Bereich erhebliches Entwicklungspotenzial besteht. Hierfür wären jedoch genauere Untersuchungen notwendig. Was städtische Akteure wie den Stadtrat und die Stadtverwaltung angeht, waren deren Aktivitäten im Vergleich zu den zivilgesellschaftlichen Akteursgruppen bislang gering ausgeprägt. Der nun vorliegende Stadtratsbeschluss könnte sich als entscheidender Impuls erweisen. Gerade in den beiden städtischen Kernbereichen mit dem größten Potenzial, Städtepartnerschaften und faire Beschaffung, zeigte sich bereits zuvor vermehrt Engagement. Insgesamt sind entwicklungspolitische Themen in der städtischen und allgemeinen Öffentlichkeit nicht prominent vertreten. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass globale Themen vermeintlich keinen lokalen Charakter haben. Ein weiterer Grund könnte in der Vielfalt der Aktivitäten liegen (die von einem hohen Interesse für entwicklungspolitische Anliegen zeugt). Eine Ursache könnte aber auch in der mangelnden gezielten Informations- oder Öffentlichkeitsarbeit zu relevanten Themen liegen. Dementsprechend gering scheint die Abdeckung entwicklungspolitischer Themen durch die hiesigen Medien, den die Jenaer Akteure beklagen. Insgesamt fällt auf, dass sämtliche relevante Gesellschaftsgruppen aktiv sind: kommunale Akteure wie der Stadtrat und die Stadtverwaltung, Bildungseinrichtungen, Wirtschaftsunternehmen und zivilgesellschaftlich geprägte Gruppen. Dementsprechend finden in vergleichsweise vielen Handlungsbereichen Aktivitäten statt. Auf Nachfrage bei der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt 1 war dies mit ein Grund dafür, dass Jena im Wettbewerb Hauptstadt des Fairen Handels 2011 in die nähere Auswahl kam. Aktionsideen und Perspektiven für die Umsetzung Ausgehend von der Potenzialanalyse wurden einzelne Aktionsideen gesammelt und erarbeitet. Sie bieten jedoch nur eine vorläufige Orientierung. Berücksichtigt wurden Handlungsfelder und Akteure, die (1) bereits sehr aktiv sind und daher mit wenig Aufwand nachhaltig gestärkt werden können (Bildung, Städtepartnerschaften, Handel und Gastronomie, Zivilgesellschaft) und (2) Bereiche, die nur in Ansätzen entwickelt sind, für eine umfassende Strategie aber notwendig erscheinen (Information/Öffentlichkeitsarbeit, faire Beschaffung, Migranten_innen). Eine übergreifende, Aufgabe ist die breitere Wahrnehmung und Verankerung der Themen Globalisierung, Verantwortung und Gerechtigkeit in der Einen Welt und fairer Handel in der Öffentlichkeit. 1 www.service-eine-welt.de Die Servicestelle arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (www.bmz.de). 4

Aufgrund der derzeitigen finanziellen und strukturellen Voraussetzungen sollte sich die Umsetzung von Aktionsideen an zwei Leitlinien orientieren. Die erste Leitlinie ergibt sich aus der Tatsache, dass in Jena bereits eine Vielzahl an Aktivitäten stattfinden: Die Vernetzung, Unterstützung und öffentliche Sichtbarmachung vorhandener Aktivitäten hat Vorrang vor dem Anstoß neuer Aktivitäten. Die zweite Leitlinie ergibt sich aus der Tatsache, dass bisher kein koordinierender Akteur oder umfassende Mittel zur langfristigen Entwicklung zur Verfügung stehen: Aktivitäten im Rahmen des Vorhabens Jena wird Fairtrade Stadt werden möglichst in bestehenden Aktivitäten integriert oder mit anderen kommunalpolitischen Bereichen verknüpft. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass die bisherigen Nischenthemen Fairtrade und Entwicklungspolitik verknüpft werden können mit Themen und Bereichen, die für die Stadt Jena aktuell prioritär scheinen (beispielsweise Bildung, internationale Städtepartnerschaften oder innovatives Wirtschaften). Weitreichendere Synergien sind vermutlich erst durch die gemeinsame Entwicklung dieser Bereiche unter dem Label kommunale Entwicklungspolitik zu erwarten. Indem die Stadt die Initiative zu einer Teilnahme an der Kampagne Fairtrade Towns und dem Wettbewerb Hauptstadt des Fairen Handels ergriffen hat, löst sie zwei Prozesse aus: Erstens fördert die Stadt das bereits vorhandene entwicklungspolitische Engagement von Akteuren unterschiedlichster Couleur und zweitens erschließt sich die Stadt dadurch das Politikfeld kommunale Entwicklungspolitik. Die gezielte Förderung und Weiterentwicklung bereits bestehenden Engagements durch die Stadt hat in Jena Tradition: Im Agenda-Beirat (Bereich Umwelt) und im KoKont (Bereich Fremdenfeindlichkeit) wird das Engagement der unterschiedlichsten Akteure zusammengeführt und erweitert. Mit der Etablierung einer kommunalen Entwicklungspolitik würde die Stadt eine weitere Säule lokalen Engagements fördern und aktivieren, die sich gut einfügt in ihr bereits bestehendes Engagement. Zu weiten Teilen handelt es sich lediglich um eine gemeinsame Entwicklung und Stärkung bereits bestehender städtischer Handlungsbereiche. Im Rahmen einer übergreifenden Stadtentwicklungsstrategie ergänzen entwicklungspolitische Initiativen die Lokale Agenda 21, die ihren Auftrag, nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene zu etablieren, bislang hauptsächlich in Umweltprojekten umgesetzt hat. Gleichzeitig fördern entwicklungspolitische Aktivitäten die Entstehung eines interkulturellen und weltoffenen Bewusstseins, das Voraussetzung ist für eine Absage an Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz. Diese drei Säulen und ihr Bezug auf die Herausforderungen Globalisierung, Umwelt und Fremdenfeindlichkeit können gemeinsam die Grundlage eines zivilgesellschaftlich orientierten Stadtentwicklung der Weltoffenen Lichtstadt Jena bilden. Es ist daher zu wünschen, dass die Stadt Jena die Bewerbungen als Fairtrade Stadt und Hauptstadt des Fairen Handels als Auftakt für eine kontinuierliche Unterstützung und Weiterentwicklung entwicklungspolitischen Engagements sieht. 5