16 Sehorgan (Organum visus)

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Transkript:

572 16 Sehorgan (Organum visus) Abb. 16-7. Rechtes Auge einer Katze. Abb. 16-8. Linkes Auge eines Hundes. Abb. 16-9. Rechtes Auge eines Rindes. Abb. 16-10. Linkes Auge eines Pferdes (Birkauge). Die Pars plana oder Orbiculus ciliaris bildet die hintere Fläche des Strahlenkörpers. Ihre Oberfläche ist bis auf feine radiäre Fältchen (Plicae ciliares), die posterior auslaufen, flach. Sie ist bedeckt mit einer dichten Matte aus Zonulafasern, die aus der Pars plicata auslaufen und hier verankert sind. Die hintere Begrenzung zur Pars optica retinae, die Ora serrata, ist deutlich, während der Übergang zur Pars plicata fließend ist (Abb. 16-12, 14 u. 15). Die Pars plicata oder Corona ciliaris bildet die vordere Hälfte des Strahlenkörpers (Abb. 16-12, 14 u. 15). Hier entlässt er radiäre, strahlenförmig verlaufende Fortsätze (Processus ciliares), die bis in die hintere Augenkammer reichen. Beim Hund wachsen 70 bis 80, beim Rind und Pferd über 100 dieser Ziliarfortsätze aus der Basis des Strahlen- bzw. Ziliarkörpers aus. Im hinteren postlentikulären Teil, der bis zum Linsenäquator reicht, ist der Aufhänge apparat der Linse (Fibrae zonulares, Zonulafasern) verankert (Abb. 16-11 u. 18). Im kurzen vorderen prälentikulären Teil, der die seitliche Begrenzung der hinteren Augenkammer bildet bzw. in diese hineinragt, inserieren keine Zonulafasern. Die Ziliarfortsätze besitzen hier eine große gehirnwindungsartig gefaltete Oberfläche (Abb. 16-19). Ihr Epithel bildet das Kammerwasser (Humor aquosus) und scheidet dieses über das Ziliarepithel in die hintere Augenkammer aus. Das Kammerwasser gelangt sekundär durch das Sehloch (Pupille) in die vordere Augenkammer und fließt über den Kammerwinkel im Plexus venosus sclerae ab (Abb. 16-11 u. 33). Der Ziliarkörper ist bei Fleischfressern rund, bei Wiederkäuern und Pferd fehlt nasal die symmetrische Ausbildung, er ist hier zurückgedrängt. Dadurch verlagert sich die sehaktive Fläche der Netzhaut weiter nach vorne und vergrößert bei diesen Tieren die optische Rezeptorfläche. In das bindegewebige Stroma des Strahlenkörpers sind elastische Fasern, Pigmentzellen, Gefäße und der M. ciliaris eingelagert. Der M. ciliaris ist ein glatter Muskel und dient der Akkommodation der Linse. Dieser Muskel ist beim Pferd relativ schwach, bei den Fleischfressern hingegen verhältnismäßig stark entwickelt. Die Innervation des M. ciliaris erfolgt durch die Nn. ciliares breves sowohl parasympathisch (Ganglion ciliare = Kontraktion) als auch sympathisch (Erschlaffung). Regenbogenhaut () Die Regenbogenhaut bildet als Fortsetzung des Strahlenkörpers den vordersten Abschnitt der mittleren Augenhaut. Sie bedeckt teilweise

Augapfel (Bulbus oculi) 573 Cornea Camera anterior bulbi Angulus iridocornealis Plexus venosus sclerae Ligamentum pectinatum Corpus ciliare Pars caeca retinae Camera posterior bulbi Fibrae zonulares Lens Abb. 16-11. Schematische Darstellung des vorderen Abschnitts des Augapfels, Liebich, 2010. die Vorderfläche der Linse und begrenzt mit ihrem freien Rand () das Sehloch, die Pupille. Die trennt den vorderen Binnenraum des Auges in eine vordere Augenkammer (Camera anterior bulbi) und eine hintere Augenkammer (Camera posterior bulbi), die über das Sehloch in Verbindung stehen (Abb. 16-2 u. 11). Die Vorderfläche der (Facies anterior) weist eine un - regelmäßige Epithelschicht auf, die von abgeplatteten Bindegewebszellen, Pigmentzellen und Fasern des stroma geformt wird. Das stroma (Stroma iridis) besteht aus zarten kollagenen Faserbündeln mit Gefäßen, glatten Muskelzellen, Pigmentzellen und Nervenfasern. Die Kollagenfasern passen sich sämtlichen Größenveränderungen der während der Verengung (Miosis) oder der Erweiterung (Mydriasis) der Pupille an. Im Stroma der ist ein ausgeprägtes Gefäßnetz entwickelt (Circulus arteriosus iridis major und minor), das nutritive und mechanisch-stabilisierende Funktionen übernimmt. Die Kollagenfasern umgeben zur Steigerung der Stabilität korbartig die Gefäße und verhindern dadurch Störungen der Mikrozirkulation während der kontraktion bzw. der dilatation. Das stroma schließt zwei glatte Muskeln ein, den M. sphincter pupillae und den M. dilatator pupillae. Der M. sphincter pupillae liegt nahe dem freien Rand der Pupille mit zirkulärem Faserverlauf. Bei Tieren mit einem ovalen Sehloch (Katze, Schaf, Rind) werden diese Muskelzüge am Rande mit scheren gitterartig durchflochtenen Fasern verstärkt. Diese kreuzenden Muskelfasern bewirken die schlitzförmige, quer- oder vertikal ovale Verengung der Pupille (Miosis) (Abb. 16-7ff. u. 14ff.). Der M. sphinc - ter pupillae wird parasympathisch (cholinerg) innerviert. Der M. dilatator pupillae leitet sich aus radiär zur Pupille angeordneten Myoepithelien ab, die sich aus pigmentlosen, kontraktilen Fortsätzen der Zellen des äußeren Blattes der Pars iridica retinae (Pigmentepithel, s. u.) entwickelt haben. Der M. dilatator pupillae stellt in seiner Gesamtheit Muskelfaserbündel dar, die das gesamte hintere Stroma der ausfüllen können. Dieser Muskel wird sympathisch (adrenerg) innerviert, seine Kontraktion erweitert die Pupille (Mydriasis). Die schließt in den Pigmentzellen Melaninpigmente ein, die die Netzhaut vor extremer Lichtintensität und vor Streulicht schützen. Die Größe und Anzahl der Melanosomen bestimmt die Farbe der und damit die»farbe der Augen«. Die Farbe der ist durch mehrere Gene determiniert, von denen keine dominieren. Dadurch können sich Farbschattierungen in tierartlich unterschiedlicher Weise entwickeln. Durch Verdichtung der Kollagenfaseranteile bei einem Mangel an Pigmentzellen in der vor der dunkel pigmentierten inneren Augenhaut entsteht die Farbe blaugrau bis grau (Schwein, Ziege). Die dunkelbraune farbe (Pferd, Rind) ist auf ein dünnes bindegewebiges Stroma und eine große Menge an Pigmenten zurückzuführen. Die hellbraune bis gelbliche farbe von Hund, Schwein und kleinen Wiederkäuern beruht auf einer geringen Zahl an Melaningranula. Albinismus ist ein Pigmentmangelphänomen (Abb. 16-7ff.). Die Hinterfläche der (Facies posterior) wird vom pigmentierten Innenblatt der Pars caeca retinae (Pars iridica retinae) und dem Pigmentepithel überzogen (s. u.). Am dorsalen und ventralen Rand des Sehlochs () sind bei Wiederkäuern und beim Pferd Traubenkörner (Granula iridica) entwickelt, die Zubildungen des Pigmentepithels darstellen und stark vaskularisiert sind (Abb. 16-16 u. 17). Bei kleinen Wiederkäuern können Traubenkörner einzelne zystenartige Hohlräume einschließen, beim Pferd sind diese zahlreicher und kleiner. Traubenkörner sezernieren möglicherweise Kammerwasser. Innervation der und des Ziliarkörpers Die Muskeln und die Gefäße der und des Ziliarkörpers werden sympathisch und parasympathisch von den Nn. ciliares breves innerviert, die aus dem Ganglion ciliare hervorgehen. Die postganglionären, sympathischen Fasern versorgen den M. dilatator pupillae und beeinflussen die Blutgefäße der und der Ziliarfortsätze. Die parasympathischen Impulse stammen überwiegend aus Fasern des N. oculomotorius, durch deren Reflexbogen vorwiegend der M. sphincter pupillae und der Ziliarmuskel erregt werden. Dies führt

574 16 Sehorgan (Organum visus) Palpebra superior Corona ciliaris Linsenäquator Lens Granula iridica Palpebra tertium Abb. 16-12. Auge einer Katze mit Ziliarkörper und Linse (Äquatorialschnitt, Kaudalansicht). Abb. 16-13. Auge eines Pferdes mit, Pupille und Traubenkörnern (Granula iridica) (Frontalansicht), Aufnahme Prof. Dr. H. Gerhards, München. Corona ciliaris Lens ( durchscheinend) Pupilla Corona ciliaris Pupilla Orbiculus ciliaris Orbiculus ciliaris Ora serrata Ora serrata Pars optica retinae Abb. 16-14. Auge eines Rindes mit Ziliarkörper und Linse (Äquatorialschnitt, Kaudalansicht), Mydriasis. Abb. 16-15. Auge eines Rindes mit Ziliarkörper, Linse entfernt (Äquatorialschnitt, Kaudalansicht), Miose. Palpebra superior (pigmentosa) Granula iridica Granula iridica Palpebra inferior Abb. 16-16. Auge eines Pferdes mit, Pupille und Traubenkörnern, Birkauge (Frontalansicht), Aufnahme Prof. Dr. H. Gerhards, München. Abb. 16-17. Auge eines Pferdes mit, Pupille und Traubenkörnern (Frontalansicht), Aufnahme Prof. Dr. H. Gerhards, München.

Augapfel (Bulbus oculi) 575 Pars plana mit Plicae ciliares Processus ciliares Pars plicata mit Processus ciliares Camera posterior bulbi Abb. 16-18. Rasterelektronenmikroskopische Aufsicht auf die postlentikuläre Pars plicata des Corpus ciliare (Corona ciliaris) eines Rindes, Aufnahme PD Dr. S. Reese, München. Abb. 16-19. Rasterelektronenmikroskopische Aufsicht auf die prä - lentikulären Processus ciliares eines Rindes, Aufnahme PD Dr. S. Reese, München. zur Verengung der Pupille, zur Kontraktion des M. ciliaris und damit zur Akkommodation der Linse. Parasympathische oder cholinerge Mittel (z. B. Pilocarpin oder Carbachol) stimulieren die Verengung der Pupille und induzieren die Kontraktion des Ziliarmuskels. Die Blockade dieses nervalen Impulses kann durch die pflanzlichen Alkaloide Atropin und Hyoscyn erfolgen (passive Mydriasis und Paralyse der Akkommodation). Das adrenerge System wird durch Noradrenalin, dem sympathischen Neurotransmitter, und durch das zirkulierende Katecholamin Adrenalin erregt. Innere Augenhaut (Tunica interna bulbi, Retina, Netzhaut) Die Netzhaut gliedert sich in einen vorderen Abschnitt (Pars caeca retinae), der ohne lichtempfindliche Rezeptoren ausgebildet bleibt (caecus = blind), und in ein hinteres lichtsensibles Rezeptorfeld (Pars optica retinae) (Abb. 16-20ff.). Die Pars caeca retinae entwickelt sich als Teil der Netzhaut aus dem embryonalen Augenbecher und besteht aus einem einschich - tigen Innenblatt und aus einem einschichtigen Außenblatt (Pigment - epithel). (Näheres s. Lehrbücher der Embryologie.) In Bezug auf ihre Lage zum Ziliarkörper und zur unterteilt man die Pars caeca retinae (Abb. 16-3) in eine: Pars ciliaris retinae, Pars iridica retinae. Strukturelle und funktionelle Besonderheiten der lichtunempfindlichen Pars caeca retinae sind in den Abschnitten»Strahlenkörper«und»Regenbogenhaut«beschrieben (s. o.). Den Übergang der Pars caeca zur Pars optica retinae bildet die Ora serrata (Abb. 16-14 u. 15). Die Pars optica retinae gliedert sich in zwei Blätter, nämlich in ein: äußeres Stratum pigmentosum retinae (= Pigmentepithel), inneres Stratum nervosum retinae (= Rezeptorenschicht). Pigmentepithel (Stratum pigmentosum retinae) Das Pigmentepithel (Stratum pigmentosum retinae) entwickelt sich aus dem Außenblatt des embryonalen Augenbechers (s. o.) und liegt zwischen der Bruch-Membran der Aderhaut und den Außengliedern der Photorezeptoren (Stäbchen und Zapfen des Stratum nervosum retinae, s. u.). Das Pigmentepithel ist distal im Bereich des Orbiculus ciliaris (Ora serrata) und proximal an der Austrittstelle des N. opticus (Discus n. optici) mit dem Stratum nervosum retinae fest verbunden. Das Epithel ist einschichtig isoprismatisch und, wie der Name besagt, pigmentiert. Die Pigmentzellen umgeben kappenartig die Photorezeptoren, die Stäbchen und die Zapfen, diese verstärken das Auflösungsvermögen des Auges und reduzieren die Streustrahlung (Reflexion). Im Bereich des (s. o.) fehlt meist die Pigment - einlagerung in das Epithel (Abb. 16-24). Rezeptorenschicht (Stratum nervosum retinae) Das Stratum nervosum retinae entwickelt sich als nervöse, lichtempfindliche Schicht aus dem Innenblatt des embryonalen Augenbechers, diese Schicht bildet die Netzhaut im eigentlichen Sinn. Sie ist mehrfach geschichtet. Die Netzhaut ist ein Teil des Zwischenhirns und schließt demzufolge Gliazellen (Müller-Stütz- zellen) und Nervenzellen (Neurone) ein. Die Gliazellen (Müller-Stützzellen) dienen mit Ausnahme der Stäbchen- und Zapfenschicht der nutritiven Versorgung sämtlicher Schichten der nervösen Netzhaut (s. u.) und bilden über Zellaus -

576 16 Sehorgan (Organum visus) Choroidea Retina Austritt des N. opticus (Discus n. optici) Austritt des N. opticus (Discus n. optici) Abb. 16-20. Augenhintergrund eines Rindes, Retina zum größten Teil entfernt (Äquatorialschnitt, Frontalansicht). Abb. 16-21. Augenhintergrund eines Rindes (Äquatorialschnitt, Frontalansicht). Discus n. optici Austritt des N. opticus (Discus n. optici) Abb. 16-22. einer Katze (Äquatorialschnitt, Frontalansicht), König, 1992. Abb. 16-23. einer Katze (Äquatorialschnitt, Frontalansicht). läufer eine innere und eine äußere, gliöse Grenzmembran (Membrana limitans gliae interna bzw. externa), zwischen denen die Kerngebiete der retinalen Neuronenketten liegen. Die retinalen Nervenzellen bilden 3 hintereinandergeschaltete Neurone, die deutlich voneinander abgesetzt erscheinen und durch vernetzte Geflechte verbunden werden (Abb. 16-24). Man unterscheidet im Stratum nervosum retinae von außen nach innen folgende Neurone: 1. Neuron: Schicht der Stäbchen und Zapfen (Stratum neuroepitheliale), äußere Körnerschicht (Stratum nucleare externum), äußere plexiforme Schicht (Stratum plexiforme externum), 2. Neuron: innere Körnerschicht (= bipolare Nervenzellschicht, Stratum nucleare internum), innere plexiforme Schicht (Stratum plexiforme internum), 3. Neuron: Ganglienzellschicht (= multipolare Nervenzellschicht, Stratum ganglionare nervi optici) und Nervenfaserschicht (Stratum neurofibrarum). Die Stäbchen- und Zapfenschicht stellt die photosensible (= lichtempfindliche) Schicht der Netzhaut dar. Strukturell und funktionell sind die Stäbchen als hochsensible Hell-dunkel-Rezeptoren für das Dämmerungssehen verantwortlich, die Zapfen als Rezeptoren

Augapfel (Bulbus oculi) 577 3. Neuron 2. Neuron Stratum plexiforme internum Stratum nucleare internum Stratum neurofibrosum Stratum ganglionare 1. Neuron Stratum plexiforme externum Stratum nucleare externum Stratum neuroepitheliale pigmentierte Choroidea Abb. 16-24. Histologischer Schnitt durch die Pars optica retinae im Augenhintergrund eines Pferdes mit, Liebich, 2010. für das Farbsehen. Die Stäbchen enthalten in Membranscheiben (Disci) den Sehpurpur (Rhodopsin), an dessen Oberflächen die chemischen Reaktionen für den Sehvorgang ablaufen. Die Membranscheiben werden durch ständige Neubildung kontinuierlich in die Peripherie der Stäbchen geschoben und von Pigmentepithelzellen phagozytiert. Die Zapfen ähneln in Größe und Grundaufbau den Stäbchen, diese schließen lichtempfindliche Pigmente ein, vor allem Jodopsin. (Näheres s. Lehrbücher der Histologie.) Alle Haussäugetiere vermögen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Farbe Gelbgrün und Blau wahrzunehmen (»Dichromaten«). Erst Primaten entwickeln zusätzlich ein Rot-Opsin (»Trichromaten«). Die äußere Körnerschicht (Stratum nucleare externum) wird von den Zellkernen der bipolaren Nervenzellen gebildet. Die axonalen Zellausläufer dieser Photorezeptorzellen verflechten sich mit den Dendriten des 2. Neurons zur äußeren plexiformen Schicht (Stratum plexiforme externum), deren Kerngebiete die innere Körnerschicht (Stratum nucleare internum) zusammen mit angrenzenden assoziierenden Horizontalzellen aufbauen. Horizontalzellen verknüpfen interneurale Funktionen zwischen Photorezeptorzellen und bipolaren Körnerzellen des 2. Neurons. Die Axone der bipolaren Nervenzellen gehen mit den Dendriten des 3. Neurons, der Ganglienzellschicht, das Geflecht der inneren plexiformen Schicht (Stratum plexiforme internum) ein, an deren äußerer Grenze zusätzlich amakrine Assoziationszellen eingelagert sind. Amakrine Zellen stehen mit Axonen der bipolaren Nervenzellen wie auch mit Dendriten der Ganglienzellen in synaptischer Verbindung. Amakrine Zellen sind Interneurone. Die Ganglienzellschicht (Stratum ganglionare) besteht aus multipolaren und kleineren vegetativen Nervenzellen, deren Axone sich zur Nervenfaserschicht (Stratum neurofibrarum) vereinigen. Diese Fasern ziehen, der Retina innen anliegend, zum blinden Fleck (Discus n. optici, Papilla optica, Macula caeca) (Abb. 16-20ff.). Im blinden Fleck treten die Nervenfaserbündel als Sehnerv (N. opticus) aus dem Augenhintergrund durch die äußere Augenhaut aus, einer präformierten Stelle, die sieb artig perforiert (Lamina cribrosa) ist (Abb. 16-25). Der blinde Fleck ist eine rundliche, ovale Scheibe, die meist nahe des liegt. Bei der Katze erscheint dieser im ventralen, nasalen, bei den anderen Haussäuge tieren im ventralen, temporalen Quadranten, allein beim Hund im senkrechten Hauptmeridian. Area centralis retinae Beim Menschen ist die Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis) ein gelblich gefärbter, umschriebener Bereich der Netzhaut, die Macula lutea. Bei den Haussäugetieren fehlt diese Pigmentierung, sodass man allein von einer Area centralis retinae spricht. In dieser Fläche überwiegen Zapfen, stark vermehrt sind Ganglienzellen des 1. und des 3. Neurons. Die Area centralis retinae dient dem binokularen Sehen. Area centralis striaeformis Bei Pferd, Wiederkäuern und Schwein sind oberhalb des blinden Flecks (Discus n. optici) helle Streifen erkennbar, die als Area centralis striaeformis bezeichnet werden. Diese schließen Zapfen und Nervenzellen des 1. und des 2. Neurons in großer Zahl ein. Die Area centralis striaeformis dient dem monokularen Sehen und dem Erkennen von Bewegungsabläufen. Ernährung der Retina Die photosensiblen Rezeptoren der Netzhaut, die Stäbchen und Zapfen, werden von außen durch Diffusion aus dem Kapillarnetz der Choroidea versorgt. Die Bruch-Membran sowie die Pigment - epithelschicht können als Transport- und Diffusionsstrecke betrachtet werden. Die Membrana limitans gliae externa stellt eine Diffusionsbarriere zu den inneren Retinaschichten dar. Bei einer Trennung der inneren nervalen Netzhautschicht von der Pigmentepithelschicht ist die nutritive Versorgung der Stäbchen und Zapfen unterbrochen, die Rezeptorschicht löst sich ab (Netzhautablösung) und degeneriert in der umschriebenen Fläche.