BERGSEE - BREVET. Helmut Zauchner Seite 1. Foto Helmut Steinle

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Transkript:

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Bergseeausbildung: Um in Seen über Meeresniveau sicher tauchen zu können, muss ein Taucher die besonderen Bedingungen kennen lernen, welche sich aus dem verminderten Umgebungsdruck ergeben. Die Tauchgangsplanung muss so einfach sein, dass sie auch tatsächlich unmittelbar vor dem Tauchgang ohne mühsame Berechnungen durchgeführt werden kann. Die Ausbildung soll den Taucher zu einem umweltfreundlichen Verhalten anleiten, damit die Schönheit der Bergseen auch für nachkommende Taucher erhalten bleibt. Das vorliegende Skriptum wendet sich an Taucher, welche die Grundausbildung bereits abgeschlossen haben. Es baut daher auf den Grundlagen aus dem Skriptum BREVET *+** von Zauchner/Beuster auf. Grundlagen werden nur wiederholt, wenn sie direkt mit dem Bergsee in Verbindung stehen. Der verminderte Luftdruck hat grundlegende Auswirkungen auf die Dekompression und Blasenbildung. Erst, wenn ein Taucher verstanden hat, wie er sich auf den verminderten Druck einstellen kann, wird er in hoch gelegenen Bergseen sichere Tauchgänge machen können. Im folgenden Text wurden Kontrollfragen mit Antworten ausgearbeitet, damit der Leser überprüfen kann, wie weit er die wesentlichen Inhalte verstanden hat. Alle Rechte, die mit der Verbreitung und Vervielfältigung dieses Skriptums zusammenhängen, bleiben dem Autor vorbehalten. Alle in diesem Skriptum enthaltenen Angaben und Zusammenhänge sind nach bestem Wissen herausgearbeitet und sorgfältig geprüft worden. Trotzdem können inhaltliche Fehler nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Angaben erfolgen daher ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie. Impressum: Autor: Ing. Helmut Zauchner, CMAS M** AUT 32/82 Leiter der CMAS-Arbeitsgruppe Altitude Diving Version: 5/2007 Helmut Zauchner Seite 3

Inhaltsverzeichnis 1. Für Bergseetaucher ändert sich viel... 5 2. Die Entwicklung des Bergseetauchens... 6 2.1. Was hat sich im Alpenraum ereignet?... 7 2.2. Ein Zwischenergebnis... 7 2.3. Welche Tabellensysteme werden verwendet?... 8 3. Etwas Physik ist hilfreich... 9 3.1. Dichte des Süßwassers... 9 3.2. Der Luftdruck am Bergsee... 9 3.3. Boyle-Mariotte und die Aufstiegsgeschwindigkeit... 10 3.4. Einfluss der tiefen Wassertemperaturen... 10 4. Gewebe können weniger Gas in Lösung halten... 11 4.1. Der Tolerierte Umgebungsdruck von Bühlmann... 11 4.2. Am Bergsee wird die Nullzeit (No Decompression Limit) kürzer... 12 5. Bergseecomputer... 13 5.1. Gibt es sichere Computer für den Bergsee?... 13 5.2. Welcher Computer soll empfohlen werden?... 13 5.3. Tauchen mit dem Computer... 14 5.4. Hilfe, mein Computer ist ausgefallen... 14 5.5. Worst case scenario (= der denkbar ungünstigste Fall)... 14 6. Bergseetabellen... 15 6.1. Das Rechenmodell... 15 6.2. Wie verhält sich ein Gewebe?... 16 6.3. Eine interessante Beobachtung... 17 6.4. Die Zuschlagsmethode... 18 6.5. Der Dekoplaner... 20 6.6. Passfahrten und Fliegen nach dem Tauchen... 21 7. Tauchgänge in Bergseen... 22 7.1. Vorbereitung... 22 7.2. Gruppengröße... 22 7.3. Planung eines einzelnen Tauchgangs... 22 7.4. Planung von Grundzeit und Dekompression... 23 7.5. Planungsbeispiel ohne Taschenrechner... 24 7.6. Planung mit Nitrox... 25 8. Kontrollfragen... 26 9. Tauchen mit Kompass... 27 Helmut Zauchner Seite 4

1. Für Bergseetaucher ändert sich viel Tauchen in einem Bergsee heißt Tauchen bei vermindertem Druck. In vielen Fällen erfolgt der Tauchgang kurz nach dem Aufstieg zum Bergsee, sodass die Zeit zur Anpassung an den verminderten Luftdruck viel zu kurz ist. Wenn ein Taucher zum Bergsee aufsteigt, beginnen sich seine Gewebe an den verminderten Umgebungsdruck anzupassen. Es wird angenommen, dass die menschlichen Gewebe dazu je nach Durchblutung 30 min bis 3 Tage brauchen. Wenn der Tauchgang beginnt, hat somit jedes einzelne Gewebe einen anderen Inertgasdruck (Stickstoffdruck). Je höher der Bergsee, desto geringer der Luftdruck, desto weniger Inertgas kann ein Gewebe in Lösung halten. Ab 2500 m Seehöhe sinkt der Sauerstoffdruck unter 0,16 bar. Der Sauerstoffmangel bewirkt physiologische Veränderungen im menschlichen Körper. Tauchgänge über 2500 m erfordern daher mindestens 24 Stunden Anpassung in der Höhe des Tauchplatzes. Menschliche Gewebe sind keine fix berechenbaren Größen. Wenn das Wasser sehr kalt ist oder wenn sich der Taucher körperlich erheblich anstrengt, verändern sie ihre Eigenschaften. Der Kälteschutz ist daher in Bergseen besonders wichtig. Das Wasser der Bergseen ist manchmal ziemlich trüb. Taucher müssen daher eigenverantwortliche Paare bilden, weil eine größere Gruppe sehr schnell auseinander gerissen werden kann. Bergseetaucher tauchen gewöhnlich paarweise. Sowohl Bergseetabellen als auch Computer gelten nur innerhalb eines Höhenbereichs. Wenn der Taucher im unteren Höhenbereich 0-700 m wohnt und im oberen Bereich 700-2500 m tauchen will, so gibt es für ihn keine gültige Tabelle. Er muss in Höhe des Tauchplatzes mindestens 12 Stunden warten, bis sich die wichtigsten Körpergewebe an die Höhe angepasst haben. Erst dann darf er die Tabelle für die Tauchplatzhöhe verwenden. Der Computer Suunto Vyper schreibt beispielsweise vor dem Tauchgang mindestens 3 Stunden Anpassungszeit in Höhe des Tauchplatzes vor. Davor darf nicht getaucht werden. Der verminderte Luftdruck hat einen wesentlichen Einfluss auf die Größe der Mikroblasen, daher sollen für den Aufstieg die Regeln zur Verringerung der Blasenentwicklung nach dem Tauchgang angewendet werden. Wenn auf der Rückfahrt vom Tauchplatz ein höher gelegener Pass überquert werden soll, müssen besondere Regeln angewendet werden. Manche Bergseen haben einen relativ ebenen Grund, oder es breitet sich in Bodennähe eine undurchsichtige, schlammige Brühe oft mit darauf schwimmenden Holzstückchen aus, sodass ohne Kompass keine Orientierung möglich ist. Das Wetter kann sich am Bergsee schnell ändern, sodass besondere Vorkehrungen getroffen werden müssen. Auch einsame Bergseen haben einen Besitzer, der das Tauchen erlauben muss. Die Schönheit der Bergseen und ihrer Umgebung kann durch den Tauchbetrieb schnell einen bleibenden Schaden erleiden. In Stauseen kann es örtlich Strömungen geben, die ein Tauchen verbieten. Helmut Zauchner Seite 5

2. Die Entwicklung des Bergseetauchens Vor 30 Jahren gab es noch keine Bergseetabellen. Wir lernten die 90-er Regel um Nullzeiten zu bestimmen. Für 33 m Tiefe betrug die Nullzeit: Nullzeit = 90 2 Tiefe = 90 2 33 = 24 min. Ein Tauchgang 33 m/ 24 min in 750 m Seehöhe war noch innerhalb der Nullzeit! Heutzutage verlangt beispielsweise die deutsche DECO2000 Tabelle für diesen Tauchgang eine Dekompression von 4 + 12 F = 16 min. Vor 30 Jahren Nullzeit heute 16 min Dekompression macht das nicht nachdenklich? Vor 30 Jahren lernten wir die Bergseeformel (Cross-Correction) in Form von Formeln und des Korrekturfaktors CF. Niemand wusste den Luftdruck der Tauchplatzhöhe in Torr, der zur Berechnung der fiktiven Tiefe erforderlich war. In 30 Jahren habe ich keinen einzigen Taucher getroffen, der diese Methode angewendet hat, weil das Multiplizieren und Dividieren so mühsam war. Niemand konnte uns sagen, wie wir statt 3 m eine Dekotiefe von 2,64 m einhalten sollten und niemand konnte unter Wasser im Kopf dividieren um die fiktive Tiefe zu berechnen. Wenn man davon ausgeht, dass der Luftdruck in 5500 m Höhe halbiert wird, lässt sich CF für 2500 m Höhe aus dem Verhältnis der Drücke berechnen: p CF = p Seehöhee Meeresoberfläche Für 33 m Tiefe erhält man: Seehöhe 2500 5500 = 5500 = 2 = 2 0,73 Keine Angst, niemand muss sich Berechnungen merken gemessene Tiefe 33 m fiktive Tiefe = = = 45 m..dazu braucht man einen Taschenrechner! CF 0,73 Mit dieser vergrößerten fiktiven Tiefe geht man in die jeweilige Tabelle und bestimmt die Dekozeit. Da 45 m viel tiefer als 33 m ist, ergibt sich für 2500 m Seehöhe eine wesentlich längere Dekompression und oft auch ein tieferer Dekostopp. Die Tiefe des Dekostopps musste jedoch wieder vermindert werden, indem man die Tiefe mit CF multiplizierte. USN Tabelle: Ein Tauchgang 33 m / 30 min erfordert in 2500 m 8 + 24 L = 32 min. Tiefster Dekostopp: Dekotiefe CF = 6 m CF = 6 m 0,73 = 4,4 m Bühlmann 0-700 m Tabelle: Ein Tauchgang 33 m / 30 min erfordert in 2500 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min. Tiefster Dekostopp: 12 m 0,73 = 8,8 m. Mit der passenden 701-2500 m Bühlmanntabelle vermindert sich die Dekompression jedoch auf: 1 + 3 + 6 + 14 G mit dem tiefsten Stopp in 9 m Tiefe. Verwendete Tabelle in 2500 m: Dekompression Tiefste Dekostufe Bühlmann 701-2500 m 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min 9 m CF mit USN Tabelle 8 + 24 L = 32 min 4,4 m CF mit Bühlmanntabelle 0-700 m 3 + 6 + 10 + 27 G = 46 min 8,8 m Die Dekompression mit der Bergseeformel hängt von der zufällig verwendeten Tabelle ab. Mit der USN Tabelle wird sie ⅓ länger als mit Bühlmann 701-2500 m. Sie beginnt jedoch in 4,4 m anstatt 9 m! Mit der Bühlmanntabelle 0-700 m würde die Dekompression doppelt so lang als notwendig werden (aber so etwas erscheint nicht gerade sinnvoll). Helmut Zauchner Seite 6

Die Bergseeformel erzeugt gegenüber Bühlmann übertriebene Dekozeiten. Die Dekompression beginnt jedoch in zu geringer Tiefe (4,4 m anstatt 9 m). Die Verminderung der Dekotiefen am Bergsee lässt sich nicht begründen, weil sie im Grenzbereich zu einer riskant erscheinenden Überhöhung des Gewebedrucks führt. Die Berechnungen sind so mühsam, dass diese Methode in der Praxis nicht angewendet wird. 2.1. Was hat sich im Alpenraum ereignet? Einige Jahre, nachdem der Tauchsportverband Österreichs der CMAS beigetreten war, ersetzte er die französische Militärtabelle GERS durch die amerikanische USN Tabelle. 1984 wurden die ersten Bühlmanntabellen eingeführt und 1986 in der Schweiz durch die bekannten Bühlmann Bergseetabellen 1986 abgelöst. Die Cross-Correction wurde damit widerlegt. 1992 wurden die Bühlmanntabellen durch die deutschen DECO92 Tabellen mit relativ kurzen Zeitzuschlägen im Vergleich zu Bühlmann ersetzt. Über 1500 m musste man Bühlmann 701-2500 m verwenden, weil der obere Höhenbereich der DECO92 nur bis 1500 m reichte. Nun kam es vor, dass die Dekompression in 2500 m kürzer war als in 1500 m! 2000 wurde DECO92 in Deutschland durch DECO2000 ersetzt, diesmal mit relativ langen Zeitzuschlägen im Vergleich zu Bühlmann. Da DECO92 nicht mehr erzeugt wurde, schaffte der Tauchsportverband Österreichs die Tabellen ersatzlos ab. Nach einer Periode ohne Dekompression entschloss sich der Tauchsportverband anstelle von Tabellen Tauchcomputer zuzulassen. Ein Vergleich moderner Tauchcomputer im deutschen Tauchmagazin unterwasser Oktober 2002 zeigt jedoch: Tauchcomputer A.P.Valves Nexus Beuchat CX 2000 Dekompression nach zwei 40 m Tauchgängen 3 m / 8 min = 8 min 6 m / 10 min + 3 m / 128 min = 138 min Das bedeutet, dass Dekozeiten von Computern nicht verglichen werden können. Ein Unterschied von 2 Stunden nach ein und denselben Tauchgängen dient nicht der Sicherheit. Die unterschiedlichen Dekozeiten verschiedener anerkannter Tabellen lassen sich auch nicht nachvollziehen. Niemand kennt ihren genauen Geltungsbereich: Meerestabelle Dekompression nach einem TG 33 m / 30 min Tiefster Dekostopp USN 7 J = 7 min 3 m Bühlmann 0-700 m 4 + 11 G = 15 min 6 m DECO92 0-700 m 1 + 6 + 13 G = 20 min 9 m 2.2. Ein Zwischenergebnis Die Tauchgangsplanung mit Korrekturfaktoren erscheint für die praktische Anwendung zu aufwändig. Die Dekompression dauert sehr lang und die Dekotiefen sind zu gering. Das erscheint nicht nur zweifelhaft, sondern sogar riskant. Die Vermischung von Tabellensystemen mit verkürzter Dekozeit in großer Höhe erscheint ebenfalls zweifelhaft. Helmut Zauchner Seite 7

Tabellen und Computer erscheinen weder sicher noch unsicher. Sie haben lange oder kurze Dekozeiten sonst nichts. Die meisten Tabellen sind für angepasste Gewebe berechnet worden, deshalb darf der Tauchplatz nie höher liegen als der Wohnort. Will ein Taucher, der unter 700 m wohnt über 700 m tauchen, so muss er 12/24 Stunden warten, bis seine wichtigsten Gewebe an den verminderten Luftdruck angepasst sind. Dieser Umstand ist nicht gerade hilfreich, wenn Freizeittaucher in einem Bergsee tauchen wollen. Ein Rettungstaucher, der zum Bergsee geflogen wird, darf erst recht nicht tauchen. Die Adaptionszeit in Höhe des Bergsees hängt vom Computerhandbuch ab. Es gibt keine Tabellen die verwendet werden dürfen, wenn Wohnort und Tauchplatz in verschiedenen Höhenbereichen liegen. 2.3. Welche Tabellensysteme werden verwendet? Vergleichen wir noch einmal den Tauchgang 33 m / 30 min mit anerkannten Tabellen: Verwendete Tabelle Dekompression Differenz Zeitzuschlag in 33 m Tiefe nach 25 min Oberflächenintervall Differenz USN 7 J = 7 min 34 min Bühlmann 0-700 m DECO92 0-700 m 4 + 11 G = 15 min + 8 min 27 min 7 min 1 + 6 + 13 G = 20 min + 13 min 18 min 16 min In den vergangenen Jahren erkennt man eine gegenläufige Entwicklung. Die Dekompression des ersten Tauchgangs wird länger und länger, Zeitzuschläge für den Folgetauchgang werden kürzer und kürzer. Wo liegt die vernünftige Grenze? Bühlmann liegt in der Mitte. Das ZHL-System von Bühlmann wurde an der Universität Zürich entwickelt, getestet, umfassend publiziert und alle neuen Computer rechnen damit. Es ist für alle Höhenlagen geeignet und bildet auch den Kern von Blasenprogrammen wie VPM und RGBM. Bühlmanntabellen wurden bis 4500 m Höhe erprobt und sind allgemein anerkannt. Eine Vermischung mit anderen Systemen ist nicht notwendig, weil alle Höhenbereiche abgedeckt werden. Der britische Dachverband SAA hat bereits vor Jahren Bühlmanntabellen eingeführt, weil sie im Einklang mit der Mehrzahl von Computern standen. Bühlmanntabellen eignen sich auch für Nitroxtauchgänge wenn man die Äquivalente Lufttiefe anwendet. Auch Bühlmanntabellen haben eine Entwicklung hinter sich. Bis 1986 wurde das ZH-L12 System verwendet. 1987 wurde die statistische Verteilung der Gewebe verändert. Es entstand das ZH-L16 Modell, welches erst die Berechnung von Bergseetabellen für Höhen bis 4500 m ermöglichte. Die 0-700 m Tabelle wurde an das ZH-L16 Modell angenähert. Für Tabellen wurden die korrigierten Koeffizientensätze ZH-L16B veröffentlicht, welche als Tabellenstandards gelten. Sie werden als Grundlage einer neu berechneten Meerestabelle verwendet, mit welcher man die Probleme der Höhenbereiche umgehen kann. Das Nachfolgemodell ZH-L8 ADT wird z.b. in Uwatec Computern verwendet und versucht große Kälte und schwere Arbeit in die Dekoberechnung einzubeziehen. Helmut Zauchner Seite 8

3. Etwas Physik ist hilfreich 3.1. Dichte des Süßwassers Während die Druckzunahme im warmen Meerwasser ziemlich genau 1 bar pro 10 m beträgt, ist sie im Süßwasser (aufgrund der geringeren Dichte) etwa 2 % geringer. Die wahre Tiefe ist daher etwa 2 % größer als die gemessene. Dieser Fehler ist geringer als der Linearitätsfehler eines durchschnittlichen Tiefenmessers und daher vernachlässigbar. Auf die Berechnung der Dekompression hat das keinen Einfluss, weil Computer nur Drücke bzw. Druckunterschiede messen. Da sich der Luftdruck am Bergsee ändert, müssen mechanische Tiefenmesser entlüftet und/oder der Nullpunkt nachgestellt werden. Die Justierung sollte bei Wassertemperatur erfolgen, weil die Temperatur die Anzeige beeinflusst. Bergseecomputer ersetzen Tiefenmesser, Uhr und Bergseetabelle. Die Anwendung ist einfacher und daher sicherer. Tauchgänge sollen mit Computern durchgeführt werden. 3.2. Der Luftdruck am Bergsee 1.1 LUFTDRUCKVERTEILUNG UMGEBUNGSDRUCK in bar 1 0.9 0.8 0.7 tatsächlicher Verlauf des Luftdrucks angenäherter linearer Druckverlauf bis 4000 m ISO 0.6 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 HÖHE in m Die Verminderung des Luftdrucks bis 4000 m beträgt etwa 10 % pro 1000 m Seehöhe. In 3000 m Seehöhe herrscht daher ein Umgebungsdruck von 0,7 bar. Der Umgebungsdruck von 1 bar, für den Dekotabellen berechnet werden, findet sich somit nicht mehr an der Wasseroberfläche, sondern in 3 m Tiefe. Ein Taucher, der im Meer noch zur Oberfläche aufsteigen darf, müsste in 3000 m Seehöhe bereits in 3 m Tiefe stehen bleiben um den zulässigen Umgebungsdruck 1 bar nicht zu unterschreiten. Das heißt, dass am Bergsee die Dekompression in größerer Tiefe beginnen muss und länger dauert. Die teilweise noch gelehrte Bergseeformel widerspricht somit den linearen Gewebemodellen von Workman/Bühlmann, weil sie Dekotiefen vermindert. Helmut Zauchner Seite 9

3.3. Boyle-Mariotte und die Aufstiegsgeschwindigkeit In Oberflächennähe wächst ein aufsteigendes Bläschen am schnellsten. Druckänderungen durch den Aufstieg lassen sich am einfachsten beurteilen, wenn man sie auf den jeweiligen Umgebungsdruck bezieht: Ein Aufstieg aus 10 m zur Oberfläche erzeugt eine Druckänderung von 1 bar: Druckänder ung 1 bar 100 = 100 = 100 % Umgebungsd ruck 1 bar Ein Gasbläschen vergrößert sein Volumen beim Aufstieg um 100 %. Bezogen auf den Umgebungsdruck von 4 bar in 30 m Tiefe erhalten wir die folgende relative (auf den Umgebungsdruck bezogene) Druckänderung: Druckänder ung 1 bar 100 = 100 = 25 % Umgebungsd ruck 4 bar Bezogen auf 30 m Tiefe ist die Vergrößerung des Bläschens nur 25 % In 3000 m Höhe steigt die relative Druckänderung auf: Druckänder ung 1 bar 100 = 100 = 140 % Umgebungsd ruck 0,7 bar In 3000 m Seehöhe vergrößert sich das Gasbläschen beim Aufstieg aus 10 m um 140 % Damit Mikrobläschen am Bergsee nicht übermäßig wachsen, muss die Aufstiegsgeschwindigkeit in Oberflächennähe immer langsamer werden (max. 5 m/min). Sicherheitsstopps und eine verminderte Aufstiegsgeschwindigkeit in Oberflächennähe bilden die wirksamste Methode um zu verhindern, dass der M-value eines Gewebes erreicht wird. 3.4. Einfluss der tiefen Wassertemperaturen Das Gesetz von Avogadro sagt aus, dass sich in einem bestimmten Volumen bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Temperatur nur eine bestimmte Anzahl von Gasteilchen befinden kann (Gasmenge). Das Gesetz von Amontons ( Charles s law für konstantes Volumen) gibt daher an, dass sich nur der Druck (kinetische Energie) des Gases in der Tauchflasche vermindert, wenn sie abgekühlt wird. Es geht kein Gas verloren. So lange das Flaschenventil zu bleibt, kann sich die Anzahl der Luftteilchen in der Flasche nicht verändern. Geht man davon aus, dass sich weder das Lungenvolumen des Tauchers noch seine Körpertemperatur verändern, so bleibt auch die ein- oder ausgeatmete Gasmenge pro Atemzug konstant. Es ist daher für die zu erwartende Grundzeit völlig belanglos, wenn der Druck bei Abkühlung der Flasche im kalten Wasser des Bergsees zurück geht. Es verändern sich weder die vorhandene Luftmenge noch die eingeatmete Luftmenge pro Atemzug. Die Luftmenge kann sich nur verändern, wenn die Seehöhe oder die Tiefe und damit der Druck verändert wird. Ein Taucher atmet jedoch stärker, sobald er friert. Kaltwasser begünstigt das Vereisen von Atemreglern. Es ist daher empfehlenswert mit 2 getrennten Automaten zu tauchen, deren Ventile man einzeln abdrehen kann (Handzeichen: den abblasenden Regler in die Höhe halten, damit der Partner das richtige Ventil findet und ihn abdrehen kann). Helmut Zauchner Seite 10

4. Gewebe können weniger Gas in Lösung halten Wenn der Taucher den zulässigen (tolerierten) Umgebungsdruck eines Gewebes unterschreitet, weil er zu weit aufsteigt oder der Luftdruck am Bergsee zu gering ist, werden messbare Gasblasen gebildet. Das folgende Diagramm zeigt, auf welchen Umgebungsdruck ein Gewebe aufsteigen darf, wenn es mit Inertgas beladen ist. 4.1. Der Tolerierte Umgebungsdruck von Bühlmann 1.9 ZH-L16 1.8 1.7 1.6 T = 635 min Tolerably Ambient Pressure in bar 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 T = 12.5 min 1 0.9 T = 5 min 0.8 0.7 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 4.2 4.4 Inert Gas Pressure in bar Die Verteilung der ZH-L16 Kompartimente vermeidet Sprünge in den Nullzeiten und Wiederholungsgruppen. ZH-L16 ist daher für Tauchgänge in großer Höhe besser geeignet als das vorher verwendete ZH-L12 System. Statt des 4 min Gewebes verwendet man das etwas steiler verlaufende und daher konservativere 5 min Gewebe. Das 5 min Gewebe wird auch für Tauchcomputer verwendet. Jede Gerade mit unterschiedlicher Steigung stellt ein Kompartiment dar. Wenn das 12,5 Minuten Kompartiment auf 2,4 bar geladen war, toleriert es 1,1 bar Umgebungsdruck. Auf Meeresniveau findet sich der Druck 1,1 bar in 1 m Tiefe. In 1000 m Höhe beträgt der Luftdruck nur mehr 0,9 bar. Das heißt, 1,1 bar ist der Druck in 2 m Tiefe. Nach Bühlmann muss die Dekompression am Bergsee in größerer Tiefe beginnen und nicht umgekehrt, wie die veraltete Bergseeformel vorschreibt. Helmut Zauchner Seite 11

Nach einem schnellen Anstieg zum Tauchplatz (höher als der Wohnort des Tauchers) ist der Anfangsdruck eines Gewebes höher als der Luftdruck. Es ist eine lange Anpassungszeit (12/24 Stunden) oder eine verlängerte Dekompression erforderlich. 4.2. Am Bergsee wird die Nullzeit (No Decompression Limit) kürzer Die Nullzeit eines Gewebes hängt von der Tiefe und der jeweiligen Seehöhe ab. Je höher der Bergsee und je tiefer der Tauchgang, desto kürzer wird die Nullzeit. Mit sauerstoffangereicherter Atemluft (Nitrox) kann die Nullzeit wieder verlängert werden, sodass man am Bergsee mit einer Meerestabelle austauchen könnte. Jedes Gewebe hat eine andere Nullzeit. Das Gewebe mit der kürzesten Nullzeit bestimmt die Nullzeit für den Taucher. Nullzeit in min 42 40 38 36 34 32 30 28 26 24 3000 m 22 20 18 16 14 12 20 22 A Nullzeit am Bergsee Meeresniveau 35.5 27.5 10 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 Tiefe in m B Links im Diagramm wurden A die Nullzeiten des 12,5 min Gewebes von Meeresniveau bis 3000 m Seehöhe in Schritten von 1000 m dargestellt. Auf Meeresniveau beträgt die 22 m Nullzeit 35,5 min. Man erkennt, dass sie in 3000 m Höhe auf 27,5 min verkürzt wird. Die 20 m Nullzeit in 3000 m dauert ebenfalls 35,5 min. Wenn man die Tiefe um 10 % (von 20 auf 22 m) vergrößert, kann man von der Kennlinie für Meeresniveau die 3000 m Nullzeit ablesen. Das gleiche gilt für die 30 m Nullzeit. Wenn man die Tiefe rechnerisch um 10 % (von B 30 auf 33 m) vergrößert, kann man die 3000 m Nullzeit auch von der Kennlinie für Meeresniveau ablesen. Einen gleichartigen Zusammenhang (mit anderen Prozentwerten) findet man sogar, wenn sich die Leitgewebe in den unterschiedlichen Tiefen abwechseln. Man kann die Nullzeit für beliebige Seehöhen ermitteln, wenn man die Tiefe rechnerisch um einen ausreichenden Prozentsatz erhöht und die Nullzeit von einer Meerestabelle abliest. Ein relativ schneller Aufstieg zum Bergsee bewirkt, dass der Gewebedruck höher ist als bei Anpassung. Der Aufstieg zum Bergsee verkürzt somit die Nullzeit. Wenn der Prozentsatz hoch genug gewählt wird, ergibt sich eine größere Rechentiefe und somit eine noch kürzere Nullzeit, welche wiederum dem schnellen Aufstieg zum Bergsee Rechnung trägt. Wenn der schnelle Aufstieg über maximal 2000 m geht und vor dem Tauchgang eine Wartezeit von 30 min eingehalten wird, so kann mit einem Tiefenzuschlag von 10 % pro 1000 m Höhenänderung gerechnet werden. Der Tiefenzuschlag berücksichtigt den Aufstieg zum Bergsee bei Verwendung von Bühlmanntabellen. Für angepasste Gewebe genügt ein Tiefenzuschlag von 5 %. Der Tiefenzuschlag dient zur Planung von Tauchgängen am Bergsee. Zum Tauchen eignet sich ein moderner bergseetauglicher Tauchcomputer besser. Helmut Zauchner Seite 12

5. Bergseecomputer 5.1. Gibt es sichere Computer für den Bergsee? Konservative Computer zeichnen sich oft durch überlange Dekozeiten aus. Ein Taucher, dessen Dekozeiten wesentlich länger sind als jene seines Partners neigt dazu, diese Zeiten nach Belieben freihändig zu verkürzen, weil doch der Partner das Wasser jedes Mal früher verlässt, wenn ihm schon kalt ist....dem Partner ist ja auch noch nie etwas passiert! Zunächst möchte man meinen, ein konservativer Computer sei tatsächlich sicherer als ein liberaler. Bei Dekotauchgängen kann sich das schnell ändern. Es scheint sicherer, wenn man einen möglichst liberalen Computer konservativ verwendet, indem man die Dekostufen tiefer beginnt und längere Dekozeiten ansetzt. Wenn die Luft knapp wird, wenn man zu frieren beginnt, oder wenn ein unvermeidlicher dringender Druck den Aufstieg erzwingt bei all diesen Notfällen gibt uns ein liberaler Computer die kürzeste Zeit an, nach der wir das Wasser mit relativ geringem Risiko verlassen können. Es kann angenommen werden, dass der Computerhersteller genau so wenig Risiko eingehen will wie wir. Wird ein Computer auf sicher eingestellt, kommt es vor, dass die Dekozeiten doppelt so lang sind wie jene des Partners. Entweder der Taucher sitzt die Dekozeit aus, oder er lässt den Computer unter Wasser liegen, damit er nicht für den nächsten Tauchgang gesperrt wird. Es empfiehlt sich daher, dass Taucher gleichartige Sicherheitspolster einstellen oder ganz darauf verzichten, weil sie ausgebildet sind und daher abschätzen können, welche Sicherheitsstopps sie tatsächlich einhalten oder verlängern wollen. 5.2. Welcher Computer soll empfohlen werden? Jede Bevorzugung eines bestimmten Fabrikats wird unweigerlich eine Reaktion anderer Hersteller hervorrufen. Tauchverbände haben jedoch die Möglichkeit Vergleiche anzustellen und Mindestanforderungen für die Dekompression mit Computern zu begründen. Taucher können dann die Eigenschaften der angebotenen Computer mit den Mindestanforderungen vergleichen und selber ihre Entscheidung treffen. Tauchorganisationen wie NOAA nehmen diese Aufgabe wahr und veröffentlichen eine Liste von Computermodellen, welche ihren Anforderungen entsprechen. Es kann angenommen werden, dass sich der Handel bemühen wird, die Zustimmung der Verbände (im Sinn von Nutzen und Sicherheit für den Taucher) zu bekommen. Wichtiger als die Auswahl eines bestimmten Computers erscheint die Ausbildung zu einem blasenarmen Tauchverhalten. So lange keine Blasen erzeugt werden, ist auch kein Unterschied zu erwarten, wenn ein Blasenmodell oder ein reines Diffusionsmodell verwendet wird. Computer sollen in erster Linie eindeutig ablesbar und einfach einstellbar sein. Computer, welche die Seehöhe messen können, haben zweifellos Vorteile für Taucher, welche in unterschiedlichen Höhen tauchen. Computer deren Höhenbereich manuell eingestellt werden muss, haben den Vorteil, dass sie beispielsweise auf die größte Höhe eingestellt werden können, die auf der Rückreise über hoch liegende Pässe erreicht wird. Sicherheitsbewusste Taucher sollten trotz des höheren Preises ein Nitroxcomputer in Betracht ziehen, weil es immer mehr Tauchschiffe gibt, die Nitrox ohne Mehrkosten anbieten. Helmut Zauchner Seite 13

5.3. Tauchen mit dem Computer Da jeder Computer unterschiedlich programmiert ist und andere Anzeigen hat, muss der Anwender zuerst die Bedienungsanleitung lesen. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Anweisungen zu folgen, damit er keinen Alarm auslöst, der den Computer für längere Zeit sperren kann. Die Anwendung moderner Computer ist relativ sicher. Es sind jedoch bei Tauchgängen am Bergsee und besonders bei Wiederholungstauchgängen außerordentliche Abweichungen zu erwarten. Von Exoten kann nur abgeraten werden. Am besten eignet sich ein Modell, welches möglichst ähnliche Ergebnisse liefert wie der Computer des Tauchpartners. Auf jeden Fall muss sich ein Taucher überzeugen, dass die Höhe des Tauchplatzes innerhalb des eingestellten Höhenbereichs liegt (zuerst Handbuch lesen). 5.4. Hilfe, mein Computer ist ausgefallen Rückrufaktionen zeigen, dass auch bei Computern Fehler auftreten können. Meist ist es nicht die Frage der Zuverlässigkeit eines Produkts sondern eher die Anzahl von Tauchstunden, die ein Taucher unter Wasser verbracht hat, bis er erlebt, dass ein Computer ausfällt. Nach einem Ausfall unter Wasser muss verhindert werden, dass der Inertgasdruck in den Geweben des Tauchers unkontrolliert weiter ansteigt. Ohne eigenen Computer fehlen die Anzeigen von Uhr, Tiefenmesser und oft auch die Druckanzeige. So lange man den Tauchgang mit seinem Partner geplant und durchgeführt hat, kann der Tauchgang gewöhnlich ohne Probleme abgebrochen und mit dessen Computer beendet werden. Wenn der Tauchgang mit Tabelle geplant wurde, lässt er sich auch wieder mit Tabelle und mit dem Computer des Partners (100-prozentige Reserve) nachvollziehen und sicher beenden. 5.5. Worst case scenario (= der denkbar ungünstigste Fall) Was könnte ein Taucher tun, wenn alles daneben gegangen ist, wenn er seinen Partner verloren hat und dazu noch sein Computer ausgefallen ist? Mit etwas Übung und Selbstbeherrschung kann der Aufstieg aus beliebiger Tiefe in der Nullzeit auch ohne Instrumente blasenarm gestaltet werden. Eine Übung des blasenarmen Aufstiegs scheint besser geeignet, die Sicherheit eines Tauchers zu erhöhen, als die Übung des Notaufstieges im Freiwasser. Aufstiege im Freiwasser sollten grundsätzlich vermieden werden, weil weder Aufstiegsgeschwindigkeit noch Tiefe ohne Instrumente abgeschätzt werden können. Aufstieg Hand über Hand an der Ankerleine oder am Grund entlang entspricht etwa 16 cm/sec oder 10 m/min. Nach 1 min Aufstieg (zähle ein-und-zwan-zig, zwei-und-zwan-zig bis 80) versucht man einen doppelt so langen tiefen Stopp. Nach weiteren 1 min Aufstieg erfolgt der nächste tiefe Stopp und so fort bis die Wasseroberfläche erkennbar ist. Wenn man eine Entfernung von 3 m zur Wasseroberfläche zu erkennen glaubt, befindet man sich in etwa 4 m Tiefe. Die Oberfläche ist aufgrund der Lichtbrechung ⅓ weiter weg als man sie sieht. In 3-6 m erfolgt der letzte Stopp. Wenn man 3 mal bis 80 zählt, dauert der Stopp ziemlich genau 3 min. Der Aufstieg zur Oberfläche dauert wiederum 1 min. Wenn der Aufstieg so gelingt, sind keine Blasen zu erwarten, weil das Aufstiegsprofil blasenarm gestaltet wurde. Niemand muss Angst haben, dass ihm dabei die Luft ausgeht. Der Druckverbrauch in 5 m Tiefe beträgt je nach Flasche 2 bis 3 bar/min. Mit 20 bar kommt der Taucher etwa 7 10 min aus. Der Taucher muss auch nicht Angst haben, dass Wasser in die leere Flasche eindringen kann solange der Automat montiert ist. Es gibt also keinen Grund zur Panik nicht einmal, wenn wirklich alles daneben gegangen ist. Helmut Zauchner Seite 14

6. Bergseetabellen Tabelle Bühlmann 0-700 m: Sie wurde für Gewebeanpassung in 700 m Höhe berechnet. Sie kann daher in 700 m UND auf Meeresniveau verwendet werden, sie berücksichtigt aber NICHT den Aufstieg von 0 auf 700 m. Ein schneller Aufstieg innerhalb des Höhenbereichs würde die Dekozeit verlängern. Tabelle Bühlmann 701-2500 m: Sie berücksichtigt den Aufstieg von 701 m zur Tauchplatzhöhe innerhalb einer Stunde. Die 3 m- Dekostufe wurde in eine 4 m- und eine 2 m-stufe aufgespaltet, damit man (1986) näher entlang der höchstzulässigen Inertgasdruckgrenze austauchen konnte. Heute werden größere Dekotiefen angestrebt (z.b. letzte Stufe in 6 m), weil Messungen ergeben haben, dass sich dadurch größere Mikrobläschenmengen vermeiden lassen. Nach heutigen Erkenntnissen werden Dekostopps in größerer Tiefe begonnen, damit der tolerierte Umgebungsdruck nicht mehr erreicht und keine Blasen gebildet werden. Tabelle Bühlmann 2501-4500 m für Gewebeanpassung in 4500 m: Es wird ausdrücklich eine Anpassungszeit von mindestens 24 Stunden in Höhe des Tauchplatzes vorgeschrieben, damit sich auch die langsamen Gewebe an den verminderten Druck anpassen können. Der allgemeine Sauerstoffmangel macht diese Maßnahme nötig. Ein Aufstieg zum Tauchplatz innerhalb des Bereiches ist NICHT zulässig. DECO2000 0-700 m und DECO2000 701-1500 m: Die Dekozeiten sind fast durchwegs länger als jene von Bühlmann. In Höhen über 1500 m müssen Bühlmanntabellen verwendet werden, wobei es vorkommt, dass die Dekozeiten in 2500 m kürzer sind als in 1500 m!! Nach einer Empfehlung von DAN wird von der Verwendung von verschiedenen Tabellensystemen in unterschiedliche Höhen ausdrücklich abgeraten. Alle diese Bergseetabellen haben den entscheidenden Nachteil, dass sie nicht verwendet werden können, wenn der Taucher im unteren Höhenbereich wohnt und im oberen tauchen will. Für den Rettungstaucher, der zu einem Einsatz am Bergsee geflogen wird gibt es somit keine passende Tabelle. 6.1. Das Rechenmodell Prof. Bühlmann veränderte den Umgebungsdruck und untersuchte, wie viel Inertgas ein Gewebe ohne Blasenbildung in Lösung halten konnte. Je größer der Umgebungsdruck und je kürzer die Halbwertszeit, desto größer war der Inertgasdruck, den ein Gewebe ohne Blasenbildung tolerierte : Umgebungsdruck höchstzulä ssiger Inertgasdruck = + a b a und b wurden für jedes der 16 Gewebe veröffentlicht. Sie bilden Koeffizientenpaare, mit welchen man berechnen kann, auf welchen Umgebungsdruck ein Gewebe aufsteigen darf, wenn es mit Inertgas aufgeladen ist: Tolerierte r Umgebungsdruck = ( Inertgasdruck a) b (vergl. Abschnitt 4.1.) Helmut Zauchner Seite 15

Der tolerierte Umgebungsdruck eines Gewebes darf nicht unterschritten werden. Je höher der Bergsee, desto größer ist die Tiefe, in welcher der tolerierte Umgebungsdruck herrscht. Für jedes Gewebe ergibt sich eine andere Mindesttiefe. Als Dekostufe wird die berechnete oder nächst größere 9-, 6- oder 3 m-stufe verwendet. 6.2. Wie verhält sich ein Gewebe? Tolerierter Umgebungsdruck in bar 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 0.9 0.8 12.5 min Gewebe 0.7 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 Inertgasdruck in bar Das Diagramm zeigt nach oben den tolerierten Umgebungsdruck, nach rechts den Inertgasdruck des 12,5 min Gewebes. Wenn es auf 2,63 bar Inertgasdruck aufgeladen war, darf es auf einen Umgebungsdruck von 1,28 bar gebracht werden. Auf Meeresniveau findet sich dieser Druck in 2,8 m Tiefe. Das Gewebe darf daher bis zur nächst tieferen Dekostufe in 3 m aufsteigen. Dort muss der Taucher so lange warten, bis der Gewebedruck auf 2,28 bar zurückgegangen ist. Sobald der Gewebedruck auf 2,28 bar gesunken ist, toleriert das Gewebe 1 bar Luftdruck und darf somit zur Meeresoberfläche gebracht werden. Tolerierter Umgebungsdruck in bar 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.3 1.2 1.1 1 0.9 0.8 Tiefe = 6 m Tiefe = 3 m Oberfläche Tiefe = 6 m Tiefe = 3 m Oberfläche 2.28 2.63 12.5 min Gewebe 2.16 2.63 1.28 bar in 2.8 m Tiefe 1.28 bar in 3.8 m Tiefe In 1000 m Seehöhe beträgt der Umgebungsdruck nur mehr 0,9 bar. Der Druck in 3 m Tiefe beträgt 1,2 bar, in 6 m Tiefe findet man 1,5 bar. Wenn das 12,5 min Gewebe auf 2,63 bar Inertgasdruck aufgeladen war, darf es nach wie vor auf 1,28 bar aufsteigen. 1,28 bar herrschen jedoch jetzt in 3,8 m Tiefe und die Dekompression muss in der nächst größeren Stufe 6 m beginnen. Anschließend muss das Gewebe in 3 m Tiefe bis auf 2,16 bar dekomprimiert werden, damit es den Luftdruck 0,9 bar toleriert. Am Bergsee beginnt die Dekompression tiefer und dauert erheblich länger. Es müssen alle Gewebe untersucht werden, weil sie unterschiedlich lange Dekozeiten haben. Wenn der Aufstieg zum Bergsee aus geringer Seehöhe relativ schnell erfolgt (Anfahrt im Auto), ist der Anfangsdruck des Gewebes größer und es muss noch länger dekomprimiert werden. 1.28 1.28 0.7 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4 Inertgasdruck in bar 0.9 1 Helmut Zauchner Seite 16

6.3. Eine interessante Beobachtung Im Abschnitt 4.2. hat sich ergeben, dass sich die Nullzeiten eines Gewebes für verschiedene Höhen mit einem Tiefenzuschlag relativ genau ermitteln lassen. Wenn dieser Zuschlag für ein Gewebe gilt, kann angenommen werden, dass er nicht nur für die Nullzeit, sondern für die gesamte Dekompression anwendbar ist. Die Höhendifferenz der Bühlmanntabellen beträgt: 2500 m 700 m = 1800 m. Der Tiefenzuschlag beträgt 10 % pro 1000 m und das sind 18 % pro 1800 m. Wenn man also die 700 m Tabelle nimmt und die Tiefe rechnerisch um 18 % vergrößert, sollte sich die Dekompression der 2500 m Tabelle ergeben. Beispiel: Seehöhe = 2500 m, Tiefe = 33 m, weil die Addition von 18 % zu 33 m genau 39 m ausmacht und man die Tabellenwerte direkt vergleichen kann. Grundzeit = 20 min Tiefe Dekompression Differenz Bühlmann 701-2500 m 33 m 2 + 4 F = 6 min Bühlmann 0-700 m 33 m + 18 % = 39 m 3 + 7 F = 10 min + 4 min Grundzeit = 30 min Tiefe Dekompression Differenz Bühlmann 701-2500 m 33 m 1 + 3 + 6 + 14 G = 24 min Bühlmann 0-700 m 33 m + 18 % = 39 m 3 + 7 + 18 G = 28 min + 4 min Wählt man die 700 m Tabelle anstatt der 2500 m Tabelle und addiert man zu Tiefe einen Prozentwert welcher der Höhendifferenz entspricht (2500 m 700 m = 1800 m. 18 %), so wird die Dekompression offensichtlich ein paar Minuten länger als notwendig, aber nicht so lang wie mit der Bergseeformel. Außerdem wird die Dekotiefe nicht vermindert. Die erste Bühlmanntabelle wurde nicht für Meeresniveau berechnet, sondern für 700 m. Deshalb sollte man sich vorstellen, dass schon 7 % zur Tiefe addiert sind und man sollte auch annehmen, dass die 2500 m Tabelle bereits einen Zuschlag von 25 % hat. Wenn man 10 % pro 1000 m zur Tiefe addiert entspricht das genau der linearen Druckverminderung am Bergsee (lineares Modell einfach in der Anwendung). Es ergibt sich die Methode des Tiefenzuschlags, welche mit einer Bühlmanntabelle für Meeresniveau angewendet werden kann. Die Richtigkeit dieser Behauptung musste erst bewiesen werden. Die Zuschlagsmethode spiegelt die Eigenschaften der Kompartimente wider, welche sich bei der Berechnung von Nullzeiten ergeben haben. Damit können die Probleme gelöst werden die sich ergeben, wenn der Aufstieg zum Bergsee in den nächsten Höhenbereich erfolgt. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Taucher zur Planung von Bergseetauchgängen in beliebiger Höhe mit einer einzigen Tabelle auskommen. Helmut Zauchner Seite 17

6.4. Die Zuschlagsmethode Vergleich von Dekoprofilen in unterschiedlichen Höhen mit ZH-L12: Tauchgang im BERGSEE Höhe in m Gewebe Dekozeit min 6 m 3 m Tiefenzuschlag Tauchgang auf MEERESNIVEAU Rechen- Dekozeit tiefe 9 m 6 m 3 m Differenz 0 38,3 1 7 30 m 1 7 0 1000 54,3 1 10 + 10 % 33 m 3 10 + 2 2000 54,3 2 14 + 20 % 36 m 1 4 15 + 4 3000 77 3 22 + 30 % 39 m 2 6 18 + 1 3200 77 3 23 + 32 % 39,6 m 3 6 18 + 1 3400 77 3 25 + 34 % 40,2 m 3 7 19 + 1 3600 305 3 26 + 36 % 40,8 m 3 8 20 + 2 3800 305 3 28 + 38 % 41,4 m 4 8 21 + 2 4000 305 4 60 + 40 % 42 m 4 9 22-29 Die linke Tabelle zeigt die berechnete Dekompression für einen Tauchgang 30 m/ 30 min. In 3000 m Höhe beginnt das 77 min Kompartiment die Dekompression zu bestimmen. Ab 3600 m dominiert das langsame 305 min Kompartiment die Dekompression. Ab 4000 m verursacht die Verteilung der ZH-L12 Kompartimente sehr lange Dekozeiten. (ZH-L16 B wurde entwickelt, um diese unnatürlichen Beschränkungen zu vermeiden). Die rechte Tabelle zeigt denselben Tauchgang auf Meeresniveau. Die Tiefe wird pro 1000 m Seehöhe um je 10 % erhöht. Wenn man eine Tabelle für Meeresniveau verwendet und 10 % pro 1000 m zur Tiefe addiert bekommt man Dekoprofile, die geringfügig konservativer sind als jene von passenden Bergseetabellen. Der zugeschlagene Prozentwert berücksichtigt sowohl die Seehöhe, als auch die Anfahrt vom Meeresniveau zum Bergsee innerhalb von 40 min. Höhen bis 3000 m erscheinen sicher. Bei größeren Seehöhen wird die Dekompressionszeit in 9 m immer länger. 9 m Tiefe ist jedoch für die effektive Dekompression langsamer Kompartimente unwirksam. 9 m ist für eine wirksame Dekompression zu tief! Eine Bühlmann Meerestabelle scheint geeignet für die Planung von Tauchgängen am Bergsee. Addiert man 10 % pro 1000 m zur Tauchtiefe, so wird die Dekompression geringfügig länger als notwendig. Diese Zuschlagsmethode gilt zunächst für die Planung von Tauchgängen bis 2500 m (Sauerstoffdruck = 0,16 bar), vorausgesetzt zwischen dem schnellen Aufstieg im Auto und dem Tauchgang wird eine Wartezeit eingehalten. Wenn der Höhenunterschied nicht größer als 2000 m ist erscheint eine Wartezeit von 30 min ausreichend. Helmut Zauchner Seite 18

Die Zuschlagsmethode wurde auch für angepasste Gewebe untersucht: Für angepasste Kompartimente beträgt der Zuschlag 5 % pro 1000 m Seehöhe Höhe in m Tauchgang am BERGSEE Gewebe Dekozeit min 6 m 3 m Tiefenzuschlag Tauchgang auf MEERESNIVEAU Rechen- Dekozeit tiefe 9 m 6 m 3 m Differenz 0 38,3 1 7 30 m 1 7 0 1000 38,3 1 9 + 5 % 31,5 m 2 8 0 2000 54,3 2 11 + 10 % 33 m 3 10 0 3000 54,3 3 13 + 15 % 34,5 m 4 12 0 3200 54,3 3 14 + 16 % 34,8 m 4 13 0 3400 54,3 3 15 + 17 % 35,1 m 4 14 0 3600 54,3 3 15 + 18 % 35,4 m 5 13 0 3800 54,3 3 16 + 19 % 35,7 m 5 14 0 4000 54,3 3 16 + 20 % 36 m 1 4 15 + 1 DIE ÜBEREINSTIMMUNG SCHEINT PERFEKT Wenn man 5 % pro 1000 m zur Tiefe addiert und wenn alle Kompartimente völlig an die Höhe des Tauchplatzes angepasst sind erscheint eine Bühlmanntabelle für Meeresniveau für die Planung von Tauchgängen in Seehöhen sogar über 2500 m geeignet. Der Aufstieg zum Bergsee kann mit dem Windows-Bergseeprogramm von Zauchner/Pellet nachvollzogen werden, welches auch für Wiederholungstauchgänge auf Meeresniveau geeignet ist. Wenn die berechnete Dekompression mit der 2501-4500 m Tabelle übereinstimmen soll, müssen die Koeffizienten von ZH-L12 auf ZH-L16 B umgeschaltet werden. Übereinstimmung mit der Originaltabelle wird mit einem 0,5 m Nullpunktfehler erzielt. Probleme mit den langsamsten Kompartimenten in großer Höhe treten mit ZH-L16 B nicht mehr auf. Das folgende Beispiel soll die grundsätzliche Eignung der Zuschlagsmethode herausstreichen und die Bedeutung des Aufstiegs zum Bergsee für den Taucher hervorheben, weil der Aufstieg zum Bergsee die Dekompression immerhin um 9 min verlängert: Berechnung der Dekompression mit ZH-L12 Zuschlagsmethode Angepasste Gewebe in 3000 m 3 + 13 = 16 min 4 + 12 = 16 min Aufstieg von 0 auf 3000 m in 40 min 3 + 22 = 25 min 2 + 6 + 18 = 26 min Die Planung von Bergseetauchgängen nach der Zuschlagsmethode ist offensichtlich für angepasste und nicht angepasste Gewebe geeignet. Die geplante Dekompression ist gleich oder geringfügig länger als die Dekompression mit einer originalen Bühlmanntabelle. Die Anwendbarkeit der Zuschlagsmethode mit anderen Tabellensystemen wurde nicht überprüft. Die Zuschlagsmethode wurde für Bühlmanntabellen entwickelt, um Tauchgänge planen zu können, welche außerhalb der definierten Höhenbereiche erfolgen. Helmut Zauchner Seite 19

6.5. Der Dekoplaner In der Spalte ganz links findet man die Tiefen jeweils mit der zugehörigen Nullzeit und Wiederholungsgruppe. Die Grundzeiten sind so gestuft, dass sich nach Möglichkeit Dekozeiten von 4, 8, 12 oder 16 min ergeben. RG ist die Wiederholungsgruppe (Repetitivgruppe). Die einzelnen Teile der Wiederholungstabelle wurden so angeordnet, dass sie einfacher gelesen werden können. Ihre Werte können nicht einfach geändert werden, weil es sich ja um eine Bühlmanntabelle handelt. Der erste Planungsschritt ist immer die Bestimmung der Grundzeit. Je nach Seehöhe werden zur Tiefe 10, 20 oder 30 % addiert. Mit dieser Tiefe geht man in die Tabelle und schaut nach, ob der Tauchgang Dekompressionszeiten erfordern wird. Der Aufstieg (mit Sicherheitsstopps und 100 % Reserve für den Partner) erfordert 50 bar. Der Druckverbrauch für die Dekompression mit 10- bis 15 Liter Flaschen beträgt 2 bis 3 bar/min und könnte sogar im Kopf berechnet werden. Die Dekozeiten der vorliegenden Tabelle nehmen in Schritten von 4 min zu. Der mittlere Dekompressionsverbrauch beträgt 2,5 bar/min. 4 min 2,5 bar/min = 10 bar. Somit verbraucht ein Taucher für die Dekompression Drücke von 10, 20, 30 oder 40 bar. Diese Werte können auch für die Planung mit 10 und 15 Liter Flaschen verwendet werden. Die Bestimmung des Drucks für die Dekompression wird daher besonders einfach. Jeder Taucher kann ablesen, mit welchem Druck er den tiefen Stopp erreichen muss oder wie lang er mit seiner Luft noch auskommen wird. Die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Rechenfehlern wird ausgeschlossen. Der Tauchgang soll mit einem modernen Tauchcomputer durchgeführt werden. Helmut Zauchner Seite 20

Auf der Rückseite des DEKOPLANERS kann man Grundzeit und Druckverbrauch ablesen. Gemeinsam mit dem NITROXPLANER ist es möglich geworden, beliebige Tauchgänge in beliebiger Seehöhe mit beliebigen Nitroxmischungen zu planen. Die Tabellen werden in den zugehörigen Skripten Brevet *+**, sowie Nitroxtauchen ausführlich beschrieben. Beispiele für Tauchgänge in der Nullzeit 200 bar reichen in 20 m Tiefe für 30 min Grundzeit Dekoverbrauch mit der 12 Liter Flasche Druckverbrauch in 20 m Tiefe Wenn der Taucher in 27 m Tiefe 100 bar abliest, bleiben ihm noch 8 min 6.6. Passfahrten und Fliegen nach dem Tauchen Die im DEKOPLANER angegebenen Flugverbote geben die originalen Wartezeiten an, nach welchen die Gewebedrücke so weit zurückgegangen sind, dass eine Höhe von 2000 m über dem Tauchplatz aufgesucht werden darf. Je größer die Differenz zwischen Umgebungs- und Kabinendruck, desto länger wird die erforderliche Wartezeit. In großer Seehöhe sinkt die Druckdifferenz, daher ist die Wartezeit kürzer als nach Tauchgängen auf Meeresniveau. Mit dem Rechenmodell ZH-L8 ADT wird versucht, die verzögerte Inertgasabgabe nach einem Tauchgang zu berechnen. Wenn viele Gasblasen in die Lunge eingeschwemmt worden sind, verzögert sich die Gasabgabe, sodass die angegebenen Flugverbotszeiten verdoppelt bis verdreifacht werden müssen. Für Urlaubsflüge erscheint es daher sicherer, wenn sich ein Taucher an die von seinem Computer angegebenen Flugverbote hält. DAN empfiehlt für Flüge zurück vom Tauchurlaub nach Einzeltauchgängen ein Flugverbot von 12 Stunden, nach Mehrfach- und Dekotauchgängen ein Flugverbot von 24 Stunden. Probleme im Zusammenhang mit der Bläschenbildung können weitgehend ausgeschlossen werden, wenn ein Taucher am ersten und letzten Urlaubstag auf das Tauchen verzichtet. Helmut Zauchner Seite 21

7. Tauchgänge in Bergseen Bergseen haben oft lange oder steile Zufahrtswege. Zu den schönsten Seen führen keine asphaltierten Straßen. Ein Wetterumschwung ist im Gebirge nicht vorhersehbar. Ohne ausreichende Verpflegung macht das Tauchen keinen Spaß. Muss die schwere Ausrüstung noch getragen werden? Was gibt es denn zu sehen? Wo bekommt man den Schlüssel für den Schranken? Wer kann Flaschen transportieren? Wie lange wird denn das Tauchunternehmen dauern? Mit welchen Kosten ist es verbunden? Muss man übernachten? Kann die Familie mitkommen? Können auch Anfänger mittauchen? 7.1. Vorbereitung Ein Tauchausflug zu einem Bergsee muss gut vorbereitet werden, damit er zu einem Erlebnis für alle Beteiligten wird. Je mehr Teilnehmer mitmachen wollen, desto aufwändiger wird die Vorbereitung. Der Organisator einer Tauchveranstaltung muss seine eigenen Interessen und die Bedürfnisse der Tauchgruppe unter einen Hut bringen können. In vielen Fällen kann er auf die Erfahrungen von anderen Clubmitgliedern zurückreifen. Die Modalitäten der Tauchgenehmigung lassen sich meist telefonisch erfragen. Der Ablauf der Veranstaltung muss festgelegt werden. Es ist sehr hilfreich, wenn der Organisator den Tauchplatz selbst kennt und weiß, was alles zu sehen ist. Der Tauchplatz soll nach dem Tauchgang aussehen wie zuvor. Ein kiesbedeckter Ort ist für den Einstieg besser geeignet als ein weicher, schlammiger Boden. Oft ist das Ufer umso trockener und widerstandsfähiger, je steiler es ist. Wo können Fahrzeuge abgestellt werden? Nur wenige Taucher haben Zeit oder Lust, organisatorische Aufgaben übernehmen. Einige wenige sind bereit verantwortlich mitzuarbeiten, weil sie schon Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt und sich bewährt haben. Die Aufgaben werden verteilt. Nun kann im Rahmen einer Vorbesprechung die Zusammenstellung von Tauchgruppen erfolgen. Wer wird mit wem mitfahren und wer mit wem tauchen? Es sollen sich möglichst Taucher mit ähnlichen Interessen und ähnlicher Ausrüstung (z.b. Trockentauchanzüge) und ähnlicher Erfahrung zusammenfinden. Wer hat bereits Erfahrungen mit Bergseen? Wer kann mit dem Kompass wirklich umgehen? In der Vorbesprechung muss auch über die Bedeutung der Tauchplatzhöhe, den Einfluss des Aufstiegs zum Bergsee und die verwendeten Computer gesprochen werden. 7.2. Gruppengröße Die Sicht in Bergseen kann sehr unterschiedlich sein. Wenn sie schlecht ist, wird jede größere Gruppe auseinander gerissen. Es müssen grundsätzlich Taucherpaare gebildet werden, die eigenverantwortlich tauchen können. Damit die Paare selbständig tauchen, wenn nötig untereinander Verbindung halten und heil zurückkommen, müssen sie schon in der Grundausbildung darauf vorbereitet werden. 7.3. Planung eines einzelnen Tauchgangs Im briefing erfahren die Taucher den geplanten Ablauf des Tauchgangs, worauf sie achten müssen und was es unter Wasser alles zu sehen gibt. Im briefing müssen sie auch hören, durch welche Maßnahmen sie sich auf den Bergsee einstellen können, denn nicht jeder Teilnehmer war bei der Vorbesprechung. Helmut Zauchner Seite 22

In den meisten Fällen ziehen sich die Taucher anschließend um, schnallen sich ihren Computer ans Handgelenk, gehen ins Wasser und vertrauen darauf, dass ihr Computer für sie denken wird. Sie können nicht glauben, dass ausgerechnet ihnen ein Missgeschick passieren könnte. Ein unüberlegter, schneller Aufstieg kann in einem hochgelegenen Bergsee wesentlich mehr Schaden stiften als im Meer. Die Nullzeiten können so kurz werden, dass der Taucher übersieht, dass er schon dekompressionspflichtig geworden ist. Einzelne Taucher können mit dem Kompass umgehen und überlegen sich daher, in welcher Richtung sie tauchen oder zurückkommen wollen, oder sie stellen einfach den Kurs ein, der sie zum Ufer zurück führen wird, wenn sie bei ebenem Grund die Richtung verloren haben. Das gegenüberliegende Ufer oder kleine Inseln können unter Wasser nur dann erreicht werden, wenn ein Taucher einen Kompass mitführt. Die wenigsten Taucher machen sich Gedanken, wie lange sie mit ihrer Luft auskommen werden und noch weniger Taucher überlegen sich, ob ihr Tauchgang Dekompressionszeiten erfordern wird oder nicht. Sie vertrauen blind auf ihren Computer. Viele Bergseen sind so seicht, dass keine Dekompressionszeiten zu erwarten sind. Andere sind jedoch so tief, dass sich Taucher überlegen müssen, welche Tiefe sie sich zumuten dürfen und ob sie Dekompressionstauchgänge in Kauf nehmen wollen oder nicht. Es ist angenehm, dass man sich nur in den seltensten Fällen Gedanken über auftretende Strömungen machen muss. Die Sicherheit des Tauchers erfordert jedoch, dass er sich mit den Veränderungen beschäftigt, denen er durch den verminderten Luftdruck am Bergsee ausgesetzt ist. 7.4. Planung von Grundzeit und Dekompression Passende Bühlmanntabellen haben gegenüber Computern den Vorteil, dass Tauchgänge im Voraus ohne Anwesenheit in der Tauchplatzhöhe geplant werden können. Wenn nötig kann die Planung mit dem DEKOPLANER unmittelbar vor dem Tauchgang gemeinsam mit dem Partner durchgeführt, aber auch abgeändert werden. Eine relativ genaue Planung ist nur für sog. Rechtecktauchgänge möglich. Einstellung des Höhenbereichs und/oder Vergleich der Entsättigungszeiten der vom Taucherpaar verwendeten Tauchcomputer: Dazu muss man gewöhnlich die Seehöhe des Tauchplatzes kennen. Vergleich der gewählten Sicherheitseinstellungen, damit sich keine allzu großen Unterschiede bei Null- und Dekozeiten ergeben können. Druckmessung mit dem Finimeter an der eigenen Tauchflasche und Vergleich der vorhandenen Drücke und der Flaschengrößen. Gemeinsame Auswahl der Tauchtiefe. Ablesung der zu erwartenden Grundzeit aufgrund von Tiefe, Flaschenvolumen und dem gemessenen Druck. Gegenseitige Überprüfung der erreichbaren Grundzeiten. Die kürzere Grundzeit bestimmt natürlich die Tauchgangsplanung. Bestimmung von Tiefenzuschlag und Rechentiefe aufgrund der Seehöhe. Ablesung der Nullzeit bzw. der zu erwartenden Dekompression. Bestimmung des Mindestdruckes für Aufstieg und Dekompression. Vergleich und gegenseitige Überprüfung der gefundenen Dekompressionsvorschrift und des erforderlichen Drucks. Gemeinsame Festlegung des tiefen Stopps. Helmut Zauchner Seite 23