Heft 18 Behälter Reyner Banham ISBN 978-3-9523419-7-1 René Furer
Heft 18 B e h ä lt e r Reyner Banham Es begann vor vierzig Jahren mit einer sonntgäglichen Ausfahrt der Familie Banham nach Tilbury an der Themse-Mündung. Tilbury liegt östlich von Greenwich, unterhalb der Flutwehr. Die Aufmerksamkeit galt dem im Entstehen begriffenen Behälter-Umschlag. Reyner schrieb in der Folge seinen unvergesslichen Text über die Flatscape with Containers (Architectural Design, November 1968). Was sich damals für die Zukunft des Güterverkehrs abzeichnete, ist inzwischen weltweit zu einer mächtigen Gegenwart geworden. Das wird hier auf dem langen Weg aus dem schweizerischen Limmattal bis ins japanische Binnenmeer in mehreren Abschnitten als Verreiser gezeigt und beschrieben. René Furer 1
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Die Strasse eignet sich für das Feinverteilen. Auf der Kurzstrecke des letzten Kilometers dient sie als Zubringer und Wegbringer. B A S E L Das vorausgehende erste Bild zeigt die Wasserkante an der schweizerischen Landesgrenze im Rheinhafen St. Johann. Hier werden die Behälter für den Verlad zuerst aufgereiht, dann gestapelt. So kommt diese Wandwirkung zustande. Die Bahn bietet sich für das Zurücklegen von Mittelstrecken an. In Spreitenbach werden die Weichen zwischen den beiden Vorgängen des Einsammelns und Verteilens gestellt. 4 5 In der europäischen Schiffahrt ist der Rhein ein Inbegriff für die Langstrecke. Basel ist dazu die Endstation. Zum nachfolgenden Bild: Wir sind da am elsässischen Seitenkanal des Rheins. Mit wenigen Zeichen werden auf dem Hartplatz die Fortbewegung und die Stellflächen begrenzt.
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M u l h o u s e Die Bilderreihe zeigt die 200 Jahre alte Welt des Rhein-Rhône-Kanals. Der hat inzwischen seine erholsame Zweitnutzung in der Freizeit und während den Ferien gefunden. Das vorausgehende Grossbild von Kleinhüningen verdeutlicht den Stillstand der Grundausrüstung. Sie sind die so fremdartigen Krustentiere des neuen Zeitalters im Güterverkehr. Für den schienengebundenen Portalkran mit seinen Auslegern gibt es heute weltweit eine Nachfrage. Das trifft auch für die sehr beweglichen Gabelstapler zu. Ihre profilierten Reifen gehen direkt ins Auge. Standard Arrangment of Facilties at Container Terminal 700 m Over-Panamax Type Container Crane Marine House 350 m 10 Maintenance Van-Pool Gate Office Reefer Container Container Freight Station 11 Over-Panamax type container crane 15 m 49.5 m Lift 14 m 20.5 m 50 m Out Reach 30.5 m Span 15 m Back Reach
H a m b u r g In der Elbemündung rücken wir in die höchste Gewichtsklasse vor. Die volkstümliche Hafenrundfahrt in St.Pauli bringt diese Bilder ganz nahe. 12 Der Einsatz von zwei Hebezeugen räumt die Möglichkeit des gleichzeitigen Löschens und Ladens ein. Mit dem Nebeneinander verkürzt sich die Liegezeit. Die Logistik wird zu einem Simultanspiel auf der Zweibahnstrasse. 13
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H a m b u r g Dieser Gegensatz ist ein Augenöffner: So bot sich der Hamburger Hafen noch 1972 dar. Von Behältern keine Spur. 16 17
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l a s p e z i a Das vorausgegangene Grossbild von der Behälterwand übertrifft in der Höhe das Eröffnungsbild in Basel um drei Ebenen. Sie steht nicht am Wasser, sondern in einer augenfälligen Wartestellung auf der Bahnseite. Das ist beim Terminal del Golfo und auch beim Terminal Angelo Ravano entschieden anders. 20 Der Hafen von La Spezia wird über den Cisa-Pass aus dem fruchtbaren Veneto gespiesen. Hinter der Poebene spielt dafür auch der Brenner als Überquerer der Alpen eine Rolle. Carrara ist ganz nahe; aber das kümmert sich selber um die weltweite Verschiffung seiner Monokultur. Für seine Lasten ist bloss der kürzeste Landweg gut genug. 21 Auf die Elbemündung folgt die Bucht von La Spezia. Zwischen den beiden ligurischen Seerepubliken Genua und Pisa hat Italien hier seine Marinebasis. Die beiden flankierenden Festungen in Portovenere und Lerici bewachen die Zufahrt mit schwerem Geschütz.
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s av o n a 24 Neben Genua hat Ligurien auch in Savona eine Gegenwart. Hinter dem Apennin, der hier ein Küstengebirge ist, gedeihen im Piemont Reis und Wein. In diesem Hinterland ist Turin recht nahe, und auch Mailand ist nicht fern. Der alte Hafen ist in Savona jetzt den Kreuzfahrtschiffen und den Yachten vorbehalten, nachdem der Güterumschlag westwärts nach Vado und Voltri ausgelagert wurde. Im alten Hafen baute Ricardo Bofill das neue Abfertigungsgebäude; aber die Stazione Marittima ist hier nicht das Thema. Als Zeugen einer hundertjährigen Geschichte stehen immer noch der alte Schüttgut-Speicher aus Stahlbeton und die riesige und stählerne Abfertigungsmaschine mit einer Nähe zu Gustave Eiffel. Das ist ein bemerkenswerter Vorläufer zum gegenwärtigen Verlad. Deshalb folgt auf das grosse Schattenbild ein noch grösseres sonniges Bild davon. Diese Huldigung wird die prächtige Brache nicht am Weiterrosten hindern; sie geht ihren Weg. 25
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s av o n a Draussen in Voltri begegnet man auf der Küstenstrasse der unverstellten Gegenwart. Der Betrieb des Portalkrans sorgt für das Schauspiel. Das wickelt sich im Rahmen der kartesischen Geometrie in drei Richtungen ab: Unten und oben wird gefahren. Dazwischen werden die Behälter mit dem Greifer entweder angehoben oder abgesenkt. Die Elektrokabel bringen als Weichteile die zusätzliche Anmut der Girlande. 28 29
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s i n g a p u r Von Savona führt ein langer Weg ostwärts über Suez ins Rote Meer und weiter an Indien vorbei ins Weltmeer. Bei der Ankunft in Singapur sieht man zuerst eine Zukunft in den Himmel ragen, bevor man dann zum Hier und Jetzt des Jahres 2010 gelangt. Der kleine und inselhafte Stadtstaat behauptet sich in Fernost zwischen Malaysien und Indonesien an der Strasse von Selat als Verkehrsknoten auf dem Wasser und in der Luft. Wir sind da an der Südspitze der thailändischen Landzunge, nahe bei Sumatra. 32 33 So sieht die Flatscape nach dem tropischen Gewitter aus. Die Busflotte wartet geduldig auf das Anlegen des Kreuzfahrtschiffes. Die Mantainer sind für eine Abwechslung da. Tausende von verwöhnten Wasserratten werden damit ihren vorübergehenden Landhunger stillen. Die Stadtmitte ist dazu bei der Rundfahrt der Gegenpol. Und dann und wann ein weisser Elefant. So beschreibt Rainer Maria Rilke den Giro-Kreis in seinem Gedicht über das Kinder-Carrousel im Jardin du Luxembourg. Überragende Hebezeuge, welche die Lücke zwischen dem Land- und Wasserweg überbrücken, sind das Merkmal der Behälter-Häfen. Das gelbe und das blaue Bild von Bangkok zeigen das.
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h o n g k o n g Hongkong und Shanghai bieten sich beide als Hafenstädte mit ausgesprochen kontrastreichen Bildern dar. Die ehemalige Kronkolonie hat den neuen Hafen in Kowloon neben der Star Ferry ans Festland angedockt. Von dort geht es mit der Bahn weiter ins wirtschaftlich aufblühende Hinterland. Der überlieferte Viktoria-Hafen auf der Inselseite erfährt eine Stadtentwicklung, mit einem Vorrang des hochgradig verdichteten Wohnens. 40 41
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s h a n g h a i 44 45 Shanghai liegt am schiffbaren Unterlauf des Huangpu, der in Wusong schon bald in den ausserordentlich mächtigen Yangtze mündet. Die grosse Hafenstadt hat sich um die Jahrtausendwende buchstäblich neu erfunden. Auf der Meerseite entstand die neue Plattform für den Behälterumschlag. Der Mündungshafen ist stillgelegt. Der Wohnwert der Brachen am Flussufer ist offensichtlich; er wird nicht ungenutzt bleiben.
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k o b e Das mag mit den Europäern auch die übrige Welt verblüffen: Zum japanischen Inselreich gehört ein Binnenmeer, das zwischen Honshu und Shikoku liegt. 48 Das neue Stadtzentrum besetzt als Rückgrat die Mitte der Insel. Eine Hochbahnschleife dient dem öffentlichen Nahverkehr. Der Behälterhafen belegt mit seiner Verzahnung den östlichen Rand. 49
k o b e Die Aussicht bringt die Übersicht. Auf der Ostseite ist Osaka mit der Flughafeninsel von Renzo Piano der Nachbar. Im Westen steht Akashi Kaikyo, die grösste Hängebrücke der Welt, hinter dem Hanshin-Erdbebengebiet von 1995. 50 51 Das Kongresshaus (World Hall) gehört zusammen mit dem Oriental und dem Portopia Hotel zu den Zentrumsgebäuden in Kobes Port Island City. Mit dem nachfolgenden Grossbild sind wir 1996 beim Weiterbauen am offenen Südkopf der Wasserbaustelle mit dabei, die als solche schon eine Sehenswürdigkeit ist.
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y o k o h a m a Das vorausgehende idyllische Bild zeigt den Hafen von Yokohama im Jahre 1986. 56 57 Kurze zehn Jahre später zeigt es sich, dass die Stadt eine Entwicklung wählte, für die sich mit Shanghai und Bordeaux auch andere Städte entschieden: Das neue Stadtzentrum rahmt das alte Hafenbecken. Damit ist auch weiterhin für eine innerstädtische Naherholung gesorgt. Das letzte Bild erhellt den mächtigen Hintergrund, der als verlässlicher Untergrund besteht. Die Erde ist für alle Lasten der schlussendliche Träger. Beim Gründen, das Gewässer beträchtlich erschweren, werden Stahlrohre zuerst abgesenkt, dann eingerammt. Für die Betonpfeiler wirken sie zugleich als verlorene Schalung und als Abdichtung. Als Teil der Bewehrung tragen sie auch zur Steifigkeit bei.
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Impressum Heft 18 weitere Hefte von René Furer 60 B e h ä lt e r Reyner Banham Heftübersicht www.renefurer.ch über den Verfasser René Furer war von 1968 1994 Dozent für Architekturtheorie an der ETH Zürich. Text und Bilder René Furer Kontakt furer@bluewin.ch René Furer Bodenacherstraße 101 CH-8121 Benglen Gestaltung Grafilu Druck Vögeli AG, Langnau Copyright 2010 René Furer, Benglen ZH Alle Rechte vorbehalten, Nachdruck, Aufnahme in elektronische Datenbanken, Mailboxen sowie sonstige Vervielfältigungen, auch auszugsweise und in Ausschnitten, nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. ISBN 978-3-9523419-7-1 Heft 1 Heft 2 No.03 Heft 4 Heft 5 Heft 6 Heft 7 Heft 8 Heft 9 entwurfsfaktoren Der Bauzyklus ISBN 978-3-9523262-0-6 herzog & de Meuron Rehab Burgfeld ISBN 978-3-9523262-1-3 lord Norman Foster Millau ISBN 978-3-9523262-2-0 Rudolf Gabarel Waldfriedhof Davos ISBN 978-3-9523262-3-7 Gigon/Guyer Kalkriese ISBN 978-3-9523262-4-4 haerle Hubacher Eigenheim Stapel ISBN 978-3-9523262-5-1 K. Moser, O.R. Salvisberg Zwei Eingänge ISBN 978-3-9523262-6-8 herzog & de Meuron Allianz-Arena ISBN 978-3-9523262-7-5 Bob Gysin + Partner BGP Ein Glashaus ISBN 978-3-9523262-8-2 Heft 10 Märkte im Orient ISBN 978-3-9523262-9-9 Heft 11 Wohnungsbau Die Schweiz im 20. Jh. ISBN 978-3-9523419-0-2 Heft 12 theo Hotz Sihlcity ISBN 978-3-9523419-1-9 Heft 13 Christoph Haerle Rieselbrunnen ISBN 978-3-9523419-2-6 Heft 14 architextur verfeinert vergröbert ISBN 978-3-9523419-3-3 Heft 15 Atlas Oasen ISBN 978-3-9523419-4-0 Heft 16 Die Geburt der Allee ISBN 978-3-9523419-5-7 Heft 17 Großgeräte in der Landschaft ISBN 978-3-9523419-6-4 Heft 18 Reyner Banham Behälter ISBN 978-3-9523419-7-1 Heft 19 Archigram in Monte Carlo ISBN 978-3-9523419-8-8 Heft 20 le Palais Idéal du Facteur Ferdinand Cheval à Hauterives ISBN 978-3-9523419-9-5