Polizeidekan Msgr. Ferdi Vater, Hamburg Predigt vom 14. Dezember 2003 Wir kennen die Töne, die Sirene, das Blaulicht. Einsatz! Da ist was passiert sagen die Leute. Was passiert die wenigsten wissen es im Augenblick, vielleicht steht es morgen in der Zeitung. Und was liest man da: Einbruch, Schlägerei, Razzia, Drogen, Überfall, Selbstmord, Leichenfund, Unfall, Verletzte, Tote, Menschenhandel. Der Polizeibericht gibt Auskunft. Ah, - so war das dann wieder Tagesordnung bei den Menschen Vergessen. Polizei trägt Uniform sie haben Teil am Machtmonopol des Staates. Dafür sind sie ausgebildet. Das Recht haben sie gelernt, richtiges Verhalten in verschiedenen Situationen ob im Wach- und Wechseldienst, Bei de Kripo, in Spezialeinheiten freundlich solle sie sein im Umgang mit Menschen. Das tun sie auch. Aber ganz ehrlich, manchmal könnte ja auch der Kragen platzen, wenn sich die Bürger stur stellen, wenn gerade Festgenommene nach 3 Stunden wieder auf der Piste sind, wenn nach schweren Straftaten Urteile folgen, über die sich viele wundern. Da hören wir unsere Kolleginnen und Kollegen resigniert frage: warum tun wir das alles? Danach folgt aber wieder die Rückbesinnung. Es ist legitim und notwendig, dass der Staat dafür sorge muss, das Leben seiner Bürger in Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Polizei ist ein wesentliches Merkmal, diese Aufgabe zu erfüllen. Das, was diese Menschen in Uniform tun, ist ein Dienst am Menschen. Die Formulierung verwundert. Menschen in totalem eigenen Freiheitsanspruch, in der Höchstform der Selbstverwirklichung, nennen sie verächtlich Bullen Da schwingen Ärger und Verachtung mit. Hinter die Kulissen hat von denen aber noch keine geschaut. Die Bedingungen des Dienstes werden nicht gesehen, oder wollen nicht gesehen werden. Lange Ausbildung in Studium und Praxis. Dienst im Großverband einer Bereitschaftspolizei, einer Einsatzhundert-schaft. Sie müssen raus, wenn so richtig was los ist. Dienst in Gruppen für das tägliche Geschäft, viele Überstunden, immer weniger Personal, die Bezahlung könnte menschenfreundlicher sein. Dazu noch die gefährlichen Einsätze in Krisengebieten, etwa in Bosnien oder Kosovo.
Wir Polizeiseelsorger erleben unsere Kolleginnen und Kollegen täglich, erleben Frust und Freude, Ärger und Begeisterung, Schweigen und Gespräche. Für uns stellt sich oft die Frage: woher nehmen sie ihre Kraft, Ihren Blick nach vorne, was steckt an Beweggründen in ihnen? Und dann kommen die Antworten: für Menschen da sein, Unheil vermeiden, Leben ermöglichen, verbrechen bekämpfen, trösten, helfen, einfach da sein. Das, was in unserer heutigen Gesellschaft an Destruktion rumort, ist schon fast ein Fass ohne Boden. Kann man das alles in Erwartung von Dank einpassen? Besser ist zu sagen: Freude am Erfolg, innere Bestätigung der eigenen Entscheidung. Natürlich: Dank gibt es auch, sehr anrührend im kleinen, zwischenmenschlichen Bereich. Dann unsere Frage: Leute, wo sind eure Tankstellen? Die Antwort: Familie, Freunde, Seminare oder ich brauche keinen, ich will alleine sein. Und dann mehr und mehr was Neues: die Neuentdeckung von religiösen Tiefen, das allerdings hinter vorgehaltener Hand, weil die Gefahr groß ist, als Weichei abqualifiziert zu werden. Polizeiwallfahrten, religiöse Gesprächskreise, Gottesdienste, Sakramentenspendung, alles das ist im Kommen. Leben und Tod als tägliches Erleben sind eben nicht so einfach wegzustecken. Darum sind wir heute auch hier, um mit und für unsere Polizistinnen und Polizisten zu beten und uns gemeinsam unter das Wort Gottes zu stellen. Ich gebe es ehrlich zu: ich bewundere das menschliche Engagement, ich habe Achtung vor dem Dienst am Menschen, ich wünsche allen in diesem Dienst Sinn und Erfolg. Da passen doch die Worte aus dem Philipper-Brief: Und der Friede Gotte, der alle Vernunft übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewähren. Fürbitten Wir wollen Fürbitte halten. Gott hat uns immer wieder aufgetragen, in seinem Auftrag in die Welt hinauszugehen und Zeugnis abzulegen. Unsere Stadt Hamburg ist Teil seiner Schöpfung. Hier leben und arbeiten wir; Menschen verschiedenster Herkunft mit ihren Glaubensüberzeugungen und Menschen, die von Gott nichts wissen oder nichts wissen wollen. Einwohner mit unterschiedlichen
politischen Ansichten. Wir alle bilden eine Lebensgemeinschaft in dieser Stadt. Damit dieses gemeinsame Leben gelingt, bitten wir Gott um seine Hilfe: Öffne den Menschen die Augen, damit sie die Schönheit unserer Stadt und der in ihr lebenden Menschen erkennen, aber inmitten der Herrlichkeit deiner Schöpfung das Leid und die Not vieler Mitmenschen nicht übersehen. Öffne den Menschen die Ohren, damit sie in der Hektik des Alltags und der lärmenden Geschäftigkeit der Großstadt auf deinen Anruf hören und die leisen Töne ihrer Mitmenschen wahrnehmen und beachten. Gott unser Vater: Gib den Menschen die Einsicht, damit sie erkennen, was zum Wohle ihrer Mitmenschen und ihrer Gemeinde getan werden muss. Lass sie erkennen, welche Verpflichtung sie haben, deinen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung zu erfüllen. Öffne das Herz der Menschen, damit trotz vieler negativer Erfahrungen in ihrem Alltag bei der Polizei und anderswo, die Liebe zu den Mitmenschen ihr Denken und Handeln immer mehr bestimmt.
Öffne den Menschen die Hände, damit ihrem Denken und Reden auch die dazugehörenden Taten folgen: Menschliches Miteinander im Arbeitsalltag, Achtung vor der Würde jedes Menschen, dem wir begegnen, Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Friedfertigkeit im Umgang miteinander. Herr, unser Gott, mit deiner Hilfe können wir dazu beitragen, dass unsere Welt, hier in Hamburg und überall zu einem lebens- und liebenswerten Zuhause für alle Menschen wird. Dazu stärke du unser Mühen mit deiner Gnade und deinem Segen. Amen. Meditation zur Kommunion Endlich Sonntag. Was für eine Woche. Stress, Stress, Stress. Jeder will was. Und jeder glaubt, dass sein Wunsch der wichtigste ist. Glaubt denn jeder, dass ich nur für ihn da bin? Das war mal wieder so eine richtige durchwachsene Schicht. Viele Menschen mit ihren großen und kleinen Problemen sind in die Wache gekommen und wollten Hilfe von mir. Aber ich kann auch nicht immer helfen. Na gut, ich versuche ja zu helfen, wo ich kann. Und wenn ich partout nicht der Richtige für einen Wunsch bin, kann ich natürlich auch mal einen Tip geben, ich kenn ja schließlich eine Menge Menschen. Ein bißchen selbständiger sollten manche allerdings schon sein. Ich kann»nur«die Menschen mit ihren Problemen ernst nehmen, Ihnen zuhören und, wenn es gut geht, Wege aus ihren Nöten und Sorgen aufzeigen. Das bedeutet häufig: Anzeigen
aufnehmen, Adressen vermitteln, an andere Einrichtungen verweisen oder ihnen einen Rat geben, was sie zukünftig anders machen können. Ich wär schon froh, wenn ich öfter erkennen könnte, dass die Menschen, denen ich helfe, daraus etwas lernen für die Zukunft. Dass sie ihr Leben selbst stärker in de Hand nehmen. Und dass sie nicht alles als selbstverständlich betrachten. Auf den Weg müssen sich die Betroffenen selbst machen. Wenn sie es tun, was leider selten passiert, erfahre ich es meist nicht. Dank erwarte ich ja gar nicht. Um so mehr freue ich mich natürlich, wenn jemand meine Arbeit nicht als selbstverständlich hinnimmt, sondern mir zeigt, dass er mir dankbar ist. Kann ich Dank für meine Arbeit überhaupt erwarten? Wie jeder Mensch freue ich mich natürlich über Anerkennung meiner Arbeit und mein Engagement. Andererseits habe ich mich ja zum Dienst für die Menschen in unserer Stadt verpflichtet, egal, ob die Betroffenen mich loben oder nicht. Ich glaube daran, dass meine Arbeit, dass mein Dienst etwas bewirken kann. Dass die Menschen, mit denen ich zu tun habe erkennen, dass es da etwas Gutes in der Welt gibt, für das es sich zu leben lohnt. Deswegen bin ich Diakon geworden. Ich will mich für das Gute einsetzen, weil ich einen Sinn darin sehe, die Schwächeren in unserer Gesellschaft vor dem Unrecht zu schützen und den Menschen beizustehen, wenn es dennoch zu Vergehen gekommen ist. Deswegen bin ich Polizistin geworden.