Die Madagassische Flachrücken-Spinnenschildkröte Pyxis planicauda (GRANDIDIER, 1867)

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Transkript:

Die Madagassische Flachrücken-Spinnenschildkröte Pyxis planicauda (GRANDIDIER, 1867) Einleitung Autor: Viktor Mislin (2006) Die madagassische Flachrücken-Spinnenschildkröte zählt aufgrund ihrer beschränkten natürlichen Verbreitung zu den seltensten Schildkröten. Sie wird mittlerweile im Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens geführt. In den Jahren 1999 und 2000 kamen mehrere tausend Wildfänge in den internationalen Tierhandel. So waren auch Tiere in der Schweiz im Angebot.

Im Nachfolgenden werden die Erfahrungen zu Haltung, Vermehrung und Aufzucht der Pyxis planicauda des Autors wiedergegeben. Beschreibung Um die Zusammenhänge in der Nomenklatur zu klären, sind weitere Untersuchungen notwendig. So versetzte SIEBENROCK (1902) die Flachrücken-Spinnenschildkröte in eine monotypische Gattung Acinixys. OBST(1978, 1980) und BOUR (1981) versetzten Acinixys als Untergattung in die Gattung Pyxis zurück. Pyxis planicauda ist eine kleinere Schildkröte von maximal ca.17 cm Carapaxlänge. Die Männchen bleiben leicht kleiner. Die längliche, parallele Panzerform ist auf dem Rücken merklich abgeflacht. Die Nackenschilder sind aufgeworfen und leicht gezahnt, ebenso die Randschilder im Bereich der Hinterbeine. Die Grundfärbung vom Rückenpanzer (Carapax) und des starren Bauchpanzers (Plastron) ist gelb bis hellbraun. Die Bauchschilder weisen eine schwache dunkelfarbige Zeichnung von 5-8 angedeuteten Strahlen auf. Die Schilderzentren von Plastron und Carapax sind zeichnungslos. Die Rippenschilder des Carapax weisen eine dunkle Markierung auf, welche 2-4 helle Strahlen von den Schilderzentren aus erkennen lassen. Bei den Wirbelschildern erhöht sich die Strahlenzahl auf 4-9 Strahlen. Die dunkle Markierung mag die Schilderfläche nicht vollständig zu decken, so dass die Zuwachsstreifen zusammenhängende helle Längsstreifen ausbilden. Auch die Randschilder sind mit dunklen Markierungen versehen.

Der eher zierliche Kopf ist dunkel gezeichnet mit kleinen hellen Punkten. Die Hornschilde sind hell. Die obere Schneide weißt einen leichten Haken auf. Die Beine sind mit zahlreichen kleinen, gelben Schuppen versehen. Die Vorderbeine weisen 5 und die Hinterbeine 4 Krallen auf. Der fleischige, massige Schwanz ist abgeflacht und zahlreich beschuppt. Der flachschwänzige (lat. planicauda) Schwanz diente auch als Grundlage der Namensgebung. Am Ende des Schwanzes befindet sich ein leicht vergrößertes Schuppenpaar. Von einem hornigen Endnagel - wie in einiger Literatur beschrieben - kann jedoch nicht gesprochen werden. Männchen haben einen größeren Schwanz und einen deutlich flacheren Winkel der Analschilder zueinander sowie einen leicht konkaven Bauchpanzer. Jungtiere sind mehrheitlich dunkel gezeichnet. Die Strahlenzeichnung des Rückenpanzers ist auf 4 Längsstreifen reduziert. Der Bauchpanzer ist mit unregelmäßigen dunklen Punkten gezeichnet. Schlüpflinge sind kreisrund und sehr flach in ihrer Panzerform.

Habitat Der Lebensraum der Flachrücken-Spinnenschildkröte ist der semiaride, laubabwerfende Trockenwald bis zu einer Höhenlage unter 100 m. ü. M. Der Wald liegt im Regenschatten der westlichen Berghänge. Der Bestand an großen Bäumen (Affenbrotbäume und Weihrauchgewächse) ist schütter, das Unterholz von 4-8 m Höhe ist hingegen eher dicht. Im Wald konnten über 200 Baumarten nachgewiesen werden. Die Baumfrüchte reifen zu unterschiedlichen Zeiten. Während der Regenzeit bereichert ein vielfältiges Angebot an Früchten und Samen den Speiseplan der Schildkröten. Zur Regenzeit sind die Waldgebiete von kleinen Bächen durchflossen und mit kleineren Wasseransammlungen versehen. Nach BRETZ (pers. Mitteilung) konnte Pyxis planicauda zahlreich in zur Viehzucht gerodeten Waldgebieten in Wassertränken aufgegriffen werden. Die Wassertränken waren meist ausgehobene Senken, in denen das Wasser für längere Zeit aufgefangen werden konnte. Oftmals wurden ertrunkene Schildkröten darin gefunden, welche den Rand der Wassertränke nicht überwinden konnten.

Verbreitung / Gefährdung Die Wälder nördlich von Morondava, das ursprüngliche Verbreitungsgebiet, ist durch Brandrodung, Waldnutzung und Kultivierung zu landwirtschaftlichen Zwecken stark geschrumpft. Das derzeitige Verbreitungsgebiet soll kaum noch die Hälfte des ursprünglichen Areals betragen. Das natürliche Verbreitungsgebiet wird im Süden durch den Morondava-Fluss und im Norden durch den Tsiribihina-Fluss als natürliche geografische Barriere begrenzt. Der Schutz der Waldbiotope ist derzeit nicht gewährleistet. KUCHLING (1989) konnte auf einem Quadratkilometer innerhalb einer Woche 10 Schildkröten auffinden. Nach dem heutigen Wissensstand betrug die Exportquote in den Jahren 1999 und 2000 doch einen beträchtlichen Prozentsatz der wildlebenden Gesamtpopulation.

Eingewöhnung Im Dezember 2000 wurde ein Paar der Flachrücken-Spinnenschildkröte erworben. Im März 2001 konnten weitere 1,3 Schildkröten dazu erworben werden. Die importierten Schildkröten waren in gutem Zustand und trotz der Transportstrapazen vital. Bereits nach wenigen Tagen konnte die erste Futteraufnahme beobachtet werden. Bei der ersten Kotabgabe wurde jedoch ein starker Befall von Spulwürmer (im Kotballen bis 40 Exemplare) festgestellt. Nach einer Kotuntersuchung unter dem Mikroskop konnten auch viele Einzeller (Hexamiten) bestimmt werden. Nach dieser Diagnose wurden alle Schildkröten mit Panacur entwurmt und gleichzeitig einer Behandlung gegen Einzeller mit Flagyl (Injektionslösung) unterzogen. Diese Behandlung bedeutete viel Stress für die Schildkröten und verursachten vorübergehend eine Appetitlosigkeit, die nach 2-3 Wochen wieder endete. Das Vorhandensein von Hexamiten bestätigte sich auch durch das erhöhte Trinkbedürfnis der Schildkröten. Behandlung gegen Spulwürmer und Einzeller: 13.12.2000 Behandlung Spulwurm (Panacur) 02.01.2001 Behandlung Spulwurm (Panacur) 16.01.2001 Behandlung Einzeller (Metronidazol / Flagyl) 26.01.2001 Behandlung Spulwurm (Panacur) 26.04.2001 Behandlung Spulwurm (Panacur) 29.04.2001 Behandlung Einzeller (Metronidazol / Flagyl)

Bei einer Nachkontrolle im Mai 2001 waren Spulwürmer und Hexamiten nur noch in kleiner Anzahl vorhanden. Es wurde daher beschlossen, keine weitere Behandlung mehr vorzunehmen. Inzwischen haben alle Schildkröten regelmäßig Futter aufgenommen. Einzeller (Hexamiten) Wurmeier Spulwürmer

Haltung Bei der Haltung wurden mehrjährige Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Vermehrung von Köhlerschildkröten Geochelone carbonaria und der Indischen Sternschildkröte Geochelone elegans sowie der Haltung von Waldschildkröten Geochelone denticulata, Spinnenschildkröten Pyxis arachnoides, der gedrungenen Erdschildkröte Manouria impressa, der Südafrikanischen Schnabelbrustschildkröte Chersina angulata, der Zeltschildkröte Psammobates oculiferus, der Ägyptischen Landschildkröte Testudo kleinmanni berücksichtigt. Zur Vermeidung von Stress werden die Schildkröten in kleinen, stark strukturierten und oben offenen Becken (ca. 70 x 80 cm) in Gruppen von 1,2 Tieren gehalten. Die Behälter sind mit Ultraschallbefeuchter, einem HQI-Strahler von 70 Watt und einer 30 Watt Reptistar Leuchtstoffröhre (Sylvania) ausgestattet. Die Becken befinden sich in einem Wohnraum im Dachgeschoss. Der Raum erhält durch ein nach Süden ausgerichtetes Fenster Tageslicht. Die Temperierung des Raumes geschieht ausschließlich durch die Abwärme der verschiedenen Strahler (insgesamt 10 x 70 Watt HQI-Strahler, mehrere Leuchtstoffröhren). Im Winterhalbjahr geht die Nachtemperatur auf Tiefstwerte von 17 C zurück. Im Sommer steigt die Nachttemperatur bis auf ca. 25 C an. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen erreichen im Sommerhalbjahr 29-30 C. Unter den HQI-Strahler sind im Lichtkegel 45 C messbar.

Die Leuchtstoffröhre (UVB-Anteil) ist in einer Höhe von ca. 10 cm über dem Beckenboden fixiert. Die Becken sind mit Höhlen für jedes Tier (halbierte Blumentöpfe aus Kunststoff), Wurzeln und einer Einstreu (ungedüngter Erde versetzt mit entstaubter Hanfeinstreu) ausgestattet. Die Substrathöhe beträgt 3-15 cm. Die Substratoberfläche wird zusätzlich mit Hanfeinstreu und Laub zur einfacheren Reinigung abgedeckt. Das Substrat wird täglich gesäubert und halbjährlich komplett ausgewechselt. Die Haltungsbedingungen bleiben unverändert. Die Schildkröten wurden auch noch nie in eine Freilandanlage umgesiedelt. Stress in Folge von Umsetzungen sind ein großes Risiko und oftmals die Ursache für unerklärliche Verluste. Mit der beschriebenen Infrastruktur wird versucht, die natürlichen, klimatischen Verhältnisse bestmöglich zu imitieren. Terrarien mit Ulltraschallbefeuchter, HQI-Strahler, Tiefliegende Leuchtstoffröhre

Trockenzeit: Mai bis September Ultraschallbefeuchtung 5 x ¼ Std. und 1 x ½ Std. Leistung - Wasserausstoß um 2/3 reduziert Mittlere Tagestemperaturen 24-26 o C Luftfeuchtigkeit 50-70 % HQI-Strahler - stundenweise je nach Tagestemperatur und Wettersituation Regenzeit: Oktober bis April Ultraschallbefeuchtung 5 x ¼ Std. und 1 x ½ Std. Maximale Leistung - 5 Liter entkalktes Wasser pro Woche Mittlere Tagestemperaturen 26-32 o C Luftfeuchtigkeit bis 80 % HQI-Strahler - Brennzeit 8,5 bis 9 Std. am Tag

Ernährung Über die Fressgewohnheiten der Flachrücken-Spinnenschildkröte ist wenig bekannt. KUCHLING (1989) konnte diese Schildkröten im natürlichen Biotop beim Verzehr von Blattgrün und Gräsersprossen beobachten. Die artenreiche Waldgemeinschaft mit vielfältigen Früchte- und Samenangebot lässt leicht falsche Interpretationen zu. Die Früchte sind kaum nur fruchtig und süß wie wir es von kultivierten Früchten kennen, sondern eher im Sinne von Wildfrüchten mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen angereichert. Ein abwechslungsreiches Futterangebot ist sicher angebracht, zudem sich die Tiere als sehr wählerisch erwiesen haben. In menschlicher Obhut fressen die Tiere Wiesengrün (Löwenzahn, Klee, Wegerich, Wicke) Zucchetti, Karotten, Kürbisse, alle Salate mit Bitterstoffen (Chiccorino Rosso, Rucola, Endivien, Lattich), Pilze und Früchte. Mango, Brombeeren und auch Johannisbeeren werden sehr selten angeboten. Alle Salate, Früchte und Gemüseteile im Futterangebot werden mit Ballaststoffen (geschnittenes Heu oder Heublumen mit Samenanteil) überstreut. Inwieweit Insekten wie Tausendfüssler, Würmer und Schnecken den Speiseplan in der natur bereichern, ist nicht bekannt. Frischgehäutete Mehlwürmer konnten die Nachzuchten der Flachrücken-Spinnenschildkröte nicht zur Jagd motivieren.

Futterzusätze: Für die Verdauung - Täglich Ballaststoffe wie Heu, Heublume, Kräuterteile, Samen Für den Aufbau - Mineral-Vitaminpulver (Vitakalk, Korvimin) alle 14 Tage, Sepiaschale (permanent) Löwenzahn Karotten Zuchetti Pleos-Pils Mango Heublumen Kein Ideales Futter Wiesengrün

Verhalten Die jahreszeitliche Aktivität der Flachrücken-Spinnenschildkröte ist durch die Regenzeit geprägt. Diese dauert in der Regel rund 4 Monate. Da die eher ruhigen Tiere außerhalb dieser Zeit kaum aktiv sind, kann von einer sehr langweiligen Schildkröte gesprochen werden. Von April bis ungefähr Anfang September wird eine Art Trockenruhe abgehalten. Die Tiere halten sich mehrere Wochen am gleichen Platz auf, ohne sich zu bewegen. In dieser Zeit nehmen die Tiere auch praktisch keine Nahrung zu sich. Dies ist für jeden Halter von Tropischen Landschildkröten sehr gewöhnungsbedürftig. Während der Trockenzeit werden die Schildkröten zur Regulierung ihres Wasserhaushaltes einmal im Monat einzeln gebadet. Die Wasseraufnahme im Terrarium gestaltete sich am Anfang sehr schwierig. Lediglich Wassertropfen, die über den Kopf geträufelt wurden, wurden aufgenommen. Ein Hinweis dafür, dass in der Natur die Schildkröten Wasser mit dem Aufsaugen von Tautropfen zu sich nehmen. Nach einigen Monaten lernten die Schildkröten, aus einem kleinen Gefäß (Raufe) zu trinken. Auf Wassergefäße zu Badezwecken wurde aus hygienischen Gründen verzichtet, denn diese bilden eine latente Gefahr zum erneuten Befall mit Einzellern. Jede Schildkröte besitzt ihren eigenen Unterschlupf, der oftmals nur zur Nahrungsaufnahme oder zum Sonnen unter den HQI-Strahlern verlassen wird. Eine Aggressivität untereinander konnte nicht festgestellt werden, trotzdem wird der Strukturierung der Terrarien und den Rückzugsmöglichkeiten der einzelnen Pfleglinge höchste Priorität eingeräumt.

Paarung und Eiablage Ende Juli können die ersten Paarungen beobachtet werden. Nach der Simulation einer beginnenden Regenzeit können im September vermehrt Paarungen festgestellt werden, die bis zum März des nächsten Jahres anhalten können.

Die Regenzeit wird durch den Einsatz von Ultraschallbefeuchtern simuliert. Diese werden fünfmal am Tag zu ¼ Stunde und einmal am Tag zu einer ½ Stunde in Betrieb gesetzt. Die Terrarien sind dann jeweils komplett mit Nebel gefüllt. Ende August fangen die ersten Weibchen an zu graben. So genannte Probebohrungen werden kaum getätigt. Die Legevorgang ist in der Regel nach einer ½ Stunde vorbei. Die Legebereitschaft kann an der hormonell gesteuerten Beweglichkeit des Bauchpanzers unmittelbar vor dem Legevorgang festgestellt werden. Wird die Eiablage nicht bemerkt, ist vom Vorgang kaum etwas zu bemerken. Die Weibchen bleiben oftmals 2-3 Tage genau über der Eiablagestelle liegen, bevor sie wieder ans Futter gehen. Die Gelege umfassen in der Regel ein einziges Ei, dies jedoch zwei- bis viermal im Jahr. Die Legegrube hat etwa einen Durchmesser von 5 cm und das Ei liegt in einer Tiefe von 6-8 cm. Mit regelmäßigen Befeuchten des Substrates wird verhindert, dass beim Graben die Grube in sich zusammenfällt. Eine genügend hohe Feuchtigkeit für die Bebrütung wird sogleich gewährleistet. Die Eier werden problemlos im Terrarium im Substrat vergraben. Das Substrat besteht aus einem Gemisch von ungedüngter Aussaaterde und Hanfeinstreu. Dieses Gemisch bewährt sich seit mehreren Jahren, da auch bei hoher Substratfeuchte keine Schimmelbildung beobachtet wurde.

Inkubation In den Jahren 2001 und 2002 wurden 8 Eier in einem Laborbrutschrank bei einer Tagestemperatur von 31,5 o C und einer Nachttemperatur von 25,5 o C sowie einer Luftfeuchtigkeit von 85-90 % inkubiert. Die Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen wurden während der ganzen Inkubationsdauer unverändert beibehalten. Leider sind trotz Befruchtung (weiße Scheibenbildung mit anschließender Weißfärbung der Eierschale) die Eier während der Entwicklung abgestorben. Die Ursache blieb rätselhaft. Im Juni 2003 wurde beim Reinigen eines der Terrarien ein angebrütetes Ei aufgefunden. Dieses musste aus dem vergangenen September oder Oktober stammen, da die Weibchen seit dieser Zeit in ihrer Ruhephase verweilten und sich nicht mehr aktiv bewegten. Vorerst war unklar, wie die weitere Inkubation erfolgen sollte. Zuerst wurde das Ei oben mit einem Kreuz markiert, um es wieder in der gleichen Position im Terrarium zu positionieren. Bei verschiedenen Haltern von Pyxis arachnoides wurden schon Schlupferfolge im Terrarium registriert (pers. Mitteilung W. KÖNIG). Regelmässig wurde das Substrat an der Legestelle befeuchtet. Die Bedingungen genügten zur weiteren Entwicklung des Embryos und am 18.09.2003 spazierte eine kleine Flachrücken-Spinnenschildkröte im Terrarium herum. Drei Tage später konnte ein Weibchen in diesem Terrarium wiederum bei der Eiablage beobachtet werden. Inzwischen wurde auch der Schlupf von zwei weiteren Jungtieren im Zoo von Atlanta / USA publiziert (TSA, 2005).

Zwei Eier, die von unterschiedlichen Weibchen im November 2002 gelegt wurden, wurden vorerst einen Monat lang bei 21 o C, vier Wochen bei 15,5 o C und weitere vier Wochen wieder bei 21 o C inkubiert. Anschließend wurde die Temperatur kontinuierlich auf 26,6 o C angehoben und weitere drei Monate lang beibehalten, bis die Jungtiere dann im Mai 2003 schlüpften. Die Einhaltung der Temperatur-Diapause scheint unabdingbar für den Schlupferfolg bzw. die erfolgreiche Vermehrung dieser Schildkröte zu sein. Unter naturähnlichen Bedingungen ist somit eine Inkubationsdauer von rund sieben Monaten bis nahezu einem Jahr anzunehmen. Im Terrarium gefundenes Ei 2003 Im Terrarium geschlüpftes Jungtier 2003

Aufzucht Jungtier Am 18.09.2003 wurde der Schlüpfling mit einem Körpergewicht von 14,1 g im Terrarium aufgefunden. Der Nabelansatz war kaum noch ersichtlich, wie dies bei einer Naturbrut anzunehmen ist. Am nächsten Tag konnte die kleine Schildkröte das erste Mal bei der Aufnahme von Löwenzahn und Hibiskusblättern beobachtet werden. Die ersten Tage wurde der Schlüpfling in einem relativ kleinen, geschlossenem Terrarium mit Spotlampe (40 Watt) und Ultraschallbefeuchtung untergebracht. Nach zehn Tagen wurde der Schlüpfling in ein größeres Terrarium mit einem 70 Watt HQI-Strahler, einer Fl-Lampe (Silvania Reptison) sowie einem Ultraschallbefeuchter umquartiert. Die Bedingungen scheinen der Schildkröte zu behagen. Sie ist sehr aktiv und immer wieder an unterschiedlichen Orten anzutreffen. Es konnte beobachtet werden, wie die kleine Schildkröte am Morgen aus ihrem Versteck hervor kam, um sich zu Sonnen und Futter aufzunehmen. Schlüpfling 2003-3 Tage alt

In Terrarium sind am Tag Temperaturen von 25-45 o C vorhanden. Nachts fällt die Temperatur auf Zimmertemperatur ab, jedoch nicht unter 17 o C. Die Einrichtung des Terrariums besteht aus Hölzern und Wurzeln, welche als Unterschlupf dienen, sowie eine Grasnarbe als Versteck. Im Oktober 2003 konnte eine erste Kotprobe entnommen werden. Die Untersuchung bezüglich Einzeller und Würmer war negativ. Aufzuchtterrarium für die ersten Tage Futterplatz im größeren Terrarium

Eine zweite beim Baden abgegeben Kotprobe vom 14. Oktober 2003 ergab weiterhin keine Parasiten. Die Nachzucht ist sehr aktiv und frisst gut, auch angewelktes Grünfutter. Somit beinhaltet die Nahrung auch genügend Ballaststoffe für die Verdauung. Mit Vorliebe wird Spitzwegerich aus der Grasnarbe gefressen. Die Gewichtszunahme ist konstant und wird vorerst regelmäßig kontrolliert.

Schlussfolgerung Durch den erhöhten Feuchtigkeitsbedarf stellen die Schildkröten hohe Anforderungen an Hygiene und Pflege. Die Flachrücken-Spinnenschildkröte eignet sich für fortgeschrittene Schildkrötenhalter. Danksagung Ich danke Gaby Eberling (Deutschland) für erfolgte Anregungen und für die Durchsicht und Korrektur des Manuskriptes. Dr. Piero Godenzi aus Schaffhausen (Schweiz) bin ich für die fachtierärztliche Betreuung sehr dankbar.

Literatur ERNST, C.H. & BARBOUR, R.W. (1989): Turtles of the World. Washington, Smithsonian Institution Press, 313 S. HERSCHE, H. (1999/2000): Fachmagazin über Biologie, Haltung, Zucht und Artenschutz von Schildkröten. - Schildkröte, Heft 4, S. 52/53 IVERSON, J. B. (1992): A Revised Checklist with Distribution Maps of the Turtles of the World. - Richmond, Indiana, Privately Printed, 363 S. KUCHLING, G. (1989): Ökologie, Lebensweise und Überlebenschancen der Landschildkröten Madagaskars. - Salamandra, Bd. 25, S. 169-190 MÜLLER, M.J. (1996): Handbuch ausgewählter Klimastationen der Erde. - Trier, Forschungsstelle Bodenerosion der Universität Trier Mertesdorf (Ruwertal) 5, 400 S. TURTLE SURVIVAL ALLIANCE (TSA, 2005): Newsletter July 2005, Publication supported by Fort Worth Zoo VETTER, H. & DAUBNER, M. (2000): Das Schildkrötenlexikon auf CD. - Bergheim, L. Staackmann Verlag KG WERMUTH, Dr. H. & MERTENS, R. (1961): Schildkröten, Krokodile und Brückenechsen. Jena, VEB Gustav Fischer Verlag, 422 S.