Sekundärwand Zellumen

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Transkript:

Kohlenhydrate Kohlenhydrate in Pressschnitzeln Pressschnitzel bestehen überwiegend aus den Zellwand- oder Gerüstkohlenhydraten Pektin, Hemicellulose und Cellulose, wobei die anteilig jeweils etwas ein Drittel ausmachen. Die folgende Abbildung zeigt das schematisch die Zusammensetzung einer pflanzlichen Zellwand, wie sie typisch für Gras oder Stroh ist. Die Bestandteile der Zellwand sind die Mittellamelle, die Primär- und Sekundärwand. Im Verlaufe des Pflanzenwachstums werden zuerst die Mittellamelle und die Primärwand angelegt. Anschließend erfolgt das Wachstum der Sekundärwand in das Innere der Zelle hinein. Pflanzenzellen Mittellamelle Primärwand Sekundärwand Zellumen Pektine Hemicellulosen Lignin wasserlösl. Kohlenhydrate, Protein etc. Das Ausmaß der Lignifizierung von Pflanzenmaterial ist abhängig von der Pflanzenart und auch deren Alter. Die folgende Abbildung zeigt die unterschiedliche Kohlenhydratzusammensetzung verschiedener pflanzlicher Futtermittel (in g je kg Trockenmasse; nach Steinhöfel 1998). 800 Zucker Stärke Pektine Zellulose/Hemizellulose Lignin 600 400 200 0 Getreide Pressschnitzel Maissilage Weidelgras Stroh

Die Besonderheit bei Pressschnitzeln ist der sehr hohe Anteil an Pektin sowie der sehr geringe Ligningehalt, der nur ca. 4 % beträgt. Die in Pressschnitzeln enthaltenen Kohlenhydrate sind im Pansen zu einem hohen Ausmaß mikrobiell fermentierbar und damit für den Wiederkäuer eine exzellente Energiequelle. Ein Hinweis dafür ist auch die Verdaulichkeit der organischen Substanz, die in den Pressschnitzeln bei ca. 86 % und damit vergleichbar mit Körnermais (86 %) und nur unwesentlich niedriger als bei Weizen (89 %) liegt. Kohlenhydrate im Pansen Die nachfolgende Abbildung zeigt das vereinfachte Schema der Kohlenhydratverdauung beim Wiederkäuer. Wie Stärke oder Zucker werden die Gerüstkohlenhydrate im Pansen durch Enzyme bis zu Einfachzuckern (Monosacchariden) abgebaut, allerdings geschieht dieser Abbau deutlich langsamer und gleichmäßiger. Futter Pansen Dünndarm Kot Ration Pektine, Cellulose, Hemicellulose Stärke/Zucker Bypass-Stärke unverdaute Kohlenhydrate Pansenwand Blut (zur Leber) Gase Monosaccharide CH 4 /CO 2 Energie Bakterien!!! FFS Buttersäure Propionsäure Essigsäure Glucose Darmschleimhaut Blut (zur Leber) Diese Monosaccharide sind im Pansen wiederum Zwischenprodukte, die von den Pansenbakterien als Energiequelle genutzt und weiter bis zu den (niedermolekularen) Fettsäuren abgebaut werden. Neben CO 2 und Methan entstehen dabei überwiegend Essig-, Propion- und Buttersäure. Das im Pansen gebildete Verhältnis von Essig- zu Propionsäure ist entscheidend für die Verwendung der Futterenergie. Verschiebt sich das bei der Milchkuh normale Verhältnis von 3:1 (Essig- zu Propionsäure) zu höheren Anteilen von Propionsäure kann dieses bei den Tieren zu erhöhter Körperfettbildung führen, wobei die Fettsynthese im Euter und damit der Milchfettgehalt sinkt. Besonderheiten bei Pressschnitzeln 2

Beim Abbau der in den Pressschnitzeln enthaltenen Kohlenhydrate (v.a. des Pektins) entsteht überwiegend Essigsäure. Rationen mit hohen Anteilen der leicht abbaubaren Kohlenhydrate Stärke und Zucker (hohe Anteile Getreide oder Maissilage) führen dagegen zu einer hohen Propionsäurebildung. Der Einsatz von Pressschnitzeln in solchen Rationen kann also das wichtige Essig- zu Propionsäure-Verhältnis im Pansen positiv beeinflussen und ggf. stabilisieren. Geschwindigkeit (Abbaurate) und Ausmaß (Abbaubarkeit) des Abbaus der Kohlenhydrate variieren deutlich zwischen den Futtermitteln wie die folgende Tabelle zeigt: Abbauverhalten der Kohlenhydrate in den Vormägen (Angaben in Trockensubstanz): Futtermittel Gehalt g/kg TS Ausmaß des Abbaus, % abbaubare Menge, g/kg Geschwindigkeit des Abbaus Pressschnitzelsilage 807 80 646 +++ Grassilage 1.Schnitt, mittel 690 60 414 ++ Gerste 822 80 658 ++++ Heu, gut 755 60 453 ++ Maissilage, gut 848 60 509 ++ Melasseschnitzel 782 70 547 ++++ Rapsextr.schrot 497 70 348 ++ Sojaextr.schrot 408 80 326 +++ Stroh, Weizen 872 40 349 + Weizen 823 80 658 ++++ Quelle: DLG-Information 2/2001: Struktur- und Kohlenhydratversorgung der Milchkuh Klassifizierung der Geschwindigkeit des Kohlenhydratabbaus in den Vormägen Kategorie Abbau % je h ++++ Sehr schnell > 15 +++ Schnell 15 10 ++ Mittel < 10 5 + Langsam < 5 Quelle: DLG-Information 2/2001: Struktur- und Kohlenhydratversorgung der Milchkuh 3

Für eine ausreichende Versorgung der Milchkuh müssen im Pansen gleichzeitig angemessene Mengen an Protein und Energie zur Verfügung stehen ( Synchronismus ). Neben schnell verfügbaren Anteilen sind auch Komponenten nötig, die langsam freigesetzt werden, um für die Pansenmikroben eine ausgeglichene und gleichmäßig über den Tag verteilte Bilanz der Versorgung zu gewährleisten. Das passiert innerhalb einer Ration im Idealfall durch eine entsprechende Kombination von schnell-, mittel- und langsam abbaubarer Komponenten. Das Zusammenwirken solcher Futtermittel ist exemplarisch in der folgenden Abbildung dargestellt. Die Gasbildung stellt hier ein Maß für die Fermentierbarkeit der Kohlenhydrate verschiedener Futtermittel dar. (nach Steinhöfel, 1998) Bei den Pressschnitzeln ist der Abbau der Kohlenhydrate relativ langsam und gleichmäßig. Das hat neben der gleichmäßigen Energiebereitstellung auch den wichtigen Effekt, dass Acidosen verhindert werden. Diese können durch den schnellen und vollständigen Abbau von großen Anteilen Stärke oder Zucker entstehen, die zu einer drastischen Absenkung des Pansen ph-wertes führen. Solche acidotischen Verhältnisse schränken die Verwertung und Abbaubarkeit des Raufutters deutlich ein. Effekte auf die Wiederkauaktivität Einen weiteren positiven Effekt auf die Stabilisierung des Pansen ph-wertes haben die Pressschnitzel, indem sie in gewissem Umfang die Wiederkauaktivität stimulieren. Zwar wird ihnen nur ein relativ geringer Strukturwert (nach de Brabander) von 1,1 zugeordnet, in der Praxis können aber die Rationsanteile an Raufutter in Pressschnitzelrationen stärker reduziert werden, als tabellierte Zielwerte das in der Berechnung erwarten lassen. 4

Die folgende Abbildung zeigt die die Energiegehalte sowie die Anteile der leichlöslichen Kohlenhydrate verschiedener Grob- und Kraftfutter. Körnermais Weizen Melasse Gerste Maissilage 2 Maissilage 1 Melasseschnitzel Heu Grassilage 2 Grassilage 1 Pressschnitzel 8 6 4 2 0 20 40 60 80 MJ/NEL je kg TM % Stärke + Zucker in TM Hierbei wird deutlich: Pressschnitzel sind vom Energiegehalt als Kraftfutter einzuschätzen. Im Vergleich zu den Energieträgern Getreide, Maissilage oder Melasseschnitzel sind die Gehalte der leichtlöslichen Kohlenhydrate aber deutlich geringer. Dieser geringe Gehalt an Stärke und Zucker sowie das Fermentationsmuster und die positiven Effekte auf das Wiederkäuen machen ihren Einsatz zur Gestaltung einer Wiederkäuer gerechten Ration sinnvoll. 5