25 JAHRE GRÜNE ERFOLGSGESCHICHTE



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Transkript:

25 JAHRE GRÜNE ERFOLGS

INHALT Vorwort 5 Grüne ERFOLGSN TEIL 1 01 Umweltschutz wird zur Institution 6 02 Österreich bleibt frei von Gentechnik 8 03 Tierschutz ist Gesetz und zwar ein bundesweit einheitliches 10 04 Die Landwirtschaft wird grün(er) 12 05 Green Jobs 14 06 Atomkraft? Nein Danke! 16 07 Grüner Strom für Österreich 18 Grüne Pionierinnen 20 Diese 25 Grünen Erfolge wurden in einem gemeinsamen Workshop erarbeitet, zu dem alle (Ex-)Abgeordneten und MitarbeiterInnen eingeladen waren. AutorInnen Marlies Meyer, Lukas Hammer, Jens Karg, Brigid Weinzinger, Alexander Van der Bellen, Judith Neyer, Gerhard Jordan, Anita Bernroitner, Felix Ehrnhöfer, Gabi Stauffer, Josef Meichenitsch, Monika Feigl-Heihs, Wolfgang Niklfeld, Lukas Wurz, Thomas Geldmacher, Hannes Metzler, Jakob Redl, Eike Pressinger, Ewa Dziedzic, Esther Lurf Impressum Herausgeber Die Grünen, Rooseveltplatz 4 5, 1090 Wien, www.gruene.at; Grüner Klub im Parlament, 1017 Wien Redaktion Sumaya Musa, Reinhard Pickl-Herk, Doris Schmidauer, Walter Schmidt, Marlene Sindhuber, Martin Radjaby, Johanna Stögmüller, Jonas Vogt Redaktionsschluss November 2011 Grafische Gestaltung Super-Fi, 1040 Wien Druck Druckerei Janetschek, Gußhausstr. 24 26, 1040 Wien Grüne ERFOLGSN TEIL 2 08 Alle Neune! Grüne in allen Landtagen 22 09 Wir leben die Quote 24 10 Abschaffung der PolitikerInnenpensionen 26 11 Barrierefreiheit für alle 28 12 Finanztransaktionssteuer entwaffnet SpekulantInnen 30 13 BürgerInnenpartizipation und BürgerInnenfinanzierung 32 14 AufdeckerInnen der Nation 34 15 Stoppt die Rechten 36 16 Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure 38 17 Kunstrückgabe 40 18 Ausbau der Demokratie in der EU 42 19 Bleiberecht wird Gesetz 44 20 Grüne Grundsicherung: Aufbruch in das Sozialsystem der Zukunft 46 21 Bundespflegegeldgesetz 48 22 Eingetragene PartnerInnenschaft 50 23 Getrennter Ehename 52 24 Wählen ab 16 54 25 Abschaffung der Studiengebühren 56 Fotoimpressionen 58 Ident-Nr. A-10484 www.druckmedien.at

VORWORT 25 Jahre Grüne das bedeutet eine lange Liste von Erreichtem: von der erhalten gebliebenen Hainburger Au über gentechnikfreie Landwirtschaft bis zu Windrädern und Solarpaneelen auf Österreichs Dächern. Die österreichische Gesellschaft hat sich verändert. Auch die Rolle der Frauen sie sind stärker und selbstbewusster geworden. Die Debatte um soziale Gerechtigkeit ist längst eröffnet, die Bevölkerung stemmt sich mittlerweile gegen die Geiselhaft der völlig entfesselten Finanzmärkte. Vieles von diesem Um- und Neudenken können wir Grüne uns selbstbewusst auf unser Konto schreiben. Von dem Moment an, als die ersten Grünen mit Freda Meissner-Blau in das Parlament eingezogen sind, konnten wir den Druck in bestimmten Fragen noch erhöhen. Zur Umweltpolitik als Thema kamen ebenso die Menschen- und Grundrechte. Auch hier ist es uns gelungen, eigenständige, oft einsame Positionen glaubwürdig zu vertreten. Der Schutz der bedrohten Natur und der Schutz von Minderheiten standen immer im Mittelpunkt unserer politischen Arbeit. Die Erfolge geben uns recht. Seit 25 Jahren haben Österreichs Wählerinnen und Wähler eine echte Alternative an der Wahlurne. Das verdanken wir einer Gruppe engagierter Menschen, die aufgestanden sind für die Umwelt, für eine bessere Gesellschaft. Es war dieser Tage gar nicht opportun, sich dem Establishment entgegenzustellen. Das Besondere daran: Es ging nicht nur um ein oder wenige Projekte. Nein, ein Aufwecken der Gesellschaft war das Ziel, eine Veränderung der Politik. Und das nicht nur von außen. Unsere Vorgängerinnen und Vorgänger gründeten eine Partei und zogen ins altehrwürdige Parlament. Meine erste Wahl war von der ersten Wahl an Grün. So geht es vielen meiner Generation und wir sind dankbar dafür. Seit 25 Jahren bietet Grün die Chance, vom antiquierten Lagerdenken wegzukommen. Denn dieses hat das Prinzip: das eine auf Kosten des anderen. Oder: Wer für etwas ist, muss folgerichtig gegen etwas anderes sein. Grün hingegen steht für Respekt gegenüber dem einen und dem anderen; was ausschließt, schließt sich selbst aus. Nicht Schwache gegenüber Schwächeren ausspielen, nicht Raubbau betreiben auf Kosten unserer Existenzgrundlage sondern erhalten und verbessern. Wir haben etwas weiterzugeben an die nächsten Generationen und das in bestmöglichem Zustand. Das ist mein politisches Credo, das ist Grün. die grünen Eva Glawischnig Bundessprecherin und klubobfrau der Grünen 4 5

01 Nachhaltigkeit als Gesellschaftsentwurf: Die Grünen schreiben sich von Anfang an die schonende Nutzung von natürlichen Ressourcen und Lebensgrundlagen auf ihre Fahnen. Umweltschutz wird zur institution Von Beginn ihrer parlamentarischen Geschichte an kämpften die Grünen für eine Stärkung der Umweltpolitik. Umweltschutz sollte nicht mehr zufällig geschehen, sondern durch entsprechende Gesetze und Institutionen überwacht und sichergestellt werden. Mehr Umweltpolitik war die Forderung der ersten Stunde der Grünen im Parlament. Schon bei der ersten Parlamentssitzung am 17. Dezember 1986 erhoben die Grünen noch vor ihrer Angelobung Einspruch gegen die Tagesordnung und beantragten, die Wahl eines Ausschusses für Gesundheit und Umweltschutz als weiteren Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Mit dem Einzug der Grünen in den Nationalrat wurde die Umweltpolitik unwiderruflich auf eine neue Ebene gehoben. Die Umwelt sollte einen festen Platz in den demokratischen Institutionen bekommen. Vor dem Einzug der Grünen gab es keinen eigenständigen Umweltausschuss im Parlament. Aus der Opposition heraus prägten die Grünen fortan die österreichische Umweltpolitik wie keine andere Partei. Die Einrichtung des Umweltausschusses war sowohl die erste Forderung als auch der erste Erfolg von Freda Meissner-Blau und ihren sieben Kollegen. die grünen Luftreinheit und Lärmschutz Weitere Erfolge stellten sich ein, auch wenn die erlassenen Gesetze den Grünen meist nicht weit genug gingen. Beispielhaft dafür ist der grüne Antrag aus 1987 zur Änderung der Verfassung, damit der Bund Gesetze zur Luftreinhaltung, zur Lärmbekämpfung und zur Abfallwirtschaft fassen könne. 1988 wurde bereits eine Bundeskompetenz für Luftreinhaltung (mit Ausnahme des Hausbrands) und für die Abfallwirtschaft (ebenfalls mit Ausnahmen) beschlossen, ein bundesweiter Lärmschutz lässt noch heute auf sich warten. Aus dem Vorstoß von Bundesminister Josef Pröll im Jahre 2008, eine Bundeskompetenz für den Klimaschutz zu schaffen, wurde nichts. Das 2011 beschlossene Klimaschutzgesetz verdient seinen Namen nicht. Es spart nicht ein Gramm CO 2. Keine Frage also: Es gibt noch viel zu tun für die Grünen. 6 7

02 Die Gentechnik birgt unkalkulierbare Risiken für Umwelt und KonsumentInnen. Die Grünen setzen sich dafür ein, dass Österreich gentechnikfrei bleibt. Österreich bleibt frei von gentechnik Die Grünen setzten, gegen den Trend, von Anfang an auf die biologische Landwirtschaft und gegen eine Natur zerstörende industrielle Nahrungsmittelproduktion. Gemeinsam mit vielen engagierten BürgerInnen gelang es bisher, den Gentechnik-Anbau zu verhindern. Ab 1997 wurden in Österreich mehrere Gentech-Importverbote für Mais und Raps ausgesprochen. Auf Basis grüner Anträge wurden Importverbote für die Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 sowie die Maissorte MON 863 einstimmig im österreichischen Parlament beschlossen. 2001 wurden im Frühsommer Verunreinigungen von Maisfeldern in Österreich festgestellt. Ca. 2.500 Hektar wurden untergepflügt und die Bauern entschädigt. Auf Initiative der Grünen wurde ein Saatgut-Gentechnik-Gesetz erarbeitet und im Dezember 2001 erlassen. Dieses Gesetz stellt bis heute sicher, dass gentechnikfreies Saatgut zur Verfügung steht. Außerdem brachte es den österreichischen Saatgutfirmen einen unerwarteten wirtschaftlichen Erfolg. stock.xchng Gemeinsam mit den Ländern Die meisten österreichischen Bundesländer nehmen aktiv am Bündnis der gentechnikfreien Regionen teil. Mit dem grünen Landesrat Rudi Anschober war Oberösterreich gemeinsam mit der italienischen Region Toskana Gründungsmitglied dieses Bündnisses, welches inzwischen 169 Regionen umfasst. Oberösterreich hatte sein striktes Verbotsgesetz auch vor dem EuGH verteidigt, bekam in letzter Instanz jedoch nicht Recht. Derzeit arbeitet Oberösterreich an einer flächendeckenden Ausweisung kulturartenbezogener Anbauverbote. Das Recht der europäischen KonsumentInnen auf eine gentechnikfreie Ernährung und das Recht der BäuerInnen auf eine gentechnikfreie Landwirtschaft muss umfassend gewährleistet werden. Dies geht nur, wenn wir die Gentechnik nicht auf unsere Felder lassen. Die Zukunft der europäischen Landwirtschaft ist gentechnikfrei. 8 9

03 Tiere sind keine Gegenstände, sondern leidensfähige Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, die zu beachten und zu respektieren sind. Dafür kämpfen die Grünen an vorderster Front. Tierschutz ist gesetz und zwar ein bundesweit einheitliches Das Bundestierschutzgesetz hat den Stellenwert des Tierschutzes erhöht und damit eine Schrittmacherfunktion für weitere gesetzliche Verbesserungen übernommen. Auf Initiative der Grünen wurden in den Jahren danach viele weitere Beschlüsse des Parlaments gefasst. Uneinheitlicher ging s gar nicht mehr: neun verschiedene Landesgesetze, verschiedenste Einzelregelungen, eine zahnlose Paragraph-15a-Vereinbarung in Sachen Tierhaltung. Der Tierschutz war uneinheitlich, auf niedrigem Standard geregelt. Die Tierschutzbewegung trat gemeinsam für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz und für hohe Standards in der Tierhaltung ein zwölf lange Jahre hindurch. Jahre, in denen sich die Grünen im Parlament immer wieder für den Tierschutz und strenge gesetzliche Regelungen einsetzten. Die Bemühungen gipfelten in einem Volksbegehren, das von den Grünen massiv unterstützt wurde. Eine fertig ausgearbeitete Gesetzesvorlage gab es zu diesem Zeitpunkt bereits. Die Grünen hatten den mit NGOs ausgearbeiteten Gesetzestext als Antrag eingebracht und so ins parlamentarische Geschehen eingeschleust. Nach jahrelanger Totalblockade durch die ÖVP und zähem Ringen kommt das Bundestierschutzgesetz zustande. 2004 2005 Das Bundestierschutzgesetz tritt am 1. Jänner in Kraft, doch hat es nicht alle Defizite beseitigt. die grünen Tierschutz wird Gesetz In den Jahren 2003 und 2004 war es dann soweit, die ÖVP gab ihren Widerstand auf, intensive parlamentarische Verhandlungen zum Tierschutzgesetz begannen. Dass das Gesetz durchgesetzt werden konnte, ist sicher der eine große Erfolg ein gemeinsamer Erfolg von Tierschutzbewegung und Grünen. Der andere Erfolg sind die inhaltlichen Errungenschaften im Tierschutzgesetz dass es nicht nur irgendein Gesetz wurde, sondern eines mit teilweise hohen Standards. Nicht in allen Bereichen konnten die Forderungen durchgesetzt werden, doch das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Der größte Einzelerfolg: ein Verbot der Legebatterien für Hühner. Mindestens so wichtig sind deutliche Aussagen dazu, was als Tierquälerei zu werten ist. Und schließlich hitzig umkämpft ein Verbot der Anbindehaltung von Kühen sowie ein Verbot von Elektroschockgeräten in der Ausbildung von Hunden. Die Erfolge der letzten Jahre in Sachen Tierschutz dürfen gefeiert werden. Sie sind aber letzten Endes nur eines: ein klarer Auftrag für weiteres Engagement für den Tierschutz! 10 11

04 Die Landwirtschaft wird Grün(er) Bio? Logisch! Biolandbau ist die Strategie der Zukunft. Die biologische Landwirtschaft ist das Politik-Instrument für ländliche Entwicklung und Umweltschutz. Wir setzen uns dafür ein, dass nur noch jene Leistung der Landwirtschaft mit Steuergeldern gefördert wird, die auch einen gesellschaftlich gewünschten Nutzen bringt. 1986 wurde die biologische Landwirtschaft im Grünen Bericht noch nicht einmal erwähnt. Dieser ist, nach Eigendefinition, das umfassende Informations- und Nachschlagewerk der heimischen Land- und Forstwirtschaft und des ländlichen Raums. 1987 hatten wir in Österreich ca. 350 zertifizierte biologisch wirtschaftende Betriebe. Beim EU-Beitritt waren es schon 18.542. 2010 liegen wir bei 21.728 und damit auf einer weltweiten Spitzenposition. die grünen/super-fi Österreich is(s)t Bio Sicher wäre es vermessen, die Erfolgsgeschichte der (heimischen) Bioproduktion allein den Grünen auf die Fahnen zu schreiben. Die unermüdliche Arbeit vieler Bio-PionierInnen sowie der Umweltschutzorganisationen und nicht zuletzt die Einführung eines Bio-Segments in den heimischen Supermärkten haben das ihre zum Erfolg beigetragen aber eben auch die Grünen. Hieß es 1990 im Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Bergbauernfragen noch Eine wichtige Rolle spielt bei der Hälfte der Bio-KonsumentInnen die Ideologie bzw. die Weltanschauung. Sie sind betreffend der weltweiten ökologischen Probleme von einem gewissen Pessimismus geprägt, so kann man heute in Österreich feststellen: Bio ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dazu haben die Grünen mit Anträgen im Nationalrat und zahlreichen Aktionen einen Beitrag leisten können. Auf unsere Initiative gab es beispielsweise 1993 die erste parlamentarische Enquete zum Biolandbau. Gentechnikfreiheit, Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide, keine Monokulturen, das Schonen der natürlichen Ressourcen Boden und Wasser, ein tiergerechterer Umgang all das zeichnet die biologische Landwirtschaft aus. Wir brauchen mehr davon. 12 13

05 Wenn s der Umwelt gut geht, geht s der Wirtschaft gut. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass es einen wachsenden Markt für Green Jobs gibt. Green jobs Vor 25 Jahren war es für weite Teile der Gesellschaft unvorstellbar, ambitionierten Umweltschutz mit erfolgreicher Wirtschaftspolitik zu verbinden. Heute stellt keiner mehr infrage, dass grüne Technologien Wirtschaftsmärkte der Zukunft sind. Während die Politik früher noch Angst vor Umweltpolitik hatte und sie als Jobkiller fürchtete, bangen Wirtschaft und Politik mittlerweile eher darum, die vordersten Plätze im Zug Richtung Green Economy zu verpassen. Denn: Green Economy schafft krisensichere Arbeitsplätze. Anfangs waren noch Forderungen nach strengen Ge- und Verboten für die Wirtschaft der Kern grüner Umweltpolitik, um die negativen Auswirkungen der Wirtschaft auf die Umwelt einzubremsen. Später erarbeiteten die Grünen mit Alexander Van der Bellen konkrete Modelle, wie die Spielregeln unserer Marktwirtschaft umgestaltet werden können, ohne die Marktwirtschaft selbst abzuschaffen. Ökologisches und soziales Handeln sollte gefördert, ressourcenverschwenderisches und verschmutzendes Handeln hingegen verteuert werden. martin eder, michael reynaud/epa Von der Avantgarde in den Mainstream Wer hätte Ende der 80er-Jahre gedacht, dass es einmal eine Grüne Wirtschaft gibt, die bei den Wirtschaftskammerwahlen einen Wahlerfolg nach dem anderen einfährt? Wer hätte zu dieser Zeit geglaubt, dass grüne PolitikerInnen auf Wirtschaftsgipfeln gefragte RednerInnen sind, um von Green Jobs und Energiewende zu erzählen? Wer hätte darauf gewettet, dass gerade im Industrie-Bundesland Oberösterreich grüne Umweltpolitik erfolgreich umgesetzt wird? Nach unermüdlicher grüner PionierInnenarbeit innerhalb und außerhalb des Parlaments sind grüne Ideen im Mainstream angekommen. 25 Jahre nach unserem Einzug in den Nationalrat ist grüne Rhetorik fixer Bestandteil der Programme von Parteien, Wirtschafts- und Industrieverbänden. Damit nicht weitere 25 Jahre verstreichen müssen, bis dieser Rhetorik auch Taten folgen, braucht es weiterhin grünen PionierInnengeist und unermüdliches Engagement. 14 15

06 Vereinte Kräfte für den Ausstieg aus der Atomkraft, für die Energiewende. Gegen Atomenergie sein, heißt grün sein! Atomkraft? Nein Danke! seit 25 Jahren kämpfen die Grünen gegen ATomkraft Bevor in Österreich grüne Parteien gegründet wurden, existierte bereits eine starke Umweltbewegung, die die Voraus setzungen für einen grünen Durchbruch auch im Parlament geschaffen hat. Ein Meilenstein auf diesem Weg war die Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf. die grünen Im November 1978, rund vier Monate vor dem Unfall von Harrisburg, stimmten 50,47 Prozent der ÖsterreicherInnen gegen die so genannte friedliche Nutzung der Atomkraft. Zwentendorf wurde nie in Betrieb genommen und mit dem Bau von zwei weiteren geplanten Kernkraftwerken wurde nicht mehr begonnen. Bis heute enthält der Widerstand gegen die Nutzung der Atomkraft die wichtigsten Elemente des grünen Grundkonsenses: die Forderung nach einer zukunftsfähigen, ökologischen Energiepolitik, die Ablehnung von risikoreichen Großtechnologien und des damit verbundenen Sicherheitsstaates, die Verweigerung von militärischer und atomarer Aufrüstung, die Wachstumskritik an der Wirtschaft sowie die Vorstellung, dass wichtige politische Weichenstellungen die Einbeziehung der Bevölkerung voraussetzen. Kampf gegen die europäische Atompolitik Dass der Anfang zugleich auch das Ende der österreichischen Atompolitik war und bis heute geblieben ist, ist dem konsequenten, nimmermüden Kampf der Grünen gegen die Atomkraft zu verdanken. Ohne die Grünen hätte der Anti- Atom-Konsens über die Parteigrenzen hinweg nicht gehalten. Keine andere politische Kraft im Land hat so konsequent über die Gefahren der Atomenergienutzung aufgeklärt und in unzähligen parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen Handlungsebenen gegen grenznahe Atomkraftwerke aufgezeigt. Grüne ÖsterreicherInnen haben auch seit 25 Jahren im europäischen Anti-Atom- Kampf mitgewirkt und die Bundesregierung auf Kurs gehalten. Wir haben mitgeholfen den Castor-Transport aufzuhalten und die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf zu verhindern. Wir stimmen als einzige österreichische Partei im Europaparlament konsequent gegen die Subventionierung der Atomkraft und treiben auch heute noch mit der Abschalten! Jetzt! -Kampagne den europaweiten Atomausstieg weiter voran. Aber vor allem machen wir mit unserem Einsatz für die grüne Energiewende der Atomkraft den Garaus. Die erneuerbaren Energien werden die Atomkraft dahin verbannen, wo sie hingehört: in die Geschichtsbücher und Endlager. 16 17

07 Die grüne Energiewende kommt in Schwung und auch im Kampf gegen die gefähr liche Atomkraft ist das neue Ökostromgesetz ein wichtiger Baustein, dem jetzt weitere folgen müssen. Grüner Strom für Österreich Vier Jahre lang herrschte in Österreich weitgehender Stillstand beim Ausbau von Ökostrom. Nach vereinten Anstrengungen der Grünen könnte das Ökostromgesetz von 2011 die Wende beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich bringen. Der Anteil von erneuerbarer Energie in Österreich sinkt. Basierte die (Brutto-) Stromversorgung Österreichs im Jahr 2000 noch zu 72 Prozent auf erneuerbarer Energie, waren es 2008 nur noch 63 Prozent. Österreich wurde vom Stromexporteur zum Atomstromimportland. Verantwortlich dafür war das auf Initiative der Bundesregierung laufend verschlechterte Ökostromgesetz, das 2006 schließlich völlig kaputtnovelliert war. Der Schwerpunkt lag seitdem auf der Begrenzung der Kosten statt auf dem Ausbau. Das Ökostrom-Gesetz 2006 hat in vielen Bereichen zu einem Ausbaustopp geführt, insbesondere in der Windkraft. Beispiele für die Ökostromflaute in Österreich: Der Solarstrom-Anteil in Bayern liegt bei sechs Prozent und ist somit 60 Mal größer als der österreichische; in Tschechien wurden im Jahr 2009 20 Mal (!) mehr Solarstromanlagen gebaut als in Österreich; vier Jahre lang wurde in Österreich keine Windkraftanlage in Betrieb genommen und das obwohl wir zu den Weltmarktführenden dieser Technologie gehören. die grünen Ökostromgesetz Neu: Ein grüner Verhandlungserfolg Nachdem im März 2011 ein sehr schwacher erster Entwurf vorgelegt wurde, sah es nicht gut aus für die Wende beim Ökostrom. Da das Gesetz allerdings eine 2/3-Mehrheit im Parlament brauchte und damit die Stimmen einer Oppositionspartei, war der Weg zu intensiven Verhandlungen mit den Grünen frei. Der erfolgreiche Abschluss erfolgte am 7. Juli 2011 mit dem Beschluss des neuen Ökostromgesetzes im Nationalrat. Das neue Gesetz bringt deutliche Verbesserungen beim Ökostrom-Ausbau mit sich. Es stellt die Finanzierung eines ambitionierten Ausbaus von Ökostromanlagen sicher und gibt Anlagenbetreibern in Österreich die häufig geforderte Planungssicherheit. Die Grünen haben durchgesetzt, dass das Fördervolumen für neue Ökostromanlagen jährlich um zusätzlich 50 Millionen Euro angehoben wird. Endlich gibt es ambitionierte Mindestziele für den Ökostromausbau bis 2020. 18 19

GRÜNE PIONIERiNNEN Manfred Srb Erster Abgeordneter im Rollstuhl Hohes, allzu Hohes Haus!* * Spielte damit auf die fehlende Barrierefreiheit im Parlament an. Freda Meissner-Blau Erste Klubobfrau Frau Präsidentin! Meine spärlich vertretenen Damen und zahlreichen Herren! Wir sind eine radikale Gruppe: radikal deshalb, weil wir an die Wurzeln der Übel gehen wollen und die Übel, die uns plagen und die noch größeren Gefahren, die unseren Kindern und Enkeln drohen, erkennen und beseitigen wollen. Helene Jarmer Erste gehörlose NR-Abgeordnete Schreien nützt nichts peter rigaud, die grünen, jürg christandl, katharina gossow, ünal uzunkaya Ulrike Lunacek Erste offen lesbische Politikerin im Nationalrat; Mitglied zum Europäischen Parlament; Europasprecherin Es ist normal anders zu sein! Efgani Dönmez Erster türkisch-stämmiger Bundesrat Ein deutlich sichtbares Signal und eine Selbstverständlichkeit ist, dass auch ein türkisch-stämmiger Abgeordneter seine oberösterreichische Heimat in Wien vertreten kann. Terezija Stoisits Erste Burgenland-Kroatin im Nationalrat; dzt. Volksanwältin; im NR als Sprecherin für Minderheiten und Menschenrechte aktiv Dobar dan, poštovane dame i gospodo.* (Guten Tag, sehr geehrte Damen und Herren) Mit diesen Worten begann Terezija Stoisits jede Parlamentsrede. ALEV KORUN Erste türkisch-stämmige NR-Abgeordnete Wir sind endlich dort angekommen, wo MigrantInnen Gesetze selbst mitbestimmen können. 20 21

08 Maria Vassilakou hat gut lachen: Seit 2010 sitzen die Grünen neben Oberösterreich auch in Wien in der Regierung. Alle Neune! Grüne in allen Landtagen Während den Grünen schon 1986 der Einzug in den Nationalrat gelang, war dies auf Ebene der neun Landtage ungleich schwerer und dauerte zwei Jahrzehnte. Die Gründe dafür waren mangelnde Organisationsstrukturen in einigen Bundesländern. Hindernisse im Wahlrecht z. B. 50 amtlich bestätigte Unterstützungserklärungen in allen Bezirken Niederösterreichs für die Kandidatur, hohe Grundmandatshürden von ca. acht bis elf Prozent in den Wahlkreisen Kärntens und allmächtige Landeskaiser mit großem Einfluss auf die regionale Medienlandschaft machten den Grünen zu schaffen. martin juen Rückblende und Ausblick Die Ausgangslage war von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Pionier war Vorarlberg, wo schon 1984 eine AL/VGÖ-Plattform mit dem Biobauern Kaspanaze Simma an der Spitze mit sensationellen 13 Prozent in den Landtag einzog. Doch anderswo lief es zunächst weit weniger gut: Im September 1986 folgte die Steiermark, ebenfalls mit einer Plattform, die aber bald darauf, so wie jene in Vorarlberg, zerfiel. Viele Jahre lang verhinderten VGÖ-Gegenkandidaturen, oftmals unterstützt durch andere Parteien, Erfolge auf Landesebene. Die nächsten Schritte waren: Salzburg und Tirol im März 1989, Wien im November 1991, und der Wiedereinzug in der Steiermark im Dezember 1995, Oberösterreich im Oktober 1997, Niederösterreich im März 1998, Burgenland im Dezember 2000 und schließlich Kärnten im März 2004. Wahlhilfe von Nationalratsabgeordneten war dabei oft entscheidend für den Einzug: Peter Pilz, Rudi Anschober und Madeleine Petrovic wechselten vom Parlament in die Landtage, und das starke Engagement von Eva Glawischnig trug 2004 zum Überwinden der Grundmandatshürde in Kärnten bei damit war der Sack voll. Heute gibt es gewählte Grün-MandatarInnen flächendeckend in ganz Österreich und in zwei Bundesländern (Oberösterreich seit 2003, Wien seit 2010) auch erfolgreiche Regierungsbeteiligungen. Zu zeigen, was Grüne bewegen können, auch in stimmenschwächeren Bundesländern, ist eine der Herausforderungen für die Zukunft. 22 23

09 Die gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und Männern sollte selbstverständlich sein. Doch für dieses Ziel muss noch immer gekämpft werden. wir leben die quote Vor dem Einzug der Grünen glich das Parlament einer Männerrunde: Nur neun Prozent der Sitze waren mit Frauen besetzt. Mit Freda Meissner-Blau zog die erste Klubobfrau in den Nationalrat ein. Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ist für die Grünen selbstverständlich. Der Feminismus ist ein im Grundsatzprogramm verankerter Grundwert der Grünen, der nicht zuletzt auch als eine parteiinterne Quote umgesetzt wird: 1989 wurde eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent für politische Funktionen in den Parteistatuten festgeschrieben. Die österreichischen Grünen haben sich damit sogar die weitestgehende Quotenregelung aller Grünparteien Europas verordnet. die grünen die quote als partei-praxis Von den 183 Abgeordneten des Nationalrats sind derzeit 50 Frauen (27,32 Prozent). Nur bei den Grünen sind die Hälfte der Mandate mit Frauen besetzt. Im Gegensatz zu anderen Parteien existiert unsere Quote also nicht nur auf dem Papier, sondern ist gelebte Praxis. Angesichts des beschämend niedrigen Frauenanteils der anderen Parteien im österreichischen Parlament haben die Grünen einen Gesetzesantrag erarbeitet, der klare Anreize bietet, mehr Mandate mit Frauen zu besetzen. Konkret soll dies durch die Bindung eines Teils der Parteienbzw. der Klubfinanzierung an die Frauenquoten in den Parlamentsklubs erzielt werden. Doch nicht nur in der Politik, in allen gesellschaftlich wichtigen Führungspositionen müssen Frauen vertreten sein. Mit großer Hartnäckigkeit ist es nicht zuletzt auch mit Hilfe der Grünen gelungen, traditionelle Männerbastionen, wie die Wiener Philharmoniker oder die Spanische Hofreitschule, für Frauen zu öffnen. Doch es liegt noch viel Arbeit vor uns, denn wir wollen die besten Köpfe statt der bestvernetzten Männer in den Spitzenpositionen dieses Landes sehen. 24 25

10 Durch die Pensionsreform sind die Alters bezüge von PolitikerInnen klar geregelt und nicht mehr gegenüber normalen Pensionen privilegiert. Abschaffung der Politikerinnenpensionen Die Grünen setzten eine Pensionsreform durch, nach der PolitikerInnen nach ihrer aktiven Zeit nicht mehr deutlich privilegiert behandelt werden. Die PolitikerInnenbezüge wurden in Form einer Pyramide geregelt. PolitikerInnen verfügten vor der Reform über ein sehr privilegiertes Pensionsrecht: Sie erwarben bereits nach sehr kurzer Zeit (zehn Jahre für Abgeordnete bzw. vier Jahre für Regierungsmitglieder) Anspruch auf einen Ruhebezug. Die Pensionen waren verglichen mit anderen Systemen sehr hoch. Weiters sah das Bezügerecht vor der Reform Vorrückungen wie im BeamtInnendienstrecht vor. Die Bezüge neuer Abgeordneter waren damit niedriger als jene von dienstälteren MandatarInnen. Auch die Relationen zwischen den Bezügen entsprachen nicht mehr einem modernen Politikverständnis: So war der Bezug des Bundespräsidenten doppelt so hoch wie jener des Bundeskanzlers. stock.xchng Mehr Gerechtigkeit im Pensionsrecht Das System der PolitikerInnenpensionen wurde abgeschafft. PolitikerInnen bleiben im Pensionssystem ihres Zivilberufes versichert bzw. gehören dem ASVG- System an. PolitikerInnen, die bereits einen Pensionsanspruch erworben hatten, behielten diesen auch nach der Reform. Für PolitikerInnen, die noch keinen Anspruch erworben hatten, galten Übergangsbestimmungen. Für alle neu gewählten PolitikerInnen galt und gilt nur noch das Pensionssystem ihres Zivilberufs bzw. das ASVG. Die Vorrückungen wurden ebenfalls abgeschafft. Der Bezug steigt demnach mit der Dauer der Funktionsausübung nicht mehr an. Die Relationen zwischen den Bezügen wurden zurechtgerückt. Der Bezug des Bundespräsidenten wurde deutlich gekürzt, jener des Bundeskanzlers etwas erhöht. Die Einkommen der PolitikerInnen sind in einer Bezügepyramide geregelt und können nicht willkürlich festgelegt werden. Auch wenn heute nur mehr wenige Pensionen aus dem alten PolitikerInnenpensionsrecht zu Stande kommen: Sehr viele bestehende PolitikerInnenpensionen nach dem Altrecht sind unverschämt hoch (bis zu 10.000 Euro und mehr). Hier muss der Gesetzgeber mit progressiven Pensionssicherungsbeiträgen eingreifen. 26 27

11 Die Gleichstellung von Behinderten Menschen darf kein Lippenbekenntnis sein. Betroffene Menschen und Verbände müssen ihre Rechte einklagen können. barrierefreiheit für alle Behinderte Menschen sind in vielen Lebensbereichen erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt. Sie werden nicht gleich geachtet, in ihren Entscheidungen und Entfaltungsmöglichkeiten bevormundet und an der gleichberechtigten Teilnahme am Leben in der Gesellschaft gehindert. 1997 wurde Artikel 7 der Österreichischen Bundesverfassung um die Sätze Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten ergänzt. Diese Verfassungsbestimmung musste jedoch erst mit Leben erfüllt werden. 1998 brachten auf Initiative der Grünen alle fünf damals im Nationalrat vertretenen Parteien die Petition Bus und Bahn für alle Resolution für ein Gleichstellungsgesetz ein. Die Grünen starteten eine Serie von parlamentarischen Anfragen. Aufgrund dieser Anfragen und auf Druck der Behindertenbewegung wurde im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Rechtsordnung hinsichtlich behindertendiskriminierender Bestimmungen eingerichtet, die von 1998 bis 1999 arbeitete. Seit 4. März 1999 liegt der Gesamtbericht der Arbeitsgruppe vor. photocase.com lücken im gesetz Am 6. Juli 2005 wurde die Anerkennung der Gebärdensprache und das Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz beschlossen. Das Gesetz beinhaltet jedoch nicht, was der Name verspricht. Behinderte Menschen können Diskriminierungen aufzeigen und durch ein Schlichtungsverfahren Schadenersatz erhalten. Es gibt jedoch keine gesetzliche Verpflichtung, dass die Diskriminierung abgeschafft werden muss. Es fehlt auch eine Beweislastumkehr und ein echtes Verbandsklagerecht. Im Behindertengleichstellungsgesetz fehlen weiters wichtige Bereiche wie der gesamte Bildungsbereich. Zur Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) fehlen große Teile der notwendigen gesetzlichen Umsetzung. So dürfen beispielsweise gehörlose Menschen keine LehrerInnenausbildung absolvieren. 28 29

12 Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren: Die Auswirkungen des Casino-Kapitalismus müssen durch staatliche Maßnahmen gezähmt werden. Finanztransaktionssteuer entwaffnet Spekulantinnen Wir Grüne waren gemeinsam mit der NGO Attac die ersten, die für eine Finanztransaktionssteuer eingetreten sind. Die Basis dafür bildete die so genannte Tobin-Steuer. Ziel ist es, spekulative Finanztransaktionen durch eine kleine Besteuerung unrentabel zu machen. die grünen Die Finanztransaktionssteuer verringert die Gewinne der SpekulantInnen, ohne sinnvolle Absicherungsgeschäfte zu reduzieren. Sie entwaffnet also Spekulant- Innen und bringt auf europäischer Ebene 50 Milliarden Euro an Einnahmen für sinnvolle Projekte. im schatten der krise 2005 waren wir noch die einzige Fraktion im Parlament, die sich für eine solche Steuer aussprach. Die anderen Fraktionen belächelten uns. Taten uns als illusorische Fantasten ab. Doch niemand konnte erklären, warum es internationalen SpekulantInnen so leicht gemacht wurde, horrende Gewinne einzusacken. 2006 ließen sich ÖVP, SPÖ und FPÖ nach schwierigen Verhandlungen von einem gemeinsamen Vier-Parteien-Entschließungsantrag im Parlament überzeugen. Weitere Schritte folgten zäh, aber doch. Während die österreichischen RegierungsvertreterInnen auf europäischer Ebene diese Steuer nur halbherzig verfolgten, brach die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise über uns herein. Im März 2011 waren wir Grüne im Europäischen Parlament federführend an der Verabschiedung der Forderung nach Einführung einer Finanzstransaktionssteuer beteiligt. Immer mehr RegierungspolitikerInnen schlossen sich dieser Forderung an. Und im Herbst 2011 kündigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer bis zum Jahr 2014 an. Der Vorschlag liegt auf dem Tisch. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten der EU, die Finanztransaktionssteuer formell zu beschließen. Die Finanztransaktionssteuer steht also kurz vor ihrer Einführung. Allerdings sind noch einige wesentliche Schritte erforderlich. Vor allem Großbritannien ist gegen die Einführung einer solchen Steuer. Wenn sich Großbritannien aber weiter weigert, muss die Finanztransaktionssteuer eben auf Ebene der Euro-Staaten eingeführt werden. 30 31

13 BürgeriNnenpartizipation und Bürgerinnenfinanzierung Die Grünen entstanden aus basisdemokratischen Initiativen und sind diesen immer verbunden geblieben. Seitdem kämpfen die Grünen für eine rechtliche und finanzielle Stärkung von bürgerschaftlichem Engagement auch fernab von Parteien. Der BürgerInneninitiativenverein der Grünen unterstützt seit 20 Jahren Bürger- Innen, die sich für den Schutz der Umwelt und der Grundrechte einsetzen. Unter anderem verleiht er den Goldenen Igel. Im September 1991 konstituierte sich der Grün-Alternative Verein zur Unterstützung von BürgerInneninitiativen (BIV). Er wird aus den Beiträgen der Mitglieder des Grünen Klubs dotiert und hat in diesen 20 Jahren mit 668.000 Euro die Arbeit von BürgerInneninitiativen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte unterstützt. So gingen 38.558,17 Euro allein an die NETT (Nein zur Ennsnahen Transittrasse) für Rechtsanwalts- und Sachverständigenkosten zum erfolgreichen Schutz des Ennstals. Die BürgerInnen vor Ort leisten einen wertvollen Beitrag zur Umweltpolitik und verdienen neben öffentlicher Anerkennung auch finanzielle Unterstützung. Gründung des Grün-Alternativen Vereins zur Unterstützung von BürgerInnen-Initiativen (BIV). Der BIV verwaltet ein jährliches Budget von derzeit rund 50.000 Euro, das aus Beiträgen von grünen Abgeordneten (zum Nationalrat, Bundesrat und Europaparlament) gespeist wird. 1991 2011 50K Der BIV feiert 20-jähriges Jubiläum. Bis zum September 2011 sind über 667.000 Euro an die BürgerInneninitiativen ausgeschüttet worden. die grünen BürgerInnen kämpfen für die Natur 1993 landeten die Grünen einen wesentlichen parlamentarischen Verhandlungserfolg: die rechtliche Anerkennung von BürgerInneninitiativen im Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren. Mit 200 Unterschriften und einer Stellungnahme zu einem geplanten Projekt können die BürgerInnen der Standort- und der Nachbargemeinden eine BürgerInnenpartei bilden und durch alle Instanzen das Umweltrecht einklagen. Das war insofern ein Novum, als bis dahin Einzelpersonen nur ihre Gesundheit, ihr Eigentum oder ihren Brunnen verteidigen konnten, aber nicht direkt die Einhaltung der Emissionsstandards oder die Achtung eines Naturschutzgebiets. Es waren etwa die BürgerInneninitiativen, die die rechtswidrige UVP-Genehmigung der Steirischen Landesregierung für das Motorsportzentrum Spielberg 2004 zu Fall brachten. Wer wirklich mitmischen will, muss jedoch rechtlich hohe Anforderungen erfüllen, fachlich auf gleichem Niveau den Gutachten des Projektbetreibers und der UVP-Behörde entgegentreten. Das kostet sehr viel ehrenamtliche Arbeit und Geld. Das ist wie David gegen Goliath oder wie der kleine Igel gegen die Planierraupe. Eine staatliche Unterstützung von BürgerInneninitiativen und Umweltorganisationen, die sich in UVP-Verfahren zum Schutz der Umwelt einsetzen, wäre daher angebracht. 32 33

14 Aufdeckerinnen der Nation Seit dem Einzug in den Nationalrat stehen die Grünen für mehr Transparenz und die Aufdeckung politischer Skandale. Wo früher gepackelt und vertuscht wurde, hat die parlamentarische Kontrolle durch die Grünen erst Zähne bekommen. Peter Pilz und Herbert Fux haben zuerst im Untersuchungsausschuss zum Kriminalfall rund um die Lucona und die damit in Zusammenhang stehende Verwicklung von Regierungsmitgliedern sowie danach im Fall Noricum eine neue Qualität parlamentarischer Aufklärung erreicht. Die Erhebungen rund um den neutralitätsgesetzwidrigen Export von Voest- Großkanonen in die kriegsführenden Staaten Iran und Irak sowie zu mysteriösen Todesfällen beteiligter Personen führten zur rechtskräftigen Verurteilung von sieben Managern und einem Minister. Politische Glaubwürdigkeit Heute setzt sich diese Tradition fort in der führenden Rolle der Grünen bei der Aufdeckung des Schwarz-Blauen Korruptionssumpfes, beginnend bei Eurofighter über BUWOG bis Telekom. Als Vorsitzende von Untersuchungsausschüssen, durch parlamentarische Anfragen, eigene Recherchen und schließlich durch präzise Anzeigen bei den Justizbehörden erzwingen die Grünen Aufklärung und Strafverfolgung und üben Kritik an Machtmissbrauch und Vertuschung. Damit eng verbunden ist das Bemühen um eine Schärfung der Kontrollinstrumente des Parlaments. Die Ausweitung der Rechnungshofkompetenzen wurde schon erreicht, die Umgestaltung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht ist noch ein wesentliches Ziel. Das völlige Fehlen grüner Korruptionsskandale seit 25 Jahren im Nationalrat belegt die Glaubwürdigkeit dieses Einsatzes für eine saubere Politik. Auf der Jagd nach Skandalen, Korruption und Fehlverhalten: Glaubwürdigkeit ist das wichtigste Kapital der Politik. Sie kann nur durch Transparenz gewonnen werden. die grünen/super-fi 34 35

15 Rechte Umtriebe lassen sich nicht immer per Gesetz verbieten. Wichtig ist, dass die Zivilgesellschaft Rechtsextremismus entschieden entgegen tritt. Stoppt die Rechten Mit dem Projekt Stoppt die Rechten konnten Querverbindungen zwischen der FPÖ und radikalen Neonazis aufgedeckt, die Hintermänner der Website Alpen-Donau.info enttarnt und der Kampf für eine offene und demokratische Kultur gestärkt werden. Das Projekt Stoppt die Rechten entstand aufgrund der Bedrohung durch eine wiedererstarkte gewaltbereite Neonazi-Szene und dem immer stärker werdenden Einfluss rechtsextremen Gedankenguts in der FPÖ. Die Neonazi-Szene trat mit Alpen-Donau.info offener und organisierter auf, agierte gewaltbereit, überfiel Lokale und bedrohte ihr unliebsame Organisationen und Personen. Die Querverbindungen in die FPÖ waren virulent, greifbarstes Beispiel dafür sind zwei ehemalige Mitarbeiter des dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf. die grünen DIE HETZE BEENDEN Stoppt die Rechten war maßgeblich daran beteiligt, die Hintermänner von Alpen-Donau.info aufzudecken. Durch den massiven Druck wurde Alpen-Donau. info in ihren Handlungen eingeschränkt und schlussendlich wurde die Hetze beendet. Durch diese Arbeit wurden die Strukturen um Alpen-Donau.info zerschlagen und die Neonazi-Szene stark geschwächt. Die FPÖ kam durch diese Aufdecker -Arbeit, ihre Verbindungen in die Neonazi- Szene und durch die Meinungen manch ihrer Funktionäre in Bedrängnis und in eine für sie bis dahin unbekannte Situation, eine Verteidigungsrolle einnehmen zu müssen. Die Ermittlungsbehörden, die sich beim Thema Neonazismus und Rechtsextremismus träge bis fahrlässig verhielten, wurden unter Zugzwang gesetzt. Stoppt die Rechten ist ein einzigartiges Projekt in Österreich. Es ist die einzige Webseite, die derart umfassend rechtsextreme Handlungen sammelt und Informationen darüber anbietet. Gemeinsam mit dem DÖW ist Stoppt die Rechten Vorkämpfer gegen den Rechtsextremismus. Die zukünftige Aufgabe des Projekts liegt im weiteren Zurückdrängen rechtsextremer Tendenzen, in einer Sensibilisierung für das Thema Rechtsextremismus und dadurch in einer Stärkung demokratischer Grundwerte. 36 37

16 Was lange währt, wird endlich gut: Fast 65 Jahre dauerte es, bis die Wehrmachtsdeserteure Gerechtigkeit bekamen. Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure Zehn Jahre lang kämpften die Grünen parlamentarisch für die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren und die Aufhebung der Unrechtsurteile des NS-Regimes. 2009 wurde dieses Ziel endlich erreicht, aber noch immer bleiben Fragen offen. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der Grünen hat heute der Nationalrat sämtliche noch nicht aufgehobene NS-Unrechtsurteile aufgehoben. Damit sind auch alle Deserteure aus Hitlers Armeen rehabilitiert. Was die Parlamentskorrespondenz vom 21. Oktober 2009 lapidar zusammenfasste, war der Abschluss eines zehnjährigen Ringens um die juristische und gesellschaftliche Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz und um die Anerkennung der Desertion als Akt des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Der Kampf begann 1999 mit parlamentarischen Anfragen der Grünen und einer Entschließung des Nationalrates, historische Untersuchungen zu österreichischen Wehrmachtsdeserteuren durchführen zu lassen, um in der Folge die ergangenen Urteile aufzuheben. Die Widerstände gegen dieses Projekt waren enorm, denn Wehrmachtsdeserteure markieren die Sollbruchstelle des österreichischen Opfermythos. Wer die Deserteure anerkennt, muss die Rolle der Soldaten zumindest infrage stellen. reuters/heinz-peter bader Nicht länger ehrlos Es gab Teilerfolge und Rückschläge, aber Andreas Wabl, Terezija Stoisits und später Albert Steinhauser und Harald Walser ließen sich nicht entmutigen, stand ihnen doch mit dem 2002 gegründeten Personenkomitee Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz und dessen Sprecher Richard Wadani, einem ehemaligen Deserteur, ein Bündnispartner mit langem Atem zur Seite. Der Beschluss des Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetzes im Herbst 2009 gab allen Beteiligten recht. Die Neubewertung der Desertion aus der Wehrmacht bedarf aber noch der Verankerung in der Bevölkerung. Daher kämpfen die Grünen für die Errichtung eines Deserteursdenkmals in Wien 38 39