F o r s t m ag a z i n Pappel-Power vom Acker: Wir pflanzen Kraftwerke Pappeln bewähren sich als schnell wachsendes Energieholz auf dem Acker. Mittlerweile wachsen die Hybriden auch auf Forstflächen im Voranbau oder als Mischkultur. Wir haben uns bei der Wald-Agentur Münster über Vermehrung und Anbau verfahren informiert. Dr. Marcus Wenzelides ist einer der Geschäftsführer der Wald-Agentur in Münster. Fotos: Werkbilder, Höner Wir nennen unsere schnell wachsenden Pappeln lieber Agrarholz als Kurzumtriebsplantage. Mit dem Wort Plantage verbinden einfach zu viele Menschen negative Eigenschaften. Dr. Marcus Wenzelides, gelernter Forstwirt und Förster, ist einer der Geschäftsführer der Wald-Agentur Münster GmbH. Das Unternehmen hat sich schnell wachsenden Pappel-Hybriden verschrieben. Neben der Beratung zur Anlage der Kulturen erzeugen und vertreiben die Münsteraner mittlerweile eigene Stecklinge und sind damit eine anerkannte Forstbaumschule. Wir haben uns das ganze Verfahren von Wenzelides genau erklären lassen. In der Landwirtschaft können die Pappeln gut für den Eigenbedarf an Heizenergie angebaut werden. Nach Erfahrungen von Marcus Wenzelides hat der Idealkunde bereits eine Hackschnitzelheizung und verfügt über freie Flächen. Auf besten Ackerstandorten und bei hoher Flächenkonkurrenz werden große Schläge wohl eher die Ausnahme sein. Doch Restflächen, die sich ackerbaulich nur schwer nutzen lassen (Keile, Ränder und teilweise Grünlandstandorte), eignen sich dafür umso besser. Unter idealen Bedingungen soll der Ertrag 12 bis 15 t Trockenmasse pro ha und Jahr erreichen. Warum Pappeln? Die Wald-Agentur setzt ausschließlich auf Pappeln. Sie stammen aus gezielten Kreuzungen sind also Hybriden und werden in eigenen Kulturen vermehrt. Für Wenzelides kann die Pappel in einigen Bereichen gegenüber der 14
Weide punkten: Sie ist extrem schnellwüchsig, bewurzelt sich schnell und hat ein gutes Wiederausschlags-Vermögen. Auf gut wasserversorgten, sonnigen Standorten kann ein Steckholz von 20 bis 30 cm Länge nach nur einer Wuchsperiode eine Höhe von über 4 m erreichen. Die Pappel hat ein Einzelstamm-orientiertes Wachstum. Weiden sind vieltriebiger, der Asche- bzw. Rindenanteil liegt bei vergleichbarer Massenleistung also höher. Nach Erfahrungen der Wald- Agentur ist eine Pappel deutlich flexibler beim Nutzungstermin. Während sich bei der Weide der größte Massenzuwachs auf die ersten drei bis vier Jahre konzentriert, wächst die Pappel kontinuierlich weiter. Sie kann auch noch nach 15 Jahren wirtschaftlich genutzt werden. Die Hybriden sind außerdem resistent gegenüber wichtigen Blattkrankheiten der Pappel. Wie wird das Pflanzgut erzeugt? Die Wald-Agentur verfügt über ca. 10 ha eigene Vermehrungsflächen in der Nähe von Beckum im Münsterland. Dabei arbeiten die Pappel-Profis eng mit dem Verpächter eines Teils der Flächen, Landwirt Benedikt Sprenker zusammen, der ab und zu auch mal mit Maschinen aushilft. Die Mutterbestände sind nach dem Forst vermehrungsgut-gesetz anerkannt. Pappelhybriden bewähren sich durch hohen Zuwachs und einzelstammbetontes Wachstum. Die Stecklinge entsprechen demnach der Kategorie 4 (geprüftes Vermehrungsgut). Mittlerweile ist die Wald-Agentur Mitglied im Verband deutscher Forstbaumschulen sowie im Bundesverband BioEnergie e.v. (BBE) und dem KUP- Netzwerk. Es gibt zwei gängige Sortimente: Steck linge und Steckruten. Nach EU- Norm gelten für die Stecklinge einige Mindestanforderungen: Sie messen an der dünnsten Stelle mindestens 0,8 cm und sind wenigstens 20 cm lang. Sie haben mehr als 4 gesunde Knospen, sind gerade, Im Winter beginnt die Produktion der Stecklinge. Die Ruten stammen aus dem Mutterbestand und werden direkt als Steckling zugeschnitten. 15
F o r s t m ag a z i n Je nach Fläche kann man die Pflanzen von Hand stecken oder mit der Maschine setzen. Die Reihen und die Pflanzverbände müssen zum Ernteverfahren passen. gut verholzt und haben keine Krankheiten. Die Stecklinge kosten zwischen 18 und 23 Cent pro Stück. Steckruten sind etwa 1,60 m bis 1,80 m lang und werden vor allem im Forstbereich eingesetzt. Die Mitarbeiter der Wald-Agentur schneiden die Ruten für die Stecklingsgewinnung Ende Januar zunächst mit dem Freischneider. Bis zur Pflanzzeit im März lagern sie in einem Kühlhaus, und zwar bei genau festgelegter Temperatur und Luftfeuchte. Welche Bedingungen hier genau herrschen ist Betriebsgeheimnis. Die Schnittflächen der Stecklinge sollten möglichst glatt sein. Deshalb Versandfertige Stecklinge: Bis zur Pflanzzeit im Herbst lagern die Stecklinge im Kühlhaus. Die genauen Lagerbedingungen sind Betriebsgeheimnis. werden die Ruten meist gesägt und nicht per Zange zu Stecklingen geschnitten (Quetschgefahr). Welche Ansprüche stellen die Pflanzen an den Boden? Damit die Pappeln ordentliche Leistungen bringen, sollten es schon 25 bis 30 Bodenpunkte sein. Es eignen sich Böden von Sand, über lehmigen Sand, sandigen Lehm, Lehm bis Ton. Die Jahres- Durchschnittstemperatur muss bei mindestens 8 C liegen. Außerdem braucht die Pappel ordentlich Wasser: 300 bis 400 mm in der Vegetationszeit von März bis Oktober bzw. über 700 mm Gesamt- Jahresniederschlag haben sich bewährt. Bei hohem Grundwasserstand kommen die Bäume auch mit weniger Regen aus. Sie sind gut in der Lage, Grundwasser zu erschließen. Dauerhafte Staunässe schadet allerdings. Durch die tief reichenden Wurzeln werden Drainagen langfristig von den Pappeln beeinträchtigt. Das sollte man vor allem auch beachten, wenn Sammler von anderen Flächen durch die geplante Energieholzanlage verlaufen. Durch breite Schneisen über den Hauptsammlern der Drainage kann die Gefahr aber eindämmen. Wie pflanzt man die Stecklinge? Pflanzzeit ist im zeitigen Frühjahr. Die Stecklinge schlagen unmittelbar nach der Pflanzung aus. Marcus Wenzelides hat die besten Erfahrungen gemacht, wenn die Pappel-Flächen wie ein Maisacker vorbereitet werden. Das kann z. B. die Pflugfurche im Herbst sein. Nach dem Winter wird der abgesetzte Boden wie ein Saatbett vorbereitet und am besten direkt nach der Pflanzung der Stecklinge mit einem Vorauflauf-Herbizid behandelt. Der Pflanzverband hängt von der ge- 16
planten Nutzungsart ab. Im Kurzumtrieb (Nutzung alle 3 bis 4 Jahre) arbeitet man mit rund 11 000 Steckhölzern pro ha. Die Hölzer können in Einzelreihen (2,0 x 0,65 m) oder in Doppelreihen gesteckt werden (Reihenabstand 75 cm), zwischen jeder Doppelreihe bleiben 2,0 bis 2,50 m Fahrweg für den Häcksler frei. Hier liegen die Kulturkosten je nach Flächengröße (Pflanzung plus Stecklinge) zwischen 3 000 und 4 500 /ha. Im mittleren Umtrieb nutzt man die Bäume alle 5 bis 8 Jahre. Hier kommt man mit etwa 7 500 bis 8 000 Steckhölzern und entsprechend geringeren Kosten aus. Je öfter die Kulturen genutzt werden, desto besser schlagen sie wieder aus. Fachmann Wenzelides geht davon aus, dass Agrarholzflächen sich mindestens 10 Mal nutzen lassen, die Kulturdauer also zwischen 30 und 40 Jahren liegt. Nach dem Ende der Kultur müssen die verbleibenden Wurzeln per Forstmulcher zerkleinert werden. Die Stecklinge pflanzt man von Hand oder per Maschine. Bis zu 3 ha Fläche empfiehlt der Pappel-Profi das Pflanzen von Hand. Der Pflanzer steckt die Stecklinge entlang einer Schnur in den vorbereiteten Boden, bis sie 1 bis 2 cm herausschauen oder sogar bodeneben abschließen. In trockeneren Gebieten, wie z. B. Hier wächst Pappel in einer Dreierreihe für die Vermehrung. Im ersten Jahr ist der Aufwand für die Pflege relativ hoch. Was ist die Wald-Agentur? Die Wald-Agentur Münster GmbH ist eine eigenständige Ausgründung, ein so genanntes Spin-Off, des Wald- Zentrums an der Uni Münster. Die geschäftsführenden Miteigentümer, Dr. Marcus Wenzelides und Dr. Heiko Hagemann, haben die Agentur nach ihrer Projektarbeit zum Themenbereich Energieholz in NRW gegründet. Neben der Produktion der Pflanzen gehören auch die Anlage der Kulturen und die Beratung zum Geschäftsmodell sowie zur weiteren Nutzung von Energieholz, bspw. in der eigenen Hackschnitzelheizung, zum Aufgabenbereich der beiden Firmengründer. Inklusive der Geschäftsführer beschäftigt das Unternehmen 7 Arbeitskräfte, die in der Ernte- und Pflanzzeit von Saisonkräften unterstützt werden. www.wald-agentur.de Die Wald-Agentur hat gute Erfahrungen mit langsam wachsenden Gräsern zur Begrünung der Reihen-Zwischenräume gemacht. Sie werden zwei Mal pro Jahr gemäht. Brandenburg, kann man auch mit längeren Stecklingen arbeiten (30 cm). Vor allem auf schweren Standorten ist das Risiko bei fachgerechter Einzelpflanzung geringer als beim Pflanzen per Maschine. Denn wenn der Boden zu schwer ist, hat die Maschine eventuell Schwierigkeiten, die Pflanzfurche bis ganz nach unten wieder zu schließen. Trocknet der Boden dann aus, öffnet sich auch die komplette Furche wieder. Weitere Ausfall-Risiken entstehen durch zu kurze oder ausgetrocknete bzw. qualitativ schlechte Stecklinge und starken Unkrautwuchs. Daher raten die Profis Pappel-Pflanzen zu verwenden, die aus anerkannten Baumschulen den gesetzlichen und qualitativen Vorgaben entsprechen. Wie werden die Kulturen gepflegt? Pappelkulturen auf dem Feld gelten nicht als Waldflächen: Düngung und Pflanzenschutz sind hier also erlaubt. Zur Grunddüngung kann auch Gülle eingesetzt werden. Das geht übrigens auch nach der Nutzung der Kultur. Generell ist der Nährstoffbedarf nicht besonders hoch: Die großen Blätter bleiben auf der Fläche und das Holz enthält vergleichsweise wenig Nährstoffe. Nach der Anlage der Kultur machen vor allem Disteln, Ampfer, Klette und Gräser den Pappeln anfangs Konkurrenz. Zur Kontrolle der Unkräuter sind Herbizide zugelassen. Sobald die Bäu- 17
F o r s t m ag a z i n Als Ernteverfahren scheint sich der Feldhäcksler durchzusetzen. me etwas weiter sind, sorgen die großen Blätter für ausreichende Beschattung des Bodens. Die Streifen zwischen den Doppelreihen kann man mit Gras begrünen. Hier eignen sich vor allem einige Rotschwingel-Sorten. Nach Erfahrung der Wald- Agentur wächst dieses Gras besonders langsam und unterdrückt die Unkräuter massiv. Es muss nur 2- bis 3-mal pro Jahr gemulcht werden. Allerdings sollte es wegen der Wasserkonkurrenz nicht im ersten Jahr gesät werden. Weiterer Vorteil: Durch die dichte Grasnarbe lassen sich die Kulturen deutlich besser befahren. Wachsen Pappelhybriden nur auf dem Acker? Pappelhybriden sind nicht nur dem Acker vorbehalten. Nach dem letzten schweren Sturm Kyrill wurden sie auch auf einigen Flächen als Vorwald oder Mischbaumart zur Wiederaufforstung eingesetzt. Die Wald-Agentur betreute rund 40 ha mit diesem Verfahren, unter anderem bei der Stadt Siegen. Beim Einsatz der Pappelhybriden beschränkt sich die Hauptbaumart zunächst auf 5 bis 10 Trupp-Pflanzungen pro ha (10 x 10 oder 12 x 12 m). Auf der restlichen Fläche wachsen die Energiepappeln. Nach etwa 10 bis 12 Jahren haben die Hybriden einen BHD von 8 bis 15 cm erreicht und können als Energieoder Faserholz genutzt werden. Auf der dann freien Fläche pflanzt man dann ebenfalls die Hauptbaumart. Vorteile: Die Pflanzkosten für die eigentlichen Hauptbaumarten lassen sich auf mehrere Jahre verteilen. Die Windwurffläche ist schnell wieder bewaldet. Durch die Nutzung der Pappeln wird bereits nach wenigen Jahren ein Ertrag erwirtschaftet. Durch Steckruten, die bis zu 40 cm tief gesetzt werden, ist das Kulturrisiko geringer. Die Steckruten sind nicht verbissgefährdet. Eine flächige Räumung der Windwurffläche ist nicht notwendig. Die Hauptbaumart wird als Heister gepflanzt. Bis auf Douglasie und Linde ist kein zusätzlicher Schutz notwendig. Die Steckruten (1,60 bis 1,80 m) werden von Hand mit einem speziellen Dorn gepflanzt. Der Verband liegt bei 3 x 2 m. Berücksichtigt man die Trupps mit der Hauptbaumart, reichen 1600 Pappeln pro ha aus. Wichtig: Bei der Anlage des Vorwaldes müssen die Rückegassen bereits geplant sein, damit beim späteren Nutzen der Pappeln die Trupps mit den Hauptbäumarten keinen Schaden nehmen. Am besten markiert man die Gassen direkt, indem man am Weg an der jeweiligen Stelle 2 bis 3 Ruten weglässt. Die Ernte übernehmen Forstmaschinen, am besten mit Fäll-Sammel- Köpfen. Bevor die Hauptbaumarten nachgepflanzt werden, muss man allerdings die Wurzelstöcke der abgehenden Pappeln abdecken, damit sie nicht direkt wieder austreiben. Mittlerweile gibt es außerdem Versuche, nach einer Durchforstungsmaßnahme in den Rückegassen für einige Jahre ebenfalls Hybridpappeln zu pflanzen. Das funktioniert allerdings nur, wenn genug Licht vorhanden ist. 18
Wie erntet man die Pappeln? Erntezeit ist während der Vegetationsruhe von Dezember bis März. Die Ernte im Kurzumtrieb übernehmen Feldhäcksler mit entsprechenden Erntevorsätzen (bis maximal 12 cm Stammdurchmesser). Bei Kulturen mit längeren Umtriebszeiten kann man auch mit Schneidzangen oder Energieholz- Fällsammelköpfen am Bagger bzw. Rückezug arbeiten. Stärkere Sortimente lassen sich auch mit der Motorsäge schlagen. Egal ob Baggerzange oder Motorsäge: Bei diesen Verfahren muss das Holz nicht sofort gehackt werden, es kann vortrocknen. Das ist eine wichtige Stärke dieses abgesetzten Verfahrens, denn die schnell wachsenden Hölzer egal ob Weide oder Pappel enthalten immerhin bis zu 50 % Wasser direkt nach der Ernte. G. Höner Die Reihen-Zwischenräume müssen zu den Ernte- und Abfuhrfahrzeugen passen. Sonst kann es schnell zu Reifenschäden kommen. Anzeige Kunde: AS Fors Format: 1/2 Farbe: 4c 19