Einführung in die Mikrobiologie (WS 04/05) Volker Müller Institut für Molekulare Biowissenschaften Campus Riedberg, N 240, R 1.06

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Transkript:

Einführung in die Mikrobiologie (WS 04/05) Volker Müller Institut für Molekulare Biowissenschaften Campus Riedberg, N 240, R 1.06 Vorlesung: Mittwochs und Freitags, 10.15 bis 12.00 Uhr Sprechstunde: Nach der Vorlesung oder Dienstags, 10.00-12.00 nach Voranmeldung im Sekretariat bitte keine emails!

Einige Folien sind als downloads verfügbar: http://cgi.server.uni-frankfurt.de/fb15/mueller/ Unter: teaching Password: mikrobiologie-frankfurt Für den Inhalt der Folien wird, gerade in Hinblick auf die Klausur, keine Haftung übernommen. Die Folien ersetzen nicht den Besuch Vorlesung. In der Vorlesung werden darüber hinaus gehende Informationen, aber auch Kommentare und Korrekturen geliefert

Was ist Mikrobiologie? Teilbereich der Biologie, der sich mit mikroskopisch kleinen Organismen befasst: - Protozoen, Algen, Pilze (Eukaryoten) - Bakterien, Archaeen (Prokaryoten) - Viren

Mikrobiologie: Biologie von Mikroorganismen: Grundlagenfächer: Teilgebiete: Biologie Chemie Physik Mathematik Geologie Mikrobiologie Zellbiologie Genetik Biotechnologie Gentechnologie Ökologie Biochemie Grundlagen- und angewandte Forschung

Gliederung der Vorlesung: 18. 10 Einführung, Geschichte der Mikrobiologie Evolution 20. 10 Struktur und Funktion der prokaryotischen Zelle 23. 10 Struktur und Funktion der prokaryotischen Zelle 25. 10 Wachstum 27. 10. Diversität des aeroben, heterotrophen Stoffwechsels 29. 10. Anaerobe Atmung 1. 11. Gärungen (Milchsäure, Propionsäure, Buttersäure) 3. 11. Autotrophie und autotrophe CO2-Fixierung 8. 11 Mikrobielle Diversität I: Archaea 10. 11 Mikrobielle Diversität II: Gram-negative 15. 11 Mikrobielle Diversität III: Gram-positive 17. 11. Mikrobielle Ökologie, Stoffzyklen 22. 11. Biotechnologie 24. 11 Pathogene Mikroben 1. 12. Pathogene Mikroben 8. 12. Herausforderungen für die Zukunft; Fragestunde 15. 12. Klausur

Lehrbuch Brock: Biology of Microorganisms Prentice Hall, 10th ed. Biologie der Mikroorganismen Spektrum

2.3c Dimensionen von Zellen

Historie Mikroskopie: van Leeuwenhoek (1632-1723)

Historie Urzeugung oder nicht: Louis Pasteur (1822-1895)

Historie Reinigungsausstrich (Petry, Hesse, Koch)

Historie Robert Koch (1843-1910) Medienentwicklung Reinkulturen Erster, der ein Pathogen isolierte: Bacillus anthracis (Milzbrand) Koch sche Postulate

Die Fortschritte der Mikrobiologie haben Infektionskrankheiten als Todesursachen fast eliminiert

Historie Sergej Winogradsky Photosynthetische Bakterien Energiegewinnung durch Schwefeloxidation Konzept der Chemolithoautotrophie

Meilensteine der Mikrobiologie 1684 Antony van Leeuwenhoek Entdeckung von Mikroben 1857 Louis Pasteur Milchsäuregärung 1860 Louis Pasteur Keine Spontanzeugung 1881 Robert Koch Kulturtechniken, Tuberkulose 1889 Sergei Winogradsky Chemolithotrophie 1928 Frederick Griffith Entdeckung der Transformation 1929 Alexander Fleming Penicillin 1946 Tatum/Lederberg Konjugation 1953 James Watson/Francis Crick and Rosalind Franklin structure of DNA (double helix) 1969 Thomas Brock-- isolation of Thermus aquaticus from hot springs the source of Taq polymerase used in PCR 1977 Fred Sanger DNA sequencing 1977 Woese/Fox Entdeckung von Archaea

Meilensteine der Mikrobiologie 1982 Karl Stetter Isolierung von Mikroben, die bei >100 C wachsen 1985 Kary Mullis the polymerase chain reaction (PCR) 1986 Norman Pace Molekulare mikrobielle Ökologie 1995 Venter/Smith Erstes Genom sequenziert 2004 Venter Environmental sequencing /Sargasso Sea

Mikroorganismen als Modellsysteme Einheit der Biochemie Mikroben als Modellsysteme zur Aufklärung von Stoffwechselvorgängen, Struktur und Funktion von Proteinen Mikrobielle Genetik, Genomanalysen Mikroben als Modellsysteme zur Aufklärung von Prinzipien der Vererbung und Molekularbiologie, Evolution Biotechnologie Zellfabriken, weiße Biotechnologie

Die Bedeutung der Mikroben Landwirtschaft Extremophile und Leben auf anderen Planeten Entstehung des Lebens Evolution Biogeochemie: Stoffflüsse durch Stoffwechselvielfalt Biotechnologie, Gentechnologie Nahrungsmittel Kommensalen Krankheiten Energie Umwelt

Frühe Evolution: RNA-Welt Sterile Erde -> RNA-Welt -> selbst-replizierend ->katalytisch aktiv (Ribozyme) -> Schaffung von Liposomen

Bildung von Proteinen S-Stoffwechsel (anoxisch) FeS + H 2 S -> FeS 2 + H 2 zelluläre Formen

Frühe Evolution: Zeitschiene

Figure 26.2 Clock analogy for some key events in evolutionary history

Haeckels Stammbaum von 1866

Die molekulare Uhr (Zuckerkandl und Pauling) Kriterien: 1. universell verbreitet 2. funktionell homolog = gleiche Funktion 3. konservierte / variable Regionen 4. alignment / Sequenzvergleiche möglich 5. ausreichende Länge (Statistik)

Anfänglich: Hämoglobin Später: ATP-Synthase β-untereinheit EF-Tu 16S rrna als Chronometer

16S rrna als molekulares Chronometer

16S rrna-chronometer: Evolutionäre Distanz/Stammbäume Sequenz Stammbaum evolutionäre Distanz

16S rrna-chronometer: Domänen des Lebens

Domänen des Lebens: Unterscheidung 1. Zellwände Bacteria: Archaea: Eukarya: Murein Pseudomurein, S-Layer Cellulose, Chitin

Domänen des Lebens: Unterscheidung 2. Lipide Bacteria: Archaea: Eukarya: Esterlipide linear Etherlipide verzweigt Esterlipide linear

Domänen des Lebens: Unterscheidung 3. RNA-Polymerase Bacteria: Archaea: Eukarya: 4 Untereinheiten Rifamycin-sensitiv 8-10 Untereinheiten Rifamycin-resistent 10-12 Untereinheiten 3 RNA-Polymerasen Rifamycin- resistent

Domänen des Lebens: Unterscheidung 4. Proteinsynthese Bacteria: Archaea: Eukarya: 70S-Ribosomen Streptomycin, Chloramphenicol, Erythromycin Diphtherietoxin-resistent 70S-Ribosomen Antibiotika: Anisomycin Diphtherietoxin-sensitiv 80S-Ribosomen Antibiotika: Anisomycin, Cycloheximid Diphtherietoxin-sensitiv

Prokaryontische/Eukaryontische Zellen Gruppen: Bacteria/Archaea Eukarya (Algen, Pilze, Protozoen, Pflanzen, Tiere Größe: < 2 µm 2 µm bis > 100 µm Zellkern: nein ja DNA: meist ein Chromosom mehrere Chromosomen Plasmide keine Plasmide Ribosomen: 70 S 80 S Membran: meist keine Steroide meist Steroide, keine Hopanoide Hopanoide Organelle: nein ja: Chloroplasten, Mitochondrien Einschl.: Endosporen (selten) nie Magnetosomen (selten) selten Gasvesikel (selten) nie Zellwand: Murein, S-Layer Polysaccharide in Pflanzen,Pilzen Motilität: Flagellen, Rotation Flagellen, Cilien, keine Rotation Gleiten