Statt verstopfter Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Übergänge in Professuren an Fachhochschulen erleichtern

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Transkript:

Prof. Dr. Bernd Reissert Vorsitzender der Hochschulallianz UAS7* Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin Statt verstopfter Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Übergänge in Professuren an Fachhochschulen erleichtern In der aktuellen Debatte um verstopfte Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Universitäten wird ständig (zu Recht) darauf hingewiesen, dass angesichts der Zahlenrelationen nur ein kleiner Teil der Postdoktoranden eine Chance auf Erlangung einer Professur an einer Universität hat. Deshalb wird nach alternativen Karrierewegen ebenso gerufen wie nach der Entfristung eines größeren Teils des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Universitäten. 1 In der Debatte wird meist übersehen, dass die Professuren an den Universitäten nur 53% aller Professuren in Deutschland ausmachen. 41% der Professuren sind Professuren an Fachhochschulen 2, die ebenso wie die Professuren an den Universitäten eine Promotion und Forschungserfahrung voraussetzen. Allerdings stehen Professuren an Fachhochschulen dem wissenschaftlichen Nachwuchs in der Regel nicht unmittelbar offen, da sie zusätzlich zur akademischen Qualifikation auch eine mindestens dreijährige qualifizierte Berufstätigkeit außerhalb der Hochschule erfordern. Das bedeutet aber auch: Fachhochschulen bieten in vielen Disziplinen durchaus Alternativen zu verstopften universitären Karrierepfaden für den wissenschaftlichen Nachwuchs, wenn er bereit ist, sich auf eine Phase qualifizierter Berufstätigkeit außerhalb der Universität als Voraussetzung für das Professorenamt an Fachhochschulen einzulassen. Diese Alternativen geraten jedoch in der öffentlichen Debatte kaum ins Blickfeld. Das ist besonders erstaunlich, da Fachhochschulen zur Besetzung ihrer Professuren in vielen Fachgebieten dringend nach qualifiziertem Personal suchen; häufig müssen Professuren an Fachhochschulen mehrfach ausgeschrieben werden, bis sie adäquat besetzt werden * Der Allianz UAS7 gehören an: die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, die Hochschule Bremen, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, die Technische Hochschule Köln, die Hochschule München, die Fachhochschule Münster und die Hochschule Osnabrück. 1 Vgl. u.a. HRK, Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Empfehlung der 16. Mitgliederversammlung am 13.05.2014 (http://www.hrk.de/positionen/gesamtlistebeschluesse/position/convention/orientierungsrahmen-zur-foerderung-deswissenschaftlichen-nachwuchses-nach-der-promotion-und-akademi/); Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu Karrierewegen und -zielen an Universitäten. Köln 2014 (WR-Drs. 4009-14, http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4009-14.pdf) 2 Stand 2013. Die übrigen Professuren befinden sich vor allem an Kunsthochschulen (5%) und Pädagogischen Hochschulen (1%). Quelle: Statistisches Bundesamt, Personal an Hochschulen, Fachserie 11, Reihe 4.4, S. 40 (https://www.destatis.de/de/publikationen/thematisch/bildungforschungkultur/hochschulen/ PersonalHochschulen2110440137004.pdf? blob=publicationfile)

können. Wir haben es hier mit einem klassischen Mismatch-Problem zu tun, das behoben werden könnte, wenn ein Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses sich (in nicht zu großem zeitlichem Abstand zur Promotion) auf eine Phase qualifizierter Berufstätigkeit außerhalb der Universität einließe. Die Möglichkeit, nach einer Phase in der hochschulexternen Praxis auf einer Professur an einer Fachhochschule wieder in die Wissenschaft zurückzukehren, ist einem großen Teil des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht bewusst. Dies wird nicht nur aus der öffentlichen Debatte deutlich, sondern auch aus konkreten Erfahrungen: Seit nunmehr drei Jahren veranstaltet die Hochschulallianz UAS7 auf der jährlichen GAIN-Konferenz 3 für rückkehrinteressierte deutsche Wissenschaftler/innen in Nordamerika einen Workshop zum Karriereweg auf eine Professur an einer Fachhochschule. Diese Workshops sind immer sehr gut besucht. Die Reaktionen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen, dass die meisten von ihnen an diesen Karriereweg bisher nicht gedacht hatten. Gleichzeitig lassen die Teilnehmerreaktionen auch erkennen, dass für diesen Karriereweg Interesse geweckt und erreicht werden kann, dass eine Professur an einer Fachhochschule als attraktive Karriereperspektive wahrgenommen wird (was sie auch tatsächlich ist). Um das skizzierte Mismatch-Problem zu lösen oder zumindest zu lindern, erscheinen zwei Dinge notwendig: eine Informationskampagne, die den Weg auf eine Professur an einer Fachhochschule unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs wesentlich bekannter macht und ihn bei der weiteren Karriereplanung zu einer selbstverständlichen Alternative werden lässt; und ein Förderprogramm, das Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftlern den Weg in eine hochschulexterne Berufspraxis ebnet und es ihnen während der Zeit dieser hochschulexternen Berufspraxis ermöglicht, den Kontakt zu Lehre und Forschung an einer Fachhochschule zu halten mit dem Ziel, sie längerfristig an die Hochschule zu binden und ihre Chancen für die spätere Berufung auf eine Professur an einer Fachhochschule zu verbessern. Informationskampagne Zur notwendigen Informationskampagne gehört zuallererst, dass in allen Papieren öffentlicher Institutionen zu Karrierewegen für den wissenschaftlichen Nachwuchs der Weg zu einer Professur an einer Fachhochschule als Alternative klar benannt wird. Bislang wird in Statements zur Vorbereitung eines Bund-Länder-Pakts für den wissenschaftlichen Nachwuchs meist nur zwischen dem Weg auf eine Professur womit fast durchweg nur die Professur an einer Universität gemeint ist und Karrierewegen neben der Professur unterschieden. Eine Unterscheidung zwischen Professuren an Universitäten und an Fachhochschulen ist hier wegen der unterschiedlichen Berufungsvoraussetzungen notwendig. Eine Verengung des Blicks nur 3 German Academic International Network; vgl. http://www.gain-network.org/

auf die Professur an einer Universität wird den auch quantitativ bedeutsamen Perspektiven, die Professuren an Fachhochschulen bieten, nicht gerecht. Zur notwendigen Informationskampagne gehört auch, dass die Organisationen der Forschungsförderung auf den möglichen Karriereweg an eine Fachhochschule hinweisen, wenn sie von den Empfängern der Forschungsförderung Personalentwicklungskonzepte für ihren wissenschaftlichen Nachwuchs fordern. Die Tatsache, dass Organisationen der Forschungsförderung inzwischen verbreitet die Existenz von Personalentwicklungskonzepten für den wissenschaftlichen Nachwuchs zur Förderungsvoraussetzung machen, ist zu begrüßen. 4 Die Forderung sollte auch beinhalten, dass derartige Konzepte wichtige Karrierewege wie eben den Weg auf eine Professur an einer Fachhochschule konkret berücksichtigen. Zur Verringerung des Informationsdefizits über den möglichen Karriereweg an eine Fachhochschule können und sollten auch Kooperationen zwischen Universitäten und Fachhochschulen beitragen, z.b. im Rahmen von Promotionskollegs. In den (allerdings noch recht wenigen) Fällen, in denen Promotionskollegs von Universitäten und Fachhochschulen gemeinsam getragen werden, ergibt sich für die Doktorandinnen und Doktoranden der Blick auf den möglichen Karriereweg an eine Fachhochschule quasi von selbst. In allen anderen Fällen sollten Promotionskollegs die ja auch Verantwortung für die Personalentwicklung ihrer Promovenden tragen sich für Informationen aus Fachhochschulen zum möglichen Karriereweg an eine Fachhochschule öffnen. Dies könnte durch die Mittelgeber für Promotionskollegs gefördert werden. Mehr gemeinsame Promotionskollegs oder ähnliche Kooperationsplattformen von Universitäten und Fachhochschulen würden den Blick auf den Weg an eine Fachhochschule auf jeden Fall weiten. Förderprogramm: Teilzeit-Gastdozenturen zur Qualifizierung für Professuren an Fachhochschulen Auf die Berufungsvoraussetzung der mindestens dreijährigen qualifizierten hochschulexternen Berufspraxis können die Fachhochschulen nicht verzichten, da sie der wichtigste Garant für ihren Anwendungsbezug ist. Angesichts ihrer Doppelqualifikation aus wissenschaftlicher Kompetenz und erfolgreicher Tätigkeit in der beruflichen Praxis außerhalb des Hochschulsystems kennen Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen beide Welten und verfügen damit über sehr gute Voraussetzungen für die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in der beruflichen Praxis. Für die Perspektive einer Berufung an eine Fachhochschule müssen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler deshalb bereit sein, sich auf eine Phase qualifizierter Berufstätigkeit außerhalb der Universität einzulassen. 4 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zu Karrierewegen, a.a.o., S. 76. Vgl. dazu auch K. Briedis et al., Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Bedarf, Angebote und Perspektiven eine empirische Bestandsaufnahme. Essen 2013 (Stifterverband/HIS; www.stifterverband.org/download/file/fid/165)

Diese Bereitschaft wird in der Regel umso größer sein, je weniger der Weg in die hochschulexterne Praxis einen definitiven Abschied aus der Wissenschaft darstellt und je eher der Gang in die Praxis die Perspektive bietet, nach der Phase in der außeruniversitären Praxis wieder in die Wissenschaft zurückzukehren auf eine Professur an einer Fachhochschule. Eine solche Perspektive ist umso klarer, je stärker während der Zeit der hochschulexternen Berufspraxis der Kontakt und die Bindung zu Hochschule und Wissenschaft erhalten bleiben und damit auch die Chancen für die spätere Berufung auf eine Professur an einer Fachhochschule steigen. Eine sehr einfache Form dieser Bindung ist ein Lehrauftrag an einer Fachhochschule mit dem doppelten Nutzen der zusätzlichen Lehrerfahrung für den Nachwuchswissenschaftler bzw. die Nachwuchswissenschaftlerin und des unmittelbaren Anwendungsbezugs aus der Praxis für die Lehre an der Hochschule. In vielen Fällen reicht ein Lehrauftrag aber als Instrument der Bindung und der Sicherung der Rückkehrperspektive an die Hochschule nicht aus. Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern, die den Schritt in die hochschulexterne Berufs-praxis tun, sollte deshalb eine engere Bindung an Hochschule und Wissenschaft geboten werden. Ein gutes Instrument dafür wären Teilzeit-Gastdozenturen. Sie würden es Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftlern erlauben, neben ihrer hauptberuflichen Beschäftigung in der hochschulexternen Praxis mit einem kleinen Teil ihrer Arbeitszeit (ca. 20 bis maximal 40%) in Lehre und Forschung an einer Fachhochschule tätig zu sein. Idealerweise steht dabei die Teilzeit-Tätigkeit in Lehre und Forschung an der Hochschule in engem inhaltlichem Zusammenhang mit der hauptberuflichen Tätigkeit in einem Unternehmen oder einer öffentlichen oder gemeinnützigen Organisation und ist deshalb auch im Interesse des hochschulexternen Arbeitgebers, der dadurch Zugang zu Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer aus der Hochschule gewinnt. In jedem Fall dient sie dazu, dass die Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler an die Hochschule gebunden werden und durch die kombinierte Tätigkeit in hochschulexterner Berufspraxis, Lehre und Forschung zusätzliche Qualifikationen erwerben, die ihre Chancen für die Berufung auf eine Professur an einer Fachhochschule verbessern. 5 5 Das Modell ähnelt dem bereits an der Fachhochschule Münster erprobten Modell der Nachwuchsprofessur, bei dem Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler teils mit, teils ohne sichere Anschlussperspektive auf einer konkreten Professur (Tenure Track) je zur Hälfte an der Hochschule und in der hochschulexternen Praxis beschäftigt sind (vgl. J. Goddar, Bei uns dürfen sie spielen, in: duz 01/2016, S. 20-23, bes. S. 22). Ähnliche Modelle werden auch unter dem Begriff Professional Tenure Track diskutiert. Im Unterschied zu Letzterem sieht das hier vorgeschlagene Modell keinen von vornherein sicheren Anschluss auf einer konkreten Professur (Tenure Track) vor, und zwar im Wesentlichen aus zwei Gründen: Zum einen sollte die Personalauswahl zur Besetzung einer Professur in der Regel zwischen Personen erfolgen, die zum Zeitpunkt der Auswahl bereits alle Berufungsvoraussetzungen erfüllen; Ausnahmen sollten nur bei sehr großen Stellenbesetzungsproblemen möglich sein. Zum anderen erübrigt die breite Anwendung des Modells mit einer großen Personenzahl, wie sie hier vorgeschlagen wird, in der Regel einen Tenure Track. Sie führt stattdessen im Erfolgsfall zu einer großen Zahl zusätzlicher berufungsfähiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, denen der kompetitive Zugang zur Gesamtheit der zu besetzenden Professuren offen stehen sollte.

Gastdozenturen, die dem beschriebenen Zweck dienen, können in der Regel nicht von den einzelnen Hochschulen allein finanziert werden. 6 Sie müssen durch ein Förderprogramm ermöglicht werden, das die Gehalts- und Regiekosten (ggf. abzüglich eingesparter Lehrauftragsentgelte der Hochschulen) übernimmt. Das Förderpro-gramm sollte keine isolierte Maßnahme sein, sondern Teil des geplanten bundes-weiten Pakts für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Nur dadurch könnte deutlich gemacht werden, dass der Weg auf eine Professur an einer Fachhochschule kein Nebenweg ist, sondern ein qualitativ und quantitativ bedeutsames Element einer Gesamtstrategie zur Problemlösung für den wissenschaftlichen Nachwuchs. 6 Dies liegt nicht nur an der schwachen Grundfinanzierung der meisten Hochschulen, sondern vor allem auch daran, dass das vorgeschlagene Modell in der Regel keinen Tenure Track auf eine konkrete Professur an einer konkreten Hochschule vorsieht (vgl. vorige Fußnote). Der langfristige Nutzen der Investition in die Gastdozentur kommt deshalb nicht mit Sicherheit derjenigen Hochschule zugute, die die Nachwuchswissenschaftlerin bzw. den Nachwuchswissenschaftler auf der Gastdozentur beschäftigt. Zur Herstellung der Kongruenz von Kosten und Nutzen ist eine kollektive Finanzierung erforderlich.