Warum ist der technische Wirkungsgrad für die Beurteilung von biologischen Abluftreinigungsanlagen hinsichtlich Geruch ein untaugliches

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Transkript:

Cloppenburg, den 06.03.2006 Warum ist der technische Wirkungsgrad für die Beurteilung von biologischen Abluftreinigungsanlagen hinsichtlich Geruch ein untaugliches Kriterium? Dipl.-Ing. F. Arends, LWK Weser-Ems, Oldenburg Dipl.-Ing. W. Gramatte, DLG, Groß-Umstadt Dr. rer. nat. J. Hahne, FAL, Braunschweig Dipl.-Ing. S. Häuser, DLG, Groß-Umstadt Prof. Dr.-Ing. S. Schirz, Münster Dipl.-Ing. A. Schlichting, TÜV Nord, Hamburg Prof. Dr. Ir. H. Van den Weghe, Uni Göttingen Wirkungsgrad bei biologischen Abluftreinigungsanlagen hinsichtlich Geruch 1. Vorbemerkung Von Kritikern des Cloppenburger Leitfadens 1 wird gelegentlich bemängelt, dass die dort festgelegten Kriterien für die Beurteilung der Geruchsabscheideleistung für biologische Abluftreinigungsanlagen Kein Rohgas im Reingas wahrnehmbar (k.r.w) Die Geruchskonzentration im Reingas muss kleiner/gleich 300 GE/m³ sein zu streng und in der Praxis nicht einzuhalten seien. Stattdessen solle der technische Wirkungsgrad einer biologischen Abluftreinigungsanlage bestimmt und dieser bei der Abstandsbemessung der Anlage in der Ausbreitungsberechnung berücksichtigt werden. 2. Historische Entwicklung Die Wirkungsgraddiskussion ist so alt wie die biologische Abluftreinigung, die bekanntlich ab 1975 (Rieselbettraktor) und 1977 (Flächenbiofilter) zuerst in der Land- 1 Hahne, J.; Schirz, St.; Schumacher, W.: Leitfaden des Landkreises Cloppenburg zur Feststellung der Eignung von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung zur Anwendung in der Genehmigungspraxis und bei der Überwachung ; http://www.lkclp.de/2-kreisverwaltung/kv-ba-biofilter.shtml

2 wirtschaft eingeführt wurde, und nicht in der Industrie (Koll. Leipzig 10/2003, S. 55 ff.). Damals gab es noch keine Olfaktometrie, sodass man automatisch die Nasenmethode am Rand eines Filters bzw. in verschiedenen Entfernungen anwandte. Systematisiert wurde diese Methode erst von Both/Schilling (LUA, Essen), als die Olfaktometrie getestet wurde und man Vergleichskriterien benötigte. Die Studie Biofiltergerüche und ihre Reichweite Eine Abstandsregelung für die Genehmigungspraxis 2, die in den Jahren 1993 und 1994 durchgeführt wurde, testete allerdings keine landwirtschaftlichen Anlagen mit damals 500 bis 800 GE/m 3 im Rohgas, sondern Kläranlagen, Tierkörperbeseitigungen und Blutmehl-Kraftfutterhersteller mit Rohgaskonzentrationen zwischen ca. 1000 GE/m³ und maximal 40000 GE/m 3 und Volumenströmen von 7500 241000 m³/h. An vier Biofiltern wurden insgesamt 2700 Einzelmessungen und 324 vollständige Fahnenmessungen nach VDI 3940 3 durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass die maximale Reichweite der Gerüche auf der Reingasseite 120 m betrug. Dazu wird ausgeführt: In der Regel wurden die Biofiltergerüche nicht weiter als 100 m getragen. 4, und weiter: In der Veränderung des Rohgasgeruchs scheint die wesentliche Funktion des Biofilters begründet zu sein. Die ebenfalls bei den Fahnenbegehungen erfassten Gerüche anderer Anlagenteile, deren Abluft nicht über Biofilter geführt wurden, waren noch in weitaus größeren Entfernungen erkennbar. Die eingangs geschilderte Problematik, dass die Biofilteremissionen einen wesentlichen Beitrag zur Geruchsbelastung in Entfernungen > 100 m liefern können, fand sich bei den untersuchten (industriellen) Biofiltern nicht bestätigt. 5 Aufgrund dieser Erkenntnis wurde durch Begehungen eine Abstandsregelung entwickelt, die in Punkt 7.6.3 der VDI 3477 6 übernommen wurde. Darin ist enthalten, dass sich der Rohgasgeruch biologisch umwandelt und ein so genannter biogener Eigengeruch des Filters entsteht (Punkt 7.6.1). 2 Both, Ralf und Schilling, Beate: Biofiltergerüche und ihre Reichweite Eine Abstandsregelung für die Genehmigungspraxis. In: Biologische Abgasreinigung. Symposium Maastricht 1997 3 VDI 3940 - Bestimmung der Geruchsstoffimmission durch Begehungen Okt. 1993 4 ebd S. 7 5 ebd S. 7 6 VDI 3477 Biologische Abgasreinigung Biofilter Nov. 2004 2

3 Aus diesen beiden o.a. Elementen lassen sich die im Cloppenburger Leitfaden festgeschriebenen zwei kumulativ erforderlichen Kriterien für den ordnungsgemäßen Betrieb eines Biofilters ableiten: die Reingaskonzentration darf 300 GE/m³ nicht überschreiten Kein Rohgas im Reingas wahrnehmbar (k.r.w.). Nur daraus kann eine verlässliche Abstandsregelung entwickelt werden, wie sie im Cloppenburger Leitfaden umgesetzt wurde. Diese Kriterien wurden auch in die VDI-Richtlinie 3478, Blatt 1: Rieselbettreaktoren Gründruck 12/2005 übernommen. Die Abstandsbestimmung ist bei Wäschern abhängig von der Emissionshöhe, d.h. von der Frage, ob es sich um eine Punkt-, Linien- oder Flächenquelle handelt. Die 300 GE/m³ im Reingas wurden im Cloppenburger Leitfaden aus dem Gründruck der VDI-3477 entnommen. Als in der 30. BImSchV von 2001 (Verordnung über Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen) 500 GE/m³ als Emissionsgrenzwert eingeführt wurden, musste die VDI 3475 Biologische Abfallbehandlungsanlagen vom 01/2003 und die VDI 3477 Biofilter vom 11/2004 diesen Wert - systembedingt - ebenfalls übernehmen. Wir haben uns bei der Leitfadendiskussion dazu entschlossen, für den Anwendungsbereich der Landwirtschaft die 300 GE/m³ auf der Reingasseite beizubehalten, da die Rohgasbelastung eines landwirtschaftlichen Biofilters nachweislich regelmäßig wesentlich geringer ausfällt und bei ordnungsgemäß geführten Betrieben die Geruchskonzentration von 300 GE/m³ auf der Reingasseite eingehalten wird. Auf der anderen Seite zeigen die Erfahrungen bei Geruchsmessungen, dass oberhalb von 300 GE/m³ (bei z.b. schlecht geführten Schweinehaltungsbetrieben) in vielen Fällen Rohgasgeruch im Reingas wahrzunehmen ist. Würden bis zu 500 GE/m³ anerkannt, ist das Kriterium k.r.w. bei Anwendung im Tierhaltungsbereich aufgrund der im Rahmen der Zertifizierung festgestellten Messergebnisse - kaum einzuhalten. 3

4 Die Formulierung der VDI 3477, S. 77, wonach 250 500 GE/m³ als geometrischer Mittelwert aller Teilflächen einzuhalten sind, ist für den Bereich landwirtschaftlicher Abluftreinigungsanlagen aus den v.g. Gründen nicht anwendbar. Denn unter Berücksichtigung der DIN-EN 13725 7 müssten dann sehr viel mehr olfaktometrische Reinluftproben gezogen werden, als bisher im Leitfaden vereinbart (je 3 Proben an zwei verschiedenen Stellen). Laut Biofilterrichtlinie sind in der Regel mindestens 9 Messpunkte festzulegen: die beprobte Fläche soll nicht weniger als 1 % der Emissionsfläche betragen (Kap. 7.2.2). 3. Wissenschaftliche Begründung Zur Beurteilung von Abluftreinigungsanlagen wird vielfach der technische Wirkungsgrad (η) in Prozent herangezogen. Dieser ergibt sich aus folgender Gleichung: η= ((C Roh - C Rein )/C Roh )* 100 % (1) mit: C Roh = Rohgaskonzentration, C Rein = Reingaskonzentration Beispiel: Bei einer Konzentration von 20 ppm Ammoniak im Rohgas und einer Reingaskonzentration von 4 ppm, ergibt sich nach (1) folgender Wirkungsgrad: η= ((20 ppm 4 ppm)/20 ppm) * 100 % η = 80 % Während sich der technische Wirkungsgrad für Parameter wie Ammoniak, Gesamtstaub und andere messen und berechnen lässt, ergeben sich in Hinblick auf die Geruchsminderung bei Abluftreinigungsanlagen Schwierigkeiten. Diese beruhen auf folgenden Sachverhalten: 7 DIN-EN 13725 Bestimmung der Geruchstoffkonzentration mit dynamischer Olfaktometrie Juli 2003 4

5 Abluftreinigungsanlagen dienen u.a. zur Abscheidung und zum Abbau von Geruchsstoffen, von denen in der Abluft sehr viele verschiedene Stoffe enthalten sind, die als Ganzes mit der Olfaktometrie bestimmt werden. Hierbei handelt es sich also nicht um einen Einzelstoff, sondern um ein Vielstoffgemisch. Durch die Abluftreinigung werden viele Stoffe abgeschieden, aber andere (neue und anlagenspezifische) auch durch den Reinigungsprozess in die Reinluft abgegeben. Abluftreinigungsanlagen, insbesondere die mit einer biologisch wirkenden Verfahrensstufe, erzeugen prozessbedingt Geruchsstoffe, die mit dem Reingas abgegeben werden. Beispielsweise erzeugen Biofilter mit einer Schüttung organischen Filtermaterials (Wurzelholz, Holzhackschnitzel) einen Eigengeruch nach Wald, Erde oder Garten (= biogener Geruch). Dieser tritt auch dann auf, wenn alle Stoffe aus dem Rohgas (Stallluft) abgebaut werden und diesbezüglich das Reinigungssystem einen Wirkungsgrad von 100 % aufweist. Der olfaktometrisch gemessene Wirkungsgrad würde diesen Wirkungsgrad nicht ergeben, da die im Reinigungsprozess freigesetzten Stoffe mit erfasst werden würden. Erfahrungen mit der Wirkung biogener Gerüche auf den Menschen haben in der Praxis gezeigt, dass diese Gerüche in kürzerer Entfernung vom Emissionsort nicht mehr vom ohnehin vorhandenen Umgebungsgeruch unterschieden werden können, anders als dies bei Rohgas der Fall wäre. Diese Sachverhalte führten dazu, die Beurteilung der Geruchsminderung von Abluftreinigungsverfahren nach den schon vorgenannten Kriterien vorzunehmen: Die Geruchsstoffkonzentration im Reingas darf 300 GE/m³ nicht überschreiten. Es darf kein Rohgasgeruch im Reingas feststellbar sein. Die Kriterien wurden in den Cloppenburger Leitfaden, und inzwischen auch in den DLG-Prüfrahmen, aufgenommen und als Anforderungen an die Reinigungsleistung von Abluftreinigungsanlagen formuliert. 5

6 Erfahrungen mit diesen Beurteilungskriterien liegen seit der Umsetzung des Leitfadens und des Prüfrahmens in der Praxis vor und bestätigen die Richtigkeit dieser Vorgehensweise, wie folgende Beispiele zeigen: 3.1 Biofilteranlagen 120 100 80 Technischer Wirkungsgrad [%] 60 40 20 0 0 400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200 3600 4000-20 -40 Geruchsstoffkonzentration, Rohgas [GE/m³] Abb. 1: Technischer Wirkungsgrad bei Biofiltern in Abhängigkeit von der Geruchsstoffkonzentration im Rohgas von Schweinehaltungsanlagen Wie Abb. 1 zeigt, ist die Anforderung nach einem technischen Wirkungsgrad von 70 % oder 80 % Geruchsminderung unsinnig und in der Praxis nicht zu realisieren, da dieser bei geringen Geruchsstoffkonzentrationen im Rohgas verfahrensbedingt nicht einzuhalten ist. Es werden sogar in einem nicht zu unterschätzendem Umfang Wirkungsgrade unter 50% bis hin zur vollständigen Wirkungslosigkeit der Anlage gemessen! 6

7 Abb. 2 verdeutlicht, dass die Geruchstoffkonzentration im Rohgas von Biofiltern keinen nennenswerten Einfluss auf die gemessene Geruchsstoffkonzentration im Reingas aufweist (s. Trendlinie in Abb. 2). Die Abbildung zeigt ferner, dass bei der überwiegenden Zahl der Messungen 300 GE/m³ im Reingas eingehalten werden und sich damit die Richtigkeit dieses Grenzwertes bestätigt. Grenzwertüberschreitungen deuten dagegen auf eine vom Standard abweichende Betriebsführung hin. Beurteilungen der Geruchsart bei diesen Messungen ergaben, dass bei Einhaltung von 300 GE/m³ im Reingas kein Rohgasgeruch wahrnehmbar war. 500 450 Geruchsstoffkonzentration, Reingas [GE/m³] 400 350 300 250 200 150 100 50 0 0 400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200 3600 4000 Geruchsstoffkonzentration, Rohgas [GE/m³] Abb. 2: Geruchstoffkonzentrationen im Reingas von Biofiltern bei unterschiedlichen Rohgaswerten 3.2 Rieselbettreaktoren Untersuchungen an Rieselbettreaktoren und 2-stufigen Abluftwäschern zeigen ähnliche Ergebnisse, wie folgende Geruchsmessungen an Rieselbettreaktoren beispielhaft belegen (Abb. 3). Technische Wirkungsgrade von 70 % und mehr wurden erst ab Geruchsstoffkonzentrationen von mehr als 1000 GE/m³ im Rohgas erzielt. Aber 7

8 auch mit Rieselbettreaktoren ist es möglich, eine Geruchsstoffkonzentration von maximal 300 GE/m³ im Reingas zu gewährleisten. 100 90 80 Technischer Wirkungsgrad [%] 70 60 50 40 30 20 Messungen an Rieselbettfiltern 10 0 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 Geruchsstoffkonzentration, Rohgas [GE/m³] Abb. 3: Technischer Wirkungsgrad bei Rieselbettreaktoren in Abhängigkeit von der Geruchsstoffkonzentration im Rohgas 4. Geruchsschwellenabstand und Abstandsbemessung Für die Abstandsbemessung ist wichtig, dass schädliche Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft - im Sinne eines Rechtsanspruchs gem. 5 Abs. 1 BImSchG - nicht hervorgerufen werden können. Das beinhaltet die Gewährleistung eines definierten Schutzanspruchs gegenüber dem Nachbarn und bedingt eine verlässliche Immissionslage bei ordnungsgemäßem Betrieb einer Abluftreinigungsanlage. 8

9 Wie dargestellt, gründen die Kriterien des Cloppenburger Leitfadens 8 zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer biologischen Abluftreinigungsanlage in Bezug auf Geruch auf der Tatsache, dass der biogene Reingasgeruch solcher Anlagen vom Menschen bereits in geringer Entfernung nicht mehr wahrnehmbar ist. Dieses ist auch die Basis für die Abstandsregelung des Leitfadens. Wenn die Beurteilung der Geruchsabscheideleistung nach einem technischen Wirkungsgrad vorgenommen würde, muss davon ausgegangen werden, dass - trotz eines Reinigungseffektes - im Reingas noch Rohgasgeruch wahrzunehmen ist. Die Bestimmung eines Rohgasanteils aus dem Gesamtgeruch des Reingases ist für den Menschen - der in der Olfaktometrie als Sensor eingesetzt wird - nicht möglich. Er ist lediglich in der Lage festzustellen, ob überhaupt Rohgas im Reingas vorhanden ist. Der Mensch nimmt mit der Nase das Ergebnis komplexer Wechselwirkungen der in der Abluft enthaltenen Einzelstoffe als Gesamteindruck wahr und ist lediglich in der Lage, den Geruchseindruck für das dargebotene Gemisch zu beschreiben. Das olfaktometrische Messverfahren erlaubt also nicht die Bestimmung der Wirkung von einzelnen oder mehreren Bestandteilen der Abluft auf den Gesamteindruck. Das Subtrahieren eines angenommenen oder durch Leerlaufmessung bestimmten biogenen Geruches vom Gesamtgeruch bildet die tatsächlichen Gegebenheiten daher nicht ab. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, den Rohgasanteil im Reingas sicher zu bestimmen. In der Praxis ist nicht davon auszugehen, dass auf dem Ausbreitungsweg eine Entmischung der Abluft stattfindet, sodass aus einem - wie auch immer bestimmten - Rohgasanteil der Geruchsfracht die Reichweite der Fahne berechnet werden kann. Bei einer Ausbreitungsrechung ist also in jedem Fall die gesamte gemessene Geruchsfracht (der Reingasseite) einzusetzen. Dazu muss ermittelt werden, wie groß diese Fracht ist. Wie dargestellt, ist der technische Wirkungsgrad einer Abluftreinigungsanlage in Bezug auf Geruch von der Rohgasbeladung abhängig und schwankt sehr stark. Um eine dauerhafte Funktionsfähigkeit der Reinigungsanlage sicher zu stellen bzw. die bei einer Ausbreitungsrechnung anzusetzende Geruchsfracht zu ermitteln, wäre eine wiederholte (nach einem entsprechendem Messprogramm durchzuführende) 8 a.a.o. 9

10 vollständige Raster- oder Fahnenmessung nach VDI 3940 9 erforderlich, die für Anlagenhersteller und -betreiber wirtschaftlich unzumutbar wäre. Das Reinigungsverhalten einer zu klein dimensionierten Abluftreinigung kann nicht ausreichend sicher prognostiziert und überwacht werden. Im Rahmen der Erstellung des Leitfadens wurde daher der vollständigen Reinigung eines Teilstromes der Abluft eindeutig der Vorzug vor einer teilweisen Reinigung des Gesamtvolumenstromes gegeben. Eine (rechts-)sichere Abstandsbemessung ist bei biologischen Abluftreinigungsanlagen mit wirtschaftlichem Aufwand nur möglich, wenn die im Cloppenburger Leitfaden definierten Kriterien für Geruch eingehalten werden. 5. Fazit: Bei sachgerecht dimensionierten und ordnungsgemäß betriebenen biologischen Abluftreinigungsanlagen können die Kriterien, die in einschlägigen Fachkreisen ohne Zweifel anerkannt sind: Geruchsstoffkonzentration im Reingas 300 GE/m³, kein Rohgasgeruch im Reingas wahrnehmbar, im Hinblick auf die Geruchsminderung eingehalten werden, was hinsichtlich einer sicheren Abstandsbemessung von biologischen Abluftreinigungsanlagen auch unter Berücksichtigung stark schwankender Geruchsfrachten im Rohgas - eine wesentliche Voraussetzung ist. 9 VDI 3940 Blatt 1 Rastermessung (2006-02); VDI 3940 Blatt 2 Fahnenmessung (2006-02) 10