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Transkript:

04/13 Neueste ober- und höchstgerichtliche arbeits-/sozialrechtliche Entscheidungen Arbeitsrecht Inhaltsübersicht: - Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze; ergänzende Auslegung einer Versorgungsordnung; Störung der Geschäftsgrundlage ----------------------------- S.1 - Europäische Schulen und deutsche Gerichtsbarkeit -------- S.1 - Auskunftsanspruch einer abgelehnten Stellenbewerberin S.3 - Kündigung wegen Kirchenaustritts ---------------------- S.3 Arbeitsrecht Außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze; ergänzende Auslegung einer Versorgungsordnung; Störung der Geschäftsgrundlage Eine vor dem 1. Januar 2003 getroffene Versorgungsvereinbarung, die für den Teil des versorgungsfähigen Einkommens oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung höhere Versorgungsleistungen vorsieht als für den darunter liegenden Teil (sog. gespaltene Rentenformel ), ist nach der außerplanmäßigen Anhebung der BBG in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2003 nicht ergänzend dahin auszulegen, dass die Betriebsrente so zu berechnen ist, als wäre die außerplanmäßige Anhebung der BBG nicht erfolgt. An der gegenteiligen Rechtsprechung aus den Urteilen vom 21. April 2009 (- 3 AZR 471/07 - und - 3 AZR 695/08 -) hält der Senat nicht fest. Ein Anspruch auf eine höhere Betriebsrente wegen der außerordentlichen Anhebung der BBG zum 1. Januar 2003 kann sich allenfalls nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage ( 313 BGB) ergeben. Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2006 von der Beklagten eine Betriebsrente. Sein Anspruch auf Versorgungsleistungen beruht auf einer Gesamtzusage mit einer gespaltenen Rentenformel. Die Beklagte hatte die Betriebsrente unter Berücksichtigung der außerplanmäßig angehobenen BBG berechnet. Der Kläger hat von der Beklagten eine höhere Betriebsrente verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Eine ergänzende Auslegung der Versorgungsordnung kommt nicht in Betracht. Der Kläger kann eine höhere Betriebsrente auch nicht wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen. Ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung ist ihm nicht unzumutbar. [Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. April 2013-3 AZR 475/11 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2011-2 Sa 115/10 - Der Senat hat am heutigen Tag fünf weitere Entscheidungen zu einer vergleichbaren Problematik getroffen (- 3 AZR 531/11 -, - 3 AZR 23/11 -, - 3 AZR 24/11 -, - 3 AZR 512/11 - und - 3 AZR 513/11 -)] Europäische Schulen und deutsche Gerichtsbarkeit Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung zu der Frage Newsletter recht 04/13 1

ersucht, ob das Unionsrecht der deutschen Gerichtsbarkeit in Streitigkeiten zwischen den Europäischen Schulen und den dort angestellten Lehrbeauftragten entgegensteht. Für den gemeinsamen Unterricht der Kinder der Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften wurden 1957 die sog. Europäischen Schulen eingerichtet. Deren derzeitige Rechtsgrundlage ist die am 21. Juni 1994 von den Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaften und den Europäischen Gemeinschaften geschlossene Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen (SES). An den Schulen unterrichten zum einen Lehrer, die von den Mitgliedstaaten abgeordnet werden. Daneben werden Lehrbeauftragte beschäftigt, die der Direktor der jeweiligen Schule anstellt. Nach dem vom Obersten Rat - einem gemeinsamen Organ aller Schulen - erlassenen Statut sind mit Lehrbeauftragten jährliche Arbeitsverträge abzuschließen. Art. 27 Abs. 2 SES sieht für bestimmte Streitigkeiten die ausschließliche Zuständigkeit einer Beschwerdekammer vor. Nach Art. 27 Abs. 7 SES unterliegen andere Streitigkeiten, bei denen die Schulen Partei sind, der Zuständigkeit der nationalen Gerichte. Nach 20 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf zwischenstaatliche Organisationen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Für Streitigkeiten, die nach Art. 27 Abs. 2 SES in die Zuständigkeit der Beschwerdekammer fallen, ist daher die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben. Die SES ist Teil des europäischen Unionsrechts. Für dessen Auslegung ist ausschließlich der Gerichtshof der Europäischen Union zuständig. Der Kläger ist seit September 1998 auf der Grundlage jährlich befristeter Arbeitsverträge als Lehrbeauftragter an der beklagten Europäischen Schule in München beschäftigt. Mit seiner zum Arbeitsgericht München erhobenen Klage hat er die mit ihm für die Schuljahre 2009/2010 und 2010/2011 vereinbarten Befristungen angegriffen. Die beklagte Europäische Schule hält die Klage für unzulässig, da nach Art. 27 Abs. 2 SES für die Entscheidung der Streitigkeit ausschließlich die Beschwerdekammer zuständig sei. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage für zulässig erachtet, weil Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Befristungen, die zwischen Lehrbeauftragten und dem Direktor einer Schule vereinbart seien, von Art. 27 Abs. 2 SES nicht erfasst würden. Der Siebte Senat hat Art. 27 Abs. 2 SES als auslegungsbedürftig erachtet. Er hat daher nach Art. 267 AEUV den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 27 Abs. 2 SES ersucht. Er will erfahren, ob Lehrbeauftragte zu den von Art. 27 Abs. 2 SES erfassten Personen gehören oder ob sie - wie das Verwaltungs- und Dienstpersonal - von der Anwendung der Regelung ausgenommen sind. Ferner fragt der Senat, ob die mit dem Direktor einer Schule geschlossenen Vereinbarungen unter Art. 27 Abs. 2 SES fallen. [Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 24. April 2013-7 AZR 930/11 (A) - Landesarbeitsgericht München Urteil vom 9. November 2011-11 Sa 432/11 -] Newsletter recht 04/13 2

Auskunftsanspruch einer abgelehnten Stellenbewerberin Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die 1961 in der Russischen SSR geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/einer Softwareentwicklers/-in erfolglos beworben. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich gewesen waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien, sah der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nach nationalem Recht nicht. Auf seine Vorlage an den EuGH hatte dieser mit Urteil vom 19. April 2012 (- C-415/10 -) entschieden, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch auch nicht aufgrund des Gemeinschaftsrechts ergibt, die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Arbeitgeber jedoch unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen kann, welcher beim Nachweis der Tatsachen heranzuziehen ist, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung des EuGH blieb die Entschädigungsklage vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Klägerin hat zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Auch die Verweigerung jeglicher Auskunft durch die Beklagte begründete im Streitfalle nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin isd. 7 AGG. [Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. April 2013-8 AZR 287/08 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil vom 9. November 2007 - H 3 Sa 102/07 -] Kündigung wegen Kirchenaustritts Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinderbetreuungsstätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Nach Art. 140 GG ivm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich be- Newsletter recht 04/13 3

gründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit - und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat - wie die Vorinstanzen - die Klage eines seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen gegen eine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung abgewiesen. Der Kläger arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die Piusbruderschaft und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete. Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar Dienst am Menschen und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Kläger wird durch die Kündigung nicht isv. 1, 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht. [Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2013-2 AZR 579/12 - Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - Kammern Mannheim -, Urteil vom 9. März 2012-12 Sa 55/11 -] 12 1 Soweit nicht anders gekennzeichnet, handelt es sich um bearbeitete Pressemeldungen des BAG 2 Bereich Recht E-mail: rechtundratgeber@verdi.de Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin V.i.S.d.P. Bereichsleiter Recht Jens Schubert Newsletter recht 04/13 4

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