PJ-Bericht: Neurologie-Tertial am National Hospital for Neurology & Neurosurgery, Queen Square, London, August-Dezember 2000 Hintergrund: Das National Hospital for Neurology & Neurosurgery ist das nationale "Zentralkrankenhaus" des United Kingdom innerhalb der Neurologie. Eine alte und ehrwürdige Institution, die im Herzen Londons am Queen Square liegt (5 Minuten zu Fuß vom British Museum, nächste U-Bahn-Station: Russell Square bzw. Holborn). Mit dem Krankenhaus verflochten sind vier große neurowissenschaftliche Forschungsinstitute, die allesamt in direkter Nachbarschaft um den Queen Square liegen: Institute of Neurology, Wellcome Dept. of Cognitive Neurology, Institute of Cognitive Neuroscience, Gatsby Computational Neuroscience Unit. Häufig wird einfach "Institute of Neurology" als Oberbegriff für den gesamtenn klinischen und wissenschaftlichen Komplex dieser Institutionen, inklusive des Krankenhauses, gebraucht. Am National Hospital kann man sowohl Famulaturen als auch PJ-Tertiale bestreiten. Die Deutschen stellen hier fast immer die größte Fraktion. Während meines Tertials gab es ca. 12-15 weitere Deutsche, die dort als Famulus oder PJ'ler arbeiteten. Die Ausbildungsqualität ist sagenhaft gut, allerdings sind die Gebühren auch entsprechend hoch: für meine vier Monate zahlte ich Studiengebühren von umgerechnet ca. 5500 DM, dazu kommen dann noch die notorisch hohen Lebenshaltungskosten von London an sich. Ausbildung während des Tertials: Anders als in Deutschland ist die Patientenversorgung weniger entlang von Stationen organisiert, sondern entlang von "firms", die sich aus einem Consultant (Facharzt, entspricht ungefähr dem dt. Chefarzt), Registrar (in Facharztausbildung stehender Arzt, entspricht ungefähr dem dt. Oberarzt) und Senior House Officer (noch in klinischer Grundausbildung stehender Arzt, entspricht ungefähr dem dt. Stationsarzt) zusammensetzen. Jeder PJ'ler wird einer "firm" fest zugewiesen. Die von einer "firm" betreuten Patienten sind über diverse Stationen verstreut, man kommt damit
zwangsläufig viel rum. Zwar haben alle "firms" gewisse Schwerpunkte (z.b. Neuroimmunologie, motorische Störungen, Neuropsychologie, etc.), aber alle betreuen auch Patienten ausserhalb ihres Spezialgebiets mit. Als Student hat man große Freiheiten, sich seinen eigenen Stundenplan zusammenzustellen. Man kann relativ frei bestimmen, welche Aufgaben man auf seiner "firm" wahrnimmt, zudem bekommt man eine wöchentliche Liste mit Angeboten, die Vorlesungen (täglich meist mehrere Stunden), klinische Demonstrationen, und Unterricht in den Spezialambulanzen umfasst. Die Ausbildung in seiner "firm" hängt wie immer in der Medizin stark vom Engagement der beteiligten Ärzte ab, ist aber im Durchschnitt sehr gut. Man wird nicht, wie leider noch allzuoft in Deutschland, zum Blutabnehmen und Bettenschieben eingesetzt, sondern ist unmittelbar in die Arbeit der "firm" eingebunden und wird kontinuierlich dabei unterrichtet. Weiterhin sind die klinischen Demonstrationen und der Unterricht in den Spezialambulanzen absolut hervorragend. Jede Krankheit wird hier am Patienten nicht nur demonstriert und ausführlich mit den Studenten diskutiert, man wird auch oft in die praktische Untersuchung direkt mit eingebunden. Ansprechpartner: Bewerbungen für Famulaturen wie für das PJ - sind nur über die "student secretary" des Institute of Neurology (Adresse siehe unten) möglich. Man sollte sich sehr frühzeitig bewerben (mindestens 15 Monate, besser 18 Monate vor Antritt des Tertials!) die Warteliste ist sehr lang! Für die Anmeldung werden 2 Gutachten von Professoren oder Klinikern benötigt. Miss Jean Reynolds The Student's Office at the Institute of Neurology Queen Square London WC1N 3BG United Kingdom e-mail: j.reynolds@ion.ucl.ac.uk Weitere Informationen gibt es auch im Internet: http://www.ion.ucl.ac.uk Beurteilung und Empfehlung: Ich kann es ganz kurz sagen: Die Ausbildung ist von ihrem Niveau und Intensität hervorragend. Wer eine Laufbahn in Neurologie anstrebt, kann kaum einen besseren Platz finden.
Ein großes CAVE! aber noch: Es gibt immer wieder massive Probleme mit dem LPA wegen der Anerkennung von Tertialen in London. Das liegt an der formellen Struktur der Londoner Universitäten, Colleges und Krankenhäuser, die das LPA partout nicht kapieren will. Die meisten Sachbearbeiter des LPA wollen auf der Bescheinigung, die einem einen zu Londoner Studenten äquivalenten Status attestiert, einen Stempel der "University of London" sehen (und sonst keine weiteren Zugehörigkeiten). Diese "University of London" ist aber nur eine virtuelle Dachorganisation aller Londoner Universitäten und Medical Schools, und die meisten Unis und Medical Schools haben entweder überhaupt keinen Stempel, der diesen Schriftzug im Wappen führt oder einen Stempel, der zusätzlich den Namen des Krankenhauses beeinhaltet. Zudem haben dort einzelne Medical Schools und sogar große Lehrkrankenhäuser eigene Dekane, die dann natürlich für die Unterschrift der PJ-Bescheinigung zuständig sind. In NRW führt das ständig zu Problemen, im Stil von: "Wo ist denn die Unterschrift des Dekans der University of London? Wie, den gibt es nicht? Sie wollen mir doch wohl nicht erklären, das Krankenhaus hätte seinen eigenen Dekan?". Die LPAs anderer Bundesländer scheinen im Gegensatz zu NRW da bislang nie Schwierigkeiten gemacht zu haben... Klärt also die Lage vorher genau ab, sonst kann es enorme Probleme mit der Anerkennung geben. Am Institute of Neurology gibt es (dank der ständigen Probleme, die Studenten aus NRW haben) mittlerweile einen kompatiblen Stempel, der nur die Schriftzüge "University of London" und "University College London" trägt. Weist also die Seketärin darauf hin, daß ihr aus der "Problemregion" NRW kommt.
PJ-Bericht: Chirurgie-Tertial am Whittington Hospital, London, Dezember März 2000 Hintergrund: Das Whittington Hospital ist ein Allgemeinkrankenhaus im Norden Londons nahe der U-Bahn-Station "Archway". Es ist ein Lehrkrankenhaus des University College London (UCL) und umfaßt alle wesentlichen klinischen Disziplinen. Man kann dort sowohl Famulaturen als auch PJ-Tertiale bestreiten, ich traf während meines Aufenthalts dort allerdings nur wenige Deutsche. Kosten: Man braucht am Whittington Hospital selbst keine Studiengebühren zahlen, wohl aber eine Gebühr von 350 GBP an die Verwaltung der UCL Medical School (über die man sich bewerben muß), das entsprach im Frühjahr 2001 fast 1200 DM. In Betracht ziehen muß man zudem die extrem hohen Lebenshaltungskosten von London an sich. Ausbildung während des Tertials: Anders als in Deutschland ist die Patientenversorgung weniger entlang von Stationen organisiert, sondern entlang von "firms", die sich aus einem Consultant (Facharzt, entspricht ungefähr dem dt. Chefarzt), Registrar (in Facharztausbildung stehender Arzt, entspricht ungefähr dem dt. Oberarzt), Senior House Officer (noch in klinischer Grundausbildung stehender Arzt, entspricht ungefähr dem dt. Stationsarzt), Junior House Officer (Arzt im 1. Jahr nach dem Studium, entspricht dem dt. AiP) zusammensetzen. Jeder PJ'ler wird einer "firm" fest zugewiesen. Die von einer "firm" betreuten Patienten sind über diverse Stationen verstreut, man kommt damit zwangsläufig viel rum. Zwar haben alle "firms" gewisse Schwerpunkte (z.b. Gefäßchirurgie, Abdominalchirurgie, Brustchirurgie, etc.), aber alle betreuen auch Patienten ausserhalb ihres Spezialgebiets mit. Mit Ausnahme von Neuro- und Kinderchirurgie sind alle chirurgischen Disziplinen im Whittington Hospital vertreten. Jede "firm" hat einen Wochenplan, nach dem sie ihre Patienten versorgt. Auf meiner "firm" sah er beispielsweise so aus:
- 1 OP-Tag, in dem man von morgens bis abends im OP steht, - 1 Tag, an denen man eine allgemeine chirurgische Sprechstunde durchführt, - 1 Tag, an denen man eine spezielle chirurgische Sprechstunde durchführt, - 2 Tage für ambulante Operationen Zudem ist jede "firm" 1-2 Tage pro Woche "on call", d.h. im Hintergrund- und Nachtdienst tätig. Als PJ'ler hat man recht große Freiheiten, kann sich auch anderen "firms" mit anschliessen und deren Spezialgebiet kennenlernen, sowie bei praktisch allen OPs assistieren. Ausserdem kann man sich an dem Ausbildungsprogramm der englischen Studenten beteiligen. Täglich gibt es mindestens eine Vorlesung für die Studenten, ausserdem Röntgenfortbildungen und Unterricht in Nahttechniken, Katherlegen, und anderen praktischen Grundfertigkeiten. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß man sehr gut in die Arbeit der "firm" eingebunden wird und ständigen Unterricht erhält. Wenn man sich geschickt anstellt, darf man schnell vieles eigenständig machen und auch kleinere operative Aufgaben (z.b. Nähen, kleine ambulante OPs) unter Aufsicht durchführen. Ansprechpartner: Bewerbungen für Famulaturen wie für das PJ - sind nur über die UCL Medical School möglich: Mrs Indira Kapadia UCL Medical School Administration Gower Street London, WC1E 6BT Beurteilung und Empfehlung: Die Ausbildung war gut und intensiv. Man bekommt einen exzellenten Überblick über die wesentlichen Felder der Chirurgie (mit Ausnahme von Neuro- und Kinderchirurgie) und kann viel praktische Erfahrung sammeln. Hingegen weniger geeignet für diejenigen PJ'ler, die schon Erfahrungen in einem Spezialgebiet der Chirurgie sammeln wollen am Whittington befaßt man sich eher mit den gängigen Krankheiten und Verfahren der Chirurgie. Ein großes CAVE! aber noch: Es gibt immer wieder massive Probleme mit dem LPA wegen der Anerkennung von Tertialen in London. Das liegt an der formellen Struktur der Londoner Universitäten, Colleges und Krankenhäuser, die das LPA partout nicht kapieren will. Die meisten Sachbearbeiter des LPA wollen auf der Bescheinigung, die
einem einen zu Londoner Studenten äquivalenten Status attestiert, einen Stempel der "University of London" sehen (und sonst keine weiteren Zugehörigkeiten). Diese "University of London" ist aber nur eine virtuelle Dachorganisation aller Londoner Universitäten und Medical Schools, und die meisten Unis und Medical Schools haben entweder überhaupt keinen Stempel, der diesen Schriftzug im Wappen führt oder einen Stempel, der zusätzlich den Namen des Krankenhauses beeinhaltet. Zudem haben dort einzelne Medical Schools und sogar große Lehrkrankenhäuser eigene Dekane, die dann natürlich für die Unterschrift der PJ-Bescheinigung zuständig sind. In NRW führt das ständig zu Problemen, im Stil von: "Wo ist denn die Unterschrift des Dekans der University of London? Wie, den gibt es nicht? Sie wollen mir doch wohl nicht erklären, das Krankenhaus hätte seinen eigenen Dekan?". Die LPAs anderer Bundesländer scheinen im Gegensatz zu NRW da bislang nie Schwierigkeiten gemacht zu haben... Klärt also die Lage vorher genau ab, sonst kann es enorme Probleme mit der Anerkennung geben.