1. Praktisches Jahr 2. Praktikumsort
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- Adam Gerhardt
- vor 8 Jahren
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1 1. Praktisches Jahr Das Medizinstudium ist in einen vorklinischen und in einen klinischen Abschnitt geteilt, wovon der vorklinische die ersten zwei Jahre und der klinische die restlichen vier Jahre darstellen. Das letzte klinische Jahr nennt sich Praktisches Jahr. In diesem soll, was in den fünf Jahren zuvor zum Großteil theoretisch gelehrt wurde, praktisch angewendet werden. Man soll in diesem Jahr schon richtig im Krankenhaus mitarbeiten und den Klinikalltag kennenlernen. Das Jahr ist in drei Tertiale geteilt, wovon jeder ein Tertial, also vier Monate Innere Medizin und ein Tertial Chirurgie machen muss. Das letzte Tertial ist das Wahltertial und man kann es in irgendeinem medizinischen Fach absolvieren. Da man einen Teil des Praktischen Jahres auch im Ausland machen kann nutzen viele Studenten dieses Jahr um ein bisschen Auslandserfahrung zu sammeln. Auch ich habe mich dazu entschlossen diese Chance wahrzunehmen, denn wenn das Studium erst einmal fertig ist und der Krankenhausalltag beginnt, wird eine solche Erfahrung nur noch schwer realisierbar sein. Vier Monate Brasilien also. Mein Wahlfach: Augenheilkunde. 2. Praktikumsort Doch wieso Brasilien? Ich hatte schon ein Auslandssemester im Nordosten Brasiliens gemacht und sah es als eine Möglichkeit mein Portugiesisch zu verbessern und noch einmal eine Zeit in diesem tollen Land zu leben. Den Süden Brasiliens kannte ich noch nicht, ich hatte nur gehört, dass der Lebensstandard vergleichbar dem in Europa sei. Also schrieb ich eine Bewerbung für das Krankenhaus in Florianopolis und erhielt auch prompt eine Antwort.
2 Florianopolis Florianopolis ist eine mittelgroße Stadt im Bundesstaat Santa Catarina im Süden Brasiliens und liegt auf einer Insel, die dem Festland vorgelagert ist. Florianopolis bietet viele Freizeitmöglichkeiten wie Wassersport, Wandern, Kino und Theater. In der Stadt gibt es zwei Universitäten und deshalb auch ein lebhaftes Studentenleben. Die Lebenshaltungskosten in Brasilien generell sind niedriger als in Deutschland, vor allem Verpflegung und Unterkunft. 3. Krankenhaus und Gesundheitssystem Das Krankenhaus in Florianopolis wirkte allerdings nicht ganz so wie ein europäisches Krankenhaus. In Brasilien generell gibt es einen sehr großen Unterschied zwischen Arm und Reich. Die Reichen gehen nicht in öffentliche Krankenhäuser wie das Uniklinikum; für diese Bevölkerungsschicht gibt es Privatpraxen und Privatkliniken. Während meines Praktikums hatte ich die Möglichkeit einen Teil auch in einer Privatklinik zu absolvieren und habe deshalb einen Eindruck von den Unterschieden bekommen. In den Privatkliniken ist der Standard wirklich wie in den besten Kliniken Deutschlands. Die Ausstattung ist perfekt, es gibt alle Geräte, die benötigt werden und die Patienten bekommen auch zeitnahe Termine für Untersuchungen. Die Ärzte nehmen sich viel Zeit und es erfolgt eine exzellente Behandlung mit kontinuierlicher Nachsorge und Aufklärung über Prävention. Auch die Privatsphäre der Patienten wird als sehr wichtig erachtet, wie in deutschen Krankenhäusern. Ganz anders im Uniklinikum. Dort wurde drei Wochen lang gestreikt, die Patienten wussten nicht wohin sie sonst gehen sollten. Ich habe mehrere Fälle mitbekommen, in welchen Patienten bleibende Schäden davontrugen, weil sie nicht behandelt wurden. Wenn das Krankenhaus normal arbeitet, ist es
3 trotzdem oft so, dass viele Patienten erst nach Monaten einen Termin bekommen. Viele Krankheiten sollten aber schon viel früher behandelt werden. Wenn sie dann einen Termin haben, kann es noch einmal lange dauern, bis sie dann auch weiterführende Untersuchungen bekommen. Oft ist die Behandlung diskontinuierlich und die Nachsorge nicht möglich. In einem kleinen Untersuchungsraum sind oft drei Patienten gleichzeitig und der Arzt geht von einem zum anderen; Privatsphäre ist in öffentlichen Krankenhäusern fast nicht vorhanden. Dies alles ist meines Erachtens ein Problem des Geldes und der Organisation. Die Brasilianer aber sehen das ganze ein bisschen anders. Viele sind sehr froh, dass sie überhaupt eine Krankenversicherung haben, wenn sie irgendwann einen Arzt zu Gesicht bekommen. Niemand beschwert sich wenn er ein halbes Jahr auf eine Untersuchung warten muss oder mit zwei anderen Patienten im selben Raum behandelt wird und somit jeder die Krankengeschichte seines Nachbarn kennt. Die Menschen sind zufrieden, sie kennen es nicht anders und sind deswegen oft nicht sehr anspruchsvoll. Hinsichtlich der Ausbildung der Ärzte gibt es fast keine Unterschiede. Die meisten Ärzte arbeiten ein bis zwei Tage in einem öffentlichen Krankenhaus und ansonsten in einer Privatpraxis oder Privatklinik. Das System ist gar nicht so schlecht, so wird versucht einen gewissen Ausgleich zwischen den öffentlichen und privaten Einrichtungen zu halten. Das Universitätsklinikum in Florianopolis 4. Erfahrungen Als Student ist es einerseits natürlich gut in einer modernen, gut ausgestatteten Einrichtung zu arbeiten, andererseits lernt man in einem öffentlichen Krankenhaus
4 Brasiliens mit wenigen Mitteln Medizin zu machen. Für mich persönlich war das eine große Bereicherung, da ich mir selber auch vorstellen kann irgendwann eine Zeit in einem Entwicklungsland zu arbeiten. Für mich war es die ideale Mischung: einerseits optimale Verhältnisse und andererseits Minimalausstattung. Auf diese Art uns Weise lernt man, dass Geräte nicht das Ein und Alles sind. Die Ärzte in Brasilien haben oft ein ganz anderes Verhältnis zu ihren Patienten. Die Patienten vertrauen den Ärzten viel mehr, als ich es in Deutschland kennen gelernt habe. In unserer Gesellschaft wird alles hinterfragt und im Internet recherchiert, ob der Arzt auch ja alles richtig macht und wenn nicht, dann droht sofort das Gericht. In Brasilien wird der Patient oft mit einem Küsschen auf die Backe begrüßt, man nennt sich Querido ( mein Lieber ) oder meu filho/ minha filha ( mein Sohn/ meine Tochter ), oft umarmt der Arzt den Patient zum Abschied. Es entsteht eine ganz andere Beziehung als in Deutschland. Natürlich muss man beachten, dass die Mentalität in Deutschland eine andere ist und natürlich auch die Aufklärung, Bildung und Selbstständigkeit in Deutschland viel größer ist. Dennoch gefällt mir die brasilianische Arzt-Patienten-Beziehung und ich glaube was die Zwischenmenschlichkeit angeht, können wir noch einiges von den Brasilianern lernen. 5. Mein Praktikum Während meines Praktikums in der Augenheilkunde konnte ich Patienten selbstständig betreuen und untersuchen. Die Ärzte hatten viel Zeit mit mir alle offenen Fragen zu klären. Auch bei den Operationen durfte ich oft dabei sein und sogar teilweise assistieren. Es gab viele Lehrveranstaltungen für Studenten, in denen die Theorie erläutert wurde, sodass ich letztendlich viel gelernt habe. Ich hatte hier in Florianopolis eine tolle Zeit. Ich habe viele nette Menschen kennen gelernt und hatte ein sehr lehrreiches Auslandspraktikum.
5 Ich bin mit der Veröffentlichung dieses Berichtes einverstanden. Ich bin damit einverstanden, dass BAYLAT im Zusammenhang mit meinem Auslandsaufenthalt in Brasilien im Jahr 2012 folgende Kontaktdaten von mir an interessierte Studierende aus Bayern und Lateinamerika weitergibt: Katharina, Praktikum in Florianopolis im Jahr 2012.
Praktikumsbericht. Informationen zum Praktikumsort:
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