Gottesdienst am Ostermontag, 13. April 2009 Lukas 24, 18-35. Sucht die Freude mitten unter uns! Pfarrer Ralf-Andreas Gmelin geht in der Predigt am Ostermontag aus von der Geschichte der Emmausjünger, Lukas 24, 18-35: Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem HERRn Jesus Christus. Liebe Gottesdienstgemeinde, das Lukasevangelium ist der Ausgangspunkt für die Predigt am heutigen Ostermontag. Es ist die Begegnung Jesu mit zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, die Stelle des Neuen Testaments, aus der der traditionelle Ostergruß stammt. Wir wollen uns aufmachen, um nach der Osterfreude zu suchen. Die Bibel nimmt uns an der Hand und lässt uns dabei sein, als zwei Freunde Jesu unterwegs sind: Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. Wir sind nicht überrascht: Menschen, die etwas Heftiges durchgemacht haben, die müssen es los werden: Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über, wie man früher sagte. Aber den beiden kommt etwas dazwischen, als sie genau das machen, wofür manche Menschen heute einen Freund oder einen Tresen brachen. Manche ziehen dazu einen Verein vor, nicht wenigen ist der Ehepartner dafür das richtige Gegenüber. Ganz viele von uns wollen ein Erlebnis loswerden. Für die beiden Wanderer nach Emmaus ändert sich ihr trostreiches Zwiegespräch, bei dem sie sich schön in ihrer eigenen Trauer im Kreis bewegen: Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten. Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm:
Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Vielleicht war der Dritte den beiden lästig, als er sich zu ihnen gesellt. Zu zweit im vertrauten Kreis können wir so schön traurig sein. Wenn da einer kommt, müssen wir uns zusammen nehmen. Die Rückfrage, lässt jedenfalls auf mindere Begeisterung schließen: Wo lebst Du denn, dass Du nichts davon weißt, was uns bewegt und verletzt? Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. An dieser Stelle ist die Verbitterung der beiden deutlich zu spüren: Jesus wird gepriesen, aber mit seinen Feinden nimmt man es nicht genau: Vielleicht hätten die Hohepriester und Oberen Jesus retten können, wenn sie sich für ihn eingesetzt hätten. Aber Jesus hat sich niemals Liebkind bei irgendeiner Obrigkeit gemacht. Warum hätten sie sich wegen ihm Ärger einfangen sollen? Verurteilt und gekreuzigt wird Jesus allein von den wirklichen Machthabern, von den Römern. Weil sie ihre Befehle aus Rom empfangen und weil später eins der wichtigsten Zentren der Christenheit in Rom liegen wird, kommen die gewalttätigen Legionäre in der Passionsgeschichte eindeutig zu gut weg. Ich denke, das kennen wir von uns auch: Bei den freundlichen Menschen sind wir gern zum differenzierten Urteil bereit. Aber wenn es gilt, die Gegner zu verurteilen, dann wird leicht alles in einen Sack gesteckt. Die eigenen Leute werden gern geschönt, wenn man fremde Menschen hat, denen man alles Üble in die Schuhe schieben kann: Den frühen Christen waren die Römer rasch vertrauter als die Landsleute Jesu, die Juden. Mit schrecklichen Folgen, wie wir alle wissen! Langsam wird der lästige Fremde zum Komplizen des eigenen Gefühls. Wenn er schon die traurige Zweisamkeit stört, kriegt er jetzt von den beiden Wanderern das Herz ausgeschüttet:
Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht. Wenn ich mich freuen soll, dann muss mir der Grund meiner Freude glaubwürdig bezeugt werden. Zu den sprachlichen Errungenschaften meiner vierjährigen Tochter aus der KiTa gehört das altvertraute: Ätschibätsch. Ein Wort, mit dem sich Kinder darüber freuen, dass ihre falsche Aussage von anderen geglaubt wurde. Freude über eine errungene Glaubwürdigkeit, die der Lüge dient. Wenn Kinder das so früh über unzählige Generationen einüben, dann zeigt das, wie wichtig dies Thema Glaubwürdigkeit bis heute ist. Es gibt auch heute starke Zeugen und schwache Zeugen. Und wenn es um die Beweiskraft kritischer Aussagen geht, spielt die Persönlichkeit des Zeugen eine große Rolle. Die Zeiten sind heute eindeutig besser geworden im Hinblick darauf, dass bei uns derzeit Frauen nicht automatisch als schwache Zeugen gelten. In der Antike hatten Frauen fast nirgendwo das Recht, vor Gericht als Zeugin aufzutreten. Und man hört bei dem Gespräch der beiden Wanderer das Bedauern heraus: Hätte doch einer von uns Männern die Geschichte am Grab gesehen, dann wäre die Sache klar. Aber bei den Mädels weiß man ja nie so recht! Jesus, der Fremde, den die beiden Wanderer nicht erkannt haben, zumal sie nicht zu den zwölf Urjüngern gehört hatten, kontert: Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.
Zumindest geht den beiden Jüngern jetzt auf, dass sie nicht einen einfachen einfältigen Weggenossen haben, sondern einen, der sehr wohl weiß, was in Jerusalem mit Jesus geschehen ist. Jesus, der vermeintlich Fremde, dreht die Freude ins Unerträgliche: Freut euch, dass es so gekommen ist, denn das haben die Propheten geweissagt und ohne den Tod von Jesus hätte sich nichts geändert. Dass Leid und Schmerz oft der Punkt sind, an dem wir endlich beginnen, uns zu ändern, das ist heute auch so, aber das freut uns nicht, jedenfalls nicht im ersten Moment. Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt. Jesus hat es geschafft: Er ist endgültig nicht mehr der lästige Reisebegleiter, der zu allem seinen Senf dazugibt. Er ist jetzt einer, der Orientierung gibt, dessen Urteil gefragt ist: Wir wissen nach dem Tod von Jesus nicht wohin, vielleicht kannst Du uns zum Wegzeichen werden. So wie ich die Passionsgeschichte des Johannesevangeliums, die wir hier am Karfreitag gehört haben nur mit dem Anklang der Johannespassion von Johann Sebastian Bach hören kann, so singt in mir der Kanon Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget. Ein Lied, das die Freude der Hoffnung zum Klingen bringt jedenfalls bei mir bis heute. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Jetzt geschieht das Wunder der Gemeinschaft: Aus eben noch Fremden wird im Abendmahl eine verschworene Gemeinde, die weiß, dass Jesus mitten unter ihnen ist, wenn das Brot in seinem Namen ausgeteilt wird. Es gibt viele gute Gründe, unser altehrwürdiges evangelisches Abendmahl immer wieder ganz neu zu gestalten und zu überarbeiten. Aber es gibt auch die Freude des Vertrauten und uns vor langer Zeit Geschenkten. Es gibt auch eine Freude, dass Besserwisserei und Neuerungssucht von manchen Dingen die Finger gelassen haben. Auch wenn wir Jesus nicht mit unseren Augen sehen, werden wir mit solcher Freude in seine Gemeinschaft gerufen.
Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach. Schade, es lässt sich so schwer machen, dies Gefühl, dass uns das Herz vor Freude brennt. Eigentlich wäre das Aufgabe einer Predigt des Evangeliums: Uns mit dem Feuer der Freude entzünden. Und hier kehren die beiden zurück zu den anderen Jüngern, die sich fragen, ob sie von den Frauen und von Petrus auf den Arm genommen werden. Die beiden Emmausjünger erzählen, wie gut es ihnen tat, als er das Brot genau so brach, wie er es immer getan hatte. Eine Freude großer Vertrautheit: Solches tut, sooft ihrs tut zu meinem Gedächtnis. Hat uns das Wort unseres lebendigen Gottes weiter geholfen auf unserer Suche nach der Osterfreude oder sind wir stecken geblieben in dieser alten Geschichte, so dass sie mit uns nur am Rande zu tun hat? Ich wünsche uns, dass wir spätestens nachher an der Kirchentür Gründe für unsere Freude spüren, weil Jesus Christus uns als Auferstandener nach Hause begleiten will. Wir wollen ihn mit dem genannten Kanon darum bitten. HERR, bleibe bei uns, denn es will Abend werden, Lied 483 Christus, dein Friede, welcher höher ist denn alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christo, Jesu, Amen.