Entwicklung der Säuglingssterblichkeit

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Transkript:

Qualitätssicherung für die Zukunft der Pädiatrie Versorgungsstrukturen und Ergebnisqualität perinataler Versorgung in Europa R. Rossi Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Berlin-Neukölln 111. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin München, 4. September 2015 Entwicklung der Säuglingssterblichkeit 40 35 30 GER 25 Promille 20 15 10 5 0 1960-2013 OECD health data 10.8.2015; Daten bis 2013

Deutsches Komitee für Unicef, 2008 Child Well-being Index Bradshaw und Richardson, Child Indic Res 2009;2:319-351

Gesundheitsausgaben im Kindesalter Röhrling et al., Monatsschr Kinderheilkd 2010;158:338-347 EU-Daten aus 2009 Entwicklung der Säuglingssterblichkeit 7 6 5 GER FIN SWE Promille 4 3 2 1 0 1993-2013 OECD health data 10.8.2015; Daten bis 2013)

Entwicklung der Säuglingssterblichkeit 12 10 GER POR 8 Promille 6 4 2 0 1991-2013 OECD health data 10.8.2015; Daten bis 2013 Kindersterblichkeit (pro 1.000 Lebendgeborene) WHO, Global Disease Burden Project Land 0 6 Tage 7 28 Tage 29 365 Tage 1 4 Jahre < 5 Jahre GER 1,6 0,5 1,0 0,6 3,6 SWE 1,2 0,3 0,7 0,5 2,7 FIN 1,3 0,4 0,7 0,6 3,0 Haidong Wang et al., Lancet 2014;384:1005-1070

Fazit 1 Der Unterschied in der Säuglingssterblichkeit zu Schweden und Finnland von etwa 1 bedeutet bei 700.000 NG p.a. 600 800 verstorbene Säuglinge Allein die Unterschiede in der Neugeborenensterblichkeit machen ca. 400-600 Kinder p.a. aus In Portugal wurde angesichts in den 90er Jahren hoher Säuglingssterblichkeit die Zahl der geburtshilflichen Einrichtungen drastisch (auf ¼!) durch Schließung von Kliniken mit weniger als 1.500 Geburten p.a. reduziert und den Neonatologien regionale und teilweise auch begrenzte Versorgungsaufträge zugewiesen Krankenhausbetten/1.000 Einwohner 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 OECD health data, 10.8.2015; 2013 oder letztes verfügbares Jahr

Managing Hospital Volumes - Entwicklung der Krankenhausaufenthalte über 5 Jahre - OECD-Konferenz April 2013; www.oecd.org/health Zahl der NICUs pro 1 Million Einwohner 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Finnland Schweden Niederlande Deutschland Frankreich Dänemark A. Gerber, K. Lauterbach, M. Lüngen DÄB 2008;105:A1439-A1441

Geburtsgewichte nach DRG-Einführung Abler et al., Arch Dis Child 2011;96:F186-F189 Ganz ähnliche Ergebnisse: Jürges und Köberlein, J Health Econ 2015;43:13-26 Anteil der Geburten/Geburtenzahlen der Klinik European Perinatal Health Report 2010, S. 213 Land < 500 500-999 1000-1499 1500 2999 3000-4999 > 5000 GER 16,1 33,7 25,0 22,9 2,3 0 SWE 0,5 5,9 6,0 36,5 21,3 29,8 Fin 4,0 14,1 11,9 35,0 34,9 0

Sectioraten Euro Health Consumer Index 2012 Geburtsgewichte 2013 bzw. 2010 (OECD/European Perinatal Health Report) OECD 2013 Land < 2.500g (%) EPHR 2010 < 2.500g (%) EPHR 2010 < 1.500g (%) Ømat. Alter** Fin 4,1 4,6 0,9 30,4 SWE 4,4 4,4 0,9 30,9 GER 6,9 7,5 1,5 30,6 **: Daten aus 2012: http://appasso.eurostat.ec.europa.eu

Perinatalzentren 2013: Deutschland - Schweden Umsetzung des GBA- Beschlusses kostet ca. 300 Mio. und sei nicht umsetzbar. (Gutachten des Deutschen Krankenhausinstituts 08/2014) KH pro 1 Mio. EW KH-Betten pro 1.000 EW Geburten Säuglings- GG < 2.500g pro PNZ1 Gesundheitsausgaben sterblichkeit Mütter- Sterblichkeit pro 100.000 Geburten GER 47 8,3 11% BIP 4.000 6,9% 3,3 6,5/100.000 SWE 9 2,6 11% BIP 16.000 4,4% 2,6 3,7/100.000 Fazit 2 Im Vergleich zu Nordeuropa, und insbesondere zu Schweden und Finnland - Haben wir mehr Krankenhäuser und mehr Krankenhausbetten, die auch häufiger benutzt werden - Haben wir mehr und kleinere geburtshilfliche Einrichtungen - Haben wir mehr FG (< 37 SSW), häufiger niedrige Geburtsgewichte und mehr VLBWs - Haben wir eine höhere Sectio-Rate - Haben wir eine höhere Müttersterblichkeit (3,7 bzw. 3,9 vs. 6,5/100.000 Lebendgeborene) (Kassebaum et al., Lancet 2014)

Patient Safety und Perinatalmedizin Ist wirklich alles für die Patientensicherheit getan, wenn - eine Geburt in einer Klinik ohne angeschlossene Kinderklinik geplant wird? - wenn eine Level 1 Klinik keine ausreichende Anzahl intensivmedizinisch ausgebildeter Pflegekräfte hat? - wenn im Rufdienst keine Neonatologen sowie Kinderchirurgen und -kardiologen zur Verfügung stehen? - wenn keine große Erfahrung in der Betreuung von Hochrisiko-Schwangeren sowie Reif- und Frühgeborenen besteht? - wenn keine externe und ärztlich geleitete Krankenhaushygiene die Klinik supervidiert? Fazit 3 Die Fläche ist gemessen an mütterlicher und Säuglingssterblichkeit in Nordeuropa mit nur wenigen, aber größeren Kliniken besser versorgt als bei uns mit einem dichten Netz an kleinen Kliniken Eine Regionalisierung in der Perinatalmedizin wird kommen. Neben der Ökonomie wird uns mittelfristig auch der Arzt- und Fachpflegemangel dazu zwingen Hierfür braucht es eine Träger-übergreifende politische Gesundheitsstrukturplanung Mögliche und notwendige Veränderungen benötigen eine breite Akzeptanz in Politik und Bevölkerung und sind unter dem Begriff der patient safety auch vermittelbar

Der Alltag in Deutschen Kliniken Alle sind sich einig: Weniger Krankenhäuser braucht das Land. Dann endlich würde der mörderische Wettbewerb aufhören, und die Krankenhäuser könnten sich wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren. ZeitMagazin Nr. 21, 16.5.2012 Wie könnten wir klug mit diesen Ergebnissen umgehen? Anerkenntnis der Differenzen bezüglich der Säuglings- und Müttersterblichkeit Die Verbesserung von Mütter- und Säuglingssterblichkeit als gemeinsames Ziel aller an der Versorgung dieser Patienten beteiligten Fachgesellschaften formulieren? DGPM DGKJ GNPI GKinD Elternverbände??