ZUNFTHAUS Bichlbach Vorgeschichte Kulturrunde Bichlbach Altes Widum Einblicke in die Geschichte und Geschicke Im Urbar (Ertrags-Zins- und Steuerbuch) des Tiroler Landesfürsten von 1406 ist unter den Höfen von Püchelpach auch ein "Widemhof" verzeichnet, der den Herren von Schwangau gehörte. Dieser Hof dürfte schon geraume Zeit davor (11. oder 12. Jh.) zur wirtschaftlichen Ausstattung der damaligen Eigenkirche St. Lorenz gehört haben. Auch der vom Kirchenherrn angestellte Geistliche dürfte seinen Lebensunterhalt daraus bezogen haben. Interessanterweise kommt 1406 neben dem genannten Widemhof auch noch ein "Kirchherrnhof" vor. Der große Zehent (von den Gläubigen eingehobene Abgaben) gehörte dem Stift Füssen; dieses hatte auch das Patronatsrecht (Recht der Stellenbesetzung, - aber auch Pflicht der baulichen Instandhaltung). Der kleine Zehent und verschiedene Kirchenopfer fielen der Pfarre zu. Seelsorglich gehörte Bichlbach zur mittelalterlichen Großpfarre Breitenwang. Zusammengestellt für die Kulturrunde Bichlbach- Wengle-Lähn von Hugo Zotz, 2004 (2. Auflage 2010) Am 27. Februar 1423 wurde Bichlbach auf Bitten der Bewohner an den Bischof von Augsburg zur selbstständigen Pfarre erhoben und derselben Heiterwang als Filiale zugewiesen. Von der Großpfarre Breitenwang zwar abgetrennt, stand Bichlbach aber weiterhin unter der Patronanz des Klosters St. Mang. Auch wollte der Bischof von Augsburg, "dass die Pfarrleute von Büchelbach ihrem Pfarrer auf ihre Kosten ein Haus bauen, worin er wohnen
mag, auch dazu eine Hofstatt ausstecken, und einen Garten herrichten... Ueberdieß sollen sie ihrem Pfarrer eine Wiese und einen Acker geben, damit er 2 oder 3 Rinder führen kann; endlich in Geld jährlich 32 Pfund Berner". (1 Pfund Berner = 12 Kreuzer, 1 Kreuzer = 1/60 Gulden). Den großen Zehent aber mussten die Leute weiterhin dem Stift St. Mang abführen. Erst 1544 löste die Pfarrgemeinde Bichlbach ihr Verhältnis zum St. Mang Kloster. Nach wiederholten Streitigkeiten wegen des Zehent und wegen Leistungen der Gemeinde an den Pfarrer verzichtete Abt Gregor Gerhofer gegen Entschädigung von 220 fl (Gulden) auf Patronats- und Zehentrecht zu Gunsten der Pfarrgemeinde. Das 16. Jh. war geprägt durch die Reformation und Gegenreformation. Von der Spaltung der Kirche in Katholiken und Protestanten war Bichlbach insofern betroffen, als die verheerenden Auswirkungen der zweimaligen Schmalkaldeneinfälle unter Moritz von Sachsen 1546 und vor allem 1552 Not, Elend und Zerstörung der Kirche und einiger Häuser gebracht hatten. Es litten aber auch die religiösen Verhältnisse. Zu dieser Zeit kam Jakob Halmsdorf als Pfarrer nach Bichlbach. Er hatte mit seiner Haushälterin eine Tochter, ein für die damalige Zeit nicht ungewöhnliches Vorkommnis. So kam auch 1600 Alexander Mark als Pfarrprovisor, der aber bald wegen seines unpriesterlichen Lebenswandels entlassen wurde. 1616 trennten sich die Heiterwanger "auf ewig" von der Pfarre Bichlbach. Dem damaligen Pfarrer Heinrich Ecklin ging es in Bichlbach nicht gut. Er war durch eine Krankheit an den Händen erlahmt. "Ihm seind die groben, unbescheidne Leit zu Bichlbach zugefahren, und haben ihm die Pfarre aufkindt... Der Dekan musste den unverständigen Gläubigen den starken Verweis geben, dass sie mit ihrem Seelsorger nicht umgehen als wie mit einem Kuh- oder Geißhirten". Die bäuerliche Bevölkerung war zu dieser Zeit noch durchwegs des Lesens und Schreibens unkundig. Auch die Pfarrer waren wenig gebildet und vielerorts mangelte es an kirchlicher Disziplin. Nach Überwindung der Zeit der Reformation und Gegenreformation kam bei der Tiroler Bevölkerung jener Geist zur Geltung, dem Tirol seinen Ruf als streng katholisches Land verdankt. Überall wurden Kirchen und Kapellen gebaut, Bruderschaften gegründet, Prozessionen und Wallfahrten gelobt. So auch der Bichlbacher Pfarrer Lukas Egger, der tief erschüttert von der Lawinenkatastrophe 1689 in Lähn das Gelübde ablegte, eine religiöse Bruderschaft zur Verehrung von Jesus, Maria und Josef zu gründen. Dies führte 1710 zum Bau der Zunftkirche St. Josef in Bichlbach. Bichlbach war von 1694 bis zur Aufhebung der Zünfte im Jahre 1859 Sitz (Hauptlade) der Maurer- und Zimmerleutezunft des Gerichtes Ehrenberg. Fast alle anderen Gewerbe waren mit eingebunden. Bevor die meisten Mitglieder der Zunft in die Fremde zogen, trafen sie sich in der Zunftkirche in Bichlbach. Dass die Zunft in Bichlbach ihre Hauptlade hatte, verdankt sie dem einflussreichen und zielstrebigen Pfarrer Lukas Egger. Laut seinen Aufschreibungen belief sich sein fixes Einkommen auf 200 Gulden im Jahr. An Stolgebühren bekam er für eine Taufe 12 Kronen, für einen Todesfall 49 Kronen, für die Osterbeichte 2 Kronen und für das Stuhlfesten 1/4 Wein. Er jammerte allerdings, dass ihm sein fixes Einkommen "meistens nicht in barem Geld, sondern mit Bolleten (Papierzetteln) ausbezahlt werde. Der Bevölkerung ging es nicht gut, darum die jährliche Saisonwanderung unserer Handwerker zur Arbeitsuche ins benachbarte Ausland. Auch viele jener Schwabenkinder, die alljährlich vom März bis November gegen Kost und geringes Entgeld an Bauern im Allgäu zur Arbeit vermietet wurden, stammten aus unserer Pfarre. Diese Tragödie hielt bis zum Beginn des l. Weltkrieges an. Die Landwirtschaft war von Anfang an immer das starke Standbein des Lebensunterhaltes der Bevölkerung. Darum war auch die ursprüngliche Nebenbeschäftigung der Pfarrer das Betreiben einer selbstständigen Landwirtschaft. Verständlicherweise war aber bäuerliches Wirtschaften nicht gerade die Stärke eines jeden Geistlichen. So setzte Seelsorger Mathäus Daiser z. B. den Ertrag aus dem Widumgut mit 25 Gulden an. "Weil ich aber einen eigenen Dienstboten deswegen halten muss, so gehet Null von Null auf", schrieb er in die Pfarrchronik. Meistens wurden die Pfarrgüter an einen Bauern zur Bewirtschaftung verpachtet. Unter Pfarrer Benedikt Tauscher entstand innerhalb von drei Jahren (1733-1736) die jetzige Pfarrkirche St. Laurentius. Die Innenausstattung nahm allerdings noch Jahrzehnte in Anspruch, so dass erst 30 Jahre später die Einweihung stattfand. So trieb der Nachfolger, Pfarrer Johann Adam Schueller, die weitere Innenausstattung der Kirche voran. Dieser wurde 1775 sogar Dekan, und Bichlbach war somit der Sitz des Dekanats Reutte. Dem Dekan Schueller wird auch nachgesagt, dass er stets gegen die von der Lähner Bevölkerung geforderte eigene Seelsorge gewesen sei. Der Grund dafür soll in dem ungebärdigen Betragen der dortigen Leute gewesen sein, die einmal recht ungestüm im Pfarrhof aufgetreten seien, so dass ein Dienstbotin des Pfarrers so erschrak, dass sie erkrankte und nach einigen Tagen verstarb.
Ein neues Widumgebäude entsteht... Im Jahre 1761 wurde ein neues Widum mit Wohn- und Landwirtschaftsgebäude gebaut, so wie es in seiner Grundform heute noch steht. Zum Haus gehörten die bisherigen Pfarrgüter sowie Holz- und Weiderechte. Das Pfarrhaus wurde im typischen Stil eines zweckmäßigen Außerferner Bauernhauses mit gegen Osten gerichtetem, gemauertem, einstöckigem und balkonlosem Wohnteil mit firstgleicher Mittelflurteilung errichtet. Dahinter, quer zum Firstverlauf, die Tenne und anschließend an der Wetterseite der gemauerte Stall mit darüber liegender Heudiele in Holzkonstruktion. Der ursprüngliche Dachstuhl war offensichtlich niedriger und flacher, mit Schindel- bzw. Legdachdeckung und mit großen Steinen beschwert. Die heutige steile Neigung bekam der Dachstuhl um ca.1900. In Bichlbach Haus Nr. 12 wohnte damals der Zimmermeister Martin Gärtner (1864-1936) und baute sich eine Werkstätte im Haus Nr. 12c. An mehreren Bichlbacher Häusern errichtete er Dachstühle mit steilerer Neigung, weil zu dieser Zeit in Vils die Fa. Erd & Schretter moderne Tonziegelplatten auf den Markt brachte, die dies erforderten. Sicher hat sich auch das gesamte Dorfbild verändert. Auch eine kirchliche Veränderung trat ein, Lähn wurde inzwischen (1791) eine Expositur der Pfarre Bichlbach. Die Fraktion Wengle gehörte weiter zu Bichlbach. 1816 ordnete der Papst die Abtretung der Tiroler Anteile des Bistum Augsburg, somit auch das Dekanat Breitenwang mit der Pfarre Bichlbach, an die Diözese Brixen an. Das Pfarrwidum bewohnten nacheinander verschiedene Geistliche, teils zeitweise noch zusätzlich mit einem Kooperator oder Frühmesser. Nicht zu vergessen, dass mit den jeweiligen Geistlichen auch eine "Häuserin" im Widum wirkte. Als Frauen konnten sie offiziell nicht so in Erscheinung treten, waren aber meist über Vieles in Kirche und Gemeinde gut informiert und übten daher oft auch mehr oder weniger starken Einfluss auf den Pfarrer aus. In erster Linie hatten sie natürlich den Pfarrhaushalt zu führen. Auch ein mit einem üblichen Lattenzaun umgebener Nutz- und Ziergarten oblag der Pflege der Häuserin. Wasser spendete ein beim Eingang gelegener Brunnen, von dem auch Wasser zum Blumengießen in den Friedhof geholt wurde. Pfarrer Alfons Jussl (1900-1930) Einer Pfarrhäuserin (auch sie ist leider ein im Aussterben begriffenes Exemplar) traute man zu, ein bisschen besser als andere zu kochen. Dies wohl auch deshalb, weil selbst in Notzeiten bei den anfallenden Hausschlachtungen in den Bauernhäusern, ein Stück vom besten Schnitzelfleisch in das Pfarrwidum gebracht wurde. Manche Geistliche dieser Zeit verstanden es aber auch, sich ihr mehr oder minder kärgliches Auskommen von ihren weltlichen Schäflein aufbessern zu lassen, denen sie dafür mindestens ein Stücklein ewiger Seligkeit in Aussicht stellten. Zum Einkommen sei noch angeführt: Eine Änderung in den Einnahmen der Geistlichen trat mit den Reformen Kaiser Josef II. ab dem Jahre 1848 ein, als die Grundherrschaft aufgehoben wurde und die daraus resultierenden Einnahmen wegfielen. Es wurde ein Religionsfond gegründet, aus dem die Pfarrer staatliche Gehälter erhielten, bis 1938 die Kirchensteuer eingeführt wurde. Die diözesane Einteilung änderte sich noch einmal 1921, als Innsbruck zur Apostolischen Administratur erhoben wurde und 1964 schließlich die Diözese Innsbruck geschaffen wurde. Nach einigem Priesterwechsel in Bichlbach sei als besonders lang dienender Seelsorger Pfarrer Alfons Jussl (1900-1930) erwähnt, der 1909 Ehrenbürger von Bichlbach wurde. Bezüglich Widum hieß es in einem Gemeinderatsprotokoll von 1931: "Betreffs Angelegenheit des Abortes im Pfarrwidum wurde beschlossen und soll Einsicht genommen werden, wo derselbe am geeignetsten anzubringen wäre, dass derselbe nicht abgefrührt...". Pfarrer Heinrich Fritz (1938-1943) Pfarrer Johann Kraler kam 1930 nach Bichlbach und hatte als glühender Patriot in der Zeit vor dem Krieg politisch einiges auszustehen, ebenso in der NS-Zeit dann auch Pfarrer Heinrich Fritz, der während des 2. Weltkrieges sehr dem Spitzelsystem der Gestapo ausgesetzt war. Pfarrer Ernst Ranftler war der Nachfolger. Pfarrer Johann Kraler (1930-1938) Pfarrer Ernst Ranftler (1943-1953) Ein pfarrliches Ereignis: 1948 wurde Lähn eigene Pfarre. Nach Abstimmung aller über 21 Jahre alten Personen in Wengle kam auch Wengle mit 50 zu 3 Stimmen zur Pfarre Lähn.
Pfarrer Arthur Lochbihler (1953-1990) Ab 1953 wirkte Pfarrer Arthur Lochbihler 40 Jahre in Bichlbach und wurde 1983 zum Ehrenbürger ernannt. Die Kirche verlieh ihm den Titel "Geistlicher Rat". Er war der letzte Priester, der mit seiner Schwester Mali als "Häuserin" im Widum lebte. Sichtweisen, Auffassungen, änderten und ändern sich... In den 1980er Jahren hatte der Pfarrkirchenrat beschlossen, das alte Widum zum Abbruch an die Gemeinde zu verkaufen. Die Räume wurden größtenteils (Türen, Täfelung) ausgeschlachtet. Als die Gemeinde das Haus abtragen wollte, stellte sich heraus, dass es unter Denkmalschutz stehe, und so wurde dann erstmals 1990 die Idee geboren ein Handwerksmuseum darin einzurichten. Aus Finanznöten der Gemeinde schien 1996 dem Gemeinderat wiederum die Erhaltung des desolaten Hauses als untragbar. Daher wurde beim Denkmalamt um Befreiung aus dem Denkmalschutz angesucht und im Jahre 1997 genehmigt. 1998 bildete sich jedoch eine Initiative für die Erhaltung des alten Widums. Diese Gruppe von Bichlbacher Bürgern hat inzwischen einen Arbeitsausschuss gebildet und tatkräftig in Eigeninitiative und unter Mithilfe der Gemeinde das Haus zu renovieren begonnen. Die Außenrenovierung ist bereits abgeschlossen. Auch konnte inzwischen der Museumsverein Reutte als Trägerverein und der Verein REA (Regionalentwicklung Außerfern) als hilfreicher Partner gewonnen werden. Die Raumaufteilung sieht vor, dass das Tourismusbüro demnächst einzieht. Weiter sollen ein Kommunikationsraum, die Bücherei und vor allem das Zunftmuseum mit Ausstellungsmöglichkeiten untergebracht werden. Der Stadl soll als Kreativraum dienen. So konnte mit viel Mut, Fleiß und Engagement bereits Erstaunliches geleistet werden, sodass wieder neues Leben in den alten Mauer entstehen kann.
Verwendete Literatur: Bichblach-Wengle-Lähn Drei Dörfer eine Gemeinde Peter Linser und andere verschiedene geschichtliche Unterlagen