Industrie 4.0 in der praktischen Anwendung Erfahrungen und Erwartungen Prof. Dr. Henning Kagermann Industriekonferenz Brandenburg Zentrum für Luft- und Raumfahrt, 9. September 2013 0 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Vor welcher Aufgabe steht Deutschland? Perspektivenpapier (04/2013) der Forschungsunion Innovationskraft unseres Landes durch gemeinsam getragene Missionen ausbauen und zur Lösung globaler Gestaltungsaufgaben beitragen Fokus auf die Bedarfsfelder: Klima und Energie, Gesundheit und Ernährung, Nachhaltige Mobilität, Digitale Wirtschaft und Gesellschaft (vormals Kommunikation), Sicherheit Drei übergeordnete Entwicklungen spielen eine bedeutsame Rolle: Neue Formen der Koordination und Kooperation Stärkere Beteiligung der Gesellschaft Digitalisierung als treibende Kraft in allen Missionen 1 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Zwei konvergente Technologieentwicklungen als Innovationstreiber Internet der Dinge Internet der Daten und Dienste + IP-Fähigkeit Cyber-Physikalische Systeme (CPS) + Semantische Beschreibung + Vernetzung mit Internet + Vernetzung untereinander (M2M) + Drahtlose Kommunikation Eingebettete Systeme + Sensorik, Aktuatorik + Integration hochleistungsfähiger Kleinstcomputer Physikalische Objekte, Geräte, Big Data Cloud Computing Smart Devices 1 Benutzer, viele Computer Data Warehouses Internet PC 1 Benutzer, 1 Computer Zentralrechner viele Benutzer, 1 Computer 2 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Die Zukunftsprojekte im Bedarfsfeld Kommunikation der Forschungsunion Die Auswahl orientierte sich an folgenden Leitlinien: 1) Orientierung an den wesentlichen Technologietrends und den gesellschaftlichen Herausforderungen. 2) Fokus auf konsequente Umsetzung in Markterfolge und die in Deutschland wichtigen Branchen. Zukunftsprojekt Industrie 4.0 Der Produktionsstandort Deutschland soll durch das Zusammenwachsen der technischen Prozesse mit den Geschäfts-prozessen durch IKT in ein neues Zeitalter geführt werden. Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienstleistungen für die Wirtschaft Durch Nutzung sicherer Cloud-Infrastrukturen und die Bereitstellung neuer Dienste-Plattformen soll die Grundlage für die Internetökonomie in Deutschland gelegt werden. 3 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: Forschungsunion Wirtschaft Wissenschaft
Vision zu Industrie 4.0 Individualisierung (Losgröße 1) zu den ökonomischen Konditionen eines Massenherstellers wird Realität Produktion wird hoch-flexibel, hoch-produktiv (bis zu +50%), ressourcenschonend (bis zu -50%) und urban-verträglich Wertschöpfungsprozesse werden bedarfsorientiert in Echtzeit optimiert: Bildung virtueller Ad-hoc-Organisationen Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit Rücksichtnahme auf die individuelle Verfügbarkeit der Mitarbeiter Ältere Arbeitnehmer profitieren von intelligenten Assistenzsystemen Die bestehende Infrastruktur kann schrittweise nachgerüstet werden Wettbewerbsfähigkeit einer Hochlohn-Wirtschaft ist gesichert 4 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Von Industrie 1.0 zu Industrie 4.0 Robert Bosch Infineon Technologies ABB Phoenix Contact FESTO Wittenstein Siemens T-Systems Trumpf Hewlett-Packard IBM Deutschland SAP acatech BITKOM VDMA ZVEI 5 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Grundlegende Paradigmenwechsel (Ad-hoc-Vernetzung) kennzeichnen Industrie 4.0 Das intelligente Produkt unterstützt aktiv den Produktionsprozess Von passiven, vorgeplant betriebenen Produktionssystemen zu autonomen, sich selbst organisierenden Produktionseinheiten Von der starren Anwesenheit zum flexiblen Mitarbeitereinsatz Ad-hoc-Anpassung von Geschäftsprozessen durch Einklinken von Cloud Services Von etablierten Wertschöpfungsketten zu dynamischen Unternehmensverbünden Die Produktion folgt dem Takt des Menschen Von zentraler Steuerung zu dezentraler Selbstorganisation Auflösung der klassischen Branchengrenzen und Verbände 6 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Industrie 4.0 als Teil einer vernetzten, intelligenten Welt Die Smart Factory bringt das Internet der Dinge und Dienste in die Welt der Produktion. In der Smart Factory kommunizieren Menschen, Maschinen und Ressourcen wie in einem sozialen Netzwerk. Mit ihren Schnittstellen zu Smart Mobility und dem Smart Grid ist sie ein wichtiger Bestandteil zukünftiger intelligenter Infrastrukturen. 7 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Der Mensch steht im Mittelpunkt Erweiterte Entscheidungs- und Beteiligungsspielräume für die Beschäftigten sowie Möglichkeiten zur Belastungsregulation Physische Assistenz durch Fähigkeitsverstärker Lokationsbasierte Wartungs- und Planungsassistenz Kontextadaptive Assistenz bei der Diagnose von technischen Störungen Lernsystem: Mobil, personalisiert, situationsadaptiv Arbeitsplatznaher Kompetenzerwerb Multimodale Mensch- Maschine und Mensch- Mensch-Interaktion 8 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Industrie 4.0: Roboter werden aus ihren Käfigen befreit und kooperieren mit den Werkern heute morgen Die neue Generation von Leichtbaurobotern arbeitet als Assistenzsystem mit dem menschlichen Werker hautnah zusammen. Durch humanoides Ausweichverhalten besteht keine Verletzungsgefahr für die Mitarbeiter. 9 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: W. Wahlster, DFKI
Der Weg zu Industrie 4.0: Leitmarkt und Leitanbieterschaft Vorhandene Basistechnologie und Erfahrungen auf Besonderheiten der Produktionstechnik anpassen + Erforschen und Entwickeln von Lösungen für neue Standorte und neue Märkte Hierfür gilt es, die folgenden Merkmale von Industrie 4.0 umzusetzen: Horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke Digitale Durchgängigkeit des Engineering über die gesamte Wertschöpfungskette Vertikale Integration und vernetze Produktionssysteme Neue soziale Infrastrukturen der Arbeit Technologie Cyber-Physical Systems 10 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Deutschlands Ausgangssituation Marktführerschaft im Anlagen- und Maschinenbau Eine in ihrer Konzentration weltweit beachtete IT-Kompetenz Innovationsführerschaft in Embedded Systems und der Automatisierungstechnik Qualifizierte und hoch motivierte Beschäftigte Kurze Wege zu und teilweise intensive Kooperation zwischen Ausrüstern und Anwendern Leistungsfähige Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen Wie kein anderes Land ist Deutschland befähigt, die Potenziale einer neuen Form der Industrialisierung zu erschließen: Industrie 4.0. 11 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Internationaler Vergleich Neben Deutschland haben auch andere Länder das Internet der Dinge als strategische Herausforderung für die Produktion der Zukunft identifiziert Dieser Herausforderung wird auch förderpolitisch Rechnung getragen: In den USA wurden die Mittel für Produktionsforschung im Haushalt 2013 um 19% (2,2 Milliarden US-Dollar) gesteigert Bis 2015 stellt China 1,2 Billionen Euro für die Erreichung der globalen Technologieführerschaft u.a. im High-End Equipment Manufacturing zur Verfügung Die EU fördert aktuell mehrere Initiativen zur Implementierung des Internets der Dinge in der Produktion, dafür stehen derzeit mehr als 9 Milliarden Euro zur Verfügung 12 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Zukunftsprojekt Industrie 4.0 Zukunftsprojekt Industrie 4.0 Konkrete Umsetzung erfolgt über die Plattform Industrie 4.0 Wiss. Begleitung durch den Beirat Industrie 4.0 Ggf. Monitoring durch die nächste Forschungsunion Bundeskanzlerin Merkel und der russische Präsident Putin erhalten den Abschlussbericht auf der Hannover Messe 2013. 13 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Beispiel: Dynamisches Container-Netzwerk (DyCoNet) Anwendungsfälle: Ortsbezogene Inventur Verladekontrolle und Transportüberwachung Qualitätskontrolle empfindlicher Waren Entwicklung intelligenter Luftfrachtcontainer (SmartULD) Energieautarke Funktion durch Gewinnung von Energie aus der Umwelt (Vibration, Licht, Wärme) Umweltdaten werden durch Sensorik erfasst, Alarme ausgelöst und an Leitstand übertragen (Telematik) Gefördert vom BMWi 14 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: Fraunhofer IML
Enge Kopplung von realen und virtuellen Produktionswelten Cyber-Physical Systems (CPS) Hochauflösende und feingranulare Steuerungen Manual data input Smart Virtual World Cards Barcode Embedded Ease of data RFID wireless sensors capture Physical World Ambiente Intelligenz in der Fabrik 4.0 Präzisere Information für multiadaptive Prozesse Hochfrequente Datensammlung: Big Data (volume, velocity, variety) 15 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: W. Wahlster, DFKI
Digitale Daten sind ein wichtiger Rohstoff der Zukunft 16 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
und Basis für neue internetbasierte Dienstleistungen 17 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Example: Capture the world in real time 18 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: Nokia
Example: Compute the right map for each moment 19 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: Nokia
Example: Interactive experiences 20 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: Nokia
Neuartige Dienste für die Internetökonomie auf der Basis von Cloud-Netzen Zukunftsprojekt Internetbasierte Dienstleistungen für die Wirtschaft Arbeitsgruppen: Integrierte Produktionsund Dienstleistungsinnovation Arbeitskreis Ende März 2013 konstituiert, Co-Vorsitz: Accenture Strategieworkshops mit 5 AGs im Juli und November 2013 Erarbeitung von Umsetzungsempfehlungen (Zwischenergebnisse CeBIT 2014) Internet- und Dienstleistungswirtschaft (AT) Technologische Enabler Anforderungen an die Unternehmensorganisation Rahmenbedingungen 21 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Die Bedeutung des Internet-basierten Dienstleistungssektors Paradigmenwechsel: Von Besitzer zu Benutzer erfordert neue Konzepte: Logistics as a Service, Intelligente Objekte bieten ihre Fähigkeiten als Dienste an Bündelung von physischen, virtuellen und intelligenten Dienstleistungen zu umfassenden Lösungen Semantisches Web: Online-Dienste werden handelbar, kombinierbar und erweiterbar Individualisierte Dienste auf der Basis von Cloud-Netzen 22 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Wo sind industrielle und industriepolitische Entscheidungen nötig? Neben Forschung und Entwicklung besteht Handlungsbedarf in 8 wichtigen Handlungsfeldern: Standardisierung und Referenzarchitektur Beherrschung komplexer Systeme Arbeitsorganisation und -gestaltung Aus- und Weiterbildung Sicherheit und Schutz der Privatsphäre Schutz kritischer Infrastrukturen (Resilienz) Flächendeckende Breitbandinfrastruktur für die Industrie Rechtliche Rahmenbedingungen (Rechtssicherheit) 23 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Take-homes Digitalisierung ist der wichtigste Innovationstreiber unserer Zeit und damit treibende Kraft in allen Missionen der deutschen Hightech-Strategie. Das Internet der Dinge, Daten und Dienste wird die prägende Infrastruktur der nächsten industriellen Revolution. Industrialisierte Volkswirtschaften haben einen Startvorteil, da intelligente Produkte zu Plattformen für innovative Dienstleistungen und Geschäftsmodelle werden. 24 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 25 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013
abnehmender Strukturierungsgrad strukturiert unstrukturiert Von DB zu BD: Neuartige Dienste für die Internetökonomie auf der Basis von Cloud-Netzen Entscheidungsunterstützung, Vorhersage, Wissensentdeckung, Informationshandel, Fusion, Optimierung, Modellierung Maschinelles Lernen Multimodale Interaktion Sprachtechnologische Informationsextraktion BIG DATA Neues Datenmaterial, geringe Informationsdichte Bisher kaum im Fokus der IT Datenbanken, Datenwarenhäuser Klassisches Datenmaterial, hohe Informationsdichte Bisher im Fokus der IT 10 18 =EXA - ZETA=10 21 10 12 =GIGA - PETA=10 15 26 Industriekonferenz Brandenburg, 9. September 2013 Quelle: DFKI