Symptome aufsteigender Mauerfeuchtigkeit Durch aufsteigende Mauerfeuchtigkeit und die dadurch verursachten Schäden an Gebäuden entsteht jährlich ein volkswirtschaftlicher Verlust in einer gewaltigen, kaum abschätzbaren Größenordnung. Selbst in einem kleinen Land wie Österreich dürfte sich die Schadenssumme im Bereich von einigen Milliarden Euro pro Jahr bewegen. Verschlimmert wird das Bild noch durch teilweise falsche Sanierungstechniken mit zusätzlichen Kosten. Ich habe anhand meiner Erfahrung mit Tausenden von Gebäuden eine Liste mit bestimmten Symptomen zur sicheren Diagnose von Feuchtigkeitsschäden erstellt. Selbst ein Laie kann mit Hilfe der hier beschriebenen Kriterien mit ziemlicher Sicherheit feststellen, ob er es an seinem Haus mit aufsteigender Mauerfeuchtigkeit zu tun hat. 20
Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Sichtbare Symptome Die Feuchtigkeit am Mauerwerk ist durchgehend bis zur Verdunstungszone sichtbar. Die Wandoberfläche ist vom Boden bis zur Feuchtigkeitsgrenze ziemlich gleichmäßig durchfeuchtet. Aufsteigende Feuchtigkeit verdunstet auch zum Teil über die gesamte Fläche, jedoch ein großer Teil in der sogenannten Verdunstungszone (im Bereich der Feuchtigkeitsgrenze). Ein Phänomen, das ausschließlich bei den klassischen Putzen, wie z.b. Kalkputz oder Kalkzementputz ohne Hydrophobierungsmittel (wasserabweisende Zuschlagstoffe) vorkommt. Hier kann Bodenfeuchtigkeit kapillar über den porösen Putz schön aufsteigen. Wenn kein Putz vorhanden ist, so sieht man die Feuchtigkeit durchgehend bis zu einer Feuchtigkeitsgrenze. Man spricht auch vom inneren Feuchtigkeitsspiegel im Mauerwerk. Bis zu welcher Höhe die Feuchtigkeit im Mauerwerk aufgestiegen ist, erkennt man deutlich am oberen Rand des nassen Mauerbereiches. Dieser Rand heißt Feuchtigkeitsgrenze, in dem sich auch der Bereich der Verdunstungszone befindet, weil an dieser Stelle überwiegend die innen aufgestiegene Mauerfeuchtigkeit an die Luft verdunstet. 21
Die Verdunstungsgrenze ist mindestens 40 Zentimeter über dem Niveau, aber nicht nur wetterseitig sichtbar. Bei manchen Baustoffen steigt die kapillare Feuchtigkeit nicht so hoch auf. Ein Beispiel wäre eine Natursteinmauer aus Granit und ein sehr grober, mit größerer Körnung (ab 3 mm) versehener Kalkzementputz. Oder der Putz ist etwas hydrophobiert, wodurch Feuchtigkeit nicht höher aufsteigen kann. Sichtbare Verdunstungsgrenze an der Wandoberfläche 22
Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Die Anstrichschäden sind in der Höhe der Verdunstungszone am schlimmsten. Ein Großteil aufsteigende Feuchtigkeit verdunstet über die Verdunstungszone, die in der Regel nur mehrere Zentimeter breit ist. In diesem Bereich entsteht durch die Verdunstung einerseits der Verdunstungsdruck und andererseits der Kristallisationsdruck der Salze (wenn sie an der Putzoberfläche auskristallisieren). Daher wird der Anstrich an dieser Stelle als erstes beschädigt, wodurch die Wandfarbe abblättern kann. Deshalb ist der beschädigte Anstrich ein klares Symptom aufsteigender Feuchtigkeit. Der Verlauf der Verdunstungszone lässt sich meist an der Linie, die starke Farbabblätterungen aufweisen, erkennen. Anstrichschäden sind an der Verdunstungszone am stärksten. 23
Ein Dispersionsanstrich bildet Blasen, vor allem in der Verdunstungszone. So mancher versucht, mit einem wasserfesten Dispersionsanstrich die Mauerfeuchtigkeit einzusperren. Leider eine recht kurzfristige Lösung. Denn die ausdünstende Feuchtigkeit wird sehr bald in Form von Blasen sichtbar. Dahinter verstecken sich meistens schon angehäufte Salznester, die beim Auskristallisieren den elastischen Anstrich wegdrücken. Dispersionsanstriche bilden Blasen, wenn die Wand dahinter feucht ist 24
Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Es treten Verfärbungen an den Wandanstrichen auf (Salze). Ein häufig beobachteter Indikator ist, dass sich die Wandfarbe verfärbt. In der Regel führen die ausdünstenden Wassermoleküle zu dunkleren Farben oder die mit nach oben transportierten Salze reagieren chemisch mit dem Anstrich. Der saure Regen mit seinen Schwefelanteilen kann für weitere chemische Reaktionen mit den Wandsalzen und somit im Anstrich sorgen. Verfärbungen am Anstrich sind sichtbar. 25
Der Anstrich ist an der Verdunstungszone leichter zu entfernen als unter der Verdunstungszone und löst sich auch schneller ab. Wer sich veranschaulicht, welche chemischen Prozesse an der Verdunstungszone ablaufen, versteht sofort, dass in diesem Bereich die sichtbarsten Schäden zuerst am Anstrich zu finden sind. An dieser Stelle lagern sich die in der Mauerfeuchtigkeit gelösten Salze während der Ausdunstung vorwiegend an der Putzoberfläche ab. Der Anstrich wird dann von der Putzoberfläche durch den Salzdruck und andere chemische Druckmechanismen abgestoßen bzw. losgelöst. Er verliert leichter seine Haftung an der obersten Putzschicht. Damit ist er leichter, z.b. mit einer Spachtel, zu entfernen oder löst sich auch schneller ab. Wegen der hier austretenden Verdunstungsfeuchtigkeit mit deren aggressiven Salzen löst sich die Farbe im oberen Bereich der Mauer schneller ab als im darunter liegenden Bereich. 26
Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Der Verputz ist an der Verdunstungszone mehr geschädigt als unter der Verdunstungszone. Nachdem der Anstrich beschädigt wurde, beginnt der Feinputz durch die chemischen Drücke abzublättern. Durch die Feuchtigkeit werden auch teilweise Bindemittel im Verputz mit herausgelöst, wodurch er an Festigkeit verliert und beschädigt wird. Natürlich vorrangig in der Verdunstungszone, wo einiges an Wasser verdunstet. Abplatzender Verputz an der Verdunstungszone 27
Der Verputz ist vor allem an der Verdunstungszone teilweise oder ganz abgebröckelt oder aufgeblüht. Hier sind wir schon bei der letzten Zerstörungsstufe des Verputzes angelangt. Chemische Druckmechanismen und Bindemittel-Auswaschung durch die vielen Jahre hindurch ergeben dann einen unheilbaren Putz, der nicht mehr repariert werden kann. Hier hilft nur noch der Komplettaustausch. Wird lange Zeit nichts unternommen, fällt der Verputz ab, in der Regel zuerst an der Verdunstungszone. 28
Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Der Verputz verschwindet an alten Fassaden zuerst an der Verdunstungszone oder im untersten Bereich der Mauer (Frostbereich bei hohen Feuchtewerten). Gibt es strenge Winter, dann nagt die Kälte hauptsächlich im untersten Bereich der Mauer. Warum? Weil im untersten Bereich die Feuchtigkeitsmenge in der Regel am stärksten ist. Gefrierendes Wasser erhöht um ca. 10 % sein Volumen. Das reicht schon aus, einen Betonsockel von wenigen Zentimetern Dicke vom Mauerwerk zu trennen. In der Verdunstungszone können durch einen sehr hohen Salzgehalt und eine damit einhergehende größere Feuchtigkeitsansammlung die Frostschäden besonders hoch sein. Schwere Schäden an Mauer und Verputz infolge langanhaltender aufsteigender Feuchtigkeit plus Frost. 29
Die unter dem Verputz liegende Bausubstanz im Bereich der Verdunstungszone weist häufig stärkere Schäden auf als deutlich unter der Verdunstungszone. Das Material erscheint mürbe, Salze sind sichtbar, eventuell sogar Salzkrusten bzw. Salznester. Nun geht es der wirklichen Bausubstanz an den Kragen. Der gefürchtete Mauerfraß. Salze oder Mikroorganismen zersetzen den Baustoff oder wandeln ihn in eine weiche, mürbe, nahezu wertlose Substanz um. Oft häufen sich regelrecht millimeterdicke Salzschichten an. Wahre Nester dieser Salzablagerungen kann man oft bei alten Baustoffen, häufig im Stallbereich, erkennen. Salzkrusten finden sich an Stellen, wo der Verputz die Salze nicht mehr aufnehmen konnte. 30
Spürbare Symptome Feuchte Mauern - Eine Plage bei Altbauten Der Verputz ist an der Verdunstungszone vom Baukörper gelöst und liegt teilweise hohl. Der vergleichende Klopftest, zum Beispiel mit einem Werkzeug oder der Faust an und unter der Verdunstungszone, ergibt unterschiedliche Klangbilder. Der Klopftest bringt zusätzliche Klarheit über den Verlauf der Verdunstungszone. Der Verputz ist an der Verdunstungszone mürber als unterhalb der Zone, da mit der Zeit die Bindemittel herausgelöst wurden. Der vergleichende Stichtest, zum Beispiel mit einem spitzen Werkzeug an und unter der Verdunstungszone, ergibt unterschiedliche Eindringtiefen bzw. Eindringwiderstände. Der Stichtest mit einem Schraubenzieher. An der Verdunstungszone ist der Verputz bröckelig 31
Trotz ständigem Lüften und Heizen der Räume ist das ganze Jahr über ein unangenehmer Modergeruch riechbar. Ein modriger Geruch rührt meist von Schimmel- und Sporenbildung her. Die daraus wachsenden Gefahren für die Gesundheit der Bewohner werden vielfach unterschätzt. Ist der Modergeruch auch durch intensives Lüften und Heizen nicht zu beseitigen, ist anzunehmen, dass es sich um ein länger zurückreichendes Problem handelt, hervorgerufen unter anderem durch aufsteigende Mauerfeuchtigkeit. Eine fachmännische Lösung ist angezeigt, da hier auch zusätzlich Kondensationsfeuchtigkeit die Ursache sein kann. Siehe dazu ein weiteres Dutzend Ursachen und Arten von Mauerfeuchtigkeit. Messbare Symptome Erhöhte Messwerte mit einem Hochfrequenz-Messgerät. Gleitet man mit der Elektrode eines Hochfrequenz-Messgerätes beispielsweise von oben nach unten über einen leicht schadhaften Putzbereich, ist an der Grenze zur Versalzungszone eine starke Erhöhung der Messwerte festzustellen. Diese oder vergleichbare Messmethoden sind geeignete Hilfsmittel, um sich zusätzlich über die Zustände im Mauerwerk zu vergewissern. Im Normalfall aber reichen die davor erläuterten sicht- und spürbaren Symptome aus, um mit hoher Sicherheit die richtige Diagnose im Hinblick auf aufsteigende Mauerfeuchtigkeit zu stellen. 32