Europäisches Übereinkommen vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern (revidiert)- Referentenentwurf in der Fassung vom

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Transkript:

Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter Postfach 2964 55019 Mainz Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 11015 Berlin Per E-Mail LANDESJUGENDAMT RHEINLAND-PFALZ Geschäftsführung Rheinallee 97 101 55118 Mainz Telefon: (06131) 967-162 Fax: (06131) 967-12 162 E-Mail: bagljae@lsjv.rlp.de Internet: www.bagljae.de Mainz, 03.07.2014 Unser Zeichen B 30 13/2014 Ihre Nachricht vom 17. April 2014 IA1-9311/8-14 180/2014 Ansprechpartnerin / E-Mail Iris Egger-Otholt egger-otholt.iris@lsjv.rlp.de Telefon / Fax 06131 967-274 06131 967-12274 Europäisches Übereinkommen vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern (revidiert)- Referentenentwurf in der Fassung vom 09.04.2014 Sehr geehrter Herr Dr. Meyer, im Namen der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Landesjugendämter danke ich für die Gelegenheit, zum oben genannten Referentenentwurf Stellung nehmen zu können. Die BAG Landesjugendämter begrüßt den Referentenentwurf, durch den die Ratifizierung des Europäischen Übereinkommens vom 27.11.2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) in Gang gesetzt wird. Das Übereinkommen wurde im März 2009 in den Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unterzeichnung und Ratifikation europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland als Europarats-Übereinkommen, das in Kürze gezeichnet oder ratifiziert werden soll, aufgenommen (vgl. Drs. BT 16/12272, Seite 4). Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen für die Ratifikation des Europäischen Übereinkommens vom 27.11.2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) herbeigeführt werden. Das Europäische Übereinkommen vom 27.11.2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) soll das von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Europäische Adoptionsübereinkommen aus dem Jahr 1967 ablösen. Es setzt den Vertragsstaaten einen Rahmen, innerhalb dessen sie ihr materielles Adoptionsrecht gestalten können und sollen. Allgemeine Bemerkungen: Das Europäische Übereinkommen vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) ist am 1. September 2011 in Kraft getreten. Es ersetzt und modernisiert das Europäische Adoptionsübereinkommen von 1967, dessen Vertragsstaat die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter Geschäftsführung: Landesjugendamt Rheinland-Pfalz, Rheinallee 97-101, 55118 Mainz Tel.: 06131 967-162, Fax: 06131 967-12162, E-Mail: bagljae@lsjv.rlp.de, Internet: www.bagljae.de

Bundesrepublik Deutschland ist, unter stärkerer Berücksichtigung des Kindeswohls und insbesondere im Hinblick auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes, das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ) und das Europäische Übereinkommen vom 25. Januar 1996 über die Ausübung von Kinderrechten. Wesentliche Neuerungen finden sich im Bereich der Zustimmungsrechte zur Adoption (Artikel 5), wonach sowohl beide Kindeseltern als auch das hinreichend verständige Kind zuzustimmen haben. Die neue Bestimmung des Artikels 6 enthält Vorschriften über die Kindesanhörung. Um Kinderrechte weiter zu stärken, ist es folgerichtig, die Stärkung der Verfahrensbeteiligung durch verbindliche Partizipationsvorschriften in dem revidierten Adoptionsübereinkommen zum Ausdruck zu bringen. Eine weitere wesentliche Neuerung ist, dass der Personenkreis derer, denen die Adoption eines Kindes gestattet werden darf, erweitert wurde. Ausgehandelt und unterzeichnet wurde das neue Europäische Adoptionsübereinkommen bereits von 17 Staaten. Ein Einfluss auf den Wortlaut des Abkommens selbst ist nicht mehr möglich, das Parlament kann der Ratifizierung nach vorliegender Auffassung nur zustimmen oder sie ablehnen. Nach aktuellem Stand haben 10 Staaten das Abkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. 7 Staaten haben es sowohl unterzeichnet als auch bereits ratifiziert (Dänemark, Finnland, Niederlande, Norwegen, Rumänien, Spanien, Ukraine). Wenn Deutschland das Abkommen ratifiziert, muss das nationale Recht dem Abkommen entsprechen, sofern keine Öffnungsklauseln vorgeschrieben sind. Allerdings sind gemäß Artikel 27 nationale (Abweichungs-)Vorbehalte zu folgenden Artikeln möglich: Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b: Zustimmung zur Adoption, hier zur Zustimmung des Kindes bei Erreichen eines bestimmten Mindestalters Artikel 7 Absatz 1 a ii) und b): Bedingungen zur Adoptionen durch zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die verheiratet sind oder eine eingetragene Partnerschaft miteinander eingegangen sind, oder durch eine Person allein Artikel 22 Absatz 3: Zugang zu und Offenlegung von Informationen durch das Adoptivkind, Möglichkeit der Begrenzung durch leibliche Eltern und Aufhebung der Begrenzung der Einschränkung durch die Eltern sowie Beratungsrecht des minderjährigen Kindes Anpassungsbedarf im deutschen Recht sieht die Bundesregierung nur insoweit, als die Frist zur Aufbewahrung der Vermittlungsakten anders zu berechnen ist, als es 9b des Adoptionsvermittlungsgesetzes (AdVermiG) derzeit vorsieht. Zum Entwurf im Einzelnen: Artikel 1 Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu dem Europäischen Übereinkommen vom 27.11.2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) Dem Ratifizierungsgesetz sollte zugestimmt werden, um durch das Übereinkommen in Europa eine breite gemeinsame Basis für die Adoption minderjähriger Kinder schaffen zu können, die die gesellschaftliche und rechtliche Entwicklung in Europa seit dem 2

ersten Europäischen Adoptionsübereinkommen von 1967 berücksichtigt. Das revidierte Europäische Adoptionsübereinkommen lässt aufgrund von Öffnungsklauseln genügend Spielraum für zukünftige Gesetzesänderungen in Deutschland. Vor allem die Stärkung der Kinderrechte, ein Anliegen, das die Bundesrepublik Deutschland durch den Beitritt zur UN-Kinderrechtskonvention und durch Veränderungen der nationalen Gesetzgebung mit Engagement verfolgt, kann Deutschland durch seine Ratifizierung des Abkommens unterstützen. Anpassungsbedarf im deutschen Recht: 1. Artikel 22 Absatz 5 in Verbindung mit 9b AdVermiG In dem Referentenentwurf ist in der Begründung unter 1. (Allgemeines) bereits auf den Anpassungsbedarf im deutschen Recht hinsichtlich der Frist zur Aufbewahrung der Adoptionsvermittlungsakten hingewiesen worden. Im Europäischen Adoptionsübereinkommen ist eine Frist von mindestens 50 Jahren ab Wirksamwerden der Adoption vorgesehen. Die in 9b Abs. 1 Satz 1 AdVermiG vorgesehene Aktenaufbewahrungsfrist beträgt jedoch 60 Jahre ab Geburt des Kindes. Der Beginn des Fristlaufs ist an das Europäische Übereinkommen anzupassen, indem auch in 9b AdVermiG der Beginn der Frist auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption festgelegt wird. Der Anknüpfungszeitpunkt Wirksamwerden der Adoption wird diesseits als nicht sehr glücklich gesehen, führt er doch dazu, dass ein adoptierter Mensch, der als Säugling vermittelt wurde, eine um ca. 17 Jahre kürzere Akteneinsichtsmöglichkeit haben wird als ein mit 17 Jahren vermittelter Jugendlicher. Deutschland hat jedoch die Möglichkeit, bei der Umsetzung in nationales Recht diese Ungleichheit zu beheben, in dem eine höhere Jahreszahl festgelegt wird, da das Europäische Adoptionsübereinkommen von mindestens 50 Jahren spricht. Für Kinder, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, bedeutet eine Adoption eine einschneidende Veränderung in ihrem Leben. Die Frage der Einsichtsmöglichkeit in Adoptionsakten und damit des Zugangs zu identifizierenden Daten über die Geburtseltern, sonstige frühere Lebensumstände des Kindes und seiner leiblichen Eltern und über die Gründe, die zu seiner Adoption geführt haben, ist daher für Adoptierte von großer persönlicher Bedeutung. Das Nichtwissen um die Abstammung kann schwerwiegende Nachteile bei der Entwicklung der eigenen Identität und tiefgreifende psychische Störungen der Betroffenen zur Folge haben. Auch die Adoptionsvermittlungsstellen haben im Rahmen ihrer Aufgabe der Unterstützung von Adoptierten, die mehr über ihre Herkunft und Adoption erfahren und/oder ihre leiblichen Eltern kennen lernen wollen ( Wurzelsuche ) ein Interesse an der Erhaltung der Dokumente. Mit der Bestimmung soll die Verwirklichung des Rechtes von adoptierten Kindern auf Kenntnis ihrer Herkunft sichergestellt werden. Es ist jedoch fraglich, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes, insbesondere sein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, nicht sogar eine weitergehende Fristenregelung nahelegt, um die Möglichkeit der Befriedigung des Informationsbedürfnisses der betroffenen Personen zu wahren. Das Bundesverfassungsgericht leitet das Grundrecht von Adoptierten auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 GG) ab. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass sich Adoptierte häufig erst im höheren Alter (nach Versterben ihrer Adoptiveltern und anderer Verwandter, manchmal sogar erst 3

im Blick auf die Endlichkeit des eigenen Lebens) mit ihrem Anliegen der Herkunftssuche an die Vermittlungsstellen wenden. Hier sollte es allen Suchenden unabhängig von ihrem Alter ermöglicht werden, dem Wunsch nach Kenntnis von der eigenen Herkunft nachzukommen. Dies gilt umso mehr, als nach Ablauf der Frist die Vermittlungsakten zu vernichten sind, ohne dass hierbei ein Ermessensspielraum besteht (vgl. 9b Abs. 1 Satz 3 AdVermiG). Eine längere Aufbewahrungsfrist würde dieser Entwicklung auch im Hinblick auf die allgemein gestiegene Lebenserwartung entgegenkommen. Da bezüglich 9b Abs. 1 Satz 1 AdVermiG ohnehin ein Änderungsbedarf besteht, wird vorgeschlagen, die Frist von 50 Jahren ab Wirksamwerden der Adoption auf 100 Jahre auszudehnen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter sieht bei folgenden Punkten einen weiteren möglichen Anpassungsbedarf: 2. Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 a) Die Bundesrepublik Deutschland wird aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 19.02.2013, Az. 1 BvL 1/11 und 1 BvR 3247/09) und der zur Umsetzung dieses Urteils mittlerweile getroffenen gesetzlichen Regelungen von der im Europäischen Adoptionsübereinkommen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, die Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner zuzulassen. Nach der vorliegenden Begründung zum Vertragsgesetz wird sie hingegen von der in dem Übereinkommen eingeräumten Möglichkeit, im nationalen Adoptionsrecht die gemeinsame Adoption durch Lebenspartner zuzulassen, keinen Gebrauch machen. Über den Weg der Sukzessivadoption werden Lebenspartnerinnen und Lebenspartner auch die gemeinsame rechtliche Elternschaft und die damit verbundenen Pflichten und Rechte gegenüber dem Kind erlangen können. Dies führt in den Fällen, in denen ein gleichgeschlechtliches Paar sich gemeinsam zur Adoption entschließt, zu dem Ergebnis, dass zwei direkt aufeinanderfolgende Adoptionsverfahren durchgeführt werden. Dabei spielen die partnerschaftliche Stabilität und die Einstellung beider Lebenspartner zur Adoption bereits bei der Eignungsfestellung des ersten Adoptierenden eine Rolle, da die künftigen Lebensverhältnisse eines Adoptivkindes von den Adoptionsvermittlungsstellen insgesamt in den Blick genommen werden. Im zweiten Verfahren muss die Begutachtung beider Partner und die Prognose der Entstehung einer Eltern- Kind-Beziehung wiederholt und wiederum eine entsprechende umfangreiche Stellungnahme angefertigt werden. Die vorgesehene Zeit der Adoptionspflege ( 1744 BGB) wird in der Praxis wohl nur einmal zu durchlaufen sein, denn das Eltern-Kind-Verhältnis entsteht in der Zeit der Adoptionspflege zwischen beiden Partnern und dem Kind zeitgleich. Aus Gesichtspunkten des Kindeswohls erscheint es daher inkonsequent, die Möglichkeit einer rechtlichen Zuordnung des Kindes zu beiden Lebenspartnern ausschließlich nacheinander zuzulassen, eine gleichzeitige Zuordnung in Form einer gemeinschaftlichen Adoption jedoch zu verbieten. Diesbezüglich verweisen wir auf die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner abgegebene Stellungnahme der BAG Landesjugendämter. 3. Artikel 10 Absätze 1, 2, 3 und 5 Die Regelungen in Artikel 10 Absatz 1 bis 3 und 5 des Übereinkommens finden im deutschen Recht bei internationalen Adoptionsvermittlungsverfahren von Kindern aus 4

Staaten, die dem Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ) nicht beigetreten sind, keine ausreichende Entsprechung. Zwar verpflichtet 7 Abs. 3 AdVermiG die örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter, die allgemeine Eignung der Adoptionsbewerber mit gewöhnlichem Aufenthalt in ihrem Bereich zur Annahme eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland zu überprüfen. Diese Verpflichtung ist jedoch an einen entsprechenden Antrag der Bewerber gebunden. Bei Adoptionsvorhaben aus Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens regelt zudem 4 AdÜbAG, dass die Bewerber sich an eine zur internationalen Adoptionsvermittlung befugte Stelle zu wenden haben. Eine solche Regelung fehlt jedoch in Bezug auf Adoptionen aus Nichtvertragsstaaten, da das AdÜbAG nur bei Adoptionen aus Vertragsstaaten Anwendung findet. Die einer Adoption voranzugehenden Ermittlungen nach Artikel 10 des Europäischen Adoptionsübereinkommens sind in Fällen von internationalen Adoptionen, die nicht den Verfahrensregelungen des HAÜ unterliegen, somit nach deutschem Recht nicht verpflichtend vorgeschrieben, sondern von einem entsprechenden Antrag der Bewerber abhängig. Eine Anpassung im AdVermiG müsste in der Weise erfolgen, dass Adoptionsbewerber, die beabsichtigen, ein Kind aus einem Nicht-HAÜ-Staat zu adoptieren, sich zwingend einer Eignungsprüfung durch die örtliche Adoptionsvermittlungsstelle zu unterziehen hätten. Ebenfalls denkbar wäre, eine Regelung analog des 4 AdÜbAG in das AdVermiG aufzunehmen, um damit sicherzustellen, dass auch bei Nicht-HAÜ-Staaten eine Begleitung durch eine Fachstelle gewährleistet ist und die einer Adoption vorangehenden Ermittlungen im Sinne des Artikel 10 des Übereinkommens durchgeführt werden können. Eine solche Regelung könnte auch eine zügige Bearbeitung von Auskunftsersuchen im Sinne des Artikel 15 des Europäischen Adoptionsübereinkommens sicherstellen, da in jedem Fall eine zur internationalen Adoption befugte Stelle in Deutschland beteiligt wäre, die die benötigten Auskünfte im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen unverzüglich übermitteln könnte. Artikel 2 Inkrafttreten Ein zeitnahes Inkrafttreten der neuen Regelungen ist zu begrüßen. Mit freundlichen Grüßen Birgit Zeller Vorsitzende 5