KLAN G PERSPEKTIVEN. herausgegeben von Lukas Haselböck. wolke

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Transkript:

KLAN G PERSPEKTIVEN herausgegeben von Lukas Haselböck wolke

Erstausgabe 2011 Alle Rechte vorbehalten, Wolke Verlag Hofheim, 2011 der Textbeiträge bei dem Herausgeber, der Autorin und den Autoren Gesetzt in der Simoncini Garamond Umschlaggestaltung: Friedwalt Donner, Alonissos ISBN 978-3-936000-81-8 www.wolke-verlag.de

Inhalt Lukas Haselböck, Einleitende Bemerkungen...................................... 7 Arno Böhler, Das Timbre des Denkens. Was heißt uns hören, wenn wir denken?.................................... 11 A n a ly s e Gianmario Borio, Zur Vorgeschichte der Klangkomposition.......................... 27 Denis Smalley, Klang, Morphologien, Spektren: Spektromorphologie in der Instrumentalmusik............................... 45 Christian Utz / Dieter Kleinrath, Klang und Wahrnehmung bei Varèse, Scelsi und Lachenmann........................................ 73 K o m p o s i t i o n / Musi k w i s s e n s c h a f t Tristan Murail, Die Revolution der komplexen Klänge............................ 103 Rozalie Hirs, Zeitgenössische Kompositionstechniken und OpenMusic: Murails Le Lac......................................... 119 Hugues Dufourt, Tonhöhe und Klangfarbe..................................... 165 Martin Kaltenecker, Hugues Dufourts Antiphysis................................ 193 Philippe Manoury, Die Grenzen des Begriffs Klangfarbe......................... 211 Markus Böggemann, Jenseits von Klang der Komponist Philippe Manoury......................................... 219 Jonathan Harvey, Spektralismus.............................................. 225 Arnold Whittall, Jonathan Harveys Farb-Denken................................ 229

Gespräch mit Chaya Czernowin.............................................. 249 Stefan Jena, Wider die falsche Geborgenheit. Über einige Aspekte des Klangs in der Musik von Chaya Czernowin............. 257 Germán Toro Pérez, Sprachspuren. Anmerkungen zu Rulfo / voces: vacío el cielo azul........................... 271 Susanne Kogler, Sprachschöpfung und Weltbezug. Eine Annäherung an die Musik von Germán Toro Pérez...................... 287 Quellenangaben zu den Beiträgen............................................ 301 Verzeichnis der Abbildungen................................................ 302

Lukas Haselböck Einleitende Bemerkungen Die zentrale Bedeutung des Klanges und der Klangfarbe für die Komposition, Interpretation und Rezeption neuer Musik wurde im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer deutlicher erkannt. Dies zeigte sich in unterschiedlichsten Ausprägungen in der zeitgenössischen Instrumental- und Vokalmusik, der elektroakustischen Musik sowie im Bereich des Jazz und Pop. Zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung von Klängen trug auch der perceptional turn der 70er Jahre bei. Heute können die Musikwissenschaft, die Kognitionspsychologie und verwandte Disziplinen bereits auf eine größere Anzahl an Publikationen zu diesem Thema zurückblicken. Zugleich macht die Komplexität und Aktualität dieser Fragen jedoch eine weitere Forschungs- und Publikationstätigkeit unabdingbar notwendig. Auf diesem Weg zu einem tiefgehenden Verständnis klanglicher Phänomene soll das vorliegende Buch als Anregung dienen. Es basiert auf Vorträgen, die im Mai 2009 beim Symposion Klangperspektiven an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien gehalten wurden. Diese dreitägige Veranstaltung bestand aus Referaten, Podiumsdiskussionen, Workshops und einem Konzert des Klangforums Wien. Zusätzlich spielten Studierende Werke von Czernowin, Dufourt, Furrer, Haas, Levinas, Lévy, Manoury, Murail und Toro Pérez. Sie wurden im Vorfeld von Mitgliedern des Klangforums unterrichtet und erhielten dabei spieltechnische und interpretatorische Hilfestellungen. Für die vorliegende Publikation wurden die Symposionsbeiträge durch neu verfasste bzw. neu übersetzte Aufsätze ergänzt. Auch der Titel des Buches wurde vom Symposion übernommen, wobei ich den Begriff Klangperspektiven in einem doppelten Sinn begreife: zum einen im engeren Sinne als Vielfalt des Klangphänomens an sich, die sich in ihrer Fülle häufig erst nach gründlicher Analyse erschließt Hinweise zur analytischen Methodik finden sich in diesem Buch, zum anderen aber auch als Perspektivenreichtum im weiteren Sinne, wobei ich vor allem auf zwei Aspekte hinweisen möchte: erstens auf die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Thema Klangfarbe aus gesamteuropäischer Sicht. Dies ist eigens zu betonen, weil es in der scientific community zuweilen immer noch gewisse Verständnisbarrieren zwischen dem französischen und deutschen Sprachraum zu geben scheint. Um diese Hindernisse abzubauen und einen gemeinsamen europäischen Forschungsstand zu etablieren, wurden für diesen Band einige wichtige französischsprachige Aufsätze ins Deutsche übersetzt. Es ist zu wünschen, dass dieses Projekt auch in Zukunft eine Fortsetzung findet. Zweitens soll die Bedeutung der Klangfarbe für die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen erörtert werden: im ersten Teil des Buches aus dem Blickwinkel der Philosophie (Arno Böhler) sowie der Musikgeschichte und -analyse (Gianmario Borio, Denis Smalley, Christian Utz / Dieter Kleinrath), im zweiten Teil aus der Sicht der Komposition und der Musikwissenschaft. Hier wird die kritische Leserin / der kritische Leser eventuell feststellen, dass die Auswahl der KomponistInnen keiner zwingenden Logik folgt. Angesichts der Tatsache, dass Klang und Klangfarbe geradezu als Generalthe- 7

ma der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts bezeichnet werden kann, muss jeder Versuch, auf konkrete Beispiele einzugehen, notwendigerweise lückenhaft ausfallen. Im Bewusstsein dieser Schwierigkeit ging es mir vor allem um zweierlei: einerseits um die Berücksichtigung unterschiedlicher ästhetischer Positionen, andererseits um die Darstellung von Zusammenhängen. Der Bogen spannt sich von der französischen musique spectrale 1 (Tristan Murail, Hugues Dufourt) bis zu KomponistInnen, die in ihrem Schaffen auf individuell höchst unterschiedliche Weise an Vorgaben der recherche musicale, der musique spectrale oder der Klangforschung anknüpfen: Philippe Manoury, Jonathan Harvey, Chaya Czernowin und Germán Toro Pérez. All diese Beiträge sind inhaltlich vielfach miteinander verknüpft. 2 Ich hoffe, dass mit Hilfe dieses Buches einige Aspekte des faszinierenden Perspektivenreichtums klanglicher Phänomene vermittelt werden können. Einige Danksagungen: Das Symposion Klangperspektiven und die Publikation dieses Bandes wären ohne die Unterstützung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (Projekt univision) nicht möglich gewesen. Für die Erteilung der Rechte für den Abdruck der Notenbeispiele möchte ich mich bei den folgenden Verlagen und Institutionen bedanken: Schott (Chaya Czernowin), Breitkopf & Härtel (Helmut Lachenmann), Éditions Henry Lemoine und Presses universitaires de Strasbourg (Tristan Murail), Paul Sacher-Stiftung Basel (Edgard Varèse). Für die Übersetzung der französischsprachigen Beiträge ins Deutsche sei Martin Kaltenecker ein großer Dank ausgesprochen. 1 Sowohl Dufourt als auch Murail werden zur Bewegung der so genannten musique spectrale gerechnet, die bereits in den 70er Jahren eine exemplarische Verbindung des Komponierens mit der recherche musicale realisierte. Diese biographische Gemeinsamkeit soll allerdings nicht die Tatsache verdecken, dass sich die von diesen beiden Komponisten vertretenen ästhetischen Standpunkte deutlich voneinander unterscheiden, was unter anderem auch in den Beiträgen dieses Bandes zum Ausdruck kommt. 2 Im zweiten Teil des Buches werden KomponistInnen der Gegenwart berücksichtigt, während im ersten Teil in den Beiträgen von Borio, Smalley und Utz/Kleinrath auch Klassiker des 20. Jahrhunderts wie z.b. Schönberg, Webern, Debussy, Nono, Varèse, Boulez, Xenakis oder Scelsi diskutiert werden. 8 L u k a s H a s e l b ö c k