Korrosion metallischer Werkstoffe unter

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Transkript:

Korrosion metallischer Werkstoffe unter geothermischen Bedingungen Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk & Dr. Petra Huttenloch, Lehrstuhl für Hydrogeologie KIT die Kooperation von Forschungszentrum Karlsruhe GmbH und Universität Karlsruhe (TH)

Gliederung Grundlagen der Korrosion Korrosion als Systemverhalten Korrosionsuntersuchungen Ergebnisse Ausblick und zukünftige Aktivität 2 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosion Def. Korrosion: Von der Oberfläche ausgehende Beschädigung g eines Werkstoffs durch das ihn umgebenden Medium (WRANGLÉN 1985) Bestreben des Metalls in seinen unter Atmosphärenbedingungen thermodynamisch stabilen Zustand (als Oxid, Hydroxid etc.) überzugehen, da es unter Energieaufwendung in elementaren Zustand überführt wurde Korrosion lässt sich nicht verhindern, lediglich verzögern! 3 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Wechselwirkung Metall/Elektrolyt Aufbau einer Potentialdifferenz (elektrochemische Doppelschicht) Triebkraft für die Korrosion Reaktionen Metall/Elektrolyt (Bsp. Eisen) Anodischer Teilschritt Fe Fe 2+ + 2e - (Überführung von elementarem Eisen in Ionenform) Kathodischer Teilschritt H + + 2 e - H 2 (gas) (Säurekorrosion) O 2 + 2 H 2 O + 4 e - 4 OH - (Sauerstoffkorrosion) Beide Reaktionen laufen gleichzeitig ab und heben sich in der Summe beider Teilströme auf (Prinzip der Elektroneutralität) 4 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Arten der Korrosion 5 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosion als Systemverhalten Korrosionsbeständigkeit keine Werkstoffeigenschaft, sondern Werkstoffverhalten! 6 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosion in der Geothermie Chemisch-physikalische Einflussgrößen: Temperatur Redoxpotential Anwesenheit bzw. Konzentration von Schlüsselspezies z.b. H + (ph), Cl -,O 2,H 2 S Bsp. Oberrheingraben: Hohe Mineralisation (bis zu 130 g/l) ph-wert 5 Hoher Gasgehalt (CO 2 > 90%, N 2, CH 4 ) GWR > 1 Pauwels et al. 1993; Schröder & Hesshaus 2009 7 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosion in der Geothermie Problematik: Korrosion & Scaling Def. Scaling: Bildung von festen Ablagerungen g und Inkrustationen auf Werkstoffoberflächen durch chemische und/oder elektrochemische Prozesse z.b. Karbonat, Sulfat/Sulfid, Silikat, gediegene Elemente (Bspw. Pb) Hydrolyse von Metallionen ph-wert sinkt Einwanderung von Cl-Ionen (Elektroneutralität) O 2 -Verarmung (Repassivierung schwer möglich) 8 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosion in der Geothermie Geothermieprojekt Bruchsal TV-Befahrung 17.9.2007 GB1 Injektionsbohrung Zustandserkundung der Verrohrung (N80) Einbau: 1983 Ruhewasserspiegel ca. 67 m 9 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosionsuntersuchungen Adaption realer geothermischer Bedingungen im Labor Versuche mit originalen Geothermalwässern Stahlauswahl Unlegierte Baustähle: u.a. N80, P110 (typischerweise für Erdöl- und Gasförderung verwendet) rost- und säurebeständige Edelstähle: 1.4016, 1.4104,1.4404, 1.4462, 1.4571, 1.4539 (unterschiedliche Legierungszusammensetzungen) Ni-Basis-Legierung: 2.4856 Anlagenspezifische Versuchsbedingungen (p,t, ph) 10 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosionsuntersuchungen - Elektrochemie Kurzzeitexperimente (wenige Stunden) Aufzeichnung von Stromdichte-Potential-Kurven Berechnung der Korrosionsrate Ermittlung kritischer Parameter wie LK-Potential, Repassivierungspotential Abgrenzung von Aktiv-Passiv-Zuständen des Metalls (Passivitätsbereich) 1.4404 11 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosionsuntersuchungen - Autoklav Auslagerung: Wochen - Monate Druck (max. 200 bar) und Temperatur (max. 200 C) variable Gaszusammensetzung Befüllung ohne Entspannung des Thermalwassers möglich Korrosionsrate über Massenverlust Bestimmung der Korrosionsart Analyse der Deckschichten 12 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Korrosionsuntersuchungen - On-site Korrosionspilot Korrosionspilot Soultz-sous-Forêts: Installiert vor der Re-Injektionsbohrung (GPK3) In-situ Auslagerung in Durchströmungskammern Versuchsdauer: Wochen Monate Korrosionsrate über Massenverlust Korrosionsart Untersuchung von Deckschichten 13 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Ergebnisse der Korrosionsuntersuchungen Abgleich der mittels unterschiedlicher Verfahren ermittelten Korrosionsraten * Baticci (2009) 14 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Ergebnisse der Korrosionsuntersuchungen Elektrochemie Gleichförmige Korrosion der unlegierten Baustähle (KR <0,3 mm/jahr) LK der Edelstähle (kritische Potentiale ermittelt); Überprüfung mit Prüflösungen im Autoklav (definiertes φ Redox der Lösung) Autoklav Relativ hohe KR der unlegierten Baustähle, aber starke Abnahme über die Zeit Plausibilität der KR steigt mit zunehmender Auslagerungszeit Initiale LK am 1.4104 (Cr) Höherlegierte Stähle (Cr-Ni-Mo) stabil m/jahr] Korrosio onsrate [m Korrosion nsrate [mm m/jahr] On-site Tests 1 KR unlegierter Baustähle <0,22 mm/jahr Initiale LK am 1.4104 (Cr) Höherlegierte Stähle (Cr-Ni-Mo) stabil 15 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk 3 2.5 2 1.5 0.5 0 80 C ph 4,8 P235GH P235GH water from Soultz-sous-Forêts + CO2, 20 bar, 80 C Soultz-Wasser 80 C pco 2 20 bar p 2 R 2 = 0.964 100 200 300 400 500 600 700 800 900 time Zeit [h]

Zusammenfassung & Best-Practice Gute Übereinstimmung der KR zw. Elektrochemie & On-site-Auslagerung KR im Autoklav höher LK-Verhalten der Auslagerungsversuche ähnlich Standortabhängige Beurteilung der Korrosivität ität Kosten-Nutzen-Kalkulation unter Mitberücksichtigung möglicher Folgeschäden Werkstoffauswahl unter Einbeziehung aller erfassbaren Betriebsparameter 16 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Ausblick und zukünftige Aktivität Optimierung bestehender Messverfahren Langzeitversuche an Edelstählen bzgl. LK-Anfälligkeit Erweiterung der Probenpalette (z.b. Titan, Nickelbasislegierungen) Konstruktion neuer Messinstrumente (z.b. zur Bestimmung des Gas/Wasser- Verhältnisses des Geothermalwassers) Durchführung von Laborversuchen unter den Bedingungen anderer Geothermieprovinzen z.b. Auswirkungen von H 2 S auf die Korrosion (Molasse) 17 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Die Untersuchungen werden im Rahmen des Projektes LOGRO (Langzeitstabilität und Optimierung eines Geothermie-Kraftwerkes in einem geklüftet-porösem Reservoir im Oberrheingraben, Fkz: 0325111C) von der EnBW Baden Württemberg AG und dem Bundesministerium für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) finanziell unterstützt. 18 22.11.2010 Dipl.-Geol. Niklas Mundhenk