Ergotherapeutische Nachbehandlung von Strecksehnenverletzungen der Zonen 5, 6, und 7 Vergleich der Nachbehandlung mittels dynamischer oder statischer Ruhigstellung Andrea Moser Ergotherapeutin Oktober 2010 St. Veit an der Glan Kärnten, Österreich
Grundlagen: Verletzungen der Strecksehnen in den Zonen 5/6/7 Es kommt zum Funktionsausfall der Streckfähigkeit im Grundgelenk, wobei die Streckung im Mittel- und Endgelenk durch die intakt gebliebenen Sehnen der Handbinnenmuskulatur erhalten bleibt. Bei zusätzlicher Verletzung der seitlichen Streckerhaube kommt es zum Abweichen der Strecksehne in Richtung der unverletzten Seite, da der Zug des intertendinösen Gewebes auf die Streckseite von der gesunden Seite her überwiegt. Dadurch gleiten die Strecksehnen nicht mehr über die Mitte des Mittelhand-kopfes, sondern es kommt zu einer Ulnar- oder Radialduktion mit resultieren-dem Streckdefizit. Die Therapie besteht bei offenen Verletzungen in der primären Versorgung immer operativ durch U-Nähte mit 4/0 atraumatischem, monofilen Faden. Nachbehandlung mit Ruhigstellung und passivem Durchbewegen 1.-6. Woche Ruhigstellung in angenäherter Intrinsic plus Stellung für mindestens 6 Wochen, wobei wegen der Sehnenverbindungen untereinander, den Connexi intertendinei, die Nachbarfinger mit ruhiggestellt werden sollten angenäherte Intrinsic plus Stellung: Es ist darauf zu achten, dass das Handgelenk in maximaler Dorsalextension, die Grundgelenke in 40-60 Grad Beugestellung (spannungsfrei) und die Mittel- und Endgelenke in Streckstellung gehalten werden Der Patient kommt 3 bis 4 Mal in der Woche zu Ergotherapie. Die einzelnen Fingergelenke werden in jeweiliger Schutzstellung im spannungsfreien Endgefühl durchbewegt Abbildung 1: Spannungsfreies Durchbewegen der Grundgelenke in S: 0-40-bei gestreckten Hand und Fingergelenken - Flexionsstellung Abbildung 2: Spannungsfreies Durchbewegen der Grundgelenke in S: 0-40-bei gestreckten Hand und Fingergelenken - Extensionsstellung
Abbildung 3: Durchbewegen des Handgelenkes in S: 90-0-bei gestreckten Grund- und Fingergelenken - Flexionsstellung Abbildung 4: Durchbewegen des Handgelenkes in S: 90-0-bei gestreckten Grund- und Fingergelenken - Extensionsstellung Abbildung 5: Durchbewegen der IP-Gelenke in Hakenstellung bei gestreckten Grundgelenken und gestrecktem Handgelenk - Flexionsstellung Abbildung 6: Durchbewegen der IP-Gelenke in Hakenstellung bei gestreckten Grundgelenken und gestrecktem Handgelenk - Extensionsstellung
1.-2. Woche Nach genauer Instruktion darf der Patient die Finger passiv in den Grundgelenken strecken, die Schiene wird dabei unbedingt angelassen. Er untergreift dabei mit seiner gesunden Hand die verletzten Langfinger und hebt diese passiv in Extension Führt der Patient dies korrekt durch erlernt er auch das Durchbewegen der IP-Gelenke bei stets gestreckten MCP-Gelenken bei angelegter Schiene Abbildung 7: Lagerungsschiene in angenäherter Intrinsic plus Stellung Abbildung 8: Passives Durchbewegen der Grundgelenke 6.-8. Woche Abnahme der Schiene und Beginn mit vorsichtiger aktiver Beübung. Die Streckung wird ohne Widerstand durchgeführt. Die Beugung darf im spannungsfreien, schmerzfreien Bereich geübt werden, um die Strecksehnennarbe nicht zu dehnen. Manuelle Techniken und der Alltagsgebrauch mit kraftvollem Zupacken sind noch verboten Nachts wird die Schiene noch für weitere 2 Wochen getragen Ab der 8. Woche Intensivieren der aktiven Beübung Sensomotoriktraining um den Spontaneinsatz der Hand wieder anzubahnen Alltagseinsatz Die Schiene kann nachts weggelassen werden Ab der 12. Woche Kräftigungsübungen sind ab diesem Zeitpunkt möglich
Nachbehandlung mittels dynamischer Schiene 1.-6. Woche Anfertigung einer dynamischen Schiene für sechs Wochen, die ein Gleiten der genähten Strecksehne zulässt. In der Schiene kann der Patient die MCP- und PIP-Gelenke aktiv beugen, die Streckung wird zur Entlastung der Strecksehnennaht von einem Gummi übernommen. Der Patient muss achten, die MCP Beugung nicht zu kräftig durchzuführen, da dadurch die Strecksehnennaht unter Stress gerät. Das richtige Ausmaß der Übungen wird von der Ergotherapeutin instruiert Der Patient kommt 2 Mal in der Woche zur Ergotherapie. Hautpflege und passives Durchbewegen in der jeweiligen Schutzstellung für die Strecksehnen werden durchgeführt Abbildung 9: Dynamische Schiene bei Strecksehnenverletzung - Flexionsstellung Abbildung 10: Dynamische Schiene bei Strecksehnenverletzung - Extensionsstellung 6.-8. Woche Abnahme der Schiene und Beginn mit vorsichtiger aktiver Beübung Nachts wird die Schiene noch für weitere 2 Wochen getragen Ab der 8. Woche Es kommt das gleiche Vorgehen wie bei der statischen Nachbehandlung zur Anwendung Ab der 12. Woche Es kommt das gleiche Vorgehen wie bei der statischen Nachbehandlung zur Anwendung
Vergleich dynamische - statische Nachbehandlung Dynamische Nachbehandlung Dynamische Übungsschiene, Patientinnen und Patienten üben täglich selbstständig in der Schiene Hohe Compliance, die Patientinnen und Patienten dürfen nicht zu fest in die Grundgelenksbeugung üben, da sich sonst die Sehnennarbe dehnen Patientinnen und Patienten benützen die Hand spontan zum Zupacken CAVE: Rupturgefahr! Schiene kann kaputtgehen, die Finger können sich in der Nacht aushängen, die Sehnennaht ist ungeschützt Druckstellengefahr über den MCP s, der ständige Gummizug verspannt die Handmuskeln Therapie 1-2-mal wöchentlich Statische Nachbehandlung Statische Lagerungsschiene, Angenäherte Intrinsic- Plus Stellung, passives Durchbewegen durch Ergotherapeutin oder Ergotherapeut mehrmals pro Woche Passives Durchbewegen führt der Ergotherapeut oder die Ergotherapeutin aus. Patientinnen und Patienten erlernen die Grundgelenke passiv durchzubewegen damit ein Sehnengleiten stattfindet Kaum Rupturgefahr, mehr Therapie nötig aufgrund des Durchbewegens Hoher Schutz für die genähte Sehne Die Hand entspannt sich durch die statische Lagerung, dadurch treten weniger Schmerzen auf Therapie mehrmals wöchentlich Tabelle 1: Vergleich Statische-Dynamische Nachbehandlung Persönliche Erfahrungen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten arbeiten nach ärztlicher Anordnung und führen in erster Linie die Nachbehandlung in Absprache mit dem Handchirurgen durch. Umso besser das Team und die interdisziplinäre Zusammenarbeit organisiert sind, umso leichter fällt die Entscheidung über die Art der Nachbehandlung. Folgende Fragen tragen zur Entscheidungsfindung bei: Verstehen Patientinnen und Patienten die Nachbehandlung und sind sie achtsam? Wohnort wie oft können Patientinnen und Patienten zur Ergotherapie kommen Operationsbefund, wie schwer ist die Umgebung mitverletzt? Schwellung? Auf alle Fälle ist für mich die statische Nachbehandlung in Kombination mit Ergotherapie und exaktem Management (Ödemreduktion, Durchbewegen, Narbenbehandlung ) die sichere Version mit gutem Outcome. Sie bedarf zwar einer höheren Therapiezeit bis zur Schienenabnahme, sind nach Schienenabnahme jedoch die Gelenke gut beweglich und ist die Sehne sicher verheilt wird der Patient früher abgeschlossen. Für Diskussionen stehe ich unter andrea@handlungsplan.net gerne zur Verfügung.