in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Erwachsene

Ähnliche Dokumente
Skabies (Krätze) Dr. med. Meike Wedemeyer Laborärztliche Gemeinschaftspraxis Lübeck

- Änderungen des Infektionsschutzgesetzes - Skabies (Krätze)

in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Erwachsene

Skabies und Skabies crustosa (norvegica) Praxiserfahrung aus Sicht der Hygienefachkraft

Ich gehe unter. Informationen zur Krätze (Scabies) Übertragung, Erkennung, Maßnahmen

Scabies in Altenpflegeeinrichtungen

Landeshauptstadt München Referat für Gesundheit und Umwelt Infektionshygiene/Medizinalwesen RGU-GS-HU-IHM Bayerstraße 28a, München.

11108/J. vom (XXV.GP) ANFRAGE

Gesundheitsamt Kreis Herzogtum Lauenburg Merkblatt Scabies (Krätze)

Krank im Kindergarten

Therapie-Empfehlungen bei Scabies in Spitälern und Langzeitinstitutionen

Belehrung gemäß der 33 und 34 des Infektionsschutzgesetzes (IFSG) hier : Information für Sorgeberechtigten

Praktisches Management der Skabies (Krätze) bei Patienten in Asylunterkünften. Informationen für Fachpersonen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich

Merkblatt Kopfläuse. Ausschluss aus Gemeinschaftseinrichtungen: Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen: GESUNDHEIT. Sehr geehrte Eltern,

Empfehlungen. des Infectio Saar Netz zu Skabies (Krätze)

KRÄTZE INFORMATIONEN FÜR INFIZIERTE PERSONEN UND IHR UMFELD.

Schriftliche Kleine Anfrage

MRSA Alles im Griff, Alles klar, Alles unter Kontrolle? 17. Dezember 2014

Hygieneanforderungen im Zusammenhang mit der spezifischen Situation der Asylbewerber am Beispiel Noroviren und Scabies

Noroviren. Information für Patienten

Schulverpflegung und Infektionsschutzrecht

Infektionshygienische Überwachung von Hausarztpraxen. Matthias Buntrock-Schweer Abteilung Infektions- und Umwelthygiene Gesundheitsamt Wuppertal

KRÄTZE (Skabies) Informationsblatt für Gemeinschaftseinrichtungen. weibliche MILBE (gräbt Gang und legt Eier ab)

Kopfläuse sind Parasiten ( Lebewesen, die auf Kosten anderer Organismen leben ), sie leben auf dem behaarten Kopf von Menschen.

Merkblatt Skabies Empfehlung für stationäre Pflegeeinrichtungen

Scabies in Alten- und Pflegeeinrichtungen

Multiresistente Erreger (MRE) Informationen für Patienten und Besucher. Düsseldorf. MRE-Ne zwerk. MRE-Broschüre.indd

Ausbruchsmanagement des Gesundheitsamtes Leipzig am Beispiel KPC-Erreger

Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Einzelfragen zur Impfung gegen Hepatitis B Deutscher Bundestag WD /16

LÄUSE (PEDICULOSIS) Krankheitserscheinungen Zu beobachten sind Juckreiz, Kratzeffekte oder Ekzeme z.b.im Nacken.

Merkblatt Skabies (Krätze)

Wann dürfen Kinder wieder in die Gemeinschaftseinrichtung? Läuse

Epidemiologie ERREGER NORO - VIRUS. Hygieneforum Bern, 19. Januar 2011

Skabies Ausbruch auf einer Intensivstation

Was tun bei Kopfläusen?

Merkblatt Infektionschutzgesetz

Krätze in Gemeinschaftseinrichtungen

Neue Krätze-Epidemie in Mülheim an der Ruhr Was unternimmt die Landesregierung zur Eindämmung der Infektionswelle?

Eltern-Information 25. Februar 2016 Information "Läuse-Kino"

RKI Ratgeber für Ärzte: Skabies (und anderen Parasiten)

Infektionsschutzgesetz / Meldepflichtige Krankheiten Anhang:

Infektionsrisiken beim Kontakt mit Asylsuchenden

"Empfehlungen zum Verhalten im Verdachts- und Krankheitsfall"

L Ä U S E ( P E D I C U L O S I S )

Informationen über Infektionen mit dem Norovirus

TUBERKULOSE Ansteckungswege, Erkennung und Behandlung

... was tun bei Wurmbefall?

Die medizinische Erstuntersuchung von Asylsuchenden in Brandenburg

Die medizinische Erstuntersuchung von Asylsuchenden in Brandenburg

Empfehlung zur Wiederzulassung in Gemeinschaftseinrichtungen

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Wen's juckt, der Krätze äh kratze sich!

Scabies. Patienten-Ratgeber

Kopfläuse was tun? Informationen und Handhabung Stand November 2015

Gerda Schonebeck Fachkrankenschwester für Krankenhaushygiene. Das Klösterchen

Universitätsklinikum Düsseldorf. Informationen für Patienten mit multiresistenten Bakterien sowie für deren Angehörige und Besucher

8. Hagener Hygiene-Forum. Skabies Dr. Volker Kingreen Ltd. Arzt Hautklinik Agaplesion AKH Hagen

Cytomegalie MUSTER. Cytomegalie. Eine Information für werdende Mütter

Landratsamt Waldshut Gesundheitsamt

Clostridium difficile. Dr. med. M. Herz ZE Interne Krankenhaushygiene, UKSH, Campus Kiel

Infoblatt. Läuse. Vorkommen und Verhalten. Wie stellt man den Befall fest?

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen Infektionsschutzgesetz IfSG

Kreisverwaltung. Gesundheitsamt Kaiserslautern. Informationen zu Kopflausbefall

Menschen und Gesundheit. Medizinische Versorgung von Asylbewerbern Dr. med. Kai Dehne Facharzt für Allgemeinmedizin und öffentliches Gesundheitswesen

Mehrfach resistente Erreger

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

6 Meldepflichtige Krankheiten: 1.Namentlich ist zu melden, bei Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an

Sicherer Umgang mit multiresistenten Keimen. Informationen für Patienten und Angehörige

Sicherer Umgang mit multiresistenten Keimen. Informationen für Patienten und Angehörige

Rudolf-Steiner-Schule Nordheide im Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik Nordheide e.v.

Basiswissen Krätze (Scabies) für Presseartikel

Gebrauchsinformation. Bitte lesen Sie die gesamte Gebrauchsinformation sorgfältig durch, denn sie enthält wichtige Informationen

Informationen zum Infektionsschutzgesetz

Informationen und Tipps für Eltern

L Ä U S E ( P E D I C U L O S I S )

Gesundheitsuntersuchungen im Vollzug des 42 SGB VIII

Infektionen, Impfungen, Schulausschluss: Fachliche + rechtliche Aspekte. Wie kommt es dazu, was ist zu beachten, was sagt das Recht?

Die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes. -Was hat sich geändert?-

Empfehlungen zum Umgang mit multi-resistenten Erregern (MRE), am Beispiel MRSA

Standardempfehlung-MRSA-Hygieneplan, Informationsblatt des Gesundheitsamtes Dortmund. Situation Empfohlenes Vorgehen Spezielle Maßnahme/Material

Versorgung von Flüchtlingen: Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen

Jahresbericht Fachdienst 53.4 Gesundheitsschutz

Umgang mit MRSA in der Arztpraxis

Thüringer Landtag 6. Wahlperiode

Wann wird MRSA gefährlich?

Belehrung gemäß 43 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung. nach 4 des Kinclertagesbetreuungsgesetzes und den Richtlinien über die ärztliche Untersuchung

Erste Hilfe bei Kopfläusen

MRSA im ambulanten Bereich Prävalenz und Handlungsstrategien

Gesundheitsamt Uelzen - Lüchow-Dannenberg Die Geschäftsführerin

Qualitätsziel 5 im Rahmen des dritten euprevent-qualitätssiegels. Umsetzung der RKI-Empfehlung zum Umgang mit MRSA

Flore-Chemie GmbH Hygieneschulung Infektionsschutzgesetz

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Transkript:

Thüringer Leitfaden für Maßnahmen des Infektionsschutzes beim Auftreten von Krätzmilbenbefall (Scabies) in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Erwachsene Stand: 25.11.2015 (Version 1)

Vorbemerkung Der vorliegende Leitfaden für Maßnahmen des Infektionsschutzes bei Krätzmilbenbefall (Scabies) ist zur Unterstützung der Thüringer Gesundheitsämter gedacht. Er soll beim Auftreten und bei Ausbrüchen von Krätze in Gemeinschaftseinrichtungen (insbesondere Kindergärten, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen und Asylbewerberunterkünfte) Hilfestellung geben, damit umgehend und einheitlich alle erforderlichen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Bekämpfung eingeleitet werden. Der Leitfaden wurde unter Verwendung der Informationsschrift Scabies in Alten- und Pflegeheimen des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes erarbeitet und stützt sich auf den RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten - Merkblätter für Ärzte - Krätzmilbenbefall (Skabies) in seiner aktuellen Fassung vom Mai 2009. Grundlagen Krätze (Scabies auch Skabies) ist eine hoch infektiöse, parasitäre Hauterkrankung, die weltweit vorkommt. Erreger sind winzige Spinnentiere, die Krätzmilben (Sarcoptes scabiei var. hominis), die sich in die oberste Hautschicht ihres Wirtes eingraben. Dort legen die 0,3- bis 0,5 mm großen weiblichen Krätzmilben ihre Eier ab. Nach etwa 2 Wochen entwickeln sich neue fortpflanzungsfähige Milben. Bevorzugt befallen werden Areale mit besonders dünner und warmer Haut, wie die Hautfalten zwischen Fingern und Zehen, die Beugeseiten von Hand, Fuß und Ellenbogen, die Achselregion, die Brustwarzenhöfe, der Nabel sowie die Genital- und Analregion. An diesen Stellen tritt durch allergische Reaktionen auf den abgesetzten Milbenkot ein starker Juckreiz auf. Durch Aufkratzen der juckenden Hautpartien entstehen Eintrittspforten für weitere Erreger (z. B. Eitererreger wie Streptokokken, Staphylokokken), was in der Folge zu Sekundärinfektionen führen kann. Die Inkubationszeit beträgt bei der Erstinfektion etwa 2 bis 6 Wochen; bei Reinfektion nur wenige Tage. In Mitteleuropa tritt Krätze vor allem als sporadische Erkrankung bei Säuglingen, Kindern, Müttern und immunsupprimierten, älteren Patienten auf. Ein Erkrankungsrisiko hat trotz guter Hygiene grundsätzlich jeder Mensch; Personen mit schwachem Immunsystem sind aber besonders gefährdet. Epidemien durch Krätzmilbenbefall ereignen sich vorzugsweise in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Obdachlosenunterkünfte, Asylbewerberunterkünfte, Justizvollzugsanstalten, Kindergärten, Krankenhäuser, Pflegeheime für Senioren oder Behinderte). In vielen Herkunftsländern von Asylbewerbern kommt Scabies endemisch vor. Daher können Asylbewerber bereits vor einer Aufnahme in eine Erstaufnahmeeinrichtung infiziert sein. Durch beengte Wohnverhältnisse und Hygienemängel wird eine Ausbreitung begünstigt. In Mitteleuropa ist die Ausbreitungsgefahr der Krätze im Herbst und im Winter am größten. Die Übertragung der Krätzmilbe erfolgt in erster Linie durch häufigen, engen Körperkontakt wie Liebkosen, gemeinsames Schlafen in einem Bett, Geschlechtsverkehr und Stillen. Aber auch die während der Betreuung und Versorgung von pflegebedürftigen Personen notwendigen engen Kontakte bei der Körperpflege oder zur Mobilisierung tragen dazu bei, dass sich die Krätze schnell unter den Pflegebedürftigen, den Pflegekräften sowie unter deren Kontaktpersonen im familiären Umfeld verbreiten kann. Eine indirekte Übertragung durch Textilien (Unterwäsche, Bettwäsche Handtücher) und Gebrauchsgegenstände spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sie darf aber bei der Bekämpfung, insbesondere beim Vorliegen besonders schwerwiegender Fälle wegen der hohen Milbenkonzentration, keineswegs außer Acht gelassen werden. Außerhalb des Wirts können die Milben bei Temperaturen von 21 C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % bis 80 % bis etwa drei Tage überleben. Niedrigere Temperaturen bedingen zwar eine verminderte Infektiosität der Milben, verlängern dafür aber ihre Überlebensdauer. Eine Übertragung der Krätze durch Haustiere auf den Menschen kommt selten vor. Seite 2 von 11

Die Ansteckungsfähigkeit ist bereits während der Inkubationszeit, lange bevor Symptome in Erscheinung treten, bis zur Durchführung der Behandlung gegeben. Es ist davon auszugehen, dass 24 Stunden nach erfolgter effektiver Behandlung keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Krankheitsbild Charakteristisch für die Krätze sind leichtes Hautbrennen, unterschiedlich starker Juckreiz insbesondere in den Nachtstunden, Kratzspuren sowie verschiedene Hautveränderungen wie Rötung, Schuppung, Papeln und Pusteln. Mitunter lassen sich auch die unregelmäßig gewundenen Milbengänge (wenige Millimeter bis ca. 1,5 cm lang) in der Haut erkennen. Je nach Art und Ausprägung der Symptome kann die Krätze neben der klassischen Form mit der oben beschriebenen Symptomatik auch mit einem morphologisch sehr heterogenen Erscheinungsbild auftreten, was ihre Diagnose erschwert. Wichtige Sonderformen der Krätze sind: Scabies bei Neugeborenen und Säuglingen; betroffen sind Kopf, Gesicht sowie Hand- und Fußsohlen Bullöse Scabies bei Kleinkindern, z.t. auch bei älteren Menschen mit charakteristischer Bläschenbildung Nodöse Scabies mit extrem juckenden, rötlich-bräunlichen Knötchen Gepflegte Scabies bei Personen mit intensiver Körperpflege und Kosmetikaanwendung; gering ausgeprägte Hauterscheinungen Scabies norvegica (crustosa), auch Borkenkrätze genannt, bei immunsupprimierten Personen (z. B. multimorbide, betagte Personen); mangelnde Immunantwort (auch durch ausgedehnte lokale Kortikosteroidtherapie) der Betroffenen führt zu starker Vermehrung der Milben; in der Folge massive Hautschädigungen in Form starker Schuppung, dicker Krusten unterschiedlicher Färbung und Verfärbungen an den Nägeln; weniger ausgeprägter, mitunter auch fehlender Juckreiz Diagnostik In der Regel ist die fachärztliche Abklärung stark juckender Hautveränderungen unter Einbeziehung der Anamnese durch einen Dermatologen für eine rasche und sichere Diagnose von größter Bedeutung. Mit einem Dermatoskop (beleuchtete Lupe, Auflichtmikroskop) können die verdächtigen Hautareale auf Milben oder Larven bzw. deren Hinterlassenschaften (Grabgänge, Kot) untersucht werden. Die mikroskopische Untersuchung von Hautgeschabsel in einem Labor ist stark fehlerbehaftet. Im eingesendeten Untersuchungsmaterial kann die Milbe oft nicht mehr gefunden werden, sodass es zu falschnegativen Befunden kommt. Oft führen auch Superinfektionen oder bereits vorliegende Hauterkrankungen zu Fehldiagnosen. Therapie Topische Scabizide: In Deutschland werden in der Regel lokal wirkende Scabizide bei der Therapie von Krätze eingesetzt. Diese äußerlich anzuwendenden Präparate (Cremes, Spray) enthalten Substanzen wie Permethrin, Allethrin oder Bezylbenzoat als Wirkstoffe. Seit Mai 2015 ist eine Ivermectin-haltige Creme in Deutschland auf dem Markt, die für die Behandlung von Rosacea zugelassen ist. Bei ihrer Anwendung gegen Scabies handelt es sich ebenso wie bei der systemischen Anwendung von Ivermectin um einen Off-label-use, der eines Aufklä- Seite 3 von 11

rungsgespräches und einer schriftlichen Einverständniserklärung bedarf (siehe unter systemische Scabizide) Die Scabizide werden als Ganzkörperbehandlungen unter Aussparung des Kopfes und der Schleimhäute auf alle Körperteile des Betroffenen aufgetragen, wirken über Nacht (mindestens für 8 Stunden) ein und werden am kommenden Tag mit Seife und Wasser abgewaschen. Eine Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern soll auf Grund mangelnder Erfahrungen unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle erfolgen. Je nach verwendetem Präparat müssen diese Ganzkörperbehandlungen ein bis mehrere Male während des Therapiezyklus wiederholt werden. Einzelheiten können den Skabies-Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft entnommen werden. Die Therapie mit Scabiziden muss von antiepidemischen Maßnahmen wie Wäschewechsel und Entwesungsaktionen (siehe unten) begleitet werden. Da die Inkubationszeit bei Scabies bei der Erstinfektion bis zu 6 Wochen dauern kann, die Ansteckungsfähigkeit jedoch lange vor dem Auftreten von Symptomen gegeben ist, muss sichergestellt werden, dass alle behandlungsbedürftigen Personen therapiert werden. Eine Behandlungsstrategie, die nur auf die Therapie von Personen mit vorliegender Symptomatik abzielt, ist ungeeignet, um lang anhaltende Erfolge bei der Bekämpfung von Krätzeausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen zu erreichen. Auf diese Weise lassen sich Infektketten nur kurzzeitig unterbrechen, weil es infolge von Reinfektionen durch (infektiöse) Unbehandelte immer wieder zu erneuten Scabiesfällen in den betroffenen Einrichtungen kommt. Deutsche Dermatologen plädieren deshalb für das Konzept einer synchronen Massenchemotherapie zur nachhaltigen Bekämpfung von Scabiesausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen. Dabei werden alle Betreuten, das gesamte Pflege- und Betreuungspersonal, alle Familienangehörigen und Partner von Patienten und vom Personal mit denen in den letzten vier Wochen enger Körperkontakt bestand, zeitgleich (am selben Tag) mitbehandelt, unabhängig davon, ob bei ihnen Scabies-verdächtige Symptome vorliegen oder nicht. Systemische Scabizide: Als vielversprechende Alternative zur äußerst personal- und materialintensiven Ganzkörperbehandlung mit den herkömmlichen, äußerlich anzuwendenden Krätzepräparaten wird in Fachkreisen der Einsatz eines systemisch wirkenden Mittels, das in Form einer oralen Einmalgabe verabreicht wird, favorisiert. Es handelt sich um Präparate mit dem Wirkstoff Ivermectin, einem Breitspektrumantihelminthikum (Entwurmungsmittel), das im Ausland bereits erfolgreich zur Bekämpfung der Krätze eingesetzt wurde. Auch in Deutschland konnten bei der Anwendung von Ivermectin zur Bekämpfung aller Arten von Scabies bisher sehr positive Erfahrungen gesammelt werden. Gerade in Pflegeeinrichtungen, insbesondere bei körperlich oder geistig behinderten und dementen Patienten, bei denen eine Ganzkörperbehandlung mit ausreichender Einwirkungszeit des topischen Skabizids nicht zu gewährleisten war, konnten durch den Einsatz von Ivermectin Krätzeausbrüche sehr effizient und nachhaltig bekämpft werden. Allerdings gibt es in Deutschland für Ivermectin bisher noch keine Zulassung für die Indikation Scabies. Derzeit läuft jedoch ein Zulassungsverfahren für Ivermectin-Tabletten. Bei Ivermectin handelt es sich um ein Medikament, welches seit vielen Jahren in Entwicklungsländern zur Bekämpfung von Parasitosen (z. B. Flussblindheit) Anwendung findet. Bei den bisherigen millionenfachen Anwendungen hat sich das Medikament als toxikologisch unbedenklich erwiesen. Derzeit muss in Deutschland Ivermectin zur Behandlung einer Scabies im Rahmen eines Heilversuchs gemäß 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz mit Privatrezept über eine Apotheke aus dem Ausland importiert werden (in Frankreich besteht eine Zulassung zur Scabiestherapie). Damit verbunden sind oft Schwierigkeiten (Ablehnung) bei der Kostentragung durch die Krankenkassen. Hier muss im Vorfeld die Kostendeckung geklärt werden. Am 2. September 2015 hat das Bundesministerium für Gesundheit eine Bekanntmachung nach 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes (AMG) erlassen. Darin wird ein Mangel der Versorgung von Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen mit oral applizierbaren Arzneimitteln zur Behandlung der Scabies festgestellt. Bei bedrohlichen Ausbrüchen von Sca- Seite 4 von 11

bies können die zuständigen Behörden ein befristetes Abweichen von den Vorgaben des AMG gestatten. Ausbrüche von Skabies werden dann als bedrohliche übertragbare Krankheiten eingeordnet, wenn sie aufgrund schwerer Verlaufsformen oder der Gefahr ihrer raschen Weiterverbreitung eine Gefährdung der Bevölkerung darstellen können. Das heißt, dass zur Therapie solcher Scabies-Ausbrüche unter bestimmten Voraussetzungen auch in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel zur oralen Therapie unter vereinfachten Bedingungen bezogen werden können. Mit Zustimmung der zuständigen Behörde kann Ivermectin (Handelsname Stromectol) über das TLV, Dezernat Infektionsepidemiologie für die Scabies-Behandlung von Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen bezogen werden. Über die Voraussetzungen und die Vorgehensweise wurde ein Schreiben an die Gesundheitsämter und Ärzte in Erstaufnahmeeinrichtungen in Thüringen versendet. Wichtiger Hinweis: Auf Grund der Tatsache, dass Ivermectin in Deutschland zur Behandlung von Krätze zur Zeit noch keine Zulassung besitzt, ist vor dem geplanten Einsatz von Ivermectin zur Krätzetherapie vorab nach Aufklärung durch den behandelnden Arzt immer eine schriftliche Einverständniserklärung der betroffenen Person, bzw. bei nicht mehr gegebener Geschäftstüchtigkeit, die des Personensorgeberechtigten einzuholen (siehe Anlage 1). Entwesungsmaßnahmen Umgang mit Wäsche, Matratzen, Bettdecken Unterwäsche, Bettwäsche und Handtücher sollten bei mindestens 60 C, idealerweise mit dem Kochprogramm bei 95 C gewaschen werden. Empfindliche Oberbekleidung kann chemisch gereinigt werden. Alternativ genügt ein siebentägiges Lüften (z. B. auf dem Balkon) oder Aufbewahren in einem fest verschlossenen Plastiksack bei Raumtemperatur für 1 bis 2 Wochen. Matratzen und Bettdecken können einer Dampfreinigung unterzogen werden. Bei Matratzen mit wischfestem Bezug ist auch ein gründliches Abreiben mit einer Reinigungslösung möglich. Kuscheltiere und Hausschuhe/ Schuhe Zur Entwesung können sie (in einer Plastiktüte verpackt) für 24 Stunden im Gefrierschrank bei -12 C eingefroren werden. Die Aufbewahrung in einem fest verschlossenen Plastiksack bei Raumtemperatur für 1-2 Wochen ist ebenfalls möglich. Behandlung von Fußböden und Flächen in Zimmern von Erkrankten Es reichen normale routinemäßige Reinigungsmaßnahmen wie feuchtes Wischen bzw. Staubsaugen mit einem leistungsstarken Staubsauger aus, da die Milben außerhalb des Wirtes relativ schnell absterben bzw. nicht mehr infektiös sind. Teppiche und Polstermöbel, Kissen, Bettvorleger, Vorhänge, Wolldecken (bei Patienten mit Scabies norvegica) Teppiche, Bettvorleger Polstermöbel, Kissen, Gardinen aus Patientenzimmern können mit einem Dampfreiniger gereinigt oder einem leistungsstarken Staubsauger (idealerweise mit einem HEPA-Filter) abgesaugt werden. Beim Entsorgen der Filtertüte des Staubsaugers sollten Einmalhandschuhe getragen werden. Wenn möglich, sollte man vor der abschließenden Säuberung/Entwesung alles entbehrliche Inventar aus dem Patientenzimmer (Möbel, Raumtextilien, Bekleidung) in Plastikhüllen bzw. verschweißten Plastiksäcken verpacken und in einem gesonderten, nicht genutzten Raum für ca. 1 Woche aufbewahren. Seite 5 von 11

Desinfektion Die klassischen Desinfektionsverfahren haben für die Bekämpfung eines Scabies-Ausbruchs keine Bedeutung, da herkömmliche chemische Desinfektionsverfahren unter Verwendung von Mitteln auf Alkohol- oder Aldehydbasis in ihrer Wirkung unsicher bzw. unwirksam sind. Einzig thermische Verfahren erweisen sich hier als wirkungsvoll. Im Ausnahmefall kann in Erwägung gezogen werden, im Zimmer von hochkontagiösen Patienten (Scabies norvegica) Entwesungsmaßnahmen (mit Insektiziden) durch eine Fachfirma durchführen zu lassen. Meldepflicht und gesetzliche Regelungen Für Gemeinschaftseinrichtungen nach 33 Infektionsschutzgesetz (IfSG), das sind Einrichtungen, in denen überwiegend Säuglinge, Kinder oder Jugendliche betreut werden (Kindertagesstätten, Kinderhorte, Schulen, u.ä.) gelten besondere Vorschriften. Bereits bei Verdacht auf Krätze müssen Betroffene oder deren gesetzliche Vertreter die Leitung der Einrichtung gem. 34 Abs. 5 IfSG informieren. Die Leitung der Einrichtung hat in diesem Fall unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt zu informieren (IfSG 34 Abs. 6). Kinder, die an Krätze erkrankt sind bzw. dessen verdächtigt werden dürfen die Einrichtung nicht betreten, betroffene bzw. ansteckungsverdächtige Lehrer oder Erzieher dürfen keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Gemäß den Thüringer Empfehlungen für die Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen ist eine Wiederzulassung erst nach effizienter Behandlung (Milbenfreiheit bzw. Milben dürfen nicht mehr ansteckungsfähig sein) möglich. Dafür ist ein schriftliches fachärztliches Attest (vom Hautarzt) vorzulegen. Wenn neben der erfolgreichen Behandlung die empfohlenen Begleitmaßnahmen sachgerecht durchgeführt wurden, kann eine Wiederzulassung schon nach dem ersten Behandlungstag erfolgen. Auf eine entsprechende Weiterführung der Behandlung und von Hygienemaßnahmen ist zu achten. In Alten- und Pflegeheimen sowie in Asylbewerberunterkünften sind Einzelfälle von Scabies nicht meldepflichtig. Es wird aber dringend geraten, dass bei zwei oder mehr Erkrankungsfällen, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, die Leitung der Einrichtung sofortigen Kontakt zum Gesundheitsamt aufnimmt. Ist der Ausbruch als bedrohlich einzuordnen, da die Erkrankungen aufgrund schwerer Verlaufsformen oder der Gefahr ihrer raschen Weiterverbreitung eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen können, besteht Meldepflicht nach 6 Abs. 5 IfSG. In den oben genannten Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder, in Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber und ähnlichen Einrichtungen sind nach 36 IfSG Hygienepläne für die innerbetriebliche Vorgehensweise beim Auftreten von Infektionskrankheiten und somit beim Auftreten von Scabies zu erstellen. Gemäß 31 IfSG sollte das Gesundheitsamt bis zur erfolgreichen Behandlung erwägen, auch in Alten- und Pflegeheimen Tätigkeitsverbote für betroffene bzw. ansteckungsverdächtige Mitarbeiter anzuordnen. Dies gilt besonders dann, wenn krankheitsverdächtige Mitarbeiter ein Behandlungsangebot nicht annehmen. Kostenübernahme Die Frage der Kostenübernahme muss vor Beginn der Maßnahmen innerhalb des Kompetenzteams geklärt werden. Speziell bei der Behandlung von asymptomatischen ansteckungsverdächtigen Kontaktpersonen ergeben sich Abrechnungs- und Finanzierungslücken. Behandlungen dieser Personen fallen nicht unter die Maßnahmen einer spezifischen Prophylaxe nach 20 Abs. 5 IfSG. Deshalb werden die Kosten dieser Behandlung nicht vom Land Thüringen übernommen (Ausnahme siehe unten). Seite 6 von 11

Sind Kinder bis zum 12. Lebensjahr behandlungsbedürftige Kontaktpersonen, erfolgt die Kostentragung durch die Krankenkassen (bei einzelnen Krankenkassen auch bis zum 18. Lebensjahr). Bei älteren Personen ist damit zu rechnen, dass einzelne Ärzte eine Behandlung ablehnen oder die erforderlichen Medikamente über Privatrezepte verordnen, deren Begleichung wiederum von den Betroffenen abgelehnt wird. Wenn jedoch nicht alle behandlungsbedürftigen Personen behandelt werden, ist eine effektive Unterbrechung der Infektionskette nicht möglich. Es ist deshalb sinnvoll zu prüfen, ob Kosten durch die Einrichtung, die Berufsgenossenschaft, das Gesundheitsamt oder andere Kostenträger übernommen werden können. Bei Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen werden die Behandlungskosten vom Thüringer Landesverwaltungsamt übernommen. Maßnahmen bei Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Erwachsene (siehe Ablaufschema Anlage 3) Rolle des Betriebsarztes und des Arbeitgebers, Aufgaben des Gesundheitsamtes, Bildung eines Kompetenzteams Da Skabies häufig auch ein Problem für die Beschäftigten in den Einrichtungen darstellt, sollte der Betriebsarzt den Arbeitgeber sensibilisieren, Scabies schon vor dem ersten Auftreten in die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze mit aufzunehmen. Die erforderlichen Maßnahmen zur Eingrenzung des Infektionsgeschehens fallen dabei in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Er kann mit der Gefährdungsbeurteilung und mit der Planung erforderlicher Maßnahmen fachkundige Personen wie den Betriebsarzt beauftragen. Die Ergebnisse sollten in einem entsprechenden Handlungsschema (wie auch in den Hygieneplänen nach 34 IfSG gefordert) aufgeführt werden. Auch die Kostenübernahme sollte möglichst schon im Vorfeld geklärt werden (siehe oben). Das Gesundheitsamt ist nach 16 IfSG und 1 der Thüringer Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten verpflichtet, bei Verdacht und Auftreten von übertragbaren Krankheiten, notwendige Maßnahmen zur Abwehr drohender Gefahren zu ergreifen. Das trifft insbesondere auf Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder, aber auch in allen anderen Einrichtungen wie in Alten- und Pflegeheimen sowie in Behinderteneinrichtungen und Asylbewerberunterkünften zu (siehe Epidemiologisches Bulletin Nr. 46/2012). Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen: Einschätzung der epidemiologischen Situation in den betroffenen Einrichtungen Empfehlung von Hygienemaßnahmen Koordinierung von Therapiemaßnahmen insbesondere innerhalb der betroffener Einrichtung Erfolgskontrolle Für die Koordinierung und Umsetzung der erforderlichen antiepidemischen Maßnahmen sollte ein fachübergreifendes Kompetenzteam gebildet werden, das je nach Situation und Einrichtung neben Vertretern des Gesundheitsamts aus der Leitung der Einrichtung, dem Betriebsarzt, einem Dermatologen, Hausärzten, der Pflegedienstleitung, Heimaufsicht, Hygienebeauftragten und ggf. dem Vertragsapotheker besteht. In diesem Gremium sollten notwendige Maßnahmen z. B. die Organisation und Absicherung einer schnellstmöglichen Diagnostik, Einleitung effektiver Bekämpfungsmaßnahmen (Reinigung Bettwäsche, Maßnahmen beim Personal usw.), Kostentragung therapeutischer Maßnahmen beraten und dementsprechend Festlegungen im Sinne einer reibungslosen Umsetzung getroffen werden. Dem Gesundheitsamt obliegt es, den Erfolg der Maßnahmen zum Abschluss zu kontrollieren. Seite 7 von 11

Verdacht und Diagnosestellung Tritt in einer Gemeinschaftseinrichtung der Verdacht auf Scabies auf, sollte möglichst zeitnah die Diagnose bei allen Personen mit entsprechenden Hautveränderungen und starkem, nächtlichen Juckreiz durch einen Dermatologen abgesichert werden. Entsprechende Hygienemaßnahmen wie das Tragen von Schutzkleidung (siehe unten) sind schon vor Diagnosestellung zu veranlassen, um eine weitere Ausbreitung der Infektion zu verhindern. Meldepflicht Gesetzlichen Meldepflichten ist nachzukommen (siehe Abschnitt Meldepflicht und gesetzliche Regelungen). Bei Kindereinrichtungen und Schulen ist bereits der Verdacht auf eine Krätzeerkrankung an das zuständige Gesundheitsamt meldepflichtig. Treten in Alten- und Pflegeeinrichtungen zwei oder mehr Fälle mit epidemiologischem Zusammenhang auf, wird auch hier dringend zur Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt ggf. auch mit der Heimaufsicht geraten. Für bedrohliche Ausbrüche besteht Meldepflicht nach 6 Abs. 5 IfSG. Untersuchung aller betreuten Personen und Mitarbeiter Im Falle eines Ausbruchs sind alle betreuten Personen in der Gemeinschaftseinrichtung und das gesamten pflegerische Personal durch einen Dermatologen oder einen dermatologisch versierten Arzt auf Scabies-verdächtige Symptome zu untersuchen. Alle Kontaktpersonen der an Scabies Erkrankten sind zu erfassen und es ist zu überprüfen, ob abhängig von der Intensität des Kontakts eine Behandlung notwendig ist. Information Wichtig für die schnelle und effiziente Bekämpfung eines Krätzeausbruchs ist die Information der Betroffenen (ggf. der Sorgeberechtigten) und der Mitarbeiter (Pflegepersonal in Heimen, Erzieher in Kindertagesstätten), externer Dienstleister (Physiotherapeut, Frisör, Kosmetik, Fußpflege), der Besucher und aller infrage kommenden Kontaktpersonen. Sie müssen über die Erkrankung, die Bekämpfung, die notwendigen Verhaltensregeln (Besuchseinschränkungen bzw. -verbote) und, sofern im konkreten Fall erforderlich, die Notwendigkeit einer zeitgleichen Mitbehandlung aufgeklärt und von letzterer Maßnahme unbedingt überzeugt werden. Bei der Verlegung infizierter Personen muss die aufnehmende Institution und der Krankentransport informiert werden. Bei größeren Ausbrüchen sind Informationsveranstaltungen (ggf. getrennt für Betroffene/Angehörige und Mitarbeiter) oder Informationsschreiben (siehe Anlage 2) sinnvoll, um eine möglichst hohe Compliance bei den notwendigen Maßnahmen zu erreichen. Für ausländische Mitbürger und Asylsuchende sind auf der Infektionsschutz-Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Informationen zu Scabies in deutsch, englisch, französisch, russisch, türkisch und arabisch verfügbar: https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/kraetze-skabies/ Therapie Therapiemaßnahmen müssen unter Beachtung möglicher Kontraindikationen (z. B. Alter, Schwangerschaft, vorliegende Grundleiden) konkret auf die jeweilige Person abgestimmt werden. In Alten- und Pflegeheimen wird bei Scabiesausbrüchen im Hinblick auf die dortige Situation und den Immunstatus der betreuten Personen eine synchronen Massenchemotherapie empfohlen, d.h. die zeitgleiche Behandlung aller Betreuten, des gesamten Pflegepersonals, aller Familienangehörigen, Partner und der Kontaktpersonen von Patienten und Pflegepersonal, zu denen in den letzten vier Wochen enger körperlicher Kontakt bestand, unabhängig davon, ob bei ihnen Symptome vorliegen, die auf eine Scabies schließen lassen (siehe auch Abschnitt Therapie). Nach der Verabreichung von Scabiziden ist eine ein- bis mehrmalige Wiederholung der Behandlung bei allen symptomatischen Personen erforderlich. Eine Behandlung mit systemischen Scabiziden (Ivermectin) sollte bei Erwachsenen aufgrund der hohen Effizienz, der einfachen Anwendung und der guten Verträglichkeit bevorzugt in Erwägung gezogen werden. Um die Compliance zu fördern, ist hier eine umfassende Aufklärung der zu Seite 8 von 11

behandelnden Personen nötig. Auch in Asylbewerberunterkünften sollten alle Personen mit engem körperlichen Kontakt zu den Erkrankten in eine synchrone Therapie mit einem oral einzunehmenden Krätzepräparat (Ivermectin) einbezogen werden. Alle behandelten Personen sollten nach 14 Tagen nachuntersucht werden. Sicherheitshalber sollte für die nächsten 5 bis 6 Wochen auf Juckreiz und Scabies-verdächtiger Läsionen bei allen Bewohnern und Pflegekräften geachtet werden. Therapiemaßnahmen erfolgen freiwillig und setzen immer das Einverständnis der Behandlungsbedürftigen bzw. deren Personensorgeberechtigten voraus. Bei der Behandlung mit topischen oder systemischen Arzneimitteln, die in Deutschland als Krätzepräparat nicht zugelassen sind, muss immer eine Aufklärung durch den behandelnden Arzt erfolgen. Die Einholung einer schriftlichen Einverständniserklärung ist notwendig (siehe Anlage 1). Zu beachten ist zudem, dass Scabizide verschreibungspflichtig sind und daher für jede zu behandelnde Person ein ärztliches Rezept nötig ist (Ausnahme bei Bezug von Ivermectin für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen über TLV). Entwesung Die Therapiemaßnahmen werden durch entsprechende Entwesungsmaßnahmen (siehe oben) begleitet. Nach der Behandlung erfolgt ein Wechsel und Reinigung der Bettwäsche und der Unterwäsche aller in Gemeinschaftseinrichtungen dauerhaft untergebrachten Personen, beim Personal und bei allen weiteren behandelten Personen. Personalschutz, Schutzkleidung Bei der Pflege von an Krätze erkrankten Personen sind langärmlige Schutzkittel mit Ärmelbündchen und Einmalhandschuhe mit Stulpen patientenbezogen zu tragen. Die Kittel sollten täglich gewechselt werden. Wichtig ist der Wechsel nach jeder Behandlung, d.h. nach dem Abduschen des Antikrätzepräparates. Sollte doch Hände oder Arme mit einem Erkrankten oder einem Ansteckungsverdächtigen in Berührung gekommen sein, sind diese gründlich mit Wasser und Seife zu waschen, insbesondere die Fingernägel müssen sorgfältig gereinigt werden. Unterbringung bzw. Isolierung in Gemeinschaftseinrichtungen Bei einer klassischen Scabies wird eine Unterbringung des betroffenen Bewohners im Einzelzimmer bis einen Tag nach Behandlungsbeginn empfohlen. Bei mehreren an Scabies erkrankten Personen können diese auch gemeinsam in gesonderten Zimmern untergebracht werden. Für die Pflege des Erkrankten verwendete Mittel und Gegenstände sind bewohnergebunden einzusetzen und im Zimmer des Betroffenen aufzubewahren. Es ist darauf zu achten, dass die Fingernägel des betroffenen Bewohners möglichst kurz gehalten werden, um Verletzungen durch Kratzen zu vermeiden. Beim Vorliegen einer Scabies norvegica (crustosa) ist eine Isolierung für mindestens 14 Tage notwendig, in Abhängigkeit vom Befund der Nachuntersuchung möglicherweise noch länger (für weitere 14 Tage). Ist die Einzelunterbringung in der Gemeinschaftseinrichtung nicht möglich, sollte die stationäre Betreuung des an Borkenkrätze Erkrankten in einer Hautklinik erwogen werden. Verhinderung jeglicher Fluktuation in der Zeit der Ansteckungsgefährdung Personal, das Umgang mit an Scabies erkrankten bzw. dessen verdächtigten Betreuten hat, sollte konsequent nur für diesen (möglichst eng zu begrenzenden) Personenkreis eingesetzt werden. Ein Einsatz dieser Mitarbeiter in anderen Bereichen und umgekehrt ist für die Zeit der Ansteckungsgefährdung, d.h. bis zum Abschluss der Behandlung, unbedingt zu vermeiden. Zutritts- und Besuchsverbot, Verbot von Gemeinschaftsveranstaltungen Gemäß 34 IfSG (siehe oben unter Gesetzlichen Reglungen) dürfen an Scabies erkrankte, in Gemeinschaftseinrichtungen betreute Kinder die Einrichtung nicht betreten und betroffene/ansteckungsverdächtige Lehrer/Erzieher keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kon- Seite 9 von 11

takt zu den dort Betreuten haben, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit durch sie nicht mehr zu befürchten ist. Gemäß den Thüringer Empfehlungen für die Wiederzulassung in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen ist eine Wiederzulassung erst nach effizienter Behandlung (Milbenfreiheit bzw. Milben dürfen nicht mehr ansteckungsfähig sein) bzw. nach klinischer Abheilung der befallenen Hautareale möglich. Dafür ist ein schriftliches fachärztliches Attest (vom Hautarzt) vorzulegen. Auch in Gemeinschaftseinrichtungen für Erwachsene kann das Gesundheitsamt Tätigkeitsverbote für betroffene, ansteckungsverdächtige Mitarbeiter aussprechen, um den Ausbruch erfolgreich zu bekämpfen (z. B. wenn eine Behandlung abgelehnt wird). Besuchern und externen Dienstleistern muss für die Zeit der Ansteckungsgefährdung der Zutritt zum betroffenen Bereich/zur betroffenen Einrichtung untersagt werden. Gegebenenfalls sollte mit einem gut sichtbar angebrachten Aushang die Notwendigkeit dieser Vorgehensweise erklärt und um Verständnis für diese strenge, aber erforderliche Maßnahme gebeten werden. Für die Zeit der Ansteckungsgefährdung kann in den Einrichtungen bzw. bestimmten Bereichen erwogen werden, Gemeinschaftsveranstaltungen zu untersagen. Transportmittel (Zug, Bus, Taxi) Ein Transport von möglicherweise mit Scabies infizierten Personen in Verkehrsmitteln ist möglich, da die Übertragung über Gegenstände eine untergeordnete Rolle spielt. Zum zusätzlichen Schutz können Flächen mit einem leistungsstarken Staubsauger oder feucht gereinigt werden. Wurde bei einer Person Scabies von einem Arzt diagnostiziert, sollte mindestens ein Behandlungszyklus vor dem Transport abgeschlossen sein. Bei Scabies crustosa sollte der zuständige Arzt bestätigen, dass die Person nicht mehr ansteckend ist, bevor ein Transport erfolgt. Dokumentation Über alle behandelten Personen sowie sämtliche durchgeführten Maßnahmen ist durch einen Mitarbeiter der betroffenen Einrichtung eine sorgfältige Dokumentation zu führen. Literatur- und Quellenverzeichnis RKI-Ratgeber für Ärzte- Krätzmilbenbefall (Skabies) http://www.rki.de/de/content/infekt/epidbull/merkblaetter/ratgeber Merkblatt des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes zur Krätze (Scabies) http://www.nlga.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=6634&article_id=19315&_psmand=20 Scabies in Alten- und Pflegeeinrichtungen; Fragen Antworten Arbeitshilfen Herausgeber: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt; Januar 2013 http://www.nlga.niedersachsen.de/download/75501/scabies_in_alten- _und_pflegeeinrichtungen_fragen_-_antworten_-_arbeitshilfen.doc Maßnahmen bei Krätzeausbruch in Alten- und Pflegeheimen; Landesgesundheitsamt Baden- Württemberg http://www.gesundheitsamt-bw.de/sitecollectiondocuments/30_gesundheitsth_hygiene/ Kraetzeausbruch_in_Heimen.pdf Systemische Massenchemotherapie bei einem Skabiesausbruch in einer Duisburger Altenpflegeeinrichtung, Epidemiologisches Bulletin Nr. 46/2012 http://www.rki.de/de/content/infekt/epidbull/archiv/2012/ausgaben/46_12.pdf? blob=publicationfile Skabiesausbruch in einem Seniorenheim inder Vorderpfalz, Epidemiologisches Bulletin Nr. 19/2009 http://edoc.rki.de/documents/rki_fv/renrcsbhrlkqe/pdf/21rbdcghai2w.pdf Skabies (Krätze): Epidemiologie und Prävention Seite 10 von 11

Skabies: Ausbrüche in Heimen erfordern konsequente Gegenmaßnahmen Skabies: Zu einem Ausbruch in einem Asylbewerberheim Epidemiologisches Bulletin Nr. 4/2005 http://www.rki.de/de/content/infekt/epidbull/archiv/2005/ausschnitte/scabies_eb_04_05.pdf? blob =publicationfile Wolff, Helmut H., Kock, Stefan: Ivermectin als orale Einmalbehandlung bei Scabies; 1998, Dtsch. Ärztebl. 95 (36), 2095-2096 https://www.aerzteblatt.de/pdf/95/36/a2095_7.pdf Skabies Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft http://www.derma.de/fileadmin/derma/pdfs/ll_skabies_2006_07_17.pdf Fremdsprachige Informationen zu Scabies: https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/kraetze-skabies/ Anlagen Anlage 1: Information zur Behandlung mit Ivermectin und Einverständniserklärung über die Durchführung der Behandlung (als Muster zur Bearbeitung und Verwendung durch Gesundheitsamt/betroffene Einrichtung) Anlage 2: Informationsblatt zu Scabies für Patienten, Angehörige, Sorgeberechtigte und Mitarbeiter (als Muster und zur Verwendung durch das Gesundheitsamt) Anlage 3: Schematische Darstellung der Maßnahmen bei Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Erwachsene Seite 11 von 11