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Transkript:

Deubner Verlag GmbH & Co. KG Wissenschaftlich begründetes KURZGUTACHTEN zur Problematik Volljährigenunterhalt - Ausbildungsbeihilfe erstellt im Auftrag von xx x Köln, den xxboo Oststr. 11 50996 Köln Telefon (0221) 93 70 18-0 Telefax (0221) 93 70 18 99 Geschäftsführer Ralf Wagner, Werner Pehland HRA 16268 Persönlich haftende Gesellschafterin ist die Deubner Verlag Beteiligungs GmbH, HRB 37127 Dresdner Bank AG Köln Konto 937 259 300 BLZ 370 800 40 Das Gutachten wurde nach bestem Wissen und wissenschaftlichen Maßstäben ausgearbeitet. Eine Haftung ist ausgeschlossen. Vorstehendes gilt nicht, soweit die Schadensursache auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht.

I. Sachverhalt und Fragestellung Mandantin (M) ist 19 Jahre alt. Sie hat eine 3 jährige Tochter (geb. 2008) und wohnt mit ihrem Freund (nicht der Kindsvater) in einer eigenen Wohnung. M hat im September 2011 eine Ausbildung (Erstausbildung) begonnen und begehrt von ihren Eltern seit Februar 2011 Unterhalt. Bis zum Ausbildungsbeginn war sie nicht arbeitstätig und hat sich um ihre Tochter gekümmert. Fragen: 1) Hat M in der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn gegenüber ihren Eltern einen Unterhaltsanspruch? Der Kindsvater selbst ist nicht leistungsfähig - er besucht noch die allgemeinbildende Schule. 2) Hat M einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern für die Zeit seit Ausbildungsbeginn - auch wenn sie keinen Antrag auf Beraufsausbildungsbeihilfe gestellt hat. (Vermutlich hat M einen Anspruch.) Berechnet man den Unterhalt - ohne Berücksichtigung eines möglichen Anspruchs auf BAB - ergäbe sich ein Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern in Höhe von 95,00 EUR monatlich. II. Gutachterliche Stellungnahme 1. Allgemeines Das Unterhaltsrecht eines Kindes bestimmt sich nach den 1601 ff BGB. Dem Unterhaltsanspruch liegt folgende Prüfungsreihenfolge zu Grunde. 1.1. Haftung, 1606 III BGB: 1.1.1. Minderjähriger Beim minderjährigen Kind, das von einem Elternteil betreut wird, ist in der Regel allein der eine Elternteil barunterhaltspflichtig, 1606 III 2 BGB. Die Eltern leisten den Unterhalt in der Regel durch Betreuung und Pflege (Diederichsen, in Palandt, Kommentar zum BGB, 1606, Rn. 6 ff). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Betreuungsund Barunterhalt gleichwertig sind. Der Betreuungsbedarf deckt die tatsächliche Versorgung mit Nahrung, Kleidung, Wohnung, Unterricht, Pflege im Krankheitsfall, etc. des Unterhaltsberechtigten ab (vgl. Diederichsen, in: Palandt, Kommentar zum BGB, Einf. V. 1602, Rn. 2). Mit Barunterhalt sind die erforderlichen Geldmittel gemeint, die an die Stelle des Betreuungsunterhalts treten. (vgl. Palandt, aao). 1.1.2. Volljährige Beim volljährigen haften beide Eltern entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit gemäß 1606 III 1 BGB anteilig. Entsprechend wären Haftungsquoten zu bilden (vgl. Palandt, aao, 1606 Rn. 9). Hier spielt besonders der Barunterhalt eine große Rolle. Ein Ausbildungsunterhalt bzw. einen Unterhaltsanspruch während der Ausbildung gibt es nur für sog. Privilegierte Volljährige (BGH FamRZ 2002, 815). Zur erweiterten Unterhaltspflicht gegenüber einem Volljährigen vergleiche auch Diederichsen, in Palandt, Kommentar zum BGB, 1603 Rn.56). Der BGH hat in seiner Entscheidung zu den Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs wie folgt ausgeführt:

Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung ist im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung unter Heranziehung der zu 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach hat eine Eingrenzung des Begriffs in drei Richtungen zu erfolgen: nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und nach der Organisationsstruktur der Schule (Senatsurteil vom 10. Mai 2001 - XII ZR 108/99 - FamRZ 2001, 1068,1069 f.). Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Gesamtschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt. Die Voraussetzungen des 1603 II 2 BGB lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1) das Ausbildungsziel muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses sein 2) die zeitliche Beanspruchung muss die Arbeitskraft des Schülers weitestgehend ausschöpfen 3) die Organisationsstruktur der Schule muss eine kontrollierte Ausbildung sicherstellen Der Entscheidung lässt sich entnehmen, dass unter einem privilegierten Volljährigen in der Regel derjenige Unterhaltspflichtige gemeint ist, der seiner allgemeinen Schulausbildung nachkommt. Die Gleichstellung mit einem Minderjährigen erfolgt jedoch auch nur dann, wenn das volljährig gewordene Kind noch unverheiratet ist und im Haushalt mindestens eines Elternteils ist (vgl. Palandt, aao). 1.2. Bedarf, 1610 BGB Beim Bedarf des Unterhaltsberechtigten ist die sog. Düsseldorfer Tabelle als Berechnungsgrundlage heranzuziehen. Entsprechend haben die Unterhaltsverpflichteten die Leistungen zu gewähren (vgl. Diederichsen, in: Palandt Kommentar zum BGB, vor 1601, Rn. 14 ff; BGH FamRZ 2001, 1603). Auch hier ist die Unterscheidung zwischen dem Minderjährigen und dem Volljährigen zu treffen. 1.2.1. Minderjähriger Beim Minderjährigen leitet sich dessen Lebensstellung von dem der Eltern ab, 1601 BGB (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB. Es hat grundsätzlich Anspruch auf den gesamten Lebensbedarf, 1610 II BGB. Maßgeblich sind daher die grundsätzlichen Einkommensverhältnisse der Eltern. Gemäß 1612a BGB hat der Minderjährige die Wahlmöglichkeit zwischen

1) statischem Festbetrag 2) Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts 3) Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts nach allen 3 Altersstufen bis zum 18.Lebensjahr (sog. Dynamisierung) 1.2.2. Volljähriges Kind in der Ausbildung Der Anspruch des Volljährigen in der Ausbildung bestimmt sich nach 1610 II BGB, sog. Ausbildungsunterhalt. Hierbei ist auch maßgeblich, ob das Kind in einem eigenen Haushalt lebt, oder noch bei den Eltern wohnt. Grundsätzlich leitet sich auch hier die Lebensstellung des Volljährigen von dem der Eltern ab (vgl. Diederichsen, in: Palandt: Kommentar zum BGB, 1610, Rn. 2). Der Bedarf des Volljährigen umfasst die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird daher eine wirtschaftlich zumutbare, optimale begabungsbezogene Berufsausbildung. Bei einem volljährigen Kind mit eigenem Hausstand wird durch die anerkannten Tabellenwerke von einem Festbetrag von 640 monatlich ausgegangen (vgl. hierzu: Palandt, 1610, Rn. 16 ff). Im Rahmen der Bedürftigkeit (s.u. 1.3.) wird entsprechend der jeweilige Unterhaltsanspruch wieder bereinigt. Der Ausbildungsanspruch dauert grundsätzlich solange, bis die Erstausbildung abgeschlossen ist. Dies ist hier unproblematisch, da es sich bei der Mandantin um eine Erstausbildung handelt. 1.3. Bedürftigkeit, 1602 BGB 1.3.1. Minderjähriger Beim minderjährigen Kind ist wieder die Lebensstellung der Eltern zu beachten. Ausführlich kann hier auf die Kommentierung bei Palandt genommen werden, 1602 BGB). Es muss hierbei berücksichtigt werden, dass Erträge des Minderjährigen dessen Bedürftigkeit mindern. Von den Erträgen sind jedoch zunächst sämtliche Ausgaben abzuziehen, die zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens gehören, 1649 I 1 BGB. Der Vermögensstamm des Minderjährigen muss nicht angegriffen werden, 1602 II BGB. Dies gilt ausnahmsweise dann, wenn die Eltern nicht leistungsfähig sind. Bis zum Ausbildungsende kann der Minderjährige daher auch einen entsprechenden Unterhalt verlangen. Nachdem das Kind eine Ausbildungsverpflichtung hat, besteht in diesem Zeitraum keine Erwerbsobliegenheit. D.h. es wird weder ein tatsächliches noch ein fiktives Einkommen zur Kürzung der Anspruchs herangezogen. Nebenjobs (400-Jobs) sind in der Regel unschädlich und nicht auf den Ausbildungsunterhalt anzurechnen. Erst mit Abschluss der Ausbildung beginnt die Erwerbsobliegenheit des Minderjährigen. Das OLG Rostock hat sich zur Anrechnung (fiktiven) Einkommens auf den Unterhaltsanspruch in seinem Beschluss vom 18.10.2006-10 WF 103/06 wie folgt geäußert: Auch Minderjährige trifft für die Zeit, in der sie nicht zur Schule gehen und auch keine Ausbildung absolvieren, eine Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (OLG Brandenburg, MDR 2005, 340, 341). 1600 II BGB zeigt, dass auch bei Kindern Einkünfte aus Arbeit zumutbar sind (OLG Karlsruhe, FamRZ 1988, 758). Das gilt zumindest für die vom Ast. angedachte Teilerwerbstätigkeit von 10 Stunden pro Woche (OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 442, 443). Für eine Erwerbsobliegenheit ei-

nes Minderjährigen, der sich weder in der Schulausbildung befindet noch einer Ausbildung nachgeht, spricht die Beistandspflicht gem. 1618 a BGB (OLG Brandenburg, a.a.o.). Schutzbedürftige Belange des Minderjährigen stehen einer Erwerbsobliegenheit nicht entgegen (andere Auffassung ohne nähere Begründung: OLG Hamburg, FamRZ 1995, 959). Im Gegenteil dürfte es für die Entwicklung der 16-jährigen Ag. förderlich sein, wenn sie zu ihrem eigenen Lebensunterhalt beiträgt. Soweit eine Erwerbsobliegenheit zwischen Abitur und Studienbeginn verneint wird (OLG Hamm, FamRZ 2006, 1479), steht dies nicht im Widerspruch zu der hier vertretenen Ansicht. Denn die zu überbrückende Zeitspanne ist kürzer als im vorliegenden Fall. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, auch, dass während der normalen Ausbildungszeiten die Anrechnung eines fiktiven Einkommens grundsätzlich ausscheidet. Weiterhin zu berücksichtigen ist, dass auch das Kindergeld den Bedarf ganz oder teilweise mindert, 1612 b BGB. Erzielt das minderjährige Kind Einkommen, durch z.b. einen Schülerarbeit oder Ferienjobs ist dieses Einkommen in aller Regel nicht auf den Kindesunterhalt anzurechnen. Anders verhält sich dieses bei der Ausbildungsvergütung. Diese wird nach Abzug eines ausbildungsbedingten Aufwandbetrages (derzeit 90,- ) hälftig auf den Kindesunterhalt anzurechnen. Der verbleibende Teil der Ausbildungsvergütung wird zu gleichen Teilen auf den Barunterhalt und den Betreuungsunterhalt der Eltern angerechnet (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 1610, Rn. 2; 1602, Rn. 11). 1.3.2.Volljähriger Das volljährige Kind ist als Erwachsener zu behandeln. Es ist, soweit es sich nicht um eine Ausbildung handelt, für sich selbst verantwortlich, so dass ein Unterhaltsanspruch dann ausscheidet. Der Volljährige muss seine gesamte Arbeitskraft einsetzen, um selbst seinen notwendigen Lebensbedarf zu decken (vgl. Palandt, 1602, Rn. 12 bis 15). Es muss ggf. auch seinen Vermögensstamm verwerten. Während der Ausbildung besteht grundsätzlich keine Erwerbsobliegenheit. Das erwirtschaftete Einkommen des Volljährigen ist jedoch voll zu berücksichtigen, 1606 III 1 BGB. Es ist voll auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 1606, Rn. 5 ff). D.h. auch beim Volljährigen wird der Bedarf um das Ausbildungseinkommen gemindert. 1.4. Leistungsfähigkeit Die Leistungsfähigkeit betrifft in erster Linie den Unterhaltsverpflichteten. Sie bestimmt sich nach dem Einkommen des Verpflichteten, also regelmäßig der Eltern. Nachdem hierzu keine Angaben gemacht wurden, ist von einer Leistungsfähigkeit der Eltern auszugehen. 2. Unterhaltsanspruch gegen den Freund sowie den Kindesvater der Mandantin

Der vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass gegenüber dem Freund der Mandantin, auch wenn dieser in einer gemeinsamen Wohnung lebt, keine Unterhaltsverpflichtung trifft, weil dieser auch nicht der Kindsvater ist. Der Kindsvater ist nach der Sachverhaltsangabe nicht leistungsfähig, so dass ein Unterhaltsanspruch nicht durchgesetzt werden kann. 3. Frage 1: Unterhaltsanspruch vor Ausbildung Die Mandantin war zum Zeitpunkt vor der Ausbildung Minderjährig, so dass sie Anspruch auf Unterhalt geltend machen kann. Umfang und Ausmaß des Unterhaltsanspruchs bestimmt sich nach den oben genannten Kriterien. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Kindergeld nach Rechtsprechung des BGH, abgedruckt in FamRZ 2006, 99, auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen ist. Frage 2: Unterhaltsanspruch während Ausbildung Mit Volljährigkeit geht der Unterhaltsanspruch nicht unter. Dieser erstreckt sich auch bis zum Ende einer Berufsausbildung. In der Entscheidung des Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 08.12.2009, Aktenzeichen 10 UF 17/05, befinden sich Ausführungen zum Unterhalt Volljähriger in Ausbildung und eigenem Haushalt. Hierbei werden Festbeträge festgesetzt. Das OLG Brandburg führt hierzu wie folgt aus: Der Beklagte ist gemäß 1601 BGB seiner Tochter, der Klägerin, gegenüber verpflichtet, Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, 1610 Abs. 2 BGB. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält (BGH, FamRZ 2006, 1100, 1101). Der feste Bedarfsbetrag für im eigenen Haushalt lebende volljährige Kinder, der für die Klägerin danach für den gesamten Unterhaltszeitraum anzusetzen ist, beläuft sich auf: - 575 von Oktober 2002 bis Juni 2005 (Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2003), - 590 für die Zeit ab Juli 2005 (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.7.2005 und 1.7.2007) Darauf, dass sich der Unterhaltsbedarf ab Januar 2008 auf 640 erhöht hat (vgl. Nr. 13.1.2 der Unterhaltsleitlinien des Thüringer Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008), kommt es nicht an, da, wie ausgeführt, ein Unterhaltsanspruch der Klägerin dem Grunde nach längstens bis September 2007 besteht.

Bedürftig ist die Klägerin nur, soweit ihr Unterhaltsbedarf nicht durch eigene Einkünfte gedeckt ist. Bedarfsdeckend anzurechnen ist zunächst das volle Kindergeld. Dies gilt auch für die Zeit vor dem 1.1.2008, als noch nicht ausdrücklich gesetzlich bestimmt war, dass in den Fällen, in denen nicht ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs in voller Höhe anzurechnen ist, 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB n. F. Denn die frühere Vorschrift zur Anrechnung des Kindergeldes, 1612 b BGB in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, war auf den Volljährigenunterhalt nicht anwendbar (vgl. BGH, FamRZ 2006, 99; siehe auch BGH, Urteil vom 21.1.2009, Rz. 32 f.). Anzurechnen sind für die Zeit von Oktober 2002 bis September 2007 durchgängig 154. Zumindest zur Hälfte bedarfsdeckend anzurechnen sind die Einkünfte, welche die Klägerin ab Juli 2006 aus Nebentätigkeit erzielt hat. Allerdings ist ein volljähriger Auszubildender grundsätzlich nicht verpflichtet, neben der Ausbildung eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Gleichwohl erzieltes Einkommen stammt aus überobligatorischer Tätigkeit. Es ist entsprechend 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht anrechenbar, wenn das Kind nicht den vollen Unterhalt erhält, darüber hinaus nach Billigkeit, 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB (Wendl/Scholz, a. a. O., 2, Rz. 350). Ein Fall des 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB ist vorliegend nicht gegeben. Der Beklagte und die neben ihm anteilig barunterhaltspflichtige Mutter der Klägerin sind in der Lage, für den Bedarf, der durch sonstige Einkünfte der Klägerin nicht gedeckt ist, in vollem Umfang einzustehen. Aus Billigkeitsgründen kommt eine volle Anrechnung des Einkommens dann nicht in Betracht, wenn die Nebentätigkeit, zu deren Ausübung keine Verpflichtung bestand, gerade deshalb aufgenommen wurde, um jenseits der Unterhaltsleistungen der Eltern finanzielle Spielräume zur Erfüllung eigener Wünsche zu haben. Andererseits entspricht es auch in einem solchen Fall nicht der Billigkeit, die Nebeneinkünfte vollständig unberücksichtigt zu lassen, wenn der Unterhaltsschuldner schon nicht unerhebliche Unterhaltsleistungen erbringt (Senat, Urteil vom 22.1.2008-10 UF 95/07 -). Vielmehr ist dann regelmäßig eine hälftige Anrechnung der Nebeneinkünfte angemessen (vgl. auch Johannsen/Henrich/Büttner, Eherecht, 4. Auflage, 1577, Rz. 29). Ergebnis: Die Mandantin kann gegenüber den Eltern nach oben genannten Grundsätzen Ausbildungsunterhalt verlangen. Dies betrifft auch den Fall, dass die Mandantin bereits volljährig wurde. Hinsichtlich der Anrechnung ist auf obige Grundsätze zu verwei-

sen, so dass das Ausbildungseinkommen sowie Kindergeld anzurechnen sind. Hinsichtlich der Berufsausbildungsbeihilfe hat sich das OLG Brandenburg in seinem Beschluss vom 27.01.2006, Aktenzeichen 10 WF 5/06 wie folgt geäußert: Als Einkünfte des Kl. hat das AG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 5.12.2005 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich rd. 379 netto und eine Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von rd. 187 festgestellt, insgesamt also 566. Auf den Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes ist aber auch das staatliche Kindergeld in voller Höhe anzurechnen (BGH, Urteil vom 26.10.2005 - XII ZR 34/03 -, FamRB 2006, 3 = FamRZ 2006, 99), wovon auch das AG offenbar ausgegangen ist. Somit stehen dem Kl. zur Bedarfsdeckung 720 (= 566 + 154 Kindergeld) zur Verfügung. Das OLG Köln hat sich in seiner Entscheidung vom 01.03.1985 Aktenzeichen 4 UF 298/84, hierzu noch wie folgt geäußert: Dagegen ist die Berufsausbildungsbeihilfe, die dem Kläger ab 1. Oktober 1984 bis zum 30. Juni 1985 in Höhe von 307,- DM monatlich, gewährt wird, auf den Unterhaltsanspruch nicht anzurechnen, da diese Beihilfe gegenüber dem Unterhaltsanspruch subsidiär ist. Oben genannte Rechtsprechung des OLG Brandenburg ist hier heranzuziehen, so dass die BAB als Einkommen zu werten und anzurechnen ist. 4. Literaturhinweise: Palandt, Kommentar zum BGB: Kommentierung ab 1601 BGB Münchner Kommentar zum BGB: Kommentierung ab 1601 BGB