Laborinformation 04/2004 Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) in Alten- und Pflegeeinrichtungen 1. Allgemeine Informationen 2. Spezielle Informationen für Alten- und Pflegeeinrichtungen (können angefordert werden) 3. Hygieneplan MRSA ( kann angefordert werden) 1. Allgemeine Informationen Staphylococcus aureus ist sowohl innerhalb als auch außerhalb des Krankenhauses ein sehr häufiger Erreger von bakteriellen Infektionen. Der natürliche Standort von Staphylococcus aureus ist die Haut und die Schleimhaut von Mensch und Tier. Etwa 30 bis 40 % aller Menschen sind ständig oder vorübergehend mit Staphylococcus aureus besiedelt, vorwiegend im Nasenund Rachenraum. Der Anteil besiedelter Menschen in medizinischen Einrichtungen wird auf ca. 70 % geschätzt. Diese Besiedlung hat keinen Krankheitswert. Medizinisches Personal erkrankt trotz der höheren Besiedlungsrate nicht häufiger an Staphylococcus aureus als andere Menschen. In der Regel geht eine Staphylococcus aureus-infektion von der eigenen besiedelten Haut oder Schleimhaut des Betroffenen aus. Insbesondere in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen werden jedoch 10 bis 20 % der Staphylococcus aureus-infektionen von außen übertragen, vorwiegend über kontaminierte Hände des pflegerischen oder ärztlichen Personals. Staphylococcus aureus Infektionen sind in der Regel gut behandelbar, für die antibakterielle Therapie stehen eine ganze Reihe wirksamer Antibiotika zur Verfügung. Seit ca. 1970 haben einige Staphylokokkenstämme Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt, die üblicherweise bei Staphylokokkeninfektionen eingesetzt werden, und zwar gegen penicillinasefeste Penicilline wie Oxacillin bzw. Methicillin. Diese Stämme werden Oxacillin- bzw. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus genannt (ORSA/MRSA). Die krankmachenden Eigenschaften von MRSA unterscheiden sich nicht von denen der Antibiotika-empfindlichen Staphylokokken. Wenn klinische Infektionen mit MRSA auftreten, können diese jedoch nicht mit Betalactam-Antibiotika (Penicilline, incl. Staphylokokken- Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme) behandelt werden. Zudem sind viele MRSA-Stämme mehrfach resistent gegen nahezu alle auf Staphylokokken wirksame Antibiotika. So müssen MRSA-Infektionen mit Antibiotika behandelt werden, die 1) z. T. nur i. v. verabreicht werden können, 2) mehr Nebenwirkungen haben und 3) sehr teuer sind. U. a. Linezolid, Synercid, Vancomycin und Teicoplanin stehen für die Therapie zur Verfügung. Wie schon dargelegt, unterscheiden sich MRSA in ihren krankmachenden Eigenschaften nicht von anderen Staphylococcus aureus-stämmen. Einige MRSA-Stämme haben jedoch die Eigenschaft, sich unter den Gegebenheiten des Krankenhauses schnell auszubreiten. Dadurch kann es zu Ausbrüchen von MRSA-Infektionen in diesen oder auch anderen medizinischen
Einrichtungen kommen. Auch eine Besiedlung von Haut und Schleimhäuten von Patienten und Personal mit MRSA ist möglich. Die Anzahl MRSA-infizierter bzw. -besiedelter Patienten in Krankenhäusern ist regional unterschiedlich. Um die Zahl gering zu halten, werden in Krankenhäusern strenge Isolierungs- und Behandlungsmaßnahmen durchgeführt. Patienten, bei denen keine Hinweise auf eine systemische Infektion mit MRSA vorliegen und die nicht aus anderen Gründen im Krankenhaus behandelt werden müssen, sollen und können baldmöglichst aus dem Krankenhaus entlassen werden und im häuslichen, ambulanten oder in anderen institutionalisierten Lebensbereichen weiter betreut werden. D.h., daß Patienten mit MRSA aus Krankenhäusern in Alten- und Pflegeeinrichtungen verlegt werden können. Häufig sind diese Patienten mit MRSA in unterschiedlichen Körperregionen (Nase, Rachen, Perianalbereich, Hautläsionen) besiedelt oder lokal begrenzt infiziert. Dies betrifft insbesondere Patienten, die häufig und lange Antibiotika erhalten haben. Anforderung: Abstrich auf MRSA (bitte geben Sie den Ort der Abstrichentnahme an) Abrechnung: bei IGEL-Patienten berechnen wir 3 x die Ziffer 4530 = 3 x 4.66 Somit erhält der Patient eine Rechnung von 13.98 Sollten Staphylokokken isoliert werden, kommen weitere Kosten für Agglutination und Resistenzprüfung auf den Patienten zu. EBM-Patienten: bei Kassenpatienten mit Indikation kann ggf. die Ausnahmekennziffer 32006 auf dem Überweisungsschein angegeben werden. 2. Spezielle MRSA-Informationen für Alten- und Pflegeeinrichtungen Die Lebensverhältnisse in Alten-/Pflegeeinrichtungen unterscheiden sich wesentlich von denen im Krankenhaus. Das Interesse der Bewohner, an einem Leben in angemessener Umgebung und in Gemeinschaft mit anderen, steht im Vordergrund der Bemühungen in Alten- und Pflegeeinrichtungen. Isolierungsmaßnahmen - wie im Krankenhaus erforderlich - stünden diesem entgegen; sie sind in Alten-/Pflegeeinrichtungen weder praktikabel noch notwendig. Um eine Ausbreitung von MRSA in Alten- und Pflegeeinrichtung entgegen zu wirken, ist es dennoch wichtig, bestimmte hygienische Vorkehrungen zu treffen. Diese betreffen: Allgemeine Maßnahmen Informationen über MRSA-Träger Unterbringung von Bewohnern/Patienten mit MRSA Therapie/Sanierung von Bewohnern/Patienten mit MRSA Allgemeine Hygienemaßnahmen Reinigung des Zimmers weitere Maßnahmen Es hat sich bewährt, die empfohlenen hygienischen Maßnahmen in einem "Hygieneplan MRSA" zusammenzufassen und in den nach 36 Abs.1 des Infektionsschutzgesetzes vorzuhaltenden Hygieneplan einer Einrichtung aufzunehmen. Die dort aufgeführten Basismaßnahmen sollen von allen eingehalten werden, im Einzelfall müssen sie vor Ort der Situation angepasst werden. Insbesondere in Pflegeeinrichtungen bzw. in Abteilungen von Pflegeeinrichtungen, die von der Art der medizinischen Versorgung der Bewohner, z. B. künstlich beatmete
Schwerstpflegebedürftige, einem Krankenhaus ähneln, müssen Maßnahmen vergleichbar mit denen in Krankenhäusern in Erwägung gezogen werden. Die Effektivität aller im Zusammenhang mit MRSA zu treffenden Maßnahmen ist ganz entscheidend davon abhängig, dass Wissen und Information über die Problematik MRSA vorhanden ist und dass von allen die hygienische Disziplin im Umgang mit MRSA-positiven Bewohnern an erste Stelle gestellt wird. 3. Hygieneplan MRSA in Alten- und Pflegeeinrichtungen 3.1 Allgemeine Maßnahmen 3.1.1 Das Personal und die behandelnden Ärzte müssen über MRSA informiert sein. 3.1.2 Nur eingewiesenes, informiertes Personal soll MRSA-positive Bewohner/Patienten betreuen. 3.2Informationen über MRSA-Träger 3.2.1 Patienten mit MRSA-Nachweis im Krankenhaus sind den behandelnden Ärzten nachfolgender Einrichtung bzw. dem Hausarzt als solche mitzuteilen; von den Ärzten sind die entsprechenden Maßnahmen zu veranlassen. 3.2.2 Wenn Bewohner/Patienten, die MRSA-Träger sind, in ein Krankenhaus eingewiesen werden, sind die behandelnden Ärzte des Krankenhauses informieren. Auch bei der Verlegung von Mitbewohnern eines MRSA-Trägers ist dies zu empfehlen. 3.2.3 Rettungs- und Krankentransportdienste sind darüber zu unterrichten, dass ein Infektionstransport stattfinden sollte. 3.3 Unterbringung von Bewohnern/Patienten mit MRSA 3.3.1 Prinzipiell ist eine Isolierung von Bewohnern/Patienten mit MRSA wie in einem Krankenhaus nicht erforderlich. 3.3.2 MRSA-besiedelte Bewohner ohne offene Wunden und ohne invasive Maßnahmen können ein Zimmer mit anderen Bewohnern teilen, wenn diese ebenfalls keine offenen Wunden und invasive Maßnahmen haben. Eine Teilnahme am Gemeinschaftsleben ist ohne Einschränkungen möglich. Sie sollten angeleitet werden, sich gründlich die Hände zu waschen, insbesondere vor dem Essen, nach dem Toilettengang sowie regelmäßig zu duschen bzw. zu baden. 3.3.3 MRSA-positive Bewohner/Patienten, die: offene Wunden haben, Katheter-, Sonden-, Tracheostomaträger sind, eine schwere akute Atemwegsinfektion haben, sollten in einem Einzelzimmer untergebracht werden.eine eigene Nasszelle ist nicht nötig, aber von Vorteil. Alle Einrichtungsgegenstände sollen gut desinfizierbar sein. Ist eine Einzelzimmerunterbringung nicht möglich, dürfen sie nicht ein Zimmer teilen mit Bewohnern/Patienten, die für MRSA besonders ansteckungsgefährdet sind. Dies sind Bewohner/Patienten mit Decubiti, Ulcera, Operations- und andere Wunden bestehenden Atemwegsinfektionen, Katheter-, Sonden-, Tracheostomaträger 3.3.4 Ein Zusammenlegen mehrerer MRSA-Träger ist möglich. 3.3.5 Pflegerische Tätigkeiten dürfen nur im Zimmer durchgeführt werden, möglichst nachdem alle anderen Mitbewohner/Patienten versorgt wurden. Mobile Bewohner können am Gemeinschaftsleben teilnehmen, wenn Hautläsionen/offene Wunden verbunden und abgedeckt sind. Die Harnableitung muß über geschlossene Systeme erfolgen. 3.4 Therapie/Sanierung von Bewohnern/Patienten mit MRSA 3.4.1 In der Regel werden nach der Krankenhausentlassung keine speziellen Therapiemaßnahmen nötig sein. 3.4.2 Eine im Krankenhaus begonnene Therapie oder eine Sanierung mit Nasensalbe soll nach genauer Anweisung des Krankenhauses unter ärztlicher Kontrolle zu Ende geführt werden.
3.4.3 Sanierungsmaßnahmen (5-tägiger Sanierungszyklus mit Mupirocin-Nasensalbe [Turixinâ], Mundspülungen mit einem Rachendesinfizienz und Körperwäsche mit antiseptischer Seife) sind nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt in Hinblick auf eine spätere Krankenhauseinweisung und die Verbreitungsgefahr im Heim empfehlenswert. 3.5 Allgemeine Hygienemaßnahmen 3.5.1 Alle Mitarbeiter müssen sich strikt an die Grundregeln der Hygiene halten. Händewaschen und Händedesinfektion sind die wichtigsten Maßnahmen. 3.5.2 Eine hygienische Händedesinfektion ist vor und nach jeder Tätigkeit mit engem körperlichen Kontakt, möglichst bei allen Bewohnern/Patienten, unbedingt aber bei bekannten MRSA-Trägern nach möglicher Kontamination mit Körpersekreten, Ausscheidungen und nach dem Ausziehen von Einmalhandschuhen sowie vor dem Verlassen des Zimmers durchzuführen. 3.5.3 Einmalhandschuhe sind bei der Versorgung von Wunden, Tracheostomata und Kathetern bzw. Sonden anzulegen. Sie werden danach sofort vor weiteren Tätigkeiten im Zimmer - ausgezogen und entsorgt, anschließend ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Beim Waschen der Bewohner/Patienten müssen keine Einmalhandschuhe getragen werden. 3.5.4 Schutzkittel oder Einmalschürzen sind bewohner-/patientengebunden bei der Wund- und bei der Verweilkatheter- bzw. Sonden- und Tracheostomapflege, sowie bei Kontakt mit Körpersekreten und -exkrementen anzulegen. Die Schutzkleidung wird vor dem Verlassen des Zimmers ausgezogen, sie verbleibt im Zimmer, anschließend ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Die Schutzkleidung wird täglich gewechselt, bei sichtbarer Kontamination sofort. 3.5.5 Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes ist in den meisten Situationen nicht nötig. Empfohlen wird es beim endotrachealen Absaugen sowie beim Verbandwechsel großflächiger Wunden. 3.5.6 Pflegehilfsmittel sind möglichst bewohner-/patientengebunden zu verwenden und im Zimmer zu belassen oder sie sind vor Anwendung an anderen Bewohnern/Patienten gründlich zu desinfizieren. 3.5.7 Instrumente, Spritzen, medizinische Abfälle werden in dicht verschließbaren Behältern bzw. in Plastiksäcken im Zimmer gesammelt und wie üblich entsorgt bzw. wieder aufbereitet. 3.5.8 Körper- und Bettwäsche sind möglichst bei Temperaturen über 60 C maschinell aufzubereiten. 3.5.9 Bestecke, Geschirr, sonstige Abfälle sind wie üblich zu behandeln. 3.6 Reinigung des Zimmers 3.6.1 Der Reinigungsdienst muss über die Maßnahmen bei Bewohnern/Patienten mit MRSA unterrichtet werden. 3.6.2 Die tägliche Reinigung soll mit jeweils frischen Reinigungsutensilien am Ende eines Durchganges durchgeführt werden. Sie unterscheidet sich nicht von der in anderen Zimmern. Bewohner-/patientennahe Flächen sind entsprechend dem Reinigungs-/Desinfektionsplan zu behandeln. 3.6.3 Wenn das Zimmer eines MRSA-positiven Bewohners/Patienten frei wird, ist eine gründliche Schlußdesinfektion aller Flächen und Einrichtungsgegenstände von innen und außen mit einem DGHM-gelisteten Präparat zu veranlassen. 3.6.4 Nach der Zimmerreinigung werden die Hände desinfiziert. 3.7 Weitere Maßnahmen 3.7.1 Routinemäßige Abstrichkontrollen von Bewohnern/Patienten oder Personal auf MRSA sind nach Einschätzung der derzeitigen Situation nicht nötig; es sei denn, klinische Gründe sprächen dafür: z. B. bei gehäuft und neu auftretenden Wundinfektionen. 3.7.2 Bei gehäuftem Auftreten von MRSA in Alten-/Pflegeeinrichtungen sollten weitere Untersuchungen von Bewohnern und Personal veranlasst werden.
3.7.3 Mitarbeiter mit chronischen Hautveränderungen (Ekzeme, Psoriasis oder anderen Hautläsionen) sollen keine MRSA-positiven Bewohner/Patienten betreuen. 3.7.4 Sollte sich ein Mitarbeiter als MRSA-Träger erweisen, darf er kein pflegerischen Tätigkeiten, wie z.b. Wundversorgung, Katheterpflege u.a. bei Bewohnern/Patienten durchführen bis eine Sanierungsbehandlung man anschließender mikrobiologischer Kontrolluntersuchung nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt abgeschlossen ist.