Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 1 Lüftungsintegration im Altbau Rainer Pfluger Passivhaus Institut Darmstadt, Deutschland
2 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08
Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 3 1. Komfortlüftung auch und gerade in modernisierten Altbau Kontrollierte Wohnungslüftung ist unverzichtbarer Bestandteil der Bestandsmodernisierung. Zweimal täglich Stoßlüften reicht nicht. Diese nachdrückliche Forderung ist von hoher Bedeutung für die Vermeidung von Schimmelpilzwachstum und Bauschäden. Dieser Grundsatz gilt im Neubau, im verstärkten Maße aber insbesondere im Altbau, weil hier Wärmebrücken zwar minimiert, kaum aber ganz vermieden werden können. Nicht zuletzt tragen Lüftungsanlagen wesentlich sicherer und wirksamer zur Schadstoffminimierung in Innenräumen bei, als dies mit üblicher Fensterlüftung erreicht werden kann. Die positive Wirkung der kontrollierten Lüftung mit Zu- und Abluftführung lässt sich besonders deutlich am Beispiel der Radonkonzention in Innenräumen zeigen. Die Sicherstellung einer guten Raumluftqualität gehört genauso zur Daseinsvorsorge wie die Projektierung der statischen Sicherheit eines Gebäudes. Diese Erkenntnis wird sich ohne Zweifel mit zunehmendem Informationsstand und den Erfahrungen bei der Modernisierung mit der Zeit auch durchsetzen. Die Ergebnisse lassen nur einen Schluss zu: Neubau und Bestandsanierung sollten niemals ohne Wohnungslüftungssysteme ausgeführt werden die Gesundheit der Bewohner, deren Lebensqualität und der Schutz der Bausubstanz gebieten es. 2. Ausgeführte Projektbeispiele: zentral versus dezentral Die folgenden beiden Beispiele wurden von Dr. Burkhard Schulze-Darup, (Architekt) im Rahmen des 30. Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser vorgestellt. Neben seinen Ausführungen zu Planung und Bauleitung stellte er Messergebnisse aus Bestandsgebäuden vor, welche vor und nach der Modernisierung mit Lüftungsanlagen aufgenommen wurden. Zwar können auch Lüftungsanlagen Schadstoffquellen nicht beseitigen, die Wahrscheinlichkeit gesundheitsgefährdender Konzentrationen sinkt aber deutlich, wie Schulze-Darup anhand von Vergleichsmessungen zeigen konnte. Am Beispiel von zwei ausgeführten Modernisierungsprojekten der Nürnberger WBG stellte er die Integration von Lüftungsanlagen aus Sicht des Planers und der Bauleitung dar. Bei dem einen Gebäude am Jean-Paul-Platz 4 in Nürnberg handelt es sich um einen Zweispänner (3-geschossig, Bj. 1930) mit 6 Wohnungen á 149 m² Wohnfläche, welches im Jahr 2002 mit Passivhaus-Komponenten saniert wurde. Der Heizwärmebedarf (nach PHPP) betrug vorher 204 kwh/(m²a), nach der Sanierung 27 kwh/(m²a). Die gemessenen Werte liegen in der Heizsaison 2002/2003 bei 27 und der Saison 2003/2004 bei 24 kwh/(m²a). Dort wurde ein dezentrale Lüftungslösung als Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut.
4 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08 Grafik 1: Anlagenkonzept Jean-Paul-Platz 4 (Nürnberg), Zu- und Abluftkanäle im Flur Abbildung 1: Zentralgerät und Leitungsführung unter der Decke im Flur Das Projekt Ingolstädter Straße 139/141 in Nürnberg (zwei gereihte Gebäude als Zweispänner, 3-geschossig, Bj. 1952) mit 12 Wohnungen á 75 m² Wohnfläche wurde im Jahr 2004 saniert. Der Heizwärmebedarf (nach PHPP) betrug vorher 170 kwh/(m²a), nach der Sanierung 24 kwh/(m²a). Bei dem Sanierungsvorhaben wurde eine zentrale Lüftungsanlage pro Gebäude für jeweils 6 Wohnungen als Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung erstellt.
Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 5 Grafik 2: Lüftungsschema der zentralen Anlage im Schnitt Grafik 3: Schnitt im Bereich der Lüftungszentrale mit den vertikalen Leitungen
6 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08 Abbildung 2: Vertikale Leitungen während der Montage (2. OG) Abbildung 3: Lüftungszentrale mit 6 m² Nutzfläche Abbildung 4: Lüftungskanäle vor und nach der Verkleidung
Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 7 Die beiden Projekten unterscheiden sich sowohl in der Aufstellung des Wärmerückgewinnungsgerätes als auch in der Leitungsführung. In der zentralen Variante wurden die Brandschutzanforderungen durch Brandschutzklappen erfüllt, welche vollständig vom Dachgeschoss aus zu warten sind. Darüber hinaus wurden kostengünstige die Ausführung der Regelung und des Schallschutzes erarbeitet, die bisherigen Nutzererfahrungen mit den Anlagen zeigen die durchwegs hohe Akzeptanz und Zufriedenheit. Von positiven Erfahrungen in großem Umfang liegen auch bei der Städtische Wohnungsbau GmbH Göttingen vor (über 350 Anlagen). Bei dieser Wohnungsbaugesellschaft ist die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung inzwischen zum Standard geworden. Neustadt 11 Baujahr 1977 Sanierungsbeginn 2002 Pertosilienstraße 2 + 2 a Baujahr 1977 Sanierungsbeginn 2002 Abbildung 5: Modernisierte Gebäude der Städtischen Wohnungsbau GmbH Göttingen mit Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung Da die Gebäude fast ausschließlich im bewohnten Zustand modernisiert werden ist für den Haustechnikplaner (Planungsbüro Schleevoigt, Göttingen) eine minutiöse Planung und Koordination der Handwerkertermine, individuelles Eingehen auf die Wünsche der Mieter und ein reibungsloser Bauablauf besonders wichtig. Die gesamte Haustechnikmodernisierung - vom Leitungsverlegen bis zu den Malerarbeiten können dann innerhalb einer Woche abgeschlossen sein. Anfängliche Skepsis schlägt dann rasch in Begeisterung für den neuen Komfort um.
8 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08 3. Kompakt aber dennoch effizient Integration der Wärmerückgewinnung im Bestand Deckenabhängungen ermöglichen auch bei geringen Raumhöhen die Montage der Zuluftleitungen an der Flurdecke, aber auch die Verlegung im Fußbodenaufbau ist realisierbar. Abbildung 6: Maßstäbliche Darstellung der Deckenhöhe (lichte Höhe im Bestandsgebäude 2,5 m, Größe der Person 1,93 m; links: Rundschalldämpfer, Mitte: Rechteckschalldämpfer, rechts: Flachschalldämpfer; Die weißen Flächen geben nicht die lichten Kanalquerschnitte an, sondern beinhalten auch die Schalldämpferpackungen Bauliche Gegebenheiten, wie z.b. stillgelegte Kaminzüge oder vorhandene Schächte können evtl. für den vertikalen Leitungsverzug bei zentralen Anlagen genutzt werden. Anhand realisierter und geplanter Beispiele aus der Bestandsmodernisierung (vom schlichten Wohnblock aus den 50iger-Jahren bis hin zum denkmalgeschützten Fachwerkhaus, das zum Passivhaus modernisiert wurde) konnte gezeigt werden, dass die Integration von Wärmerückgewinnungsanlagen in fast allen Gebäudetypologien auch nachträglich möglich ist. Bei der wohnungsweisen Integration von Wärmerückgewinnungsgeräten bietet sich die Wand- bzw. Deckenintegration als Platzsparende Montage an. Hierfür wurden in den letzten Jahren von unterschiedlichen Herstellern spezielle Geräte auf den Markt gebracht. Abbildung 7: Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung direkt unter der abgehängten Decke montiert (Quelle: [Haase 2003])
Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 9 Abbildung 8: Integration eines Wärmerückgewinnungsgerätes in der Deckenabhängung (Quelle: [Paul 2004]) Abbildung 9: Revisionsöffnungen in der abgehängten Decke im Flur (links), Revisionsöffnung für Filterwechsel aufgeklappt (rechts), [CEPHEUS 2001] Grafik 4: Möglichkeiten der Wandintegration: aufputz (links), unterputz (mitte), wandintegriert (rechts)
10 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08 Abbildung 10: Dezentrales Wandgerät für Aufputzmontage (links) bzw. Inputzmontage (rechts) (Quelle: FPL Wärmerückgewinnung - Lüftung GmbH, Blankenburg,Paul Wärmerückgewinnung, Mühlsen) Investitionskostenvergleich zentraler und wohnungsweiser Wärmerückgewinnung Hoher Komfort und Effizienz, hervorragende Raumluft, aber wie steht es um die Ökonomie der Wärmerückgewinnung im Bestandsgebäude? Hierzu wurde anhand von abgerechneten Kosten für Lüftungsanlagen bei unterschiedlichen Wohnungsgrößen ein Vergleich zwischen zentralen und wohnungsweisen Wärmerückgewinnungsanlagen aufgestellt. Grafik 5: Abhängigkeit der Baukosten (netto) von der Wohnfläche der versorgten Wohneinheit ermittelt anhand von Beispielgrundrissen; Anlagentyp zentral (4 WE, je eine WE pro Etage) bzw. dezentral (d.h. wohnungsweise; je ein Gerät pro WE) Liegt der Schwerpunkt der Investitionskosten bei der zentralen Anlage im Bereich des Kanalsystems, so halten sich bei den wohnungsweisen Anlagen die Kosten für Zentralgerät und Kanalsystem in etwa die Waage. Die Systementscheidung sollte jedoch nicht ausschließlich auf ökonomischer Basis gefällt werden. Vor- und Nachteile hinsichtlich Planung, Schallschutz, Brandschutz, Wartungskosten, Eigentumsverhältnisse und Nutzerakzeptanz sollten sorgfältig abgewogen werden. Technisch möglich sind beide Varianten, allerdings stellen zentrale Anlagenkonzepte höhere Anforderungen an den Fachplaner und müssen die jeweiligen brandschutztechnischen Anforderungen erfüllen.
Forum Holz Bau Energie Köln 08 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger 11 WE klein 25-65 m² WE mittel 65-105 m² WE groß >105 m² Wohnungsweise Variante (Ein WRG-Gerät pro WE) Zentrale Variante (Ein WRG-Gerät pro 4 WE) Zentrale Variante (Ein WRG-Gerät pro 8 WE) Grafik 6: Varianten Bei Wohnungsgrößen um 80 m² liegen die spezifischen Investitionskosten bei ca. 50 Euro/m². Können für die Geräte aber durch große Stückzahlen Rabatte bis zu 50 % erreicht werden, so ist die Gesamtwirtschaftlichkeit der Maßnahme bereits auf Basis heutiger Wärmepreise schon allein durch die Energieeinsparung möglich. Schallschutz und Brandschutz müssen bei der Bestandssanierung ebenso beachtet werden wie beim Neubau. Mit angepasster Planung an die vorgegebene Situation im Bestandsgebäude können Kosten bei Brand- und Schallschutz sowie Wartung eingespart werden.
12 Lüftungsintegration im Altbau R. Pfluger Forum Holz Bau Energie Köln 08 Danksagung Dieser Beitrag wurde aus Beiträgen des Protokollbandes der 30. Arbeitskreissitzung kostengünstige Passivhäuser Lüftung bei Bestandssanierung: Lösungsvarianten zusammengestellt. Der Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser wurde gefördert durch Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, E.ON Energie AG (München) und LUWOGE, das Wohnungsunternehmen der BASF (Ludwigshafen). Literatur 1. [CEPHEUS 2001] Schnieders, J.; Feist, W.; Pfluger, R.; Kah, O.: CEPHEUS- Wissenschaftliche Begleitung und Auswertung, Endbericht, CEPHEUS-Projektinformation Nr. 22, Fachinformation PHI-2001/9. 2. [Haase 2003] Haase, W.: Die zukunftsfähige Bestandssanierung, ökologische Modernisierung des Baubestandes der SWG Ochsenfurt, Tagungsband der 7. PH-Tagung, S. 487-492, Hamburg, 21.- 22-02.2003. 3. [Paul 2004] Paul, E.: Hocheffiziente Wärmerückgewinnung in dezentralen Lüftungsgeräten, Neue Anwendungen zur Querlüftung und als Insel-Lösung, Tagungsband der 8. Europäischen Passivhaustagung, S. 69-77, Krems, 2004.