1.5. Beispiele für molekularen Wasserstoff auf Metalloberflächen

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Transkript:

1.5. Beispiele für molekularen Wasserstoff auf Metalloberflächen Aus Kapitel 1.3. (Theoretische Modelle zur Wasserstoffdissoziation auf Metalloberflächen) geht hervor, daß Wasserstoff auf Übergangsmetalloberflächen zumeist spontan dissoziativ adsorbiert. Eine atomare Adsorption von Wasserstoff auf Edelmetallen ist hingegen nur dann möglich, wenn das Molekül prädissoziiert wird [Luh98]. Im folgenden sollen zunächst ausgesuchte Beispiele experimenteller Arbeiten vorgestellt werden, bei denen intakte Wasserstoffmoleküle auf Metalloberflächen beobachtet werden konnten. Dies soll dem Leser helfen, die in dieser Arbeit vorgestellte molekulare Chemisorption von Wasserstoff auf den Übergangsmetalloberflächen Pd(210) und Ni(210) besser zu bewerten. 1.5.1. Physisorption von Wasserstoffmolekülen auf Edelmetalloberflächen Auf den Edelmetalloberflächen Cu(100) und Ag(111) wird die Adsorption von Wasserstoffmolekülen bei einer Substrattemperatur von 15 K bzw. 10 K beobachtet [Avo82, And73]. Daß es sich dabei um eine Physisorption handelt, belegen außer den Abb. 1.15 Elektronenenergieverlustspektren von H 2 und D 2 auf Cu(100) [Avo82] niedrigen Adsorptionstemperaturen vor allem schwingungsspektroskopische Untersuchungen (HREELS, high resolved electron energy loss spectroscopy). Vergleicht man die zur Schwingungsanregung des adsorbierten Wasserstoffmoleküls notwendige Energie mit der für das Molekül in der Gasphase, ist nur eine sehr geringe 30

Rotverschiebung um etwa 3meV zu verzeichnen. Des weiteren bleibt für das adsorbierte Wasserstoffmolekül die Rotationsfeinstruktur der Schwingungsanregung erhalten. Das heißt aber, daß die Wasserstoff Wasserstoff Bindung nur leicht aufgeweitet ist und die Rotation des Moleküls an der Oberfläche ungehindert erfolgt. Zwischen Molekül und Oberfläche besteht also ausschließlich eine schwache Van-der- Waals-Wechselwirkung. 1.5.2. Physisorption von Wasserstoffmolekülen auf eine Monolage von adsorbierten Wasserstoffatomen ( H 2 / H(1x1) / Ru(001) ) In der Arbeitsgruppe von D. Menzel wurden Untersuchungen zur Kinetik von Adsorption und Desorption und zum Multilagenwachstum von Edelgasen auf der reinen und mit Wasserstoff bedeckten Ru(001) Oberfläche durchgeführt. Die Substrattemperatur betrug dabei 5 K. Aufgrund der Beobachtung von gut separierten und sukzessive herauswachsenden Signalen in den Thermodesorptionsspektren (TDS) konnte auf ein lagenweises Wachstum geschlossen werden [Men92, Men93]. Ein ganz ähnliches Verhalten ergab sich auch für die Wechselwirkung von Wasserstoff mit der Ru(001) Oberfläche bei höheren Temperaturen. Anfangs adsorbiert Wasserstoff dissoziativ und bildet eine wohlgeordnete (1x1) Überstruktur aus. Wird die Wasserstoffexposition erhöht, adsorbiert der Wasserstoff auf dieser Monolage aus Wasserstoffatomen molekular. Für Deuterium konnte bei der Substrattemperatur von 5K die Ausbildung von mehr als sechs Multilagen beobachtet werden. Es handelt sich also, wie bei der Adsorption von Wasserstoff auf den Edelmetallen Kupfer und Silber, um reine Physisorption. 31

1.5.3. Chemisorption von Wasserstoffmolekülen auf einer gestuften Nickel Oberfläche Anne Sofie Mårtensson untersuchte die Wechselwirkung von Wasserstoff mit einer gestuften Ni(100) Oberfläche, der Ni(510) Oberfläche. Ziel war es, den Einfluß von Defekten an Einkristalloberflächen auf den Haftkoeffizienten zu beurteilen [Mår88]. In diesem Zusammenhang hatte G. Comsa festgestellt, daß die Wasserstoffadsorption auf der Pt(111) Oberfläche stark von der Präparation abhängt [Com85, Com87]. Der gefundene kleine Haftkoeffizient s 0 zwischen 0,01 und 0,1 konnte bei sorgfältiger Präparation einer defektarmen Oberfläche noch weiter auf 10 4 reduziert werden. Bemerkenswert ist auch, daß sich für die nahezu defektfreie Pt(111)-Oberfläche bis zu einer Bedeckung von 60% eine konstante Haftwahrscheinlichkeit ergab. Hiernach kann angenommen werden, daß die Existenz von Defekten, wie z.b. Stufen, für die Dissoziation von Wasserstoffmolekülen an einer Metalloberfläche eine notwendige Bedingung ist. Abb. 1.16 Elektronenenergieverlustspektren (HREELS) von H 2 (oben), HD (mitte) und D 2 (unten) auf Ni(510) [Mår88] Die Untersuchungen von A. S. Mårtensson bestätigen eine solche Vorstellung. Bis zu einer Dosis von etwa 1L (1L [Langmuir] entspricht einer Dosis von eine Sekunde lang 1x10-6 mbar H 2 ) adsorbiert Wasserstoff atomar sowohl in den vierfachkoordinierten Muldenplätzen auf den Terrassen als auch auf Brückenplätzen an den Stufen der Ni(510)-Oberfläche. Für höhere Dosen jedoch ist eine molekulare Adsorption zu beobachten. Aus den Intensitätsverhältnissen der Thermodesorptionssignale ergibt sich bei Sättigung der Oberfläche eine Besetzung jedes zweiten Brückenplatzes an den Stufen mit molekularem Wasserstoff. Auch hier konnte die Existenz der intakten 32

Moleküle mit Hilfe der Schwingungsspektroskopie (HREELS) bewiesen werden: Ein Verlustsignal bei einer Energie von 398 mev wird der intramolekularen Streckschwingung zugeordnet. Vergleicht man diesen Energiewert mit dem der Streckschwingung des Moleküls in der Gasphase bei 516 mev, stellt man eine deutliche Rotverschiebung fest. Das heißt, die H H Bindung des Moleküls ist aufgrund der Wechselwirkung mit der Metalloberfläche deutlich geschwächt. Es handelt sich um eine Chemisorption. Daneben wurde auch die Koadsorption von Wasserstoff und Sauerstoff auf der Ni(510) Oberfläche untersucht. Sauerstoff adsorbiert bis zu einer Bedeckung von 0,25 ML (Monolage) in die vierfachkoordinierten Muldenplätze auf den Terrassen. Für höhere Bedeckungen adsorbiert er an den Stufen. Sind diese gesättigt, werden weitere Terrassenplätze bis zu der Ausbildung einer c(2x2) Überstruktur besetzt. A. S. Mårtensson konnte für eine Präadsorption von Sauerstoff bis zu einer Bedeckung von 0,25 ML eine Koadsorption von Wasserstoffatomen auf den Terrassen beobachten. Wurden die Stufen mit Sauerstoff gesättigt, erfolgte keine Adsorption von Wasserstoff. Damit bestätigt sich also die oben genannte Theorie, daß Stufen zur Dissoziation des Wasserstoffmoleküls auf der Oberfläche notwendig sind [Mår88]. 33

1.5.4. Bildung von molekular chemisorbierter Wasserstoff im H/CO/Ni(100) - Koadsorptionssystem L. Westerlund konnte nach Tempern eines H/CO Koadsorptionssystems auf der Ni(100) Oberfläche die Bildung von molekular chemisorbiertem Wasserstoff beobachten [Wes87]. Zur Bildung des H/CO Systems wird bei einer Substrattemperatur von 80 K Wasserstoff bis zu der Ausbildung einer p(1x1) Überstruktur auf einer Ni(100)- Oberfläche präadsorbiert und anschließend CO bis zu der Ausbildung einer c(2x2) Überstruktur dosiert. Wird die Probe bis auf 200 K getempert, kann mit Hilfe von Thermodesorptionsspektren eine Σ Desorption nachgewiesen werden. Das heißt, Wasserstoff und Kohlenmonoxid desorbieren simultan, und ihre Desorptionstemperatur unterscheidet sich von derjenigen der reinen Adsorptionssysteme. Abb. 1.17 Schwingungsspektren (HREELS) für verschiedene H/CO- Koadsorptionsphasen auf der Ni(100)- Oberfläche [Wes87] Wird das Koadsorptionssystem auf 170 K getempert, bildet sich eine c(2(2) 1/2 x(2) 1/2 )R45 Überstruktur aus. Der Hinweis auf einen Platzwechsel der CO Moleküle findet sich auch in den Elektronenenergieverlustspektren. Vergleicht man das Schwingungsspektrum des frisch präparierten Koadsorptionsystems mit dem der bis auf 170 K getemperten Phase, so ist, neben einer Energieverschiebung der CO Streckschwingung, ein Verlustsignal bei 487 mev zu beobachten. Dieses ist der intramolekularen H 2 Streckschwingung zuzuordnen. Das heißt, koadsorbiertes Kohlenmonoxid stabilisiert hier molekular chemisorbierten Wasserstoff. 34