Schadensbegrenzung: Entscheidungen zur Prävention und Behandlung von akutem Schlaganfall CME

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Transkript:

Schadensbegrenzung: Entscheidungen zur Prävention und Behandlung von akutem Schlaganfall CME http://www.medscape.org/viewarticle/826786 TEIL I. EINFÜHRUNG VON PROF. ALBERS/PRÄSENTATION VON PROF. ROST Gregory W. Albers, MD: Guten Abend und herzlich willkommen. Ich bin Greg Albers vom Stanford Stroke Center an der Stanford University in Stanford, Kalifornien. Schön, Sie hier begrüßen zu können. Es freut mich festzustellen, dass es so viele Menschen gibt, die nach einem anstrengenden Tag auf der European Stroke Conference noch etwas Platz in ihrem Kopf für weitere Informationen haben. Wir haben ein interessantes Programm mit großartigen Rednern für diesen Abend geplant. Wie Sie sehen, trägt es den Titel Schadensbegrenzung: Entscheidungen zur Prävention und Behandlung von akutem Schlaganfall. Natalia S. Rost, MD, MPH: Es ist mir eine große Freude, diesen Abend im Namen meiner Kollegen der TIMI-Gruppe (Thrombolysis in Myocardial Infarction Group) einzuleiten. Mein Dank gilt den Organisatoren dieser Konferenz für ihre Einladung, die mir damit die Gelegenheit geben, Ihnen hier die Ergebnisse der jüngsten NOAK-Studien und Überlegungen zur Prävention und Behandlung von akutem Schlaganfall vorzustellen. Ich hatte das Glück, mit der TIMI- Gruppe am Brigham and Women s Hospital und an der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, zu arbeiten, und war außerdem eine Begutachterin im Gremium zur Bewertung von klinischen Ereignissen (Clinical Events Committee) für die Studie ENGAGE AF-TIMI 48 und für viele andere Studien, die wir mit der TIMI-Gruppe durchgeführt haben.

Es freut mich, dass ich heute Abend nicht viel Zeit damit verbringen muss, Ihnen das Konzept des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern vorzustellen. Wie Sie wissen, ist VHF eine der jüngsten Epidemien, die die alternde Bevölkerung in der ganzen Welt betrifft. Bis zu 2 % aller Amerikaner und Europäer leben derzeit mit der Diagnose Vorhofflimmern, was wirklich ein Ausdruck einer weltweiten Prävalenz von bis zu 4 % ist. Gegenwärtig wurde bei bis zu 6 Millionen Europäern und 2,3 Millionen Amerikanern VHF diagnostiziert. In den nächsten 50 Jahren erwarten wir jedoch eine Verdoppelung dieser Zahl, und bis zu 16 Millionen Amerikaner und 12 Millionen Europäer werden betroffen sein. Dieser Anstieg ist auf eine bessere Überlebensrate nach Myokardinfarkt zurückzuführen sowie auf höhere Lebenserwartung, dem so genannten Ergrauen der Bevölkerung. Wie alle von Ihnen wissen, die mit Schlaganfällen zu tun haben, ist bei Patienten mit Kardioembolie aufgrund von VHF das Schlaganfallrisiko sehr hoch im Vergleich zu allen anderen Schlaganfallarten manchmal bis zu 5-mal höher und die Prognosen für diese Art des Schlaganfalls sind schlechter. Mit dem Wissen, dass VHF tatsächlich die am ehesten vermeidbare Ursache von Schlaganfall ist, gibt es hier einen wirklichen Handlungsbedarf unsererseits, um diesen Patienten dabei zu helfen, ein Leben ohne Schlaganfall zu führen. [1] In diesem Beispiel von drei Patienten von links nach rechts sehen Sie die schweren kardioembolischen Schlaganfälle, die sich frühzeitig mit einer hämorrhagischen Transformation präsentieren. Sie kennen diese Blutgerinnsel von Computertomogrammen (CT- Scans) und von Angiogrammen. Sie lassen sich nur schwer mit intravenöser (i.v.) Thrombolyse behandeln und sind häufig auch selbst durch intraarterielle Behandlung nicht zu beheben, was große Territorialinfarkte zur Folge haben kann, die wir als Neurologen so fürchten.

Als Neurologin am Mass General Hospital fühle ich mich verpflichtet, Sie ein wenig über den historischen Hintergrund von Schlaganfällen im Zusammenhang mit VHF zu informieren. Es war Dr. C. Miller Fisher, der zwischen 1949 und 1951 als Erster den Zusammenhang von VHF-Inzidenz und großen kardioembolischen Schlaganfällen erkannte. Damals war er in der Assistenzarztausbildung zum Neuropathologen und arbeitete mit Dr. Raymond Adams am Boston City Hospital in Boston, Massachusetts. Innerhalb eines Nachmittags sah er im Pathologielabor 3 Patienten mit großen kardioembolischen Schlaganfällen mit signifikanter hämorrhagischer Transformation, und er war derjenige, der diese großen Infarkte mit hämorrhagischer Transformation und fehlendem Gefäßverschluss mit dem Vorhofflimmern in der Vorgeschichte der Patienten in Verbindung brachte. Es war ebenfalls C. Miller Fisher, der 1972 in einem Brief an den Redakteur des Lancet ein orales Antikoagulans zur Behandlung von chronischem VHF vorschlug: Warfarin. [2] Später haben die Ergebnisse der Framingham- Herz-Studie unter Dr. Phil Wolf die epidemiologischen Grundlagen des Risikos eines kardioembolischen Schlaganfalls bei chronischem VHF aufgedeckt. [3] Aus dieser Studie stammt auch das berühmte fünffache Schlaganfallrisiko. [3] Es war die Framingham- Herz-Studie, die VHF und die Gefahr eines Schlaganfalls miteinander in Verbindung brachte, was eine große Anzahl von Herz-Studien zur Folge hatte, die orale Antikoagulanzien im Vergleich mit Placebo oder Aspirin untersuchten. Diese Studien wiesen tatsächlich nach, dass alle Antithrombotika, einschließlich Aspirin und Warfarin, effektiver bei der Prävention von Schlaganfällen in Verbindung mit VHF waren. [4]

2007 wurden 6 Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit von Warfarin im Vergleich zu Placebo in einer Metaanalyse analysiert. Wie Sie sehen können, gibt es eine offensichtliche Überlegenheit von Warfarin verglichen mit Placebo in allen Studien, mit einer 64%igen Reduzierung des Schlaganfallrisikos insgesamt. [5] Dies rückte die orale Antikoagulation als eine bewährte Standardmethode zur Reduzierung des Schlaganfallrisikos bei Patienten mit VHF ins Blickfeld. Warfarin wurde natürlich auf breiter Front überall in der Welt angewandt, aber alle von uns, die mit Warfarin-Therapie bei diesen Patienten zu tun haben, kennen die Nachteile von Warfarin. Warfarin hat ein verzögertes Einsetzen und Abklingen der Wirkung. Manchmal gibt es aufgrund genetischer Unterschiede eine unvorhersehbare Reaktion bei der Metabolisierung von Warfarin. Die therapeutische Breite der Warfarin-Therapie ist schmal. Es besteht die Möglichkeit für Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Lebensmitteln, die Überwachung ist in einer Vielzahl von Fällen problematisch, die Blutungsrate ist hoch und die Wirkung von Warfarin lässt sich nur langsam umkehren. Diese mit der oralen Antikoagulation durch Warfarin verbundenen Probleme haben Jahrzehnte der pharmazeutischen Forschung vorangetrieben, in deren Ergebnis die derzeitigen NOAK entwickelt wurden. Es hat eine Verlagerung in der Forschung bezüglich der Antikoagulation und dem Risiko von VHF gegeben. Diese Abbildung zeigt, dass es bis 1993 sechs große Studien zu Warfarin im Vergleich zu Placebo gab, in denen die Daten von etwa 3.000 Patienten ausgewertet wurden. [5] Seit 2009 gibt es mittlerweile vier Studien, die NOAK mit Warfarin, der in der Praxis bewährten Standardbehandlung, vergleichen; und die Anzahl der Patienten, die insgesamt untersucht wurden, beträgt jetzt fast 72.000. [6-9]

Ich werde Ihnen einige der Ergebnisse der Studien zu den derzeit eingesetzten und untersuchten NOAK sowie den Vergleich ihrer Pharmakokinetik (PK)/Pharmakodynamik (PD) zeigen. Diese NOAK sind: Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban. Wie Sie wissen, ist Dabigatran ein direkter Faktor-IIa-Inhibitor oder Thrombininhibitor (DTI), während Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban Faktor-Xa-Inhibitoren sind. Sie haben ein sehr unterschiedliches PK-/ PD-Profil, wobei die Hauptunterschiede in der Bioverfügbarkeit liegen. So hat beispielsweise Dabigatran nur eine geringe Bioverfügbarkeit, während Rivaroxaban die höchste in der Gruppe hat. Die verschiedenen Prüfmedikamente haben eine vergleichbare Zeit bis zum Erreichen ihrer Maximalkonzentration, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Breite des Konzentrationsbereichs. Die Verteilungsvolumina sind sehr unterschiedlich, wobei Edoxaban das größte hat. Proteinbindung ist am höchsten innerhalb der Rivaroxaban- und Apixaban-Gruppe. Die Halbwertszeit ist für alle dieser Mittel sehr ähnlich. Die renale Elimination weist jedoch erhebliche Unterschiede auf: Sie ist am höchsten mit Dabigatran. Rivaroxaban und Apixaban werden nur zu einem relativ geringen Teil renal ausgeschieden und Edoxaban zu etwa 50 %. Es gibt auch signifikante Unterschiede bei der Metabolisierung durch Cytochrom (CYP) P450. Dabigatran wird nicht in diesem System metabolisiert, Edoxaban zu einem geringen Anteil und Rivaroxaban wird hochgradig von CYP P450 metabolisiert. [10-15] Im Hinblick auf Transportproteine, binden alle von ihnen an das Transportprotein P-Glykoprotein. Diese Tatsache, dass alle dieser NOAK Substrate für das Transportprotein P-Glykoprotein sind, stellt ein potenzielles Problem für Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten dar. Wesentliche Wechselwirkungen treten mit Herz-Kreislauf- Medikamenten auf, einschließlich sehr häufig eingesetzter Antiarrhythmika, Antihypertensiva, Thrombozytenaggregationshemmer, Statine und anderer Medikamente, sowie mit nicht-kardiovaskulären Medikamenten, darunter Antineoplastika, antimikrobielle Mittel, Magen-Darm-Mittel, Antirheumatika, Immunsuppressiva, HIV-Proteaseinhibitoren, Neurologika und andere Medikamente. [16]

Es gab vier große Studien zum Vergleich von NOAK mit Warfarin bei VHF: RE-LY, in der Dabigatran untersucht wurde; ROCKET-AF mit Rivaroxaban; ARISTOTLE mit Apixaban und die ENGAGE AF-TIMI 48, in der Edoxaban untersucht wurde. [6-9] Die Studien unterschieden sich sehr in ihrem Aufbau und auch in der Endbeurteilung. Die größte Studie war die ENGAGE AF-TIMI 48 mit 21.105 randomisierten Patienten. Die Dosisgabe ist innerhalb der Studien unterschiedlich. Dabigatran und Edoxaban wurden in höheren und niedrigeren Dosierungen untersucht, während Apixaban und Rivaroxaban nur in Einzeldosen untersucht wurden. Von den 4 Medikamenten wurden Rivaroxaban und Edoxaban einmal täglich gegeben. Das in der ARISTOTLE-Studie untersuchte Apixaban sowie das in RE-LY untersuchte Dabigatran wurden zweimal täglich verabreicht. Es gab einige Dosisanpassungen unter den Faktor-Xa-Inhibitoren, die nach Randomisierung und zur Baseline erforderlich waren. Und alle Studien hatten INR-Werte (International Normalized Ratio) von 2,0 bis 3,0 als Zielwerte. Vom Studiendesign her waren die Faktor-Xa-Inhibitor-Studien doppelblind. ENGAGE AF-TIMI 48 war doppel-blind, Doppel-Dummy und die RE-LY-Studie wurde im PROBE-Design durchgeführt (prospektive, randomisierte, offene Studie mit verblindeter Endpunktbeurteilung). Hier sehen Sie einige Baseline-Merkmale. Alle Studienteilnehmer waren recht ähnlich bzgl. der Patientenmerkmale. Sie wiesen ein typisches VHF-Profil auf und es gab einen repräsentativen Frauenanteil in den jeweiligen Patientengruppen und einen vergleichbaren Anteil von paroxysmalem VHF. In der RE-LY-Studie war der Anteil an Warfarin-naiven Patienten höher, aber ansonsten waren die Studien in Hinblick auf die Aspirinexposition unter den Faktor-Xa- Inhibitoren durchaus vergleichbar. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Verteilung der CHADS 2 -Scores (Kongestive Herzinsuffizienz, Hypotonie, Alter =75 Jahre, Diabetes mellitus, Schlaganfall) der Patienten in diesen vier verschiedenen Studien lenken. Wie Sie wissen, ist der CHADS 2 -Score ein Maß der Stratifizierung des Risikos eines ischämischen Schlaganfalls bei Patienten mit VHF. Die Teilnehmer an der ENGAGE-AF-TIMI-48-Studie und der ROCKET-AF-Studie waren vorwiegend Patienten mit mittlerem bis schwerem Schlaganfallrisiko im Gegensatz zu ARISTOTLE und RE-LY, die auch Patienten mit einem geringeren Schlaganfallrisiko einbezogen hatten.

Im Hinblick auf die Kenngrößen der Studien war ENGAGE AF-TIMI 48 mit 2,8 Jahren die Studie mit dem längsten medianen Nachbeobachtungszeitraum. Bei der Apixaban- Studie war dieser mit 1,8 Jahren der kürzeste der vier Studien. Nur ein relativ geringer Teil der Patienten in allen Studien brach vorzeitig ab oder zog seine Einwilligung zurück, und es gab insgesamt nur wenige Patienten, die der Nachbeobachtung nicht mehr zur Verfügung standen. Wenn man bedenkt, ist es ziemlich bemerkenswert, dass in einer Studie mit mehr als 21.000 Patienten nur ein Patient der Nachbeobachtung nicht mehr zur Verfügung stand. Alle Studien hatten das Ziel, die Patienten innerhalb des therapeutischen Bereichs zu halten. Es gab jedoch signifikante Unterschiede. In der ENGAGE-AF-TIMI-48-Studie betrug die mediane Zeit im therapeutischen Bereich 68,4 %, bei ROCKET AF 58 %. [6-9,17] Christian Ruff und Kollegen der TIMI-Gruppe veröffentlichten vor kurzem eine Metaanalyse im Lancet, die alle verfügbaren Daten der NOAK- Studien vereint. [18] Die Anzahl der in dieser Metaanalyse enthaltenen Patienten beträgt 58.541 und zum Ausgleich der Heterogenität zwischen den unterschiedlichen Studien wurde ein Random-Effects-Modell angewandt. Wie Sie sehen, zeigte sich in diesen Studien, dass die Zuweisung von Patienten in den NOAK- Studienarm verglichen mit dem Warfarin- Studienarm eine signifikante Überlegenheit durch Reduzierung der primären Endpunkte Schlaganfall oder systemische embolische Ereignisse (SEE) erzielte.

Im Hinblick auf die sekundären Wirksamkeitsendpunkte ist zu erkennen, dass die Abnahme der Schlaganfälle vor allem auf die Reduzierung der hämorrhagischen Schlaganfälle zurückzuführen ist. Hinsichtlich schwerer Blutungen war bei den Patienten in allen Studienarmen mit NOAK eine tendenzielle Abnahme schwerer Blutungsereignisse zu verzeichnen, mit einem Hazard Ratio oder Risikoverhältnis von 0,86.

Bei den sekundären Sicherheitsendpunkten war intrakranielle Hämorrhagie eines der im NOAK-Studienarm am deutlichsten reduzierten schweren Blutungsereignisse, wohingegen sich unter NOAK eine erhöhte Prävalenz von gastrointestinalen Blutungen zeigte. Mit all diesen neuen Medikamenten, die auf den Markt kommen, stellt sich die Frage, wie es weitergehen wird. Ich möchte betonen, dass Warfarin nach wie vor zum Einsatz kommen wird. Es hat eine wirklich ausgezeichnete Wirksamkeit und ist sehr kostengünstig. Es kann auf eine lange Erfolgsgeschichte zurückblicken, und mit ambulanter Antikoagulation, wenn sie auf dem neuesten Stand ist, kann eine Zeit im therapeutischer Bereich von über 60 % gehalten werden. Eine Reihe genetischer Tests kommen auf den Markt, und durch Genotypisierung, die möglicherweise die Zeit im therapeutischen Bereich verbessern kann, können wir Warfarin- Patienten bessere Behandlungsmöglichkeiten bieten. Es gibt auch einen weithin erhältlichen Schnelltest, sowie INR-Tests, die seltener als bisher durchgeführt werden müssen. [19-21]

Es bleiben jedoch noch Fragen zu den NOAK. Wie können wir neben dem Vereinen aller Daten in einer Metaanalyse die verschiedenen Medikamente und Studien direkt vergleichen? Und gibt es unter diesen Medikamenten bessere Optionen, die wir derzeit unter Warfarin gut eingestellten Patienten vorschlagen können? Wie sollte die Umstellung von Warfarin auf orale Antikoagulanzien erfolgen und welche Patienten sollten umgestellt werden? Haben die behandelnden Ärzte Bedenken, den Stand der Antikoagulation nicht zu überwachen? Wie wird Antikoagulation perioperativ bei diesen Patienten gehandhabt, da beim Aussetzen ein potenzielles Hyper- bzw. Hypokoagulationsrisiko besteht? Wie gehen wir zu diesem Zeitpunkt mit Überdosierung und Blutungen um? Klingt die Wirkung dieses Medikaments schnell ab? Und wie gehen wir dieses Problem bei Patienten mit mangelhafter Therapietreue an? Wie werden spezifische unerwünschte Arzneimittelwirkungen gehandhabt? Und gibt es Richtlinien für die Behandlung spezieller Patientenpopulationen? Und schließlich, wie ist die Kosteneffizienz der NOAK zu beurteilen? Obwohl diese Fragen zum Teil von meinen Kollegen in der heutigen Veranstaltung behandelt werden, möchte ich, dass Sie aus dieser Präsentation einige Kernaussagen mit nach Hause nehmen. Wir leben in einer Ära, in der Alternativen zu Warfarin zur Verfügung stehen. Diese Medikamente senken die Schlaganfallhäufigkeit, insbesondere von hämorrhagischen Schlaganfällen, und es kommt seltener zu schweren Blutungen, mit Ausnahme von gastrointestinalen Blutungen. NOAK sind nicht alle gleich. Sie unterschieden sich in der Pharmakodynamik und Pharmakokinetik, der Dosierung und dem Wirkmechanismus. Obwohl Warfarin nach wie vor zum Einsatz kommen wird, ist es für uns praktizierende Ärzte gut zu wissen, dass wir nun die Option einer patientenspezifischen Behandlung unserer VHF-Patienten haben, was das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls und auch das Risiko für Blutungsereignisse betrifft. Vielen Dank. Dr. Albers: Vielen Dank, Natalia, für diese großartige Zusammenfassung dieser neuen Studien zu den NOAK und auch für die Aufstellung einer Reihe von Fragen, die wir während unserer Diskussionsrunde behandeln werden.

TEIL II. PRÄSENTATION VON DR. PANAGOS Dr. Albers: Als Nächstes wird uns Dr. Panagos von der Washington University, St. Louis, Missouri, die Sicht aus der Notfallaufnahme näher bringen. Er wird über einige schwierige Entscheidungen sprechen, die in der Notaufnahme in Bezug auf Schlaganfallpatienten in Anbetracht dieser neuen Mittel zu fällen sind sowie über den neuesten Ansatz zu Notfallmedizin und Schlaganfall. Peter D. Panagos, MD: Danke, Greg. Als Notarzt bin ich der glückliche Nutznießer unserer verbesserten primären und sekundären Schlaganfallprävention. Ich bin aber auch der Empfänger von nahezu 100 % der Patienten, die Komplikationen unter diesen neueren Medikamenten und den etablierten Mitteln entwickeln. In den nächsten Minuten werden wir ein wenig über die Welt aus der Sicht des Notarztes sprechen, der diese Patienten sieht und wie wir die Versorgung handhaben und wie wir die existierende Infrastruktur tatsächlich nutzen können, um diese Patienten in einer zeiteffizienten Weise zu versorgen. Wir werden über Systeme sprechen, mit denen die Triagezeit für Schlaganfallpatienten verkürzt werden kann, wobei wir unsere bestehenden Versorgungssysteme für Schlaganfall, die wir mit Verfahren für ischämische Schlaganfälle etabliert haben, nutzen. Dieser Prozess hat gut in den USA und auch in Europa funktioniert. Wir werden über die Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung von Warfarin bei Patienten mit intrakraniellen Blutungen sprechen und über die Umkehrung der Wirkung der neuen NOAK bei Patienten mit intrakraniellen Blutungen sowie über einige der Probleme und Komplikationen bei der Erfassung und Behandlung dieser Patienten mit nur wenigen Optionen.

Da meine Welt wirklich aus Patientenfällen besteht und ich immer so gut bin wie mein letzter Patient, stelle ich Ihnen hier einen wahrscheinlich vertrauten Fall vor, dem Sie vermutlich so zuvor begegnet sind: Es handelt sich um eine 65 Jahre alte Frau, die sich mit einer künstlichen Aortenklappe vorstellt und wegen möglichem nicht-valvulärem VHF mit Warfarin bzw. einem NOAK behandelt wird. Sie kommt innerhalb von 2 Stunden nach Symptombeginn in die Notaufnahme und bei ihr wird eine lobuläre intrakranielle Blutung festgestellt. Ihr INR-Wert beträgt 2,3 bzw. ist vielleicht normal (dies hängt vom Medikament ab, das sie einnimmt), und wir können sehen, dass sie eine Blutung mit einem Volumen von 25 ml hat. Wie sollten wir mit dieser Patientin verfahren? Aus unserer Erfahrung mit ischämischen Schlaganfällen wissen wir, dass Zeit eine große Rolle spielt Time is Brain. Wir wissen, dass frühzeitig besser ist. Wir wissen, dass wir tatsächlich ein besseres Behandlungsergebnis erzielen können, wenn diese Patienten früh im Behandlungszeitfenster zu uns kommen. Wie Sie sehen, ist die Anzahl der notwendigen Behandlungen und die absolute Reduzierung von Schädigungen bei Patienten, die intravenöse Thrombolyse erhalten, zu diesem Zeitpunkt wirklich unbestreitbar. [22]

Darüber hinaus gibt es das Bestreben, die Mehrheit unserer Patienten innerhalb von 60 Minuten nach Ankunft in der Notaufnahme zu behandeln. Wir wissen auch aus europäischen und amerikanischen Empfehlungen, dass die anvisierte Zeit für die Door to Needle Time (DNT) unter 60 Minuten liegen sollte. [23] Wir wissen auch, dass wir in den USA daran hochgradig scheitern, da nur ein Drittel der Patienten, die in primären oder umfassenden Schlaganfallzentren behandelt werden, tatsächlich innerhalb von 60 Minuten nach ihrer Ankunft behandelt werden. [24] Wir wissen, dass eine schnelle und effiziente Behandlung dieser Patienten innerhalb von 60 Minuten (und zweifellos in einem noch kürzeren Zeitraum) zu einer Senkung der Krankenhausmortalität führt. Dies führt zu einer Reduzierung von intrakraniellen Blutungen und Entlassung zu einem bevorzugteren Ort. Und das ist das, was [25, 26] den Patienten wirklich interessiert. In der Notaufnahme, was mein Gebiet ist, haben wir einige Leitlinien und Richtlinien für die Behandlung der Patienten vom Zeitpunkt ihres Eintreffens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Behandlung: ob eine Thrombolyse durchgeführt werden soll oder nicht. Dies sind Konsensusleitlinien für die USA zum Durchlaufen der Notaufnahme von der Untersuchung des Patienten durch den Arzt über die neurologische Beurteilung, die Interpretation der Bildgebung bis hin zur Entscheidung über eine Thrombolyse mit dem Ziel, alle unsere Patienten in unter 60 Minuten zu behandeln. [27]

Wir wissen aus den Leitlinien Target Stroke der American Heart Association (AHA) für hochleistungsfähige Schlaganfallzentren, die von vielen Zentren in den USA und vielen hochleistungsfähigen europäischen Zentren übernommen wurden, dass es einige Dinge gibt, die für die Behandlung einen großen Unterschied machen: [28] Diese reichen von der Vorbenachrichtigung des Krankenhauses, was es mir erlaubt, meine derzeitige Tätigkeit zu unterbrechen und den Patienten direkt bei seiner Ankunft zu sehen, über den Empfang der Anamnese von den Sanitätern und der tatsächlichen Intervention und des schnellen Erhalts von Bildern und einer angemessenen Triage des Patienten... bis hin zur Aktivierung des Schlaganfall-Teams, der Vorbereitung des gewebespezifischen Plasminogenaktivators (tpa) und der schnellen Aufnahme und Interpretation eines Hirn-CT-Scans und zur Durchführung von Schnelltests (Point-of-care, POC), falls notwendig. Es ist ein teamorientierter Ansatz in einem Qualitätsverbesserungsprozess, der uns Feedback gibt, so dass wir kontinuierlich gewährleisten können, gute Arbeit zu leisten. Wie viele von Ihnen wissen, arbeite ich auf einer großen Notfallstation in einem Universitätskrankenhaus: einem innerstädtischen Zentrum mit 1100 Betten mitten in den USA, im Barnes-Jewish Hospital. Unser Team stützt sich auf Assistenzärzte in der Facharztausbildung, was ein Segen ist, da die Assistenzärzte immer da sind und nicht nach Hause gehen können. Aber es bringt auch Probleme mit sich, da sie nicht so viel Erfahrung wie Kollegen oder Fachärzte haben. Unser etablierter Behandlungsablauf war im Laufe der Zeit sehr erfolgreich, aber vor einigen Jahren stellten wir fest, dass sich unsere DNT-Zeiten über die 60-Minuten-Grenze nach oben verschoben hatten. Wir wandten unseren Lean-Prozess an, um unsere Infrastruktur zu analysieren, und fanden dabei heraus, dass die Herangehensweise an den Patienten in der Notaufnahme darüber entscheidet, wie effizient wir diesen Patienten behandeln können. Am Ende dieses zweitägigen, ausführlichen, multidisziplinären Prozesses identifizierten wir drei Dinge, die einfach zu implementieren waren, in der Tat aber eine große Auswirkung auf unsere DNT-Zeiten hatten. Und diese werde ich Ihnen nun vorstellen. [29]

Das erste war ein ineffizienter Behandlungsablauf. Zuvor wurden unsere Patienten vom Rettungsdienst gebracht, kamen in einen Intensivpflegeraum, wo sie evaluiert wurden, entkleidet wurden, eine Venenverweilkanüle gelegt, ein Elektrokardiogramm (EKG) angelegt, eventuell tauchte ein Foley-Katheter auf, und wir würden dann der Krankenpflegekraft sagen: Nein, kein Foley-Katheter zu diesem Zeitpunkt. Wir sahen uns um und erklärten, dass wir zur Computertomografie gehen müssten, und wir dachten, wir wären schnell. Wir brachten den Patienten zum CT-Scan, was auf meiner Notfallstation lag, allerdings ein Stück weiter weg, und brachten ihn dann zurück ins Bett. Als wir uns die Daten ansahen, stellten wir fest, dass wir allein bei diesem Schritt 12 bis 15 Minuten verloren hatten. Wir haben Folgendes geändert und es wird vielen Zentren in Europa nicht besonders originell vorkommen, während viele Zentren in den USA dies übernommen haben: Wir bringen den Patienten jetzt direkt vom Rettungswagen zum CT-Scan, wo der Patient evaluiert wird, die Schwere des Schlaganfalls anhand einer Skala bestimmt wird, der CT-Scan auf dem CT-Tisch ausgeführt wird und Schnelltests durchgeführt werden, falls notwendig. Dies ist ein Paradigmenwechsel in der Denkweise vieler Notärzte und Pflegekräfte auf der Notstation. Anschließend wird der Patient aufs Zimmer gebracht, und es liegen so ziemlich alle Daten vor, die für eine qualifizierte und angemessene Entscheidung für bzw. gegen eine Behandlung notwendig sind.

Ein weiteres Problem ist die überwältigende Anzahl von Aufgaben, die in einem Zeitfenster von 60 Minuten zu erledigen sind. Dies trifft sowohl auf ischämische als auch hämorrhagische Schlaganfälle zu. Von der Patientenaufnahme zur Registrierung und Evaluierung zu den Laboruntersuchungen, Pflegepersonal, Arzt, zur Konsultation mit Neurologie und Notfallmedizin und dem Tanz und der Koordinierung zwischen den Aufgaben untereinander, stellten wir fest, dass wir hier sehr ineffizient waren. Was man tun kann, und was gut für Zentren funktioniert hat, ist die Aufspaltung des Prozesses in ein straff organisiertes System von Parallelabläufen, wo nicht zuerst eine Aufgabe erledigt wird, und dann die nächste Aufgabe folgt. Wir führen alle diese Aufgaben gleichzeitig aus und haben eine zuvor festgelegte Aufgabenzuordnung, wo zu einer bestimmten Tageszeit der Notarzt und zu einer anderen Tageszeit der Neurologe die anhand der National Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS) durchführt. Auf der anderen Seite nimmt jemand die Anamnese auf, untersucht den Patienten und recherchiert die elektronische Krankenakte zur Ermittlung von Risiken, Nutzen, Medikamenten und Krankengeschichte. Dies ist sehr wichtig bei dem Versuch, den Behandlungsablauf effizienter zu gestalten.

Der von uns ermittelte dritte geschwindigkeitslimitierende Faktor für die inkonsistente Behandlung unserer Patienten innerhalb von 60 Minuten war, dass bei den Patienten in der Population, die nicht sprechen konnten oder die eventuell mit Antikoagulanzien behandelt wurden, die Zeit von deren Eintreffen bis zu den Laborergebnissen (door-to-lab time) für die Prothrombinzeit-(PT-)INR-Werte extrem lang war. Das Ergebnis war, dass es 33 Minuten dauerte, bis wir ein Laborergebnis hatten, das oft für eine Behandlungsentscheidung benötigt wurde. Daraufhin haben wir Schnelltests in unserer Notstation eingeführt. Wir waren in der Lage, Tests am Krankenbett durchzuführen, und konnten innerhalb von 2 Minuten nach Ankunft des Patienten eine Entscheidung treffen, was wirklich einen großen Unterschied machte.

Hier ist die Zusammenfassung unserer Daten, die vor einigen Jahren in Stroke veröffentlicht wurden. Die Daten sind zum heutigen Zeitpunkt noch solider und vollständiger, aber dies hier zeigt, dass unsere Vorbehandlung ziemlich gut war: Sie dauerte 60 Minuten. [29] Mit diesen drei einfachen Änderungen waren wir in der Lage, unsere mediane DNT auf 39 Minuten zu verkürzen, wobei viele unserer Patienten innerhalb von 20 Minuten nach ihrem Eintreffen behandelt werden. Warum ist das von Bedeutung? Wir haben über intrakranielle Blutungen gesprochen, aber das System, das wir für ischämische Schlaganfälle geschaffen haben, sollte auf intrakranielle Blutungen in der Notaufnahme angewendet werden. [30] Dieser gesamte Systemablauf bis hin zum Zeitpunkt der Bildgebung; und wenn wir nach links unten gehen, dem Behandlungsweg für ischämischen Schlaganfall im Gegensatz zu rechts unten für hämorrhagischen Schlaganfall, ist wirklich von Bedeutung. Wir können die Patienten jetzt in einer zeiteffizienten Weise evaluieren, und falls sich bei ihnen eine intrakranielle Blutung bestätigt, ist dies wirklich wichtig. Wir sollten aus diesem System, dieser Infrastruktur, für die Patientenversorgung Nutzen ziehen.

Können wir diese Infrastruktur für die Versorgung von Blutungen infolge Antikoagulation nutzen? Wie Sie von Dr. Rost gehört haben, ist Warfarin das bewährteste Medikament im Umlauf, mit dem viele von uns im Laufe der Zeit reichlich Erfahrung gesammelt haben. Wenn Patienten mit Blutungen als Folge einer Warfarin-Therapie zu uns kommen, wissen wir, dass es mehrere wahre Grundsätze und Gesichtspunkte gibt, die sich immer bewahrheiten werden: dass größere intrakranielle Blutungen schlechtere Behandlungsergebnisse prognostizieren. Darüber gibt es keinen Streit. [31] Eine Ausbreitung ist häufig, je länger wir für die Aufhebung der Blutung bei vollständig antikoagulierten Patienten brauchen. [32] Traditionelle Therapien haben unerwünschte Wirkungen, es kommt zur Kreislaufüberlastung für Blutprodukte, und es treten hämatogene Infektionen und allergische Reaktionen auf. [33] Eine schnelle Behandlung dieser Patienten auf der Notstation ist nicht ohne Komplikationen. Unsere traditionelle Behandlung ist nicht ideal für das Erreichen unserer Ziele, die INR-Werte zeiteffizient in einen normalen Bereich herunterzubringen. Auf meiner Station ist dies, bevor der Patient die Notaufnahme verlässt und auf dem Weg zur neurochirurgischen Intensivstation ist. Heutzutage stehen wir mit den in den USA und in Europa und der ganzen Welt verfügbaren neuen Mitteln vor neuen Herausforderungen.

Wir haben bereits von Dr. Rost über die PK gehört und ich werde diese Informationen hier nicht im Einzelnen durchgehen, aber Warfarin ist seit geraumer Zeit im Einsatz. Die Wirkung setzt nach 24-72 Stunden ein, und die Höchstwerte werden nach 3 bis 4 Tagen erreicht, was einen Teil der Probleme bei der Anpassung und Einleitung der Therapie mit diesem Medikament darstellt. Das großartige an diesem Medikament ist, dass es ein Gegenmittel gibt, mit dem jeder vertraut ist, obwohl ich Ihnen hoffentlich zeigen werde, dass die uns zur Verfügung stehenden Gegenmittel im Laufe der Zeit recht unwirksam sind. Warfarin hat auch viele Probleme hinsichtlich unerwünschter Wirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Es gibt jedoch einen Test, mit dem am Krankenbett bestimmt werden kann, ob Warfarinkonzentrationen therapeutisch, supratherapeutisch oder gar nicht therapeutisch sind. Was haben wir zur Auswahl? Wir haben Vitamin K, Faktor VII, gefrorenes Frischplasma (GFP) und jetzt auch Prothrombinkomplex-Konzentrate (PPSB), welche auf den Notaufnahmen in Europa und den USA häufiger zum Einsatz kommen.

Vitamin K gibt es seit langer Zeit. Es wird am besten intravenös verabreicht. Es dauert Stunden bis Tage bis zum Ansprechen der Wirkung und infolgedessen haben Patienten nach dem Verlassen der Notstation oder selbst an ihrem ersten Tag auf der neurochirurgischen Intensivstation, falls sie ausschließlich Vitamin K erhalten, keine Aufhebung der Antikoagulation erreicht. Es kann zum Rebound-Effekt kommen, wenn der Patient kein Vitamin K erhalten hat, aber andere Medikamente, wie z. B. Faktor VI oder GFP einnimmt. Vitamin K wird bevorzugt intravenös gegenüber oral oder subkutan verabreicht, und wir alle haben von Anaphylaxie-Fällen gehört, obwohl diese extrem selten sind, wenn es langsam oder i.v. gegeben wird. GFP kommt häufig zum Einsatz und es ist ziemlich gut: Es enthält alle Gerinnungsfaktoren. Das Problem ist, dass es lange dauert. Selbst unter Idealbedingungen braucht es Zeit zum Auftauen und es müssen Kompatibilitätstests durchgeführt werden, was auf einer Notstation in einer idealen Situation mit einer Blutbank vor Ort 40 bis 60 Minuten dauert. Es müssen große Volumen transfundiert werden, und wir dürfen nicht vergessen, dass die Patienten, die diese Medikamente erhalten, zugrunde liegende Herzerkrankungen haben, weshalb große Volumen zu Komplikationen führen. Selbst bei Patienten, die eine Idealbehandlung aus Vitamin K und GFP erhalten, kann die mediane Zeit bis zum Erreichen eines INR-Wertes von 1,3 bis zu 30 Stunden betragen. [34,35]

Rekombinanter aktivierter Faktor VII hat einen dualen Mechanismus: Er aktiviert zum einen den Gewebefaktor-VIIa-Gerinnungsweg und zum anderen direkt die Thrombozytenaggregation. Er hat eine kurze Halbwertszeit und ersetzt nur einen Faktor. Und das Problem ist, dass es Warfarin nicht vollständig aufhebt, jedoch Labortests der INR-Werte beeinträchtigt. Infolgedessen kann nach Verabreichung von Faktor VII die Antikoagulation nicht mehr überprüft werden, zumindest nicht, solange das Medikament im Körper ist. [36] Diejenigen unter Ihnen, die in Europa praktizieren, sind seit nunmehr einigen Jahren sehr mit den Prothrombinkomplex- Konzentraten (PPSB) mit 4 Faktoren vertraut, aber bis vor kurzem, bis April 2013, gab es in den USA nur PPSB mit 3 Faktoren und jetzt endlich haben wir ein PPSB mit 4 Faktoren. Daher geben wir PPSB und Faktor VII in Kombination, was für viele Krankenhäuser, die sich beides nicht leisten können, schwierig und teuer ist. Es gibt viele PPSB-Produkte auf dem Markt. Es ist sofort verfügbar, es hat eine ziemlich feststehende Dosierung, wird in einem kleinen Volumen rekonstituiert, hat jedoch das Potenzial, Thrombosen auszulösen.

Aus der Literatur wissen wir, dass PPSB für die Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung von Warfarin in vielen akademischen Zentren und vielen kleineren öffentlichen Krankenhäusern in den USA so gut wie zum Pflegestandard geworden sind. Sie können hier die Halbwertszeit von PPSB für die aufgelisteten Faktoren sehen, was bedeutet, dass Sie bei Verabreichung von PPSB weiterhin Vitamin K geben müssen, um diese Halbwertszeit zu überdauern. Die Dosierung ist gut vorhersagbar, einfach zu merken und PPSB hat einen schnelleren Wirkungseintritt als GFP. Wie sieht es mit den neuen Mitteln aus? Das sind die Mittel, die mir wegen der Patienten, die zu uns kommen, wirklich schlaflose Nächte bereiten. Glücklicherweise ist die Anzahl der Verletzungen aufgrund dieser Medikamente recht gering. Wenn jedoch mit diesen Mitteln behandelte Patienten zu uns kommen, entweder mit traumatischen Stürzen oder spontanen intrakraniellen Blutungen, wird dies zu einem Problem für viele Mediziner, die in Notsituationen praktizieren.

Dabigatran ist der einzige direkte pharmazeutische Inhibitor, der derzeit bei Schlaganfällen eingesetzt wird. Wir haben bereits davon gehört, und ich werde nicht noch einmal die PK besprechen, möchte aber einen wichtigen Punkt hervorheben, und zwar, dass er renal ausgeschieden wird. Das kann möglicherweise von Vorteil sein, wenn wir versuchen, die Wirkung aufzuheben. Was die Aufhebung betrifft, gibt es wirklich keine festgelegte Methode, dieses Medikament zu überwachen, obwohl in vielen Zentren die Bestimmung der Thrombinzeit (TT) als Maß verwendet wird. Dieser Wert steht ungefähr zur gleichen Zeit wie die PT-INR und andere Standard-Gerinnungstests zur Verfügung. In unserem Zentrum wenden wir die TT- Bestimmung zum Testen von Patienten an, die nicht sprechen können oder bei denen der Zeitpunkt der letzten DTI-Dosis unbekannt ist. Und wir setzen es am unteren Ende ein, um festzustellen, ob der Patient ein Kandidat für Thrombose ist, aber wir setzen es nicht routinemäßig zur Überwachung von Konzentrationen ein. Es gibt mehrere Möglichkeiten für die Aufhebung der Wirkung dieses Medikaments. Aktivkohle ist weithin erhältlich und wir sind alle damit vertraut, aber bei Verabreichung von Aktivkohle an jemanden mit einer sich ausbreitenden Läsion mit Raumverdrängung stellt das Hirn oft ein Problem dar. GFP ist bei diesen Medikamenten nicht sehr hilfreich, ebenso Faktor VII. Der Hersteller empfiehlt Hämodialyse, aber Dialyseschläuche bei jemandem anzubringen, der vollständig antikoaguliert ist und ihn dann zur Hämodialyse zu bringen, ist oft eine logistische Herausforderung. Wenn wir die Zeit haben, können wir natürlich warten, bis das Medikament metabolisiert ist, d.h. wenn wir es uns leisten können. Obwohl es nicht bekannt ist, gibt es einige sehr überzeugende kleine Studien, die zeigen, dass die Verabreichung von PPSB in einer Patiententeilgruppe von Nutzen sein kann.

Die andere Medikamentengruppe, die wir haben, sind die Faktor-Xa-Inhibitoren. Es gibt drei Medikamente, die in diese Klasse fallen und zugelassen sind: Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban. Diese drei Medikamente sind wunderbare Mittel, wo sie die Ereignisse reduzieren, aber wenn sie Blutungen v erursachen, ist unsere Fähigkeit, die mit spontanen intrakraniellen Blutungen oder Trauma einhergehenden Komplikationen zu reduzieren, recht eingeschränkt. Wie können wir die Wirkung dieser Medikamente aufheben?

Dies sind unsere Optionen. Die Überwachung stellt ein Problem dar. Die in der Notaufnahme oder im Krankenhaus zur Verfügung stehenden Standard-Gerinnungstests sind sehr unzuverlässig. Anti-Faktor-Xa ist eine gute Option, ist aber noch nicht bereit für die breite Anwendung oder für die schnelle Anwendung in der Notaufnahme in den meisten Krankenhäusern. Wir haben zwei Optionen, Faktor VII und PPSB, von denen gezeigt wurde, dass sie für die Behandlung potenziell geeignet sind. Ich zeige Ihnen hier eine der Quellen, wonach Patienten, die PPSB in einer Konzentration von 50 Einheiten pro kg erhielten, laut Gerinnungstests in der Lage waren, relativ schnell zu normalen Werten zurückzukehren und die Notaufnahme verlassen und schnell auf die Schlaganfallstation eingewiesen werden konnten. [40]

Zusammenfassend ist hier zu sehen, wo wir stehen. Wir befinden uns noch immer in einer Welt der neuen Medikamente und wir versuchen, mit den resultierenden Komplikationen fertig zu werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir noch nicht dort, wo wir bezüglich der Korrektur dieser Komplikationen sein sollten. Die Optionen, die wir derzeit haben, sind Warfarin (worüber wir gesprochen haben, GFP und Vitamin K oder auch PPSB. Für den DTI Dabigatran haben wir Aktivkohle, Hämodialyse, GFP, Faktor VII, PPSB oder Desmopressinacetat. Die Tatsache, dass es so viele Optionen gibt, heißt, dass keine davon zum jetzigen Zeitpunkt als ideal gilt. Für unsere Faktor-Xa-Inhibitoren, von denen es die genannten drei gibt, haben wir zwei Optionen: Faktor VII und PPSB mit 4 Faktoren. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass Zeit eine große Rolle spielt. Zeit spielt eine Rolle für das Hirn, sie spielt eine Rolle für intrakranielle Blutungen. Ich denke, wir sollten die Infrastruktur, die wir für ischämische Schlaganfälle aufgebaut haben, sehr gut nutzen. Es muss ein Behandlungsablauf geschaffen werden, der Verzögerungen minimiert. Es müssen Gegenmittel schnell verfügbar gemacht werden. Hoffentlich werden wir uns auf diese neuen Medikamente einstellen. Und es ist wichtig zu erkennen, dass die Aufhebungsstrategien für diese Klasse von Medikamenten unterschiedlich sind. Wir müssen einen Plan haben und diesen für die Versorgung unserer Patienten anwenden. Hiermit bin ich, glaube ich, am Ende angelangt. Vielen Dank.

TEIL III. PRÄSENTATION DR. ALBERS Dr. Albers: Wunderbar. Weiter geht es. Wir werden jetzt über die antithrombotische Therapie bei der Behandlung von akuten Schlaganfällen sprechen. Das meiste von dem, was ich behandeln werde, ist Geschichte: Studien, die im Laufe der Jahre durchgeführt wurden. Und während wir diese betrachten, können wir einen Blick in die Zukunft werfen. Was wir über diese neuen Mittel gehört haben, ist, dass sie seltener zu Blutungen führen und ein gutes Potenzial für die Prävention von Schlaganfällen haben. Könnten sie eingesetzt werden, um Schlaganfälle zu behandeln? Warum würden wir ein Antikoagulans in einer akuten Schlaganfallsituation anwenden? Viele Studien konzentrierten sich auf die Prävention einer sich verschlechternden Entwicklung des Thrombus. Andere konzentrierten sich auf die Prävention von frühzeitig rezidivierenden Schlaganfällen. Es gibt Hochrisikopatienten für rezidivierende Schlaganfälle, und insgesamt liegt die Hoffnung auf der Verbesserung der neurologischen Behandlungsergebnisse, weshalb einige der Endpunkte der Studien nur darauf gerichtet waren, wie gut es dem Patienten geht.

Die in der Vergangenheit getesteten Antikoagulanzien waren unfraktioniertes Heparin (UFH), niedermolekulare Heparine (NMH) und Heparinoide. Wir werden uns ansehen, wie sie abgeschnitten haben. Wir beginnen mit einer sehr bedeutenden Ausgabe des New England Journal of Medicine und in der Tat gab es in dieser Ausgabe zwei positive Studien zur Schlaganfallbehandlung. [41,42] Wer weiß, um welche Studien es sich handelt? Ja, die tpa-studie war die bekannteste, aber das war nicht die Studie, die den größten therapeutischen Nutzen meldete. Weiß jemand, was die andere positive Studie in der Ausgabe des New England Journal of Medicine vom 14. Dezember 1995 war? Es war die FISS-Studie. Dies war die Studie zu NMH, Fraxiparin oder Nadroparin. Es war die gleiche Ausgabe, eine dicke Ausgabe des New England Journal of Medicine, und sie betrachtete den therapeutischen Nutzen einer subkutanen Gabe von NMH an Patienten innerhalb von 48 Stunden nach einem akutem Schlaganfall: ziemlich beeindruckend. Sie sehen, dass es einen absoluten Gesamtnutzen von 20 % in Abhängigkeit von der Dosis gibt. Dies war ein deutlicher Effekt, aber es gab nur 100 Patienten in jeder Gruppe, es musste also wiederholt werden und diese Wiederholungsstudie wurde von Europäern, Australiern und Kanadiern durchgeführt. Die ursprüngliche FISS-Studie wurde in Hongkong durchgeführt. Und was war das für eine Enttäuschung! Die Wiederholungsstudie zeigte keinerlei Vorteil. Wie Sie sehen können, gab es keine Verbesserung bei den günstigen Behandlungsergebnissen bei subkutaner Gabe von NMH innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten des Schlaganfalls. Das war die Geschichte vor 20 Jahren.

Die nächste große Studie untersuchte UFH, und natürlich handelt es sich hier um die sehr bekannte International Stroke Trial (IST- Studie) Nummer 1, die die Gabe von entweder Aspirin oder zwei unterschiedlichen Dosen subkutanem UFH an Patienten mit Schlaganfall untersuchte. [43] Wie wir sehen können, zeigt die Gabe von Heparin Vorteile. Sie können sehen, dass es zu einem geringeren Auftreten von rezidivierenden Schlaganfällen kommt, was statistisch hoch relevant ist. Das Problem sind jedoch die Nachteile: Es kam zu Blutungen, und obwohl der überwiegende Teil dieser Blutungen der höheren Heparindosis zuzuschreiben war, ist zu sehen, dass die Blutungen die positive Wirkung neutralisierten, so dass die subkutane Verabreichung von UFH an Patienten mit akutem Schlaganfall keinen Nutzen brachte. Das ist die IST-Studie. Ein Jahr später gab es die TOAST-Studie. [44] Anders als in der IST-Studie, in der Heparin subkutan gegeben wurde, wurde in dieser Studie intravenöses Heparin verabreicht: eine sehr sorgfältige Dosisanpassung. Harold Adams leitete die Studie und es bestand die große Hoffnung, dass dieses Heparinoid, Danaparoid, bei Verabreichung von innerhalb von 24 Stunden an Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall (AIS) einen Nutzen zeigen würde. Wie Sie sehen, zeigte sich ein geringfügiger Vorteil nach 7 Tagen, dieser war jedoch nach 3 Monaten nicht mehr feststellbar, daher war diese Studie negativ.

Diese Studie wurde natürlich wegen der TOAST- Subtypen berühmt. [44] Es war die erste Studie zur akuten antithrombotischen Therapie, die Schlaganfallteilgruppen betrachtete. Schlaganfall durch Arteriosklerose der großen Gefäße und Kardioembolien waren die beiden Teiltypen, für die die größte Hoffnung auf eine Wirkung von Antikoagulanzien bestand. Es wurde angenommen, dass bei Verschluss der kleinen Gefäße vermutlich kein so großer Effekt zu sehen sein würde. Und dann sehen Sie hier noch Schlaganfälle unbekannter Ursache. Die Überraschung Nummer 1 von TOAST war, dass es keinen Vorteil für die Gruppe mit kardioembolischem Schlaganfall gab, aber sehen Sie! In der Gruppe mit Arteriosklerose der großen Gefäße gibt es einen Nutzen. Es gibt einen statistisch signifikanten Nutzen. Die Patienten, die mit intravenösem Heparinoid behandelt wurden, hatten eine bessere Prognose: Sie zeigten einen günstigeren Verlauf als die Patienten in der Placebogruppe. Genau wie die NMH-Studie aus Hongkong musste dies wiederholt werden. Der ursprüngliche Plan zur Wiederholung war eine französische Studie. Wie wäre wohl der Name dieser Studie gewesen, wäre sie durchgeführt worden? Es wäre French TOAST gewesen [ Armer Ritter, Anm. der Redaktion], wurde jedoch abgebrochen, also nicht durchgeführt. Die Hongkong-Gruppe hat jedoch eine Wiederholungsstudie durchgeführt: Sie untersuchte NMH vor dem Hintergrund von Arteriosklerose der großen Gefäße. Dies war die gleiche FISS-Gruppe, die die FISS- und FISS-bis-Studien durchgeführt hatte. Diese Studie wurde FISS-tris genannt. [45] Sie sehen, dass in dieser Studie wieder asiatische Patienten untersucht wurden, viele Fälle von intrakranieller Arteriosklerose. Es wurde der Effekt von NMH bei Patienten mit Stenose der großen Gefäße betrachtet, aber leider wurde kein therapeutischer Nutzen beobachtet. Es gab Trends und es wurden weiterhin Analysen von Teilgruppen publiziert, die besagten, dass dies doch eine wirksame Behandlung sein könne, aber in der Nachbeobachtung hat sich dies nicht bestätigt. Es wurden in erster Linie Patienten mit nichtkardioembolischem Schlaganfall betrachtet. Früher ließen diese Studien in der Regel auch kardioembolische Schlaganfälle zu, aber über 80 % der Patienten waren nicht-kardioembolisch.

Wie sieht es mit den Studien aus, die kardioembolischen Schlaganfall unter Antikoagulanzien untersuchten? Ich glaube, dies ist die häufigste Frage, die mir in meiner über 25-jährigen Laufbahn als Schlaganfallneurologe gestellt wurde: Was ist zu tun, wenn ein Patient mit VHF einen Schlaganfall hat? Wie ist zu verfahren? Wann wird mit den Antikoagulanzien begonnen? Dies ist eine schwierige Frage. Die Daten sind nicht sehr hilfreich. Hier sind die Daten im Hinblick auf die Gabe bzw. Nichtgabe eines Gerinnungshemmers vor dem Hintergrund eines akuten kardioembolischen Schlaganfalls. In diesen Studien wurden in erster Linie Patienten mit VHF untersucht, insbesondere mit non-valvulärem VHF. Es ist zu erkennen, dass in der riesigen IST-Studie mit 19.000 Patienten ungefähr 15 % der Patienten VHF haben. Bei diesen Patienten zeigte Heparin einen Nutzen, sie hatten allerdings das gleiche Blutungsrisiko wie die Gesamtgruppe. Wenn man das Blutungsrisiko mit einbezieht, neutralisiert sich der Nutzen. Ein anderes Ergebnis, dass etwas überraschte, war, dass bei der Nicht-Heparin-Gruppe die Rate rezidivierender Schlaganfälle in den ersten zwei Wochen nur 5 % betrug. [46] Älteren Literaturangaben zufolge betrug die Rate 10 %, aber wie Sie in diesen neueren Studien sehen und mit neuer meine ich 20 Jahre alt zeigten sie nicht das hohe Rezidivrisiko, das früher gemeldet wurde. In der Kardioembolie- Gruppe der TOAST-Studie gab es keinen Vorteil für Danaparoid gegenüber Placebo. [44] Die HAEST-Studie, eine europäische Studie, in der nur Patienten mit VHF untersucht wurden, zeigte ein höheres Risiko für rezidivierenden Schlaganfall, aber es gab keinen Unterschied zwischen NMH und Aspirin. [47] Die TAIST-Studie, in der ähnlich wie in TOAST alle Schlaganfall- Teiltypen vertreten waren, zeigte keinen Nutzen in der kardioembolischen Gruppe. [48] Wenn man also die Daten der randomisierten klinischen Studien betrachtet, gibt es keinen Grund für die Empfehlung von Antikoagulanzien bei der Behandlung von Patienten mit akutem kardioembolischem Schlaganfall.

Wurden Hochrisikopatienten für diese Studien rekrutiert? Nein. Hochrisikopatienten wurden nicht betrachtet: manchmal aufgrund des Studiendesigns und manchmal, weil die Ärzte Bedenken hatten, sie zu rekrutieren, da es zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Studien die Tendenz gab, Patienten mit einem hohen Risiko für Kardioembolien so schnell wie möglich mit Antikoagulanzien zu behandeln. Daher wurden Patienten mit mehreren neueren Embolien und mechanischen Herzklappen, VHF in sehr kranken Herzen, Hochrisikofaktoren und etabliertem Herzthrombus nicht in diese Studien einbezogen. Die meisten Ärzte würden bei sichtbarem Herzthrombus auf dem EKG einen Patienten mit akutem Schlaganfall nicht mit Placebo randomisieren. Wir haben daher keine Ergebnisse zu Hochrisikopatienten. Wir wissen, dass die Antikoagulation von Patienten mit Schlaganfall das Risiko für extrakranielle Blutungen um etwa 2 % erhöht. Es besteht auch eine Zunahme des Risikos von Hirnblutungen um ungefähr 2 %. Es sieht nicht sehr gut aus für die Antikoagulanzien, aber bei einem Patienten mit einem sehr hohen Risiko kann es sinnvoll sein, mit dem Gerinnungshemmer frühzeitig zu beginnen. Wenn wir Hochrisikopatienten vermeiden, sollten wir vielleicht früher mit der Behandlung beginnen.

Wer sind diese Hochrisikopatienten? Wenn man sie mit Antikoagulanzien behandelt, besteht die größte Sorge, dass sie diese frühzeitige Hirnblutung entwickeln. Auch hier verfügen wir nur über wenige Daten aus klinischen Studien, aber es gibt auf jeden Fall Evidenz, dass bei einem sehr großen Infarkt der gesamte Bereich der mittleren Hirnschlagader eine geringere Dichte hat. Damit hat dieser Patient ein hohes Risiko für eine frühe hämorrhagische Transformation, mit Bildung eines Hämatoms, das sich ausbreiten und Gewebe betreffen könnte, das am ursprünglichen ischämischen Schlaganfall nicht beteiligt war. Wir haben Bedenken, wenn wir einen Patienten mit einem großen Schlaganfall antikoagulieren. Wir wissen, dass spontane, nicht durch ein Thrombolyse induzierte, Reperfusion normalerweise in einem Zeitfenster von 12 bis 48 Stunden auftritt, und es gibt einige Daten, in erster Linie von der Arbeitsgruppe Hirnembolie und der Studiengruppe Hirnembolie, die darauf hindeuten, dass ein Patient unter vollständiger Antikoagulation zu diesem Zeitpunkt ein höheres Risiko hat. Das ist Teil der Idee. Sie sollten nicht sofort mit Gerinnungshemmern behandelt werden. Natürlich wird bei übermäßiger Antikoagulation oder wenn tpa im Spiel ist wobei wir besonders nervös sind, wenn ein Gerinnungshemmer im Spiel ist ein Heparinbolus zur Behandlung eines Schlaganfallpatienten nicht empfohlen. Schließlich deutet anekdotenhafte Evidenz aus der Literatur darauf hin, dass ein Patient mit sehr hohem Blutdruck ein Höchstrisikopatient für die Antikoagulation vor dem Hintergrund eines neueren kardioembolischen Schlaganfalls ist.