7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Wahl zur Nationalversammlung - Konstituierende Sitzung in Weimar - Reichsverfassung

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Transkript:

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Wahl zur Nationalversammlung - Konstituierende Sitzung in Weimar - Reichsverfassung Am 19. Jan. 1919 findet die Wahl der Nationalversammlung statt. Die Frauen haben erstmals aktives und passives Wahlrecht, das in England ein Jahr zuvor eingeführt wird. Gertrud Bäumer und Helene Lange kämpfen schon seit Jahren um die Gleichberechtigung der Frau, mit dem Wahlrecht haben sie ein großes Ziel erreicht. Wegen der andauernden Unruhen in Berlin finden die Tagungen der Nationalversammlung bis zum 30. 9. 1919 in Weimar statt. Um den Informationsfluss sicherzustellen, wird eine Flugpost eingerichtet, deren erster Flug von Weimar nach Berlin am 6. 2. 1919 stattfindet. Flugpostbeleg vom Ersttag Aus der Wahl gehen die Sozialdemokraten als stärkste Partei hervor, gefolgt vom Zentrum und der Deutschen Demokratischen Partei. Alle drei Parteien koalieren und bilden die Reichsregierung. Am 11. Februar 1919 findet die konstituierende Sitzung statt.

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Ebert erster Reichspräsident - Reichsverfassung verabschiedet - SPD: Görlitzer Programm Die erste Aufgabe der Nationalversammlung ist die Etablierung der ersten demokratisch legitimierten Regierung, ihre zweite Aufgabe ist die Erarbeitung einer demokratischen Verfassung für das Deutsche Reich. Friedrich Ebert (SPD) wird am 11. Febr. 1919 zum ersten Reichspräsidenten gewählt. Ihm steht das Recht zu, den Reichskanzler und die Minister zu ernennen. Paul Löbe wird zum Vizepräsidenten der Weimarer Nationalversammlung gewählt und ist ab 1920 Präsident des Reichstags. Die Weimarer Verfassung erhebt das Volk zum Souverän: Alle Macht geht vom Volke aus. Die wesentlichen Menschen- und Bürgerrechte werden in ihr verfassungsrechtlich garantiert. Am 11. August 1919 unterzeichnet Reichspräsident Friedrich Ebert die Verfassungsurkunde. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands verabschiedet auf ihrem Parteitag vom 18. - 24. Sept. 1921 das Görlitzer Programm und bekennt sich damit klar und eindeutig zu den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie und damit zur Weimarer Verfassung.

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Föderale Struktur mit 18 Ländern Die Weimarer Republik erhält eine föderalistische Staatsordnung unter Berücksichtigung der historischen Entstehung der Republik aus ehemals selbständigen Ländern und Stadtstaaten mit nunmehr 18 Ländern. Der Reichsrat hat lediglich eine beratende Funktion und vertritt die Interessen folgender Länderregierungen: Anhalt Baden Bayern Braunschweig Bremen Hamburg Hessen Lippe-Detmold Lübeck Mecklenb.-Schwerin Oldenburg Mecklenb.-Strelitz Preußen Sachsen Schaumburg-Lippe Thüringen Württemberg Bei der Deutschen Reichspost wird das Thema der föderalen Struktur aufgegriffen: es erscheint eine Wohlfahrtsmarken-Serie mit dem jeweiligen Wappen der einzelnen deutschen Länder.

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Pariser Vorortverträge: Vertrag von Versailles und Vertrag von Saint-Germain Bei den Pariser Vorortverträgen handelt es sich um die nach den Orten der Unterzeichnung benannten Friedensverträge, die den Mittelmächten ohne ihre Mitwirkung auferlegt werden. Der Vertrag mit dem Deutschen Reich wird am 28. Juni 1919 in Versailles unter Protest unterzeichnet. Die Bedingungen sind fast unannehmbar: Bekenntnis zur Alleinschuld, Reparationsleistungen, Gebietsabtretungen, Abrüstung usw., Brief mit Poststempel Deutsche Friedensdelegation und Datum der Unterzeichnung. Das Friedensabkommen mit Österreich wird am 10. 9. 1919 in Saint-Germain unterzeichnet. Die Bestimmungen über Abrüstung und Wiedergutmachung entsprechen denen des Versailler Vertrag. Außerdem: Abtretung Südtirols an Italien, Verbot des Anschlusses an Deutschland. Zweizeiliger Entwertungsstempel der französischen Post zum Friedenskongress in Versailles. Brief eines Teilnehmers am Friedenskongress in Versailles mit Stempeldatum vom 28. 6. 1919, dem Tag der Vertragsunterzeichnung.

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Belastendes Erbe: Reparationsleistungen - Gebietsabtretungen Am 27. April 1920 erfolgt eine endgültige Festlegung der Reparationssumme: 132 Milliarden Goldmark innerhalb von 37 Jahren sowie weitere utopische Geldforderungen. Außerdem werden territorial alle Gebiete aberkannt, die im Zuge der Einigungskriege vor 1871 einverleibt wurden. Die USA tragen diese Forderungen nicht mit. Für Oberschlesien und die ostpreußischen Bezirke Allenstein und Marienwerder werden Volksabstimmungen angesetzt. Diese ergibt eine deutliche Mehrheit zugunsten des Verbleibs bei Deutschland, trotzdem wurde 1922 ein Teil von Oberschlesien Polen zugesprochen. Das Memelgebiet wird ebenso wie das Saargebiet dem Völkerbund als Treuhänder unter französischer Verwaltung unterstellt. 1923 wird das Memelgebiet dann Litauen angegliedert. Danzig und Umgebung wird mit dem Namen Freie Stadt Danzig zum selbständigen Staat erhoben. Massenfrankatur mit dänischer Währungsangabe und Aufdruck 1. Zone. Die Volksabstimmung über Schleswig ergibt eine Teilung des Gebietes zwischen dem Deutschen Reich und Dänemark, worauf Dänemark die ihm zufallende 1. Zone am 19. Mai 1920 sofort übernimmt.

7.1 Demokratischer Neubeginn mit belastendem Erbe Volksabstimmung in Marienwerder - Elsaß-Lothringen wird Frankreich zugesprochen Nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages muss Deutschland einen Verlust von 70 000 Quadratkilometer Land und 7,3 Millionen Menschen hinnehmen. Außerdem werden alle vor dem 1. Weltkrieg erworbenen Kolonien aberkannt. Portopflichtiger Dienstbrief der Interalliierten Kommission vom Letzttag 16. Aug. 1920. Die interalliierte Kommission traf am 17. Februar 1920 in Marienwerder ein und zog sich nach der Volksabstimmung und Rückgliederung an Deutschland am 16. Aug. 1920 wieder zurück. Ab 1. Juli 1920 mussten die Reichsbehörden ihre Dienstpost mit speziellen Dienstmarken frankieren. Elsaß-Lothringen und die Saar-Bergwerke werden Frankreich zugesprochen. Die in allen Gebieten eingetretenen Kriegsschäden werden akribisch ermittelt und aufgelistet. Der Ausschuss zur Feststellung von Kriegsschäden in Elsaß-Lothringen hat seinen Sitz in Bochum-Gerthe.

7.2 Außenpolitische Erfolge mildern die Sanktionen Vertrag von Rapallo - Locarnopakt Reichsregierung und Reichstag bemühen sich um eine Verständigung mit den Siegermächten. Seit 1920 knüpft Deutschland diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion, sie führen am 16. April 1922 zur Unterzeichnung des Vertrages von Rapallo. Darin wird auf wechselseitige Reparationszahlungen verzichtet und eine wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. Dieser Vertrag bedeutet Deutschlands Durchbruch durch die außenpolitische Isolierung. Walther Rathenau schließt als Außenminister den Rapallovertrag ab. Am 24. 6. 1922 wird er als Erfüllungspolitiker ermordet. Der Locarno-Vertrag ist auf die Grundlagen der Verständigungspolitik von Außenminister Gustav Stresemann zurückzuführen. Aufgrund des Vertrages von Rapallo richtet die U.d.S.S.R. in Berlin eine offizielle Handelsvertretung für Deutschland ein. Am 16. Okt. 1925 wird in Locarno ein Sicherheitsvertrag zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien und Italien geschlossen; er beinhaltet die Entmilitarisierung des Rheinlandes, Nichtangriffsverträge und die Sicherung der Westgrenze Deutschlands. Gleichzeitig leitet er den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund ein.

7.2 Außenpolitische Erfolge mildern die Sanktionen Aufnahme in den Völkerbund 1926 - Haager Konferenz 1929 Eingeschriebener Dienstbrief mit Freimarke der Schweiz mit Aufdruck Société des Nations und Dienstsiegel. Der Locarno-Vertrag bildet die Voraussetzung für die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. 1926 darf Deutschland in den 1919 in Versailles im Rahmen der Friedensverhandlungen gegründeten Völkerbund mit Sitz in Genf beitreten und erhält einen ständigen Sitz im Völkerbundsrat. Auf der Haager Konferenz im August 1929 werden die im Versailler Vertrag festgelegten Reparationsleistungen neu verhandelt und festgelegt (jetzt jährlich 2 Milliarden Mark bis 1988). Seine Undurchführbarkeit bewirkt, dass seine weitere Durchführung 1931 praktisch eingestellt wird. Gleichzeitig wird das Ende der Rheinlandbesetzung festgelegt.

7.3 Innenpolitische Probleme kennzeichnen den Alltag Besetzung des Ruhrgebiets - Hitler-Putsch in München - Inflation Mit dem Versailler Vertrag musste die erste Regierung der Weimarer Republik eine schwere Bürde übernehmen, die enormen Reparationszahlungen laugen die Wirtschaftskraft Deutschlands aus. Schon bald können die auferlegten Leistungen nicht mehr erbracht werden. Das franz. Feldpostamt Nr. 27 war in Bochum stationiert. Anlass für den franz. Außenminister Poincaré am 11. Jan. 1923 das Ruhrgebiet militärisch zu besetzen, um seine Forderungen einzutreiben. Das Reich ruft zum passiven Widerstand auf, es kommt zu blutigen Zusammenstössen. Erst im Aug. 1924 erreicht Stresemann in Verhandlungen mit Aristide Briand die Räumung des Ruhrgebiets. Zu den schärfsten Gegnern der Weimarer Republik gehört Adolf Hitler, Führer der radikalen National-Sozialistischen Arbeiterpartei. Am 8. Nov. 1923 ruft er in München zum Putsch auf und unternimmt mit seinen Anhängern den Marsch auf die Feldherrnhalle. Der Putsch misslingt, Hitler wird festgesetzt und zur Festungshaft verurteilt. 5 Milliarden beträgt das Porto für eine Postkarte im Fernverkehr vom 12. bis 19. Nov. 1923 Die finanziellen Ressourcen Deutschlands sind bald erschöpft, die Notenpresse kommt nicht zum Stillstand. Die Folge ist eine Hyperinflation. Die Mark fällt ins Bodenlose, so muss eine Postkarte im Januar 1923 mit 25 Mark, am 15. Nov. 1923, dem Ende der Inflation, dagegen mit 50 Milliarden Mark frankiert werden.

7.3 Innenpolitische Probleme kennzeichnen den Alltag Nationalsozialisten formieren sich - Friedrich Ebert stirbt - Paul von Hindenburg Nachfolger Konrad Adenauer, Mitglied des Zentrums, seit 1917 Oberbürgermeister der Stadt Köln und seit 1920 Präsident des Preußischen Staatsrats, möchte das katholische Rheinland von der Herrschaft des evangelischen Preußen befreien. Im Ruhrgebiet formiert sich eine nationalsozialistische Bewegung unter einer Fahne mit Hakenkreuz. Es entstehen die ersten paramilitärischen Kampfgruppen der NSDAP. Am 28. Febr. 1925 stirbt Friedrich Ebert vorzeitig im Alter von 54 Jahren. Er hat während seiner Amtszeit viel zur Stabilisierung der jungen Weimarer Republik beigetragen. Seine Gegner, vor allem die NSDAP, diffamieren ihn als November-Verbrecher, doch die große Mehrheit des Volkes trauert um ihn. In Anerkennung seiner Leistungen werden Denkmäler errichtet sowie Straßen und Parks nach ihm benannt. Zu seinem Nachfolger wird der frühere Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg gewählt, der zur Republik und zur Demokratie kaum eine innere Beziehung hat. Die alten Kräfte haben sich durchgesetzt, denn in Justiz, Verwaltung und Militär dominieren noch die vom Kaiserreich geprägten Denkmuster. Die Weimarer Republik erweist sich mehr und mehr als eine Demokratie, in der die Demokraten nur eine Minderheit sind.

7.4 Soziale Fortschritte erleichtern das Leben Tarifverträge - Konsumvereine - Betriebsrätegesetz - Jugendwohlfahrtsgesetz Das Entstehen von industriellen Ballungszentren, vor allem im Ruhrgebiet, hat tief greifende soziale Umschichtungen zur Folge. Fabrikarbeit bedeutet oft soziale Entwurzelung, für die meisten Arbeiterfamilien ein ständiges Pendel am oder unter dem Existenzminimum. Die Massenverelendung war Ursprung unterschiedlichster Lösungsansätze. Wilhelm Leuschner betreibt als Gewerkschafter den Abschluss der ersten Tarifverträge, die zahlreiche arbeits- und sozialpolitische Verbesserungen beinhalten. Zur Verbesserung der sozialen und häuslichen Lage werden Konsum- Genossenschaften errichtet, die ihre Mitglieder preisgünstiger mit Gütern des täglichen Lebens versorgen. Unter dem bekannten Kürzel geg firmiert die Großeinkaufsgesellschaft Deutscher Konsumvereine. Auch Großfirmen richten eigene Konsumvereine ein, um ihren Werksangehörigen preisgünstige Einkaufsmöglichkeiten, unter Umständen auf Kredit (Lohnabzug), zu gewähren. Die Gewerkschaften setzen das Betriebsrätegesetz durch, das den Arbeitnehmern beachtliche Mitwirkungsrechte gibt. Für die Jugend wird das Jugendwohlfahrtsgesetz verabschiedet, das in seinen Grundzügen noch heute gilt. Sparkassen, die besonders das Spargeschäft mit mittleren und kleinen Beträgen pflegen, etablieren sich flächendeckend als gemeinnützige, kummunale Anstalten des öffentlichen Rechts. Trotz Hunger und Elend, trotz der politischen Wirren gelingt es, die Weimarer Republik zu einem demokratischen Bollwerk zu formen. Es gelingt, Reformen und Ideen zu verwirklichen.

7.5 Die Goldenen Zwanziger Jahre 1925 beginnen The Golden Twenties : Optimismus und Lebensfreude Aller Instabilität und aller politischen Unruhen zum Trotz, das geistige und kulturelle Leben in Deutschland pulsiert. 1925 beginnen auch für die Deutschen unter dem Eindruck des wirtschaftlichen Aufschwungs die Goldenen Zwanziger Jahre. Ein neues Lebensgefühl bricht sich Bahn. Berlin steigt zu einer Metropole auf, die mit New York und Paris verglichen wird. Paul Linckes und Walter Kollos Revuen und Operetten erobern die Welt. Nach ihren Melodien wird überall begeistert das Tanzbein geschwungen. Der aus den USA kommende Charleston tritt auch in Deutschland seinen Siegeszug an. Max Reinhardt dirigiert als Regisseur die großen Berliner Bühnen und zieht magisch die großen Künstler an. Kurt Weill und Bert Brecht feiern im Berliner Theater am Schiffbauerdamm Triumphe mit ihrem neuartigen, am 23. Aug. 1928 uraufgeführten Stück Die Dreigroschenoper. Hans Bredow schafft die Voraussetzungen für die Nutzung des Rundfunks und seine Verwendung als publizistisches Mittel, er ist an der Gründung des deutschen Rundfunks maßgeblich beteiligt. Am 19. Okt. 1923 wird der Unterhaltungsrundfunk eröffnet und findet begeisterte Hörer. Die Firma Siemens & Halske avanciert schnell zu einem der größten Hersteller von Rundfunkgeräten. Der Begriff Radio (lateinisch radius = Strahl) wird heute fast nicht mehr benutzt.

7.5 Die Goldenen Zwanziger Jahre Die Unterhaltungsindustrie boomt Die Entwicklung der Filmindustrie erreicht mit ihren bewegten Bildern sehr bald einen ersten Höhepunkt. Die Kinos locken mit Chaplin- Filmen, der mit seinen Slapstickkomödien Filmgeschichte schrieb. Greta Garbo wird mit Gösta Berling (1924) bekannt und ist bald ein Weltstar. Marlene Dietrich erlangte Berühmtheit mit dem Film Der Blaue Engel. Grete Weiser, seit 1927 beim Film, wird populär vor allem als humoristische Darstellerin Die 1917 gegründete Ufa wird zum größten deutschen Filmunternehmen. Absender-Freistempel Bogenrechteck der Fa. Franco-Typ Neue Zeitschriften und Illustrierten erobern den Markt Neue Zeitschriften und Illustrierten erobern den Markt. Publizisten und Redakteure voller Geist beherrschen die großen Verlagsanstalten, Publizisten und Redakteure voller Geist beherrschen die großen Verlagsanstalten, deren Flaggschiff der deren Flaggschiff der Ullstein-Verlag wird. Ullstein-Verlag wird. Kurt Tucholsky avanciert schnell zum Starautor der Weimarer Republik. Sein Forum ist die Weltbühne. Aufschwung in der Automobil-Industrie Zahlreiche Hersteller stellen ihre Produktpalette 1928 auf einer Automobil- und Motorradausstellung in Berlin vor. Die AVUS, eine 1921 fertig gestellte Autostraße, ist Schauplatz vieler Autorennen.

7.6 Das bittere Ende des Weimarer Parlamentarismus Weltwirtschaftskrise - Arbeitslosigkeit Nährboden für Radikalismus - Hitler wird Reichskanzler Das Jahr 1929 markiert das Ende der Goldenen Zwanziger Jahre. Es ist das Jahr der Weltwirtschaftskrise, ausgelöst durch einen katastrophalen Zusammenbruch der Aktienkurse an der New Yorker Börse am 24. Okt. 1929. Riesige Geldverluste und massenhafte Konkurse von Banken und Unternehmen, auch in Deutschland, sind die Folge des schwarzen Freitag. Schnell eskaliert die Wirtschaftskrise. Zusammendruck aus Markenheftchenblatt, Wz. Y Theodor Heuß, Reichstagsabgeordneter der Deutschen Staatspartei, muss miterleben, wie die demokratischen Parteien ihren Einfluss verlieren, regiert wird per Notverordnungen. 1932 gibt es mehr als 6 Millionen Arbeitslose, bei denen die Parolen der politischen Extreme auf fruchtbaren Boden fallen. Die Nationalsozialisten (SA und SS) verbreiten ihr Gedankengut mit Gewalt und Ter- Sowohl bei den Wahlen im Juli als auch im November 1932 werden die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler zur stärksten Partei im Reichstag. Soll Hitler neuer Reichskanzler werden? Reichspräsident von Hindenburg zögert noch, doch ein Jahr später, am 30. Jan. 1933 ernennt er ihn zum Reichskanzler.

7.6 Das bittere Ende des Weimarer Parlamentarismus Reichstagsbrand - Notstandsgesetz ermöglicht Verfolgung und Schutzhaft politischer Gegner Dreimal tagt der neue Reichstag, dann steht das Gebäude am 27./28. 2. 1933 in Flammen. Das brennende Reichstagsgebäude steht für das Ende der Demokratie, denn Hitler nutzt die Gelegenheit und erwirkt von Hindenburg die Reichstagsbrand-Verordnung, die in der gleichen Nacht nahezu alle politischen Grundrechte außer Kraft setzt. Die als Hilfspolizei eingesetzte SA kann aufgrund der Notverordnung ganz legal missliebige Oppositionelle ohne Justiz in Schutzhaft nehmen. Mit den Verhaftungen der politischen Gegner wird keine Stunde gezögert, ihr fallen unter anderen unmittelbar zum Opfer: Ernst Thälmann, populärer KPD-Parteiführer Marie-Elisabeth Lüders, Reichstagsmitglied der Deutschen Demokratischen Partei. Carl von Ossietzky, unliebsamer Publizist Schutzhaftlager, die späteren Konzentrationslager (KZ), werden überall in Deutschland eingerichtet. Hier werden die Regime-Gegner eingeliefert, teilweise gefoltert und grausam misshandelt, so auch in Sachsenhausen. Ludwig Renn Schriftsteller, KPD-Mitglied

7.6 Das bittere Ende des Weimarer Parlamentarismus Emigration - Reichstagswahl am 5. 3. 1933 - Ermächtigungsgesetz setzt Verfassung außer Kraft Bereits am 5. März 1933 wird ein neuer Reichstag gewählt. Obwohl es schon keine freien Wahlen mehr sind, gelingt es der NSDAP mit 43,9 % nicht, die absolute Mehrheit zu gewinnen. Die fehlenden Sitze im Reichstag werden durch Verhaftungen sowie durch Verbreitung von Angst und Schrecken unter den Parlamentariern ausgeglichen. Viele führende politische Gegner verlassen vorsichtshalber das Land. Rudolf Breitscheid, Mitglied der SPD-Reichstagsfraktion, emigriert nach Frankreich. Marie Juchacz, sozialdemokratische Abgeordnete, geht ins Exil Georgi Dimitrow wird als Kommunist in die Sowjetunion abgeschoben. Friedrich Wolf, Schriftsteller, muss als Kommunist ebenfalls emigrieren. Egon Erwin Kisch, tschechischer Reporter in Berlin, wird nach Prag abgeschoben. Bertolt Brecht, Schriftsteller und Regisseur, geht ins Exil nach Dänemark Die Eröffnung des Reichstags findet am 21. 3. 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche statt, wo Hitler feierlich als Reichskanzler vereidigt wird, sich aber noch im Hintergrund hält. < Rückseite des Markenheftchens Fridericus Am 23. März 1933 stimmt das durch Schutzhaft und Emigration geschwächte Parlament eingeschüchtert und unter Druck gesetzt dem Ermächtigungsgesetz zu. Nur der verbliebene Rest der Sozialdemokraten stimmt dagegen. Otto Wels begründet noch das Nein der SPD, dann muss auch er emigrieren. Josef Felder ist an dem Nein maßgeblich beteiligt, er wird im KZ Dachau inhaftiert. Auch Kurt Schumacher stimmt dagegen, er wird ebenfalls wenig später verhaftet Mit dem Ermächtigungsgesetz wird die parlamentarische Demokratie von Weimar abgeschafft. Es bildet für Hitler die Basis, sich über die Verfassung und die Grundrechte hinwegzusetzen und eine Diktatur zu errichten.