I. Einführung Erfahrungsbericht von Tim Seiter zum ERASMUS+Aufenthalt an der Universität Wien im akademischen Jahr 2015/2016 Der nachfolgende Erfahrungsbericht soll meinen Erasmus+ Aufenthalt an der Universität Wien in interessanter Weise wiedergeben und gleichzeitig eine Entscheidungshilfe für all diejenigen sein, die sich entweder einen Erasmus+ Aufenthalt in Wien vorstellen können oder noch nicht wissen in welche Stadt sie überhaupt gehen möchten. Das Nachfolgende enthält Informationen zu administrativen Dinge, dem akademischen Leben an der Universität und natürlich auch zur Freizeitgestaltung. Viel Spaß beim Lesen! II. Wien Die Hauptstadt Wien liegt im Osten von Österreich in unmittelbarer Nähe zur Slowakei. Als Hauptstadt ist sie auch der Sitz der Deutschen Botschaft in Österreich. Die 1,8 Millioneneinwohnerstadt ist als die ehemalige Hauptstadt Österreich-Ungarns das kulturelle Zentrum der Region. Die Stadt umfasst 23 Bezirke wobei die ersten neun eigentlich die Bezirke sind, in denen sich alles Wichtige befindet und abspielt. Die Universität liegt im 1. Bezirk an der Ringstraße. Entlang der Ringstraße befinden sich auch weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt wie das Parlament oder das Burgtheater. Des Weiteren verfügt die Stadt über ein umfangreiches Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse und die Schnellbahn. Darüber hinaus befinden sich an allen wichtigen Punkten in der Stadt Fahrradstationen an denen man Fahrräder mieten kann und diese auch an jeder Station wieder zurückgeben kann. III. Anreise Man kann entweder per Flugzeug, Zug, Fernbus oder Auto anreisen. Der internationale Flughafen Wien Schwechat wird von fast jedem deutschen Flughafen aus angeflogen. Der Flughafen liegt etwas außerhalb der Stadt. Zum Transfer in die Stadt stehen der Flughafenbus, die Schnellbahn oder der City-Airport-Train(CAT) zur Verfügung. Man benötigt etwa zwischen 30 bis 45 Minuten mit dem Flughafenbus und 15 Minuten mit dem teureren CAT. Mit der Schnellbahn vom Flughafen in die Stadt fahren ist zwar die billigste Möglichkeit, dafür aber auch die langwierigste und unübersichtlichste Variante, die für Neuankömmlinge in der Stadt nicht zu empfehlen ist. Ich persönlich bin in den Weihnachtsferien von Stuttgart aus geflogen. Der Flug allein dauert von dort etwa zwei bis zweieinhalb Stunden. Bei der Anreise mit dem Zug kommt es sehr darauf an von wo aus Deutschland man anreist. Reist man so wie ich von Stuttgart aus, dann sind manchmal Direktverbindungen nach Wien möglich, meistens aber geht die Fahrt mit Umstieg über München. Eine solche
Zugfahrt dauert etwa acht Stunden. Reist man von Freiburg aus an dauert die Fahrt deutlich länger. Da ich selbst so nie gefahren bin, verweise ich hier auf die Reiseportale der DB und ÖBB. Vom Hauptbahnhof aus kommt man mit der U1 weiter in die Stadt. Man kann auch mit dem Fernbus aus Freiburg anreisen. Eine Fahrt dauert über München zwölf Stunden. Vom internationalen Busterminal in Erdberg kommt man mit der U3 weiter in die Stadt. Wer möchte kann auch mit dem Auto anreisen. Ob man sich diese lange Autofahrt antun will ist aber eine andere Frage. Sollte man mit dem Auto anreisen, muss bedacht werden, dass man auf der österreichischen Autobahn Maut bezahlen muss, indem man eine Vignette kaufen muss. IV. Administratives Die Anmeldung erfolgt in zwei Abschnitten. Die Voranmeldung und die eigentliche Einschreibung. Die letztere findet im Rahmen einer verpflichtenden Orientation- Veranstaltung des International Offices statt. Man wird über jeden Schritt von der Universität per Email informiert. Bei der Erstanmeldung dient als Grundlage für alle weiteren Anmeldeprozesse. Hier meldet man sich bei der Universität mit seinen persönlichen Daten an. Auch hier gibt einem das International Office einen Leitfaden per Email zur Hand. Man kann also nichts falsch machen. Nur ist es ganz wichtig sich das Passwort zu merken, welches man gewählt hat, da man dieses bei der Aktivierung des u:accounts benötigt. Der u:account ist vergleichbar mit dem Account in Freiburg. Man erhält später eine E-Mail mit seiner Matrikelnummer und kann nun den u:account aktivieren. Der u:account ist der Zugang zur Lernplattform Moodle(vergleichbar mit ILIAS) und dem Hochschulportal u:space(vergleichbar mit dem LSF). Separat muss man sich noch für eine verpflichtende Orientation-Veranstaltung des International-Office anmelden, bei dem die Einschreibung finalisiert wird und man seinen Studierendenausweis erhält. Die Veranstaltung ist auf Deutsch und es gibt mehrere mögliche Termine, die man besuchen kann. In der Veranstaltung erhält man alle wichtigen Informationen die man zu Beginn braucht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch Frau Schneiders und ihr Team mir bei sämtlichen Fragen zur Seite standen und mir effektiv und schnell helfen konnten, wenn ich die Hilfe des Auslandsbüros der Fakultät in Freiburg benötigte. Hier für möchte ich mich auch bei Frau Schneiders und ihrem Team bedanken. Das International Office ist die Anlaufstelle für sämtliche Probleme die während des Aufenthalts mit der Universität auftreten. Die Leute des International Offices sind kompetent und stets erreichbar. Die Kommunikation per E-Mail ist zügig. Aufgrund der Größe der Universität und der dementsprechend hohen Zahl an Austauschstudierende hat man das Gefühl als kenne das International Office jedes erdenkliche Problem und dessen Lösung. Die Hauptinformationsquelle zu Beginn des Aufenthalts ist die Orientation. Hier gibt es sämtliche Hinweise die wichtig sind. Beispielhaft sei hier genannt die Information über das Anmelden beim magistratischen Bezirksamt und bei der MA 35 oder auch Informationen zum Studierendenticket der Wiener Linien. Informationen zur
Wohnungssuche erhält man schon im Vorhinein vom International Office, welches auch auf seiner Homepage Informationen zu sämtlichen wichtigen Themen wie Anreise oder Wohnungssuche bereithält. Sehr zu empfehlen sind die Checklisten, die es auch auf der Seite gibt. V. Das Studium Das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien unterscheidet sich ganz wesentlich vom Studium in Freiburg. Das Studium ist in mehrere Abschnitte unterteilt. Die inhaltlichen Unterschiede liegen vor allem darin, dass in Österreich ein Einführungsabschnitt zu absolvieren ist, welcher fast sämtliche Grundlagenfächer aus Freiburg umfasst. Des Weiteren sei gesagt dass der Stoff breiter gefächert ist, dafür aber nicht so vertieft wird wie die Hauptfächer in Freiburg. Beispielhaft sei hier das Steuerrecht genannt, welches in Österreich verpflichtend ist und in Freiburg lediglich im Schwerpunkt belegt werden kann. Es gibt die sogenannten Wahlfächer, welche dem Scherpunktbereich entsprechen, aber ebenfalls viel breiter gefächert sind. Diese Wahlfächer eignen sich besonders für Erasmusstudierende, da hier für jeden was dabei ist und es sich trotz der Größe der Universität um kleine Kurse mit sehr guter Lern- und Betreuungsatmosphäre seitens der Lehrenden handelt. Wer sich für Verfassungsrecht und Grundrechte interessiert, sollte auf jeden Fall Wahlfächer in diesem Bereich besuchen, da hier auch oft Bezug zu Entscheidungen des BVerfG genommen wird. Das komische in diesen Kursen ist nur, dass die Teilnehmer meist sehr weit im Studium fortgeschritten sind oder sogar schon im Doktorandenstudium sind, da Verfassungsrecht in Österreich Teil des letzten Abschnittes des Studiums ist. Des Weiteren sind Vorlesungen und Kurse aus Völkerrecht und Europarecht zu empfehlen, da sich diese für die Anrechnung des großen Öffs eignen. Auch hier gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Lehrveranstaltungen. Natürlich sollte man auch Lehrveranstaltungen im nationalen Recht besuchen, da man ja auch die fremde Rechtsordnung kennen lernen will. Der wesentliche Unterschied zwischen Kursen und Vorlesungen ist, dass die Kurse meist kleiner sind und Anwesenheitspflicht besteht. Dafür beziehen sich die Kurse auch auf bestimmte Detailbereiche und sind keine Gesamtübersicht wie eine Vorlesung. Zur Belegung und zu den Details zwischen den Arten der Lehrveranstaltungen erhält man vom Fachkoordinator der Fakultät einen sehr informativen Leitfaden, der eigentlich alle wesentlichen Dinge behandelt. Über die Fachkoordinatoren sei gesagt, dass sie genauso kompetent sind wie das International Office, wenn es um fachspezifische Probleme oder Frage geht. Ich war nur einmal bei meiner Fachkoordinatorin, da es keinerlei Probleme gab. Zur Belegung von Lehrveranstaltungen sei gesagt, dass man sich für jeden Kurs und Prüfung anmelden im zentralen u:space-portal anmelden muss. Die Anmeldung wird auch im Leitfaden seitens der Fachkoordinatoren erklärt und ist leicht verständlich. Die Belegung von Kursen kann etwas aufwendig sein, da sich viele Kurse zeitlich überschneiden und man so wahrscheinlich nicht alle Kurse, die im Learning Agreement stehen auch tatsächlich besuchen kann. Das ist aber nicht schlimm, da die Auswahl an Kursen so hoch ist, dass man einfach einen anderen Kurs wählen kann. Auch haben weder
die Universität Wien noch die Universität Freiburg ein Problem damit, dass man bis zur Hälfte aller im Learning Agreement genannten Kurse ändern muss. Da die Teilnehmerzahl von Kursen begrenzt ist, sollte man sich direkt an den Lehrenden wenden, wenn man keinen Platz mehr bekommen hat, da die Universität im Umgang mit Erasmusstudierenden sehr wohlwollend ist und man so meist noch einen Platz bekommt. Die Anforderungen in den Wahlfächern sind niedriger als in Freiburg. Man kann hier mit etwas Aufwand auch ein sehr gut erhalten. Inhaltlich sind vor allem die Kurse so aufgebaut, dass sie sich mit einem speziellen Teilgebiet beschäftigen. Beispielhaft seien hier die von mir belegten Kurse Strafrechtliche Haftung der Heilberufe und Grundrechtstheorie und Grundrechtsdogmatik im Wintersemester und öffentliches Wirtschaftsrecht I und Viktimologie im Sommersemester genannt. An Hand dieser vier Kurse kann man die Ausdifferenzierung gut erkennen. Es handelt sich jeweils um sehr kleine Teilbereiche. Auch geben diese Kurse Aufschluss über den Unterschiedlichen Aufbau dieser Kurse. Strafrechtliche Haftung der Heilberufe war eigentlich gestaltet wie eine Vorlesung. Der Professor hat den Stoff im Frontalunterricht vorgetragen und an Beispielfällen erläutert. Der Stoff wurde in einer Klausur am Ende des Semesters abgeprüft. Grundrechtstheorie und Grundrechtstheorie war dagegen aufgebaut wie ein Seminar. Jeder Teilnehmer musste eine Entscheidung eines Verfassungsgerichts vorstellen. Im Anschluss wurde über die Entscheidung und ihren Einfluss auf die Grundrechtsdogmatik diskutiert. Im Zuge dieses Kurses wurden auch Entscheidungen des BVerfG besprochen und mit Entscheidungen des österreichischen Verfassungsgerichtshofs(VfGH) verglichen. Auch hier gab es am Ende eine Klausur, die den Stoff des Semesters abprüfte. Der Kurs Viktimologie bestand lediglich aus Vorträgen der Teilnehmer mit anschließender Diskussion ohne Klausur. Der Kurs öffentliches Wirtschaftsrecht wiederum war ein Mix aus Frontalunterricht und Vorträgen der Teilnehmer mit Klausur am Ende. Insgesamt haben mir eigentlich alle besuchten Lehrveranstaltungen gefallen. Da die Kurse zwar meist nur 2-3 ECTS bringen, muss man relativ viele belegen, um auf 30 ECTS pro Semester zu kommen. Aber auch das ist machbar und bei Weitem nicht ermüdend, da die Kurse sehr interessante Themen behandeln. VI. Das Leben außerhalb der Uni Trotz der vielen zu belegenden Kurse, kommt die Freizeitgestaltung in Wien nicht zu kurz. Zu Lebenshaltungskosten und Miete sei gesagt, dass das Leben etwa genauso teuer ist wie in Freiburg. Manches bei den Lebenshaltungskosten sogar etwas billiger. Definitiv billiger ist das Studierendenticket für die Wiener Linien. Dies kostet bei einem Hauptwohnsitz in Wien 75 pro Semester. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Wien exzellent ausgebaut. Man erreicht eigentlich sämtliche Orte in der Stadt per U-Bahn, Straßenbahn(Bim), Bus oder Schnellbahn. Das Studierendenticket ist also auf jeden Fall eine lohnenswerte Anschaffung. Eine einfache Fahrt kostet 2,20. Es gibt auch billige 24, 48, 72 Stundentickets, die sich am besten für Freunde oder Familie eignen, sollten sie zu Besuch kommen.
Zur Wohnungssuche sei gesagt, dass das International Office auf seiner Website Informationen zu Studentenwohnheimen hat. Für Erasmusstudenten gibt es teilweise Kontingente, die extra für Erasmusstudenten reserviert sind und so die Wohnungssuche sehr erleichtern. Die Mietpreise liegen in etwa auf der Höhe von Freiburg. Studentenheime sind meist billiger als WGs. Wobei man auch hier, wenn man ausgiebig sucht billige Angebote findet. Freunde von mir sind im Zuge des zweiten Semesters vom Studentenwohnheim in WGs gezogen. Ich kann nur so viel dazu sagen, dass sie keinerlei Probleme bei der WG-Suche hatten. Will man ein österreichisches Konto eröffnen hilft auch hier das International Office während der Orientation weiter. Ich persönlich kann die Bawag PSK empfehlen, da diese auch Erasmusstudenten ein kostenloses Konto eröffnen lassen, obwohl man nur zwei Semester in Österreich ist. Beim Mobilfunk zu empfehlen ist Hofer Telekom, also das Angebot von Hofer (Aldi). Die Tarife sind günstig und es besteht keine Mindestvertragslaufzeit. Man kann also jeden Monat den Tarif beenden. Zu Versicherungen kann ich lediglich sagen, dass man sich bei seinem Versicherer erkundigen sollte wie es mit dem Versicherungsschutz im Ausland aussieht. Aber sollte man keinen Krankenversicherungsschutz fürs Ausland haben, kann man sich bei der Wiener Gebietskrankenkasse günstig versichern. Auch hier gibt es Informationen bei der Orientation Veranstaltung des International Office. Grundsätzlich sei noch gesagt, dass bei man bei sämtlichen Versicherungen die man in Deutschland hat sich erkundigen sollte, ob sie im Ausland gelten. Mir ist aber nicht bekannt, dass man einen speziellen Versicherungsschutz in Österreich benötigt, den man im Inland nicht benötigt. Natürlich kann man in Wien auch gut seine Freizeit verbringen. Als kulturelle Hochburg gibt es hier unzählige Museen und Theater. Auch zu empfehlen ist ein Besuch in der Oper, der für Studenten sehr billig ist, wenn man Stehplätze in Kauf nimmt. Wer gerne tanzt, kann dies während der Ballsaison auf einem der unzähligen Bälle in Wien tun. Auch zum Fortgehen bietet Wien für alle Geschmäcker etwas. Egal ob Club oder Bar, es ist für jeden was dabei. Partys für Erasmusstudenten werden überwiegend vom Erasmus Student Network(ESN) veranstaltet. Das ESN bietet darüber hinaus auch eine Einführungswoche im September und Oktober an. Hier kann man verschiedene Partys und Bars besuchen. Es gibt aber auch kulturelle Veranstaltungen, wie zum Beispiel ein, sehr zu empfehlende, Führung durchs Parlament. Abschließend will ich noch erwähnen, dass Wien scheinbar nicht sehr beliebt ist unter den Jurastudenten in Freiburg. Bei der Wahl in welcher Stadt ich gerne meinen Erasmusaufenthalt verbringen wollte, war Wien meine letzte Wahl. Ich habe den Platz dennoch bekommen. Warum Wien so unbeliebt ist weiß ich nicht. Vielleicht denken viele, dass es keine internationale Erfahrung ist, in einem deutschsprachigen Land sein Erasmusstudium zu verbringen. Diesen Leuten sei gesagt, dass sie völlig daneben liegen. Wien ist eine der internationalsten Städte, die ich je besucht habe. Dies liegt nicht nur daran, dass Wien auch eine UN-Stadt ist. Bei vielen Studenten aus dem Ausland, sei es nun Europa oder auch nicht, ist Wien sehr beliebt. Ich habe während meines Aufenthalts viele Studenten aus der ganzen Welt kennengelernt. Ich habe somit etwa ein Drittel der Zeit Englisch gesprochen um mich zu unterhalten. Wer also eine internationale Erfahrung machen will und sich im Alltag aber nicht sicher genug in einer Fremdsprache fühlt, sollte
unbedingt nach Wien gehen. Müsste ich mich heute noch einmal für eine Stadt entscheiden, in der ich mein Erasmusstudium verbringen wollte, ich würde Wien sofort als erste Wahl angeben. Tim Seiter